Wer sich noch an meinen letzten Artikel zum Thema Assistenzen erinnert, der weiß: Ich halte diese Mitarbeiter für unverzichtbare Zahnräder im Getriebe der modernen Finanzberatung. Und diese Einschätzung wurde mir gerade neulich wieder im Gespräch mit einem Familienunternehmer bestätigt. Denn der erzählte mir von einem Problem, das viele Unternehmer heutzutage nur zu gut kennen: Der Finanzberater ist super – aber man erreicht ihn so schlecht.
Ruft ein Unternehmer beim Berater an …
Als Gründer und Geschäftsführer des Instituts Für UnternehmerFamilien (IFUF) weiß ich, wie es ist, einen ganzen Terminkalender voller Telefonate und Vor-Ort-Gespräche zu organisieren. Deshalb hatte es mich auch nicht wirklich überrascht, als mir neulich in einem Telefonat ein Klient erzählte, es würde immer schwerer, seinen Berater telefonisch zu erreichen:
Der Unternehmer hatte vor Kurzem direkt bei der Durchwahl seines Beraters angerufen. Doch der „direkte Draht“ führte ins Nichts. Der Unternehmer ließ es klingeln und klingeln, bis nach dem fünfzehnten Mal endlich jemand ranging. Leider war das nur die Institutszentrale, die auch nicht mehr tun konnte, als eine Bitte um Rückruf aufzunehmen. Der Unternehmer wartete dann noch mehrere Stunden auf den Rückruf – vergeblich. Er schrieb schließlich eine Mail. Als diese am nächsten Tag noch nicht beantwortet war, griff der Unternehmer erneut zum Hörer, rief aus eigenem Antrieb nochmals an und hatte tatsächlich Glück: Der Berater ging direkt ans Telefon.
Der Berater erklärte dem Unternehmer, dass er die ganze Zeit von Gespräch zu Gespräch gesprungen sei und deshalb nicht ans Telefon gehen oder sich zeitnah melden konnte. So weit, so verständlich. Regelrecht paradox wurde es dann allerdings, als der Unternehmer nachfragte, warum denn die Assistenz des Beraters nicht ans Telefon gegangen sei: „Wir haben keine Assistenzen mehr. Wir sollen direkt ans Telefon gehen, damit wir auch bei Kleinigkeiten mit dem Kunden ins Gespräch kommen.“
Assistenzen einsparen: keine gute Idee!
Es stellte sich also tatsächlich heraus, dass das Finanzinstitut flächendeckend die Assistenzen eingespart hatte. Der Unternehmer meinte dann auch zu mir: „Das verstehe ich nicht. Ich höre und lese immer wieder, dass die Finanzinstitute ja große Herausforderungen bei den Kosten und Erträgen haben – aber weniger Assistenzen macht doch den Kohl auch nicht fett, oder?“
Und da hat er meiner Meinung nach ins Schwarze getroffen. Ja, es stimmt natürlich, dass durch die voranschreitende Digitalisierung und Standardisierung wiederkehrender Prozesse Personal eingespart werden kann. Doch wer glaubt, dass man damit bei der Assistenz beginnen kann, verkennt, dass diese Mitarbeiter heute ein ganz anderes Anforderungsprofil haben als noch vor 30 Jahren. Selbstverständlich braucht man heute keine Assistenz mehr zum Abtippen von diktierten Verträgen und Briefen – hier ist ja vieles standardisiert und ohnehin kaum noch Gestaltungsspielraum vorhanden. Doch dazu kommt eine ganze Reihe von Arbeiten, die aktuell noch nicht wegrationalisiert werden können:
- Annehmen von Gesprächen und Informationsvermittlung (mehr als nur „Anrufbeantworter spielen“)
- Koordinieren von Terminen sowie deren Vorbereitung (auch Räume organisieren etc.)
- Outbound-Kommunikation per Telefon oder Mail (selbstständiges Kontaktieren von Kunden)
Insbesondere der Outbound-Bereich ist meines Erachtens ein spannendes neues und zukunftsträchtiges Tätigkeitsfeld, das bei der Assistenz hervorragend aufgehoben ist. Also das proaktive Kontaktieren der (potenziellen) Kunden im Rahmen der Wiedervorlage-Mappe, die heutzutage oft so voll ist, dass der Berater sie kaum alleine stemmen kann. Glauben Sie mir, das hat einen echten Mehrwert, da der Berater auf diese Weise frei gemacht wird für die akut dringenden Gespräche und trotzdem kein Potenzial verloren geht. Die für die Outbound-Kommunikation benötigten Fähigkeiten sind also idealerweise fester Bestandteil des Anforderungsprofils an die Assistenz.
Die neue Art der Assistenz
Es gibt also nicht nur Arbeiten, für die unbedingt noch eine Assistenz benötigt wird – es gibt auch ganz neue Arbeitsfelder, in denen die Assistenz dem Institut einen echten Mehrwert bieten kann.
Dazu sollte allerdings der Unterschied zwischen Assistenz, Sekretariat und Referent gut herausgearbeitet werden. Vor allem ist es ungemein wichtig, die Kompetenzen der Assistenz klar zu definieren: Wenn die Assistenz beispielsweise Termine ansetzen darf, dann nur verbindlich! Ruft die Assistenz hinterher den Unternehmer oder dessen Assistenz an bzw. diese melden sich selbst, und muss Bescheid geben, dass der Berater den vereinbarten Termin doch nicht wahrnehmen kann, können Sie sich vorstellen, dass das peinlich wird. Nicht nur für die Assistenz, die den Kunden dann vertrösten muss. Nein, auch das Institut als Ganzes sendet so ein fatales Signal an den Unternehmer: Du hast bei uns nicht Priorität.
Selbst wenn der Termin nicht ausfällt, sondern nur um einige Minuten verschoben werden muss, weil sich ein vorheriger Termin hinzieht, kann es peinlich werden. Wenn sich abzeichnet, dass eine Besprechung doch länger als erwartet dauern wird, dann ist es sinnvoll, zwischenzeitlich 5 Minuten Pause zu machen, sodass alle Beteiligten ihre Nachfolgetermine neu koordinieren können. Eine persönliche Nachricht vom Berater, ob der Termin um einige Minuten verschoben werden kann, kommt da immer am respektvollsten rüber. Und wenn die Assistenz anrufen muss, um den Termin zu verschieben, ist es nicht nur wertschätzend sondern vor allem auch professionell, wenn sie schon neue Terminoptionen parat hat.
Assistenz als Minijob?
Das umfangreiche Aufgabenfeld der Assistenzen erklärt auch, warum es mehr als suboptimal ist, die entsprechenden Arbeiten an die Zentrale des Instituts abzugeben:
- Eine Zentrale als Ansprechpartner ist immer unpersönlich, also kein subjektiver Wohlfühlfaktor.
- Viele Unternehmer möchten gar nicht, dass das gesamte Institut weiß, dass sie Kunden des Hauses sind. Und die persönlichen Vorstandskontakte wollen dieses oftmals erst Recht nicht.
- Insbesondere die Umstellung auf eine anonymisierte Zentrale des gesamten Instituts oder auf einen externen Anbieter, der durchaus bis zu 50 Institute gleichzeitig bedient, stößt viele Unternehmer vor den Kopf: „15 Jahre Kunde beim Institut und nun plötzlich alle Anfragen über eine Zentrale?“
- Aufgrund geringer Kundennähe sind Rückrufanfragen von der Zentrale für den Berater oft eher nichtssagend (keinen Anlass des Anrufs notiert, oder Namen so falsch verstanden und weitergeben, dass der Berater überhaupt nicht weiß, wer um Rückruf bittet, etc.)
Selbst das Einschränken der Anzahl an Assistenzen pro Berater kann schon zu ungewünschten Nebeneffekten führen. Ich kenne Institute, bei denen jede Assistenz fünf Berater unterstützt. Wenn jeder Berater 100 Verbünde hat, dann sind das 500 Verbünde pro Assistenz. Mit internen und externen Anrufen, Koordination und diversen kleinen internen Aufgaben sind das pro Assistenz mindestens 100 Vorgänge pro Tag. So verkommt die Assistenz zum „menschlichen Anrufbeantworter“, ohne Möglichkeit für Eigeninitiative (z. B. Outbound-Aufgaben). Sie können sich vorstellen, dass Ähnliches für Assistenzen gilt, die beispielsweise nur eine halbe Stelle haben oder als Minijobber angestellt sind.
Konkrete Tipps zum effizienten Einsatz der Assistenzen
Nicht nur die Auslastung der Assistenzen ist wichtig, auch die Zusammenarbeit mit ihnen sollte effizient gestaltet sein. Deshalb empfehle ich, dass sich die Assistenzen mit ihren Beratern mindestens zweimal wöchentlich (idealerweise täglich) abstimmen: Welche To-Dos stehen noch aus, wie werden die Prioritäten (neu) verteilt, was kann noch aufgenommen werden, um Quantität und Qualität zum vorgegebenen Zeitpunkt zu garantieren? So erleichtert man der Assistenz die Zeitplanung. Und selbstverständlich übergibt man wichtige Unterlagen nicht mit nur einem kurzen Kommentar oder einer hastig geschriebenen Notiz, sondern man bespricht sie detailliert, sodass die Assistenz genau weiß, was sie damit zu tun hat.
Wird die Assistenz auch im Outbound eingesetzt, empfehle ich dazu folgendes in der Praxis vielfach erprobte Vorgehen:
- Als Berater einmal im Quartal die Kundenverbünde ansehen und prüfen, was Priorität hat, was machbar ist und was überhaupt noch Relevanz hat. Auch die dort hinterlegten Informationen bringt man dabei auf den neuesten Stand. So verhindert man, dass die Assistenz zu Beginn eines Quartals drei Dutzend Wiedervorlagen abzuarbeiten hat, die alle eigentlich „sofort“ bearbeitet werden müssten.
- Die Quartalswiedervorlagen lassen sich dann nach Priorität auf die kommenden Wochen verteilen. So erstellt man eine nach Prioritäten sortierte Outbound-Liste, die beispielsweise so aussehen könnte (Tipp: Mit Rechtsklick haben Sie die Möglichkeit, das folgende Bild auf Ihrem Computer abzuspeichern – um dann die Liste ganz einfach nach Ihren individuellen Bedürfnissen nachzubauen):
- Danach blockiert man sich als Berater Slots im Kalender, die der Assistenz explizit als mögliche Gesprächstermine vorgelegt werden. So hält man anstehende Gespräche in einem vorgegebenen Rahmen und gibt der Assistenz gleichzeitig den Freiraum, Gespräche selbstständig zu koordinieren. Das hat den großen Vorteil, dass man „Telefontage“ etablieren kann. Also z.B. ein Tag, an dem man 8 x 1 Stunde für Telefonate mit (Ziel-)Kunden blockt. Die Telefonate werden dann immer für maximal 45 Minuten angesetzt und dies wird dem Kunden auch im Vorfeld so mitgeteilt, damit noch Puffer bis zum nächsten Termin ist. Bitte beachten Sie: Dies sind Wiedervorlagentermine – also Termine für ein gegenseitiges Update. Kommt es während des Termins zu konkreten Inhalten und potenziellen Abschlussmöglichkeiten, gilt es, direkt einen sehr zeitnahen Nachfolgetermin zu koordinieren. Denn es wartet ja schon gleich der nächste Termin in der Leitung. Und da wäre es unhöflich und unprofessionell, den einen Termin zu überziehen und den Nachfolger warten zu lassen.
- Die Assistenz vergibt dann Gesprächstermine und teilt diese dem Kunden per Terminbestätigung und dem Berater per kurzer E‑Mail mit. Je nach Stand der Digitalisierung im Institut eignet sich auch ein Online-Kalender mit gemeinsamen Zugriffsrechten für die Terminbuchung und ‑kommunikation. So lässt sich auch kurz und bündig kommunizieren, wenn vonseiten des Kunden etwas dazwischengekommen ist und beispielsweise das Gespräch erst ab einem gewissen Datum wahrgenommen werden kann oder gewünscht ist. Also Informationen, die für den Berater auch außerhalb der reinen Terminplanung nützlich sein könnten.
- Wer die Assistenzen noch stärker einbinden möchte, kann ihnen nach einem entsprechenden Training auch die Aufgabe zuteilen, Rückfragen zu stellen. Beispielsweise, weshalb der Unternehmer zu verstehen gegeben hat, dass er die kommenden Monate keine Anrufe wünscht.
So ist es für die Assistenz möglich, in einem gewissen Rahmen Unternehmerkunden zu kontaktieren und autonom (verlässliche) Gesprächstermine mit dem Berater zu organisieren. Das sorgt für eine extrem professionelle Außenwirkung sowie für den subjektiven Wohlfühlfaktor beim Unternehmer. Und selbst wenn der Unternehmer seinerseits Termine und Ähnliches über eine Assistenz organisieren lässt: Sobald die Assistenzen des Kunden den subjektiven Wohlfühlfaktor spüren, ist das so gut wie ein Fuß in der Tür. Immerhin bestimmen diese beim Unternehmer ebenfalls die Terminvergabe mit. Und demonstriert der Kunde mal Ablehnung gegenüber dem Gesprächs-/Telefonwunsch Ihres Instituts, wird dies zunächst von Ihrer Assistenz gefiltert, was emotional durchaus angenehmer für Sie sein kann.
Assistenzen sind immer noch unverzichtbar!
Ich hoffe, dass Ihnen die oben beschriebenen Tipps veranschaulichen, wie wichtig Assistenzen für reibungslose Abläufe sind und welchen Mehrwert sie bieten, wenn sie effizient mit den Beratern zusammenarbeiten. Die Investition in professionelle Assistenzen, in Vollzeit und in ausreichender Anzahl pro Berater, rechnet sich dann auch schnell. Einsparungen sollte man eher an anderen Stellen tätigen. Schließlich möchten Sie ja nicht, dass Ihre Kunden mal dieselben Erfahrungen machen wie der eingangs erwähnte Familienunternehmer.
Kontakt
Dirk Wiebusch
info@ifuf.de