Als treue Leser des Versteher-Magazins und Hörer des Versteher-Podcasts wissen Sie, dass Unter­nehmer vor allem drei Stecken­pferde haben: das Unter­nehmen, Immobilien und das Sparen von Steuern. Wertpa­pier­an­lagen spielen in der Regel eine eher unter­ge­ordnete Rolle – die Unter­nehmer vertrauen nur sehr ungern darauf. So mancher Private-Banking-Experte versucht, dieser Heraus­for­derung mit indivi­duell perfekt ausge­ar­bei­teten Anlage-Strategien zu begegnen. Doch gerade vor Kurzem habe ich wieder im Gespräch mit einem Unter­nehmer festge­stellt: Oft hat man da mit sinnvoll einge­setzten Standard­pro­dukten mehr Erfolg.

Wertpa­piere? Nein Danke!

Wie so oft war ich neulich in meiner Rolle als Gründer und Geschäfts­führer des Instituts Für Unternehmer­Familien (IFUF) im Gespräch mit einem unserer Unter­nehmer-Mandanten und ging mit ihm die 7 Fokus­themen durch, die Sie als regel­mäßige Leserin oder Leser meiner Veröf­fent­li­chungen bereits kennen­ge­lernt haben.

Wenig überra­schend zeigte sich, dass der Unter­nehmer sein Privat­ver­mögen vor allem in Immobilien anlegte. Doch er erzählte mir, dass seine Kinder gar nicht so begeistert von Immobi­li­en­besitz seien und er deshalb versuchen möchte, genera­tio­nen­über­greifend nun mehr in Wertpa­piere anzulegen.

Das Thema war gerade kürzlich im Struk­tu­rie­rungs­ge­spräch mit seinem Private Banker wieder aufge­kommen – dieser hatte im Vorfeld einen indivi­duell auf den Unter­nehmer zugeschnit­tenen Anlage­vor­schlag erstellt. Doch als der Private-Banking-Berater damit begann, die Anlagen zu erklären, war dem Unter­nehmer schon nach wenigen Sekunden klar: Das wollte er so nicht. Viel zu viele Produkte, viel zu kompli­ziert aufge­stellt. Der Private-Banking-Berater blickte daraufhin verständ­li­cher­weise erst etwas verdutzt drein, denn er hatte den Vorschlag ja bewusst mit viel Diver­si­fi­kation als Absicherung konstruiert.

Es stellte sich dann im Gespräch zwischen Unter­nehmer und Berater schnell heraus, dass der Unter­nehmer einfach auf etwas ganz anderes Wert legte: Überschau­barkeit. Der Unter­nehmer erklärte seinem Berater, dass er seine eigene Firma ebenfalls so aufgebaut hatte, dass man sich nicht verzetteln konnte. Denn dort liegt ja der Großteil des eigenen Vermögens und das will man schließlich jederzeit unter Kontrolle behalten. In diesem Gespräch hatte der Berater also zunächst nicht punkten können – versi­cherte jedoch, dass er sich dahin­gehend nochmal Gedanken über den Vorschlag machen würde.

Indivi­duell zusam­men­ge­stellte Standard-Produkte können die Lösung sein

Wenn ich mich so unter den Private Bankern und Wealth Managern des Landes umhöre, dann wird mir gegenüber immer wieder betont, wie groß der Bürokra­tie­aufwand mittler­weile geworden ist. Das interne Controlling drängt immer weiter auf verein­heit­lichte und standar­di­sierte Abläufe – insbe­sondere natürlich im Private Banking und damit auch im Wertpapiermanagement.

Wenn man bedenkt, dass Wertpa­pier­ma­nagement ursprünglich aus Einzel­aktien, Aktien­an­lagen, Anleihen und ähnlichen Anlagen bestand, dann wird deutlich, wie komplex das Thema in den letzten Jahrzehnten geworden ist – schließlich sind Fonds, Index­fonds, ETFs und ähnliche Anlage­op­tionen deutlich in den Vorder­grund gerückt. Da ist es absolut verständlich und lobenswert, dass viele Private Banker den Extra-Schritt gegangen sind, sich die Märkte selbst im Detail anzusehen, um Unter­neh­mer­kunden nicht nur die Empfeh­lungen der überge­ord­neten (Verbund-)Analyseabteilungen vorschlagen zu können. Schließlich möchte man den besonders wichtigen Unter­nehmern und Unternehmer­familien nicht einfach nur Produkte und Dienst­leis­tungen bieten, die aus einem Standard­system entstehen und scheinbar keinerlei Indivi­dua­lität mehr zulassen.

Aber sind komplexe Anlage­vor­schläge wirklich das, was die Kunden haben möchten? Indivi­duell auf die jeweilige Unternehmer­familie zugeschnitten: definitiv ja. Aber komplex? Um diese Frage zu klären, nehmen wir erneut die Innen­an­sicht des Unter­nehmers ein:

Das Arbeits­leben des Unternehmers

Stellen Sie sich vor, Sie sind ein mittel­stän­di­scher Unter­nehmer – also ein Mensch, dem eine Firma (zumindest zu einem großen Teil) gehört. Haben Sie mit Ihrer Firma dann 10, 20 oder sogar mehrere Hundert Millionen Euro Umsatz im Jahr und sind außerdem verant­wortlich für fünfzig oder hunderte, wenn nicht gar tausende Mitar­beiter, dann sind Sie in Ihr beruf­liches Leben extrem stark einge­spannt. Von einer 40-Stunden-Woche ist da gar nicht mehr zu reden, mit 60 oder 70 Stunden sind wir da schon näher an der Realität. Und Sie sind wahrscheinlich ein absoluter Experte in Ihrem Markt­segment und Meister Ihres Fachge­bietes. Ihre Produkte und deren Qualität werden überall geschätzt. Das können Sie, das verstehen Sie, dazu haben Sie studiert und mitunter Jahrzehnte lang probiert. Und das haben Sie vollkommen im Griff. Da würden Sie doch sicher auch gerne den vollen Überblick bei der Anlage Ihres Privat­ver­mögens behalten – schon allein zum Selbst­schutz. Hätten Sie dann nach einer 70-Stunden-Woche noch die Zeit oder Lust, sich in komplexe Anlage­pro­dukte einzu­lesen, um diese vollum­fänglich zu verstehen? 

Der eine oder andere von Ihnen wird nun reflex­artig rufen: „Aber dafür hat er doch mich!“ Und das stimmt, aber einlesen wird ein Unter­nehmer sich dennoch wollen und zumindest grob verstehen, in was er da inves­tiert auch.

Sie als Unter­nehmer, der vielleicht selbst zahlreiche Produkte im Angebot hat, versteht da intuitiv, wie Komple­xität mit Mehraufwand beim Controlling etc. skaliert.

Oder verkürzt ausge­drückt: Der Unter­nehmer, der sein hart erarbei­tetes Privat­ver­mögen am liebsten in überschaubar struk­tu­rierte Anlagen inves­tiert und von Ihnen erwartet, dass Sie sein Depot dann jederzeit mit Argus­augen überwachen, trifft auf Vertriebler in den Finanz­in­sti­tuten, die aufgrund ihrer eigenen freiheits­lie­benden Typologie gern clevere Anlage­stra­tegien konstru­ieren und umsetzen möchten.

Kleiner Exkurs am Rande: Sie alle kennen doch bestimmt mindestens einen Unter­nehmer, der sein Eigenheim auf dem Betriebs­ge­lände stehen hat, 5 Immobilien mit 30 Wohnungen in derselben Straße besitzt und am liebsten noch aus dem Wohnzim­mer­fenster alle sehen möchte. Eben genau aus dem genannten Grund der Überschau­barkeit und Kontrollierbarkeit.

Die Realität der Berater

Als Private-Banking-Berater verbringen Sie wahrscheinlich einen Teil (wenn nicht sogar einen Großteil) Ihres Arbeits­tages damit, die Märkte zu analy­sieren, Ideen für Anlagen zu entwi­ckeln, Produkte heraus­zu­suchen, diese zu verkaufen und sie im Nachgang zu überwachen. Und dazu kommen dann auch noch die bürokra­ti­schen Herausforderungen.

Haben Sie da noch Zeit, sich wirklich gut auf den Unter­nehmer einzu­stellen, sich damit zu beschäf­tigen, in welchen Komple­xi­täten er sich bewegt und heraus­zu­finden, wo akut Handlungs­bedarf besteht? Vermutlich eher weniger.

Die Lösung: Indivi­duell kombi­nierte Standardprodukte

Kurz gesagt: Die meisten Unter­nehmer möchten von Ihnen überhaupt keine ultra-komplexen und stark diver­si­fi­zierten Anlage­pro­dukte – und Sie können die Zeit dafür sinnvoller einsetzen, indem Sie zum Beispiel die Situation des Unter­neh­mer­kunden (anhand unserer 7 Fokus­themen) noch genauer analy­sieren, sich in das Geschäfts­modell und die Wertschöp­fungs­kette einar­beiten, sich über die Nachfol­ge­planung Gedanken machen etc. Denn Unter­nehmer möchten eher ein Angebot wie das My-Müsli-Sortiment, das ich schon einige Male als Beispiel heran­ge­zogen habe: Eine überschaubare Anzahl an Standard­pro­dukten (Hafer­flocken, Nüsse, etc.), die indivi­duell kombi­niert werden können und so Indivi­dua­lität sowie Übersicht­lichkeit ermöglichen.

Nutzen Sie eine Kombi­nation aus indivi­duell zusam­men­ge­stellten, übersicht­lichen Standard­pro­dukten und ‑dienst­leis­tungen sowie persön­lichem Mensch zu Mensch (MzM), um sich bei Ihren Unter­neh­mer­kunden einzig­artig zu positio­nieren. Denn Ihr Unter­neh­mer­kunde ist eher dazu bereit, sein Geld in verständ­liche Anlagen zu stecken – genau so, wie er vermutlich in einem Restaurant mehr Vertrauen in die Küche hat, wenn sich diese auf 7 oder 8 Standard­ge­richte mit unter­schied­lichen Beilage-Optionen spezia­li­siert, anstatt fünfzig Gerichte italie­nisch, indisch, franzö­sisch und chine­sisch auf einer Karte anzubieten. Denn dass der Koch das dann alles wirklich gut kann und alle Zutaten frisch sind, ist mehr als fraglich.

Machen Sie Ihren Unter­neh­mer­kunden auch klar, dass Sie verstehen, welche Mühen hinter dem hart erarbei­teten Privat­ver­mögen stecken. Denn dieses musste mit Leistung erarbeitet werden und der Unter­nehmer wird es nur ungern jemandem anver­trauen, der den Eindruck macht, dass er es in ein komplexes, für den Unter­nehmer nicht nachvoll­zieh­bares Anlage­konzept investiert.

Übrigens: Der Berater in unserer Eingangs­ge­schichte ist schließlich auf genau denselben Gedanken gekommen. Er beschränkte sich beim zweiten Gespräch statt wie ursprünglich auf 20 ausge­feilte Sonder­pro­dukte nun auf 5 Standard-Produkte, die er indivi­duell kombi­nierte und gewichtete. Der Unter­nehmer war dann auch hellauf begeistert von dem neuen, deutlich übersicht­li­cheren Angebot. Das Angebot wirkte, trotz der wenigen Produkte, deutlich durch­dachter als das vorherige.  Der Berater hat sich „K.I.S.S.“ (Keep it short and simple) zu Herzen genommen. Und es kam schließlich zum Abschluss in hoher einstel­liger Millio­nenhöhe, da der Berater so seine Vertrau­ens­wür­digkeit demons­trieren konnte. Wir sehen also: Manchmal ist weniger Komple­xität doch mehr Wohlfühlfaktor!

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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