Manchmal ist es zum Verzweifeln: Da gibt es neue Impulse, frische Beratungsansätze, innovative Arbeitsprozesse – aber nichts davon wird umgesetzt. Warum? Weil die Mitarbeiter einfach nicht mehr die Kapazität dafür haben, all diese neuen Ideen wirklich umzusetzen. Das merke ich auch in meinen Workshops: Sobald die Rede von neuen Tools, neuen Methoden oder neuen Strukturen ist, fällt innerlich die Tür ins Schloss. Nicht, weil man unaufgeschlossen gegenüber Neuem wäre. Sondern einfach aus Selbstschutz. Denn der Schreibtisch ist voll, der Kalender quillt über vor Meetings – und Bürokratie sowie Administration haben die Oberhand gewonnen. Das lähmt die Lust auf Veränderung oder gar Zusätzlichem.
Wenn der Keller voll ist, bleibt die Tür zu
Stellen Sie sich vor, in Ihrer Wohnung stehen überall Umzugskartons voller Arbeit – in den Schränken, in den Zimmerecken, auf dem Schreibtisch, sogar auf dem Herd und dem Esstisch. Und im Keller stapeln sich die Kartons ohnehin schon bis zur Kellerdecke. Da klingelt es an der Haustür. Der Postbote bringt ein neues Paket. Würden Sie ihm aufmachen? Wahrscheinlich nicht, denn Sie haben einfach keinen Platz mehr für das neue Paket – egal, wie großartig sein Inhalt eventuell ist.
So ist das auch mit unserem Arbeitsalltag: Wenn wir nicht vom Keller bis in die Wohnung alles mal sortieren (und gegebenenfalls „entrümpeln“), dann sind wir einfach nicht gewillt, neue Dinge einzulagern. Übersetzt heißt das: Wenn unsere „mentale Bandbreite“ schon durch unser Outlook-Postfach und unseren Kalender belegt ist, dann sträuben wir uns, noch neue Informationen aufzunehmen – zum Beispiel neue Prozeduren oder auch einfach nur ein neuer Blickwinkel.
Das ist keine Veränderungsskepsis, sondern Selbstschutz
In vielen Instituten und Unternehmen wird diese Blockadehaltung erstmal als Dickköpfigkeit abgetan. Als Unwillen, Neues zu lernen, oder als Technik-Skepsis, wenn es zum Beispiel um KI und andere neue Tools geht.
Doch die Wahrheit ist: Die meisten blocken neue „Pakete“ nicht ab, weil sie keine Lust haben – sondern weil sie (gefühlt oder tatsächlich) überlastet sind. Das liegt auch daran, dass wir es heute täglich mit neuen Informationen, Anfragen, digitalen Meetings, technischen Systemen und Anforderungen zu tun haben, wo wir früher jede Woche nur einen Stapel Papier auf dem Schreibtisch und einen vorausgeplanten Terminkalender abzuarbeiten hatten.
Wenn in einer solchen Situation die Mitarbeiter blocken, dann tun sie das also nicht aus Trotz, sondern aus Selbstschutz. Und dann hilft nur eines: Ordnung schaffen und Orientierung geben, damit der vorhandene Platz besser genutzt werden kann. So gibt es wieder Kapazitäten für neue Pakete.
Ist künstliche Intelligenz der Weg aus der Unordnung?
Wenn man heute über KI spricht, dann schwingen von Faszination bis Unsicherheit viele Emotionen mit. Auf der einen Seite wissen viele nicht so recht, wie sie damit arbeiten sollen – auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die glauben, dass „die KI“ der Zauberstab ist, der jede Herausforderung von alleine löst.
Sicherlich kann KI dabei helfen, die Arbeit zu entwirren. Also metaphorisch den Keller zu organisieren, um Platz für Neues zu schaffen. Doch KI ist – ebenfalls metaphorisch – eben kein Zauberstab, sondern „nur“ ein Thermomix:
- Was Sie hineingeben (Fragen, Daten), entscheidet mit über die Qualität des Outputs.
- Was im System programmiert ist (Trainingsdaten, Funktionen) bestimmt den Funktionsrahmen.
- Was am Ende herauskommt, muss zu beidem passen.
Wer Suppe in den Thermomix gibt und hofft, eine Schweinshaxe herauszubekommen, der glaubt vielleicht auch, dass die KI das eigenständige Denken bei der Arbeit ersetzen kann. KI ist jedoch nur ein Verstärker für das, was bereits da ist – Systeme, Prozesse, Informationen. Sie kann nicht eigenständig Ordnung ins Chaos bringen. Erst wenn KI in bereits funktionierende Systeme und Abläufe eingebettet wird, kann sie gute Ergebnisse liefern. Übersetzt heißt das: Wer einen schlechten analogen Prozess 1:1 digitalisiert, hat anschließend einen schlechten digitalen Prozess!
Um kurz zur Metapher des mit Kartons vollgestellten Kellers zurückzukehren: Stellen Sie sich vor, Sie schicken einen Saugroboter in das Wohnzimmer. Dann macht der Roboter nur dort sauber, wo Sie zuvor den Boden freigeräumt haben. Denn Kartons verrücken kann er gar nicht. Und Sie müssen ihm sagen, dass der Boden Parkett ist und nicht Flokati.
Exkurs: Vom Audi RS6 zur Pferdekutsche – warum der Unterschied bei der KI-Nutzung oft frustriert
Wer einmal mit einem der großen KI-Chatbots gearbeitet hat, der ist danach oft begeistert von den schier unendlichen Möglichkeiten. Und wenn dann im Unternehmen oder Institut interne KI-Modelle genutzt werden, kommt die Ernüchterung: Begrenzte Datenbasis, langsame Systeme, eingeschränkte Funktionen.
Das liegt einfach daran, dass Sie hier einen Audi RS6 (über 600 PS) mit einer Pferdekutsche vergleichen. Oder hat Ihr Institut dasselbe Budget für interne KIs wie Google für Gemini? Eben – und genau darum rate ich Ihnen, Ihre Erwartungen anzupassen, wenn es darum geht, Ihren Keller mit einer institutseigenen KI entrümpeln zu wollen.
Mehr Struktur in die Arbeit bringen – durch Haltung, nicht Hierarchie
Positive Veränderungen in der Organisation des Kellers können von jedem einzelnen ausgehen:
- Vom Berater, der eigenständig sein Outlook-Postfach neu strukturiert,
- über Bereichsleiter, die unabhängig der aktuellen Agenda Freiräume für die Mitarbeiter schaffen,
- bis hin zu Vorständen, die in der Metapher vom vollgestellten Keller den Schlüssel für effizienteres Arbeiten erkennen.
Jeder einzelne kann selbstständig damit beginnen, die eigene mentale Bandbreite zu entschlacken, E‑Mails zu sortieren und eigene Arbeitsprozesse zu etablieren, die mehr Freiheit geben, auch mal wieder neue Ideen umzusetzen.
Das ist auch deshalb nötig, weil Finanzdienstleister mit Fokus Unternehmerkunden (Familienunternehmen und Unternehmerfamilien) in einem eigentlich wirklich spannenden Segment arbeiten. Wenn man heute keine Betriebsbesichtigungen mehr wahrnimmt und nicht mehr einfach mal mit dem Unternehmerkunden telefoniert, dann zerstört man sich damit genau das, was eigentlich das Besondere an dieser Arbeit ausmacht: Die Zusammenarbeit mit wirklich faszinierenden Macher-Menschen.
Und wenn das erstmal kaputtgemacht ist, dann leidet darunter natürlich auch die Beratung selbst. Erfahrungsgemäß beginnen viele der besten Ideen und Projekte mit einem spontanen Gespräch zwischen Unternehmer und Berater. Und wenn dafür einfach keine Zeit mehr ist – weil kein „Platz im Keller“ mehr da ist –, dann schwindet auch das wichtige Mensch zu Mensch (MzM) in der Kundenbeziehung.
Der stille Hebel: 10 % mehr Wirkung durch 10 % mehr Klarheit im Arbeitsalltag
In einigen Fällen lässt sich für die bestehenden Mitarbeiter sicherlich mehr Freiheit gewinnen, wenn zusätzliche Mitarbeiter eingestellt und die Menge der Arbeit auf sie verteilt wird. Doch in vielen Fällen ist es effizienter, die vorhandene Arbeit der Mitarbeiter einfach effizienter zu organisieren.
Stellen Sie sich vor, in einer Bank arbeiten 100 Menschen. Wenn all diese Mitarbeiter zum Beispiel durch saubere Aufgabenplanung, bessere Strukturierung, sinnvollere Meetingabläufe und gezielten KI-Einsatz 10 % produktiver werden, dann ist das das Äquivalent von 10 neuen Arbeitsplätzen – so viel Zeit haben die Berater nun zusätzlich frei, um ihre Beratung zum Beispiel durch spontane Kundenanrufe („Ich wollte mal hören, wie es so geht?“) noch weiter zu verbessern. Und dazu brauchen sie weder neue Strukturen noch neue Tools, noch zusätzliche Stellen. Sie haben es einzig und allein durch effizientere Eigenorganisation erreicht – und zwar nicht erst in fünf Jahren, sondern in kürzester Zeit, dank konkreter Ansätze, die man morgen schon umsetzen kann.
Das To-do für mehr Effizienz „im Keller“
Veränderung oder Anpassung an neue Rahmenbedingungen beginnt nicht mit einem Großprojekt, einem neuen Tool oder einem Strategiepapier. Veränderung beginnt – wie so oft – bei den kleinen Dingen:
- Sortieren Sie Ihren E‑Mail-Posteingang.
- Tragen Sie alle Termine sauber in Ihren Kalender ein.
- Führen Sie eine Aufgabenliste, die nicht lähmt, sondern führt.
- Nutzen Sie KI nur dort, wo sie wirklich die Effizienz steigert.
Das mag zunächst nicht spektakulär klingen – aber die Ergebnisse sind es! Wer einmal erlebt hat, wie solche einfachen Handgriffe den Arbeitsalltag strukturieren, wird nie wieder zurückwollen.
Fangen Sie an mit der Frage: „Was steht in meinem Keller alles herum?“ und organisieren Sie ihn Schritt für Schritt. Das muss nicht auf Anhieb perfekt sein. Und es muss nicht alles auf einmal geschehen. Aber es muss konsequent durchgezogen werden. Wahrscheinlich reicht es schon, wenn Sie mal den digitalen Schreibtisch aufräumen oder KI für eine gezielte Aufgabe einsetzen, die sonst viel Zeit benötigt hätte. Und schon sehen Sie: Es ist plötzlich wieder mehr Platz im Zeitplan – Platz für Kunden, für Gespräche und für neue Ideen. Ein strukturierter Arbeitstag bietet echte Entlastungen, und damit Zeit für neue Nähe zum Kunden.
Tipp: Auch wenn „cc“-Mails nerven – es ist leichter diese in eine eigene Regel zu packen als den Absender dahingehend zu „bekehren“, nicht immer alle „auf cc“ zu setzen.
„Einfach mal den Keller aufräumen“ gibt Ihnen plötzlich genau die Freiheit, die Sie brauchen, um Ihre Beratung auf ein neues Level zu heben – ganz ohne dazu neue Programme und Prozesse zu etablieren. Denn den ersten Schritt zum Erfolg können nicht die Maschinen für übernehmen – ihn müssen wir Menschen selbst tun. Die gute Nachricht: Überall in Banken, Sparkassen, Volksbanken und anderen Instituten gibt es jetzt schon Menschen, die nicht nur verwalten, sondern gestalten möchten. Sie brauchen vielleicht noch etwas Rückenwind – zum Beispiel, indem ihr Abteilungsleiter ihnen den ersten Karton aus dem Keller räumt. Aber danach brauchen sie keine Anleitung oder permanente Begleitung. Denn wer einmal spürt, wie befreiend Ordnung sein kann, der macht Platz. Für Kunden, für Wirkung und für die Zukunft.
Wenn Sie jemanden suchen, der Ihnen den ersten Karton aus dem Keller räumt: Auf Wunsch gehen wir bei meinen Impulstagen und Workshops in jeweils 1 bis 2 Stunden auf diese wichtigen Themen ein und sprechen über alltagstaugliche Möglichkeiten, den Arbeitsplatz aufzuräumen, E‑Mails in Outlook zu sortieren oder KI genau dort einzusetzen, wo sie wirklich mehr Effizienz bringt. Und zwar nicht erst „später“, sondern direkt und oftmals noch am selben Tag.
Kontakt
Dirk Wiebusch
info@ifuf.de