Wenn es um das Geschäft mit Immobi­li­en­kunden geht, haben es Banken nicht immer leicht. Bauträger sind meist mit einem vergleichs­weise hohen Risiko für die Finanz­in­stitute verbunden, denn sie verkaufen ihre Immobilien nach dem Bauen direkt ab. Die meisten Banken konzen­trieren sich deshalb auf gewerb­liche Immobi­li­en­kunden, die ihre Objekte in den meisten Fällen bauen, um sie zu vermieten. Das Risiko ist hier wesentlich geringer, da die Objekte im Besitz des Kunden bleiben und damit eine Sicherheit darstellen. Ein Abverkauf lohnt sich für gewerb­liche Immobi­li­en­kunden meist nur bei sehr hohen Margen, was wiederum der Bank zugutekommt.

Doch gewerb­liche Immobi­li­en­kunden haben ebenfalls einen großen Nachteil: Sie planen nicht weit in die große, ferne Zukunft und reinves­tieren ihr Geld meist direkt wieder in neue Baupro­jekte. Cross-Selling ist bei diesen Kunden deshalb schwierig: Versi­che­rungs- und Makler­ge­schäfte werden seit Urzeiten mit denselben Partnern abgewi­ckelt. Und vor allem bei zwei Aspekten sind Unter­nehmer oft sehr konse­quent: Loyalität gegenüber dem bestehenden Umfeld und sinnvolle Preis-Leistungs-Verhält­nisse. Dazu kommt, dass diese ihr Privat­ver­mögen typischer­weise direkt in neue Baupro­jekte stecken – ganzheit­liches Vermö­gens­ma­nagement? Kein Bedarf! In Finanz­kreisen hat sich deshalb die Weisheit etabliert, dass gewerb­liche Immobi­li­en­kunden zwar hohe Deckungs­summen im Kernge­schäft einbringen, aber praktisch keinen Ansatz­punkt für Cross-Selling.

Schwierige Kunden für Finanzberater?

Für die Berater ist diese Situation natürlich ebenfalls proble­ma­tisch: Sie werden quasi in eine passive Rolle gezwungen, denn Cross-Selling ist (vermeintlich) nicht möglich und die neue Geschäftsidee, die man dem Immobi­li­en­un­ter­nehmer vorschlagen würde, hat dieser höchst­wahr­scheinlich vor Jahren sowieso schon geprüft. Er konzen­triert sich schließlich auf diesen Unter­neh­mens­be­reich, kennt sich auf dem Markt aus und hat auch die nötigen Netzwerke.

Für die Berater sind Immobi­li­en­un­ter­nehmer also Kunden, die hohe Deckungs­bei­träge abwerfen, aber kaum Wachs­tums­po­tenzial bieten (es sei denn, der Kunde kommt von selbst) – Cross-Selling geht ja nicht und auch das regionale Immobi­li­en­ge­schäft kann nicht unendlich wachsen, das verbieten nicht nur gesetz­liche Begren­zungen, sondern auch die begrenzte Baufläche. Gleich­zeitig sind gerade in kleineren Insti­tuten oft keine spezia­li­sierten Immobi­li­en­be­rater vorhanden – der Firmen­kun­den­be­rater muss diese Rolle also „nebenbei“ auch noch übernehmen, was ihn wiederum in seinem eigent­lichen Kernge­schäft schwächt.

Doch anstatt die Flinte ins Korn zu werfen und Immobi­li­en­un­ter­nehmer einfach als Geschäfts­partner ohne Cross-Selling-Potenzial abzutun, sollten sich Berater die Frage stellen: Gibt es dort nicht vielleicht Poten­ziale, die niemand ausschöpft, da alle derselben etablierten Weisheit folgen, dass hier kein Cross-Selling möglich ist?

Vor Kurzem konnte ich in einem Kunden­ge­spräch den Beweis beobachten, dass auch gewerb­liche Immobi­li­en­kunden mit dem richtigen Vorgehen für Cross-Selling-Möglich­keiten gewonnen werden können.

Den indivi­du­ellen Ansatz­punkt finden

In meiner Eigen­schaft als Geschäfts­führer des Instituts Für Unternehmer­Familien (IFUF) durfte ich vor Kurzem ein Gespräch zwischen einem Finanz­be­rater und einem Familien­unternehmer aus dem Immobi­li­en­ge­werbe begleiten. Der gewerb­liche Immobi­li­en­kunde hatte eine neue Geschäftsidee, die vom Berater als Gesprächs­ansatz genutzt wurde. Und schon zu Beginn wurde klar, dass der Berater gut vorbe­reitet war, um sich an den Unter­nehmer heran­zu­tasten: Er besprach zunächst die allge­meine Situation und versuchte zu ergründen, wie der Unter­nehmer zu den aktuellen Trends im Immobi­li­en­ge­werbe stand. Danach widmete er sich tieferen Detail­e­benen und konzen­trierte sich auf Verän­de­rungen in der Region sowie auf die Idee des Unternehmers.

Danach dauerte es nicht lange, bis der Berater zum ersten Mal zum Cross-Selling ansetzte: Er sprach das Thema Depot­ma­nagement an. Beein­dru­ckend war dann vor allem, wie gut er es wegsteckte, als er das Desin­teresse des Unter­nehmers an dem Thema bemerkte. Er ging gar nicht weiter darauf ein, sondern führte das Gespräch ganz normal weiter. Dieser Versuch war zwar gescheitert, doch er hatte noch weitere Ansatz­punkte ausge­macht: Er leitete kurz danach das Gespräch geschickt auf das Thema Absicherung und Versicherungen.

Ein Fuß in der Tür

Eigentlich hätte sich der Berater auch hier keine Hoffnung auf Erfolg machen können, denn seine Bank war bislang in diesem Bereich bei dem Unter­nehmer nie zum Zug gekommen. Der Kunde verfügte bereits über eine entspre­chende Infra­struktur im Versi­che­rungs­be­reich. Doch der Berater merkte, dass er mit dem Thema „Absicherung“ die Aufmerk­samkeit des Unter­nehmers für sich gewonnen hatte. Er signa­li­sierte, dass seine Bank den Unter­nehmer auch in diesem Bereich noch unter­stützen könnte. Offen­sichtlich hatte er sich im Vorfeld mit den internen Spezia­listen abgestimmt.

Nun zückte der Berater seine Geheim­waffe: Er sprach das Thema Genera­tio­nen­ma­nagement an und zeigte seinem Kunden anhand einer Grafik, welche unter­schied­lichen Aspekte bei der unter­neh­me­ri­schen Zukunfts­planung beachtet werden müssen:

Der Berater merkte, dass er ins Schwarze getroffen hatte, und brachte die Diskussion mit einer einfachen Frage auf eine persönlich nachvoll­ziehbare Ebene: „Welche Auswir­kungen hätte es wohl gehabt, wenn Sie oder einer Ihrer Gesell­schaf­ter­partner gestern verstorben wären oder sich einer von Ihnen scheiden lässt?“ Anhand des Schau­bilds konnte er dann im ganz Groben zeigen, welche unter­schied­lichen Rechts­be­reiche bei Tod (Erbrecht) oder Scheidung (Güter­recht) greifen und wie sich das privat­rechtlich vollziehen würde (Gesell­schafts­recht). Dem Berater wurde klar, dass er mit diesem Ansatz seinen „Türöffner“ gefunden hat, welchen man braucht, um die Aufmerk­samkeit von Unter­nehmern zu erlangen. Denn wie viele Immobi­li­en­un­ter­nehmer hatte sich sein Kunde weder mit dieser Thematik ausein­an­der­ge­setzt noch Geld zurück­gelegt, um beispiels­weise im Todesfall die Erbschafts­steuer decken zu können.

Das Interesse seines Gegen­übers war ihm nun sicher, und so konnte der Berater das Problem noch weiter diffe­ren­zieren. Er konnte dem Unter­nehmer sehr wirksam erklären, dass er und sein Familien­unternehmen selbst auf den Todes- oder Schei­dungsfall eines Geschäfts­partners nicht ausrei­chend vorbe­reitet waren.

Das brachte den Unter­nehmer ins Grübeln – und bescherte dem Berater einige Folge­termine, zu denen er dann direkt den Genera­tio­nen­ma­nager und den Versi­che­rungs­experten der Bank zur Trio-Beratung mitnehmen konnte. Gemeinsam mit dem Unter­nehmer und dessen Steuer­be­rater sowie Rechts­anwalt entwi­ckelten sie eine Strategie, mit der sich der Unter­nehmer für all die genannten Eventua­li­täten absichern ließ.

Rückbli­ckend betrachtet waren diese neu gewon­nenen Tickets für das Institut zwar aufgrund des hohen Wettbe­werbs­drucks ein harter Kampf, doch dieser hat sich gelohnt. Und auch wenn die Preise ganz schön gestreckt werden mussten, konnten die Abschlüsse ohne extremes Preis­dumping erzielt werden.

Cross-Selling geht – mit der richtigen Strategie

Die etablierte Weisheit besagt, dass Cross-Selling bei gewerb­lichen Immobi­li­en­kunden nicht geht. Doch die Wahrheit sieht anders aus: Man muss nur gezielt und strate­gisch vorgehen, dann geht Cross-Selling sehr wohl: Durch gezieltes Ansprechen der unter­schied­lichen Themen lässt sich ausloten, an welchen Stellen für den Unter­nehmer noch Beratungs­bedarf besteht. Und hat man dann erst mal den Fuß in der Tür, können sich Poten­ziale eröffnen, von denen man vorher nicht einmal zu träumen wagte.

So erging es auch dem Berater aus dem beschrie­benen Gespräch: Nachdem die Genera­tio­nen­stra­tegie erfolg­reich beim Unter­nehmer etabliert worden war, sprach sich dies auch bei dessen Geschäfts­partnern herum. Diese erkun­digten sich direkt bei der Bank, ob sich etwas Ähnliches nicht auch bei ihnen etablieren ließe. Letztlich hatte das Institut nicht nur neue Kunden gewonnen, sondern konnte diesen wiederum weitere Cross-Selling-Angebote machen – so wurden plötzlich einige der Geschäfts­partner des ursprüng­lichen Immobi­li­en­kunden sogar zu überzeugten Depot­kunden des Instituts. Und das alles, weil der Berater sich gut vorbe­reitet hatte, mit den insti­tuts­in­ternen Spezia­listen zusam­men­ar­beitete und sich nicht beirren ließ, bis er einen Angriffs­punkt gefunden hatte. So geht Cross-Selling.

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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