Erfolgreiche Familienunternehmer sind ein besonderer Menschenschlag. Sie haben sich alles hart erarbeitet und konnten sich über Jahrzehnte gegen eine erdrückende Konkurrenz durchsetzen. Kein Wunder also, dass viele Power-Unternehmer in Gesprächen hochemotional und offensiv diskutieren – und dabei das gesamte Gespräch an sich zu reißen scheinen. Als Berater fühlt man sich dann schnell vom Dienstleister zum Dienstboten degradiert. Dass man als Finanzberater dennoch die Möglichkeit hat, durch gute Planung und schlaue Gesprächsführung auf Augenhöhe mit dem Unternehmer zu diskutieren, konnte ich neulich wieder bei einem Kundengespräch beobachten.
Grundregeln bei herausfordernden Gesprächspartnern
Ich habe in meiner Funktion als Gründer und Geschäftsführer des Instituts Für UnternehmerFamilien (IFUF) wieder einmal ein Gespräch zwischen einem Power-Familienunternehmer und seinem Finanzberater begleitet. Die Herausforderung: Der Unternehmer ist eine dominante Persönlichkeit und sprach deshalb schnell, lang und detailliert, ohne viele Einsatzpunkte für den Gesprächspartner bereitzustellen. Weniger gut vorbereitete Berater wären von einem solchen Charakter sofort eingeschüchtert gewesen oder in eine unweigerliche Konsumhaltung gegangen – und aus dem Dialog wäre schnell ein reiner Monolog geworden.
Nicht so bei diesem Finanzberater. Er muss erkannt haben, dass man sich als meist angestellter Berater im Gespräch mit einem Power-Unternehmer die Augenhöhe selbst verdienen muss – denn Funktionen, Positionen und Titel allein bedeuten dem „Alleinherrscher“ Unternehmer nichts. Wichtig ist deshalb: Lassen Sie den Unternehmer höflich ausreden, aber haben Sie keine Angst davor, ihn auch mal zu unterbrechen – solange Sie dann wirklich wichtige Informationen und Mehrwerte bieten können. Der Berater in diesem Fall hat dies erkannt – er blieb trotz der Menge und Geschwindigkeit dessen, was der Unternehmer zu erzählen hatte, immer am Ball und bewies durch präzise Notizen und informative eigene Wortmeldungen höchste Konzentration und Fokus.
Der Finanzberater hatte sich offensichtlich hervorragend vorbereitet, denn ohne genaues Wissen zum Geschäftsmodell des Unternehmers sowie zu seinen Zielen und den dafür relevanten Themen hätte er sicher bald den Faden verloren. Darüber hinaus wusste er, wie er die ihm zur Verfügung stehende Zeit effektiv managen konnte: Er hatte unter anderem einen großen, ausführlichen Branchenreport dabei, den er so markiert hatte, dass sich die für den Unternehmer relevanten Themen und Fakten praktisch sofort finden ließen. So konnte er immer wieder das Gespräch übernehmen und dabei wirklich sinnvolle, passende Themen präsentieren. Seinen Branchenreport hätte er übrigens auch auf einem Tablet präsentieren können – doch Vorsicht: Falsch eingesetzt kann das iPad auch schnell zum Gesprächskiller werden.
Wie man sich sinnvoll Notizen macht
Der Berater hatte im vorliegenden Fall also in Hinsicht auf die Vorbereitung alles richtiggemacht und konnte so dem Unternehmer auf Augenhöhe begegnen. Die Notizen, die er während des Gesprächs aufschrieb, waren dabei ebenfalls eine große Hilfe. Zu den Notizen hier noch ein eigener „Wiebusch-Tipp“: Nutzen Sie immer zwei Blöcke – einen großen Block für wesentliche Daten und die eigene Gesprächsnotiz sowie einen farbigen, kleinen Post-It-Block für Stichworte, die während des Gesprächs an passender Stelle wieder aufgegriffen werden können. Das menschliche Gehirn ist in der Lage, ca. 200 bis 300 Wörter pro Minute wahrzunehmen. Doch Unternehmer, insbesondere Power-Unternehmer, sprechen viel schneller. Ist man nur 2 Minuten unaufmerksam, hat man oft bereits an die 800 Wörter verpasst – und mit diesen vielleicht DIE Chance auf ein neues, lukratives Geschäft. Der Einsatz eines kleinen Post-It-Blocks für Stichworte beugt dieser Situation nicht nur vor, sondern ermöglicht zudem eine interaktive Gesprächsführung und das proaktive Verwerten bestimmter Themen.
Denn wenn Sie sich auf dem Post-It-Block Stichworte festhalten, können Sie sich direkt wieder auf die Worte des Unternehmers konzentrieren. Sie sind stets aufmerksam und ein aktiver Zuhörer. Wenn nun der Unternehmer im weiteren Verlauf Ihren Stichpunkt selbst erörtert, haben Sie ihn nicht unterbrochen und er wird dieses wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Sollte er nicht von selbst Ihr Stichwort beantworten, können Sie selbst den Faden wieder aufnehmen und zeigen sich als wertvoller Gesprächspartner.
Erfolgreich dank Schneid
Hätte jemand Außenstehendes das Gespräch mit dem Finanzberater beobachtet, hätte er die Diskussion sicher für einen Streit gehalten: Der Unternehmer sprach schnell und emotional, der Berater fiel ihm immer wieder ins Wort. Doch nach dem Gespräch war dem Unternehmer klar: Das war genau die Art von produktiver Diskussion, die er sich erhofft hatte. Es zeigt sich: Es gibt keine schwierigen, sondern nur herausfordernde Gespräche. Und diese lassen sich durch gute Vorbereitung, strategische Gesprächsführung, aufeinander abgestimmte Unternehmer- und Beratertypologien sowie ein wenig Mut, die Gesprächsführung an passender Stelle einfach selbst zu ergreifen, effektiv gestalten.
Wer dies richtig angeht, kann Unternehmer langfristig von sich und dem eigenen Institut überzeugen und erreicht schließlich aufgrund der eigenen Performance auch das gewünschte Ziel: auf Augenhöhe mit dem Power-Unternehmer zu diskutieren. Und dies bedeutet, dass man aus der Haltung des Zuhörers und Konsumenten ausbricht und nicht nur mit dem Geschäft nach Hause geht, das der Unternehmer „anbietet“. Denn das Schaffen eines interaktiven Gesprächs und situativer Mehrwerte kann ganz neue Türen öffnen – und das ist es, was Profis auszeichnet. Unabhängig davon, ob Ihr Power-Unternehmer einen Handwerksbetrieb, ein mittleres oder ein Großunternehmen besitzt.
Kontakt
Dirk Wiebusch
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