Wenn das vorherige Jahr ausgeklungen ist und das neue eingeläutet wurde, bedeutet das für mich als Geschäftsführer des Instituts Für UnternehmerFamilien (IFUF): Resümieren und resümieren lassen. Auch in den ersten Tagen des neuen Jahrzehnts 2020 hatte ich wieder Gelegenheit, mich mit Familienunternehmern zusammenzusetzen und ihnen die zwei wichtigen Fragen zu stellen: Wo kommen Sie her, wo geht es hin? Und dieses Jahr kristallisierte sich bei einem dieser Gespräche sogar eine lehrreiche Anekdote heraus. Unter anderem hatte ich nämlich ein Treffen mit einem Unternehmer, der mir erzählte, das Jahr 2019 sei in seinem Betrieb äußerst gut gelaufen. „Dann hatten Sie bestimmt eine große Weihnachtsfeier?“, fragte ich ihn – und wurde von der Antwort dann doch überrascht: „Nein, wir hatten gar keine.“
Wertschätzung ist von unschätzbarem Wert
Ich sah den Unternehmer erstaunt an und fragte ihn, warum sie denn keine Weihnachtsfeier hatten, wenn doch das Jahr 2019 so gut war. Der Unternehmer antwortete mir, zu solchen Feiern würde im Betrieb ohnehin kaum jemand erscheinen und die ganze Thematik „geldwerter Vorteil“ sei ihm dafür dann auch zu kompliziert – da spende er stattdessen lieber etwas an eine wohltätige Organisation.
Wenn Sie jetzt von dieser Aussage nicht überrascht sind, dann nehmen Sie sich doch einmal die Zeit zur Selbstreflexion: Wenn bei Ihnen im Institut besondere Erfolge erzielt werden – feiern Sie diese dann auch angemessen? Und wenn ja, wer ist dann zur Feier eingeladen? Und wie nehmen diese Mitarbeiter die Feier auf und erleben die ihnen entgegengebrachte Wertschätzung?
Nicht gelobt ist geschimpft genug
Wenn ich vom Feiern von Erfolgen spreche, dann meine ich damit nicht die knallenden Sektkorken in der Mittagspause oder ein verbales Dankeschön alle, welches selbstverständlich sein sollte. Wenn der Anlass gegeben ist, dann darf die Feier schon ein echtes Event sein. Die Mitarbeiter dürfen merken, dass sie nicht mit einem „Piccolöchen“ zwischendurch abgespeist werden. Das Feiern von Erfolgen sollte als besonderer Anlass zelebriert und wahrgenommen werden.
Leider erlebe ich immer noch häufig Situationen, in denen es nicht einmal einen Sekt (oder natürlich auch leckere antialkoholische Getränke) in der Mittagspause gibt. Da kommt beispielsweise der Vertriebler vom Kunden zurück, kann einen echten Erfolg vorweisen – und bekommt als Antwort nur zu hören: „Gut gemacht, aber warum wurden denn die anderen Ziele noch nicht erreicht?“ Wenn man als Mitarbeiter so etwas erlebt, dann schlägt die Freude über den Erfolg von einem Moment auf den anderen in Frust um.
Was ist denn überhaupt ein feiernswerter Erfolg …?
Es kann im Institut durchaus vorkommen, dass man als Führungskraft etwas nicht als Erfolg wertet, was von den Mitarbeitern aber so wahrgenommen wird. Vielleicht ist der erreichte Deckungsbeitrag nicht hoch genug im Vergleich zum erkannten Potenzial oder vielleicht wurde nur eines von mehreren möglichen Geschäften in die Wege geleitet.
Doch ich empfehle: Bemessen Sie Erfolge auch danach, wie viel sie den Mitarbeitern bedeuten, wie schwierig es objektiv war, dem Kunden überhaupt ein Geschäft zu verkaufen, und welche Leistung tatsächlich hinter der Abwicklung eines extrem komplexen Geschäfts steckt – auch wenn der Ertrag vielleicht gar nicht so hoch war. Selbstredend ist nicht bei jeder Kleinigkeit eine Feier angesagt. Das würde ja auch den Belohnungseffekt einer Feier verringern. Aber es gibt in jeder Abteilung und in jedem Institut immer wieder herausragende Erfolgsmeldungen, die es wert sind, angemessen gefeiert zu werden.
… und wer darf alles mitfeiern?
In Bezug auf die Ausrichtung der Feier beobachte ich immer wieder: Wenn echter Erfolg erzielt wurde, lädt die Führungskraft nur den Vertriebler oder Berater zum Essen ein (oder aber die Vertriebsabteilung feiert allein). Und das, obwohl intern und extern weitere ganze Abteilungen über Monate zugearbeitet und unterstützt haben. Bei Abschlüssen mit Unternehmen sind immer viele Personen beteiligt – beispielsweise die Marktfolge, Innendienstler und jede Menge Assistenten. Diese haben alle Anteil an der Erfolgsmeldung und haben es verdient, dass ihre Leistung ebenso wertgeschätzt wird wie die des Beraters. Zugespitzt: Wenn der Hausmeister dafür gesorgt hat, dass für einen wichtigen Termin beim Kunden ein betankter und frisch gewaschener Wagen bereitstand, dann laden Sie ihn doch auch zur Feier ein. Zeigen Sie ihm, dass Sie seine Hilfe als Teil des (erweiterten) Teams wertschätzen. Oder die Assistenz nach langen und vergeblichen Versuchen seinerzeit endlich den ersehnten Termin fixen konnte. Und somit dazu beigetragen hat, dass man überhaupt ein Erstgespräch erhielt.
Die Mitarbeiter zusammenschweißen
Gerade als Vorgesetzter gilt es, nie aus den Augen zu verlieren, dass ein Team nicht nur aus Arbeitsmaschinen besteht, sondern aus Menschen. Das Credo „Mensch zu Mensch“ gilt also nicht nur gegenüber dem Kunden, sondern auch im eigenen Institut. Bringen Sie Ihren Mitarbeitern Wertschätzung entgegen! Wie Richard Branson einmal sagte: „Nicht der Kunde kommt zuerst, sondern der Mitarbeiter. Kümmern Sie sich gut um Ihre Mitarbeiter, denn diese kümmern sich dann gut um Ihre Kunden.“
Ich erinnere mich heute noch gerne an eine Geschichte, die ich vor einiger Zeit selbst miterlebt habe. Da wurde im Institut ein guter Abschluss erzielt und der Firmenkundenberater entschied sich spontan, die Assistenz, den Private Banker und die Marktfolge zum informellen Essen bei McDonald’s einzuladen – aus eigener Tasche. Als der Chef das hinterher erfuhr, gab er dem Firmenkundenberater kurzerhand das Geld dafür zurück und sagte: „Ihr geht jetzt noch mal in einem ordentlichen Restaurant essen und reicht mir dann die Rechnung als Spesen ein!“
Zwischen Fast Food und Drei-Sterne-Restaurant gibt es natürlich viele Möglichkeiten der Abstufung. Ein schmackhaftes Zusammenkommen in einem abgetrennten Bereich in der eigenen Kantine kann zum Beispiel ebenfalls ein geeigneter Ort sein. Feiern Sie also Erfolge, aber orientieren Sie sich dabei immer daran, was bei Ihren Mitarbeitern gut ankommt (feucht-fröhlich, bewusst-klimaneutral oder sogar ganz ohne Alkohol?) und was in einem guten Verhältnis zum Anlass der Feier steht.
Das Leben ist nicht nur Arbeit
All diese Punkte habe ich dann auch dem Unternehmer dargelegt, der mir erklärt hatte, sie hätten letztes Jahr keine Weihnachtsfeier ausgerichtet. Ich versicherte ihm, dass die ein oder andere Feier für herausragende Erfolge eigentlich in jedem Budget drin sein sollte – ungeachtet des „geldwerten Vorteils“. Auch, weil sich die positiven Effekte – Teambuilding, Wertschätzung – kaum mit Geld aufwiegen lassen. Und wenn es mal nicht so gut läuft im Betrieb, dann kann solch eine Feier auch schlicht als Frustbewältigung dienen. Manchmal motiviert sie sogar dazu, nach einem nicht ganz so guten Jahr das Ruder herumzureißen. Und wer weiß: Vielleicht wird im Unternehmen meines Gesprächspartners ja schon ab 2020 wieder mehr gefeiert …
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Dirk Wiebusch
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