In meiner Funktion als Geschäftsführer des Instituts Für Unternehmerfamilien (IFUF) war ich kürzlich im Gespräch mit einem Unternehmer. Dieser stellt Produkte her, die in seiner Branche hinsichtlich Preis und Qualität dem Premiumsektor zuzuordnen sind. Prinzipiell differenzieren wir dabei zwischen den Bereichen:
- Masse
- Premium
- Luxus
In unserem Gespräch ging es zunächst darum, wie der Unternehmer seine Zukunft sieht, wie es aktuell bei ihm läuft und Ähnliches. Da ich sein Produktportfolio bereits kannte, habe ich das Gespräch locker begonnen: „Mensch, Ihre Produkte haben ja schon einen ordentlichen Preis. Also verschenken tun Sie die ja nicht gerade.“ Als Entgegnung auf meine kleine Spitze meinte der Unternehmer nur: „Naja, wenn Sie Premium draufschreiben, dann müssen Sie Premium liefern – und dann zahlt der Kunde auch dafür.“ Daran schloss sich eine sehr informative Diskussion an, die vor allem diese scheinbar so einfache, aber extrem wichtige Erkenntnis als Grundlage hatte: Wer Premium anbietet, muss auch Premium liefern!
Premium-Produkte = Premium-Mehrwert = Premium-Preise
Premium bedeutet: gute Qualität, keine Rabatte! Bereits über den Preis definiert man seine Käuferschaft und seine Klientel. Ich beziehe dies in diesem Artikel erst einmal auf das „normale Leben“, aber Sie werden schnell feststellen, dass Sie diese Tatsache auch hervorragend auf die Finanzberatung von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien beziehen können – sei es im Firmenkundenbanking, im Private Banking, im Wealth Management oder in der Versicherungsberatung.
Kunden kaufen primär nicht ein Produkt, sondern das, was sie damit machen können, seinen Nutzen – Apple hätte sich nie auf seinen heutigen Spitzenplatz in der Tech-Branche bringen können, wenn Steve Jobs nicht irgendwann alle Entwicklung darauf ausgelegt hätte, ein möglichst praktisches und alltagstaugliches Produkt herzustellen. Eines, das einfach macht, was man von ihm erwartet, und dabei vielleicht auch noch gut in der Hand liegt. Stellen Sie sich daher die Kernfrage: Werde ich als beste Lösung für das Problem des Kunden gesehen? Denn für zwei Arten von Lösungen zahlen (die richtigen) Kunden weit mehr als für alle anderen: für das Beseitigen von Schmerzen und das Gewinnen von Zeit bzw. Geld.
Nicht die billigste, sondern die beste Lösung
Angebot und Nachfrage bestimmen seit jeher den Preis eines Produktes. Aber wären die Wünsche aller Menschen immer rein rational, dann gäbe es auch kein Porsche oder Harley Davidson. Der Grund, dass es sie dennoch gibt, ist der subjektive Mehrwert für den Kunden in Form von Lösungen, Qualität, Emotionen, Fakten, Geschwindigkeit sowie Prestige. Ein günstiger Preis hingegen bedeutet aufgrund der damit oft einhergehenden schlechten Qualität nicht selten, dass man doppelt kaufen muss. Daher ist „billig“ ironischerweise oftmals am teuersten. Und viele Kunden haben das mittlerweile auch verstanden und sind bereit, für Premium-Qualität einen entsprechenden Preis zu zahlen.
Premium-Anbieter strengen sich also enorm an, da sie mit höheren Umsätzen rechnen können, sofern sie das Niveau halten können. Doch wehe dem, der Premium draufschreibt, wenn kein Premium drin ist. Oder wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie ein 100.000 Euro teures Auto kaufen, in dem die gleichen offensichtlichen Komponenten verbaut wurden wie in einem Auto für 25.000 Euro? Anders herum kann allerdings auch ein positiver Effekt erzielt werden: Ein Hotel, das zwar 4‑Sterne-Niveau bietet, aber nur mit 2 Sternen wirbt, wird garantiert tolle Bewertungen sowie eine Mega-Reputation erhalten, weil die Besucher von der Qualität des Angebots positiv überrascht sind. Gäste im 5‑Sterne-Luxus-Hotel kennen hingegen keine Gnade bei Bewertungen, wenn mal eine Leistung nicht ganz der beworbenen Qualität entspricht.
Lassen Sie mich noch ein alltägliches Beispiel aus der Lebensmittelindustrie anführen: Sie bieten einen Joghurt, der marktüblich 25 Cent kostet, für 45 Cent an. Kaufen Ihre Kunden nun diesen Joghurt und erfahren später, dass sie dieselbe Qualität auch für 25 Cent hätten haben können, fühlen sie sich zu Recht verprellt. Ihre Preisgestaltung war intern vielleicht gerechtfertigt, jedoch ist sie falsch im Sinne von Angebot und Nachfrage, denn Sie bieten nicht die Qualität, die den Preis rechtfertigen würde. Um diesen Umstand zu revidieren, müssten Sie Ihren Kunden also Rabatte oder Sonderkonditionen gewähren. An solche Aktionen sind jedoch interne Diskussionen, im Zweifel Kompetenzgerangel und der Verlust von Zeit geknüpft. Dem Kunden ist das alles egal, denn er wird so oder so einen Joghurt kaufen – für ihn fragt sich nur: bei wem?
Was ist Premium?
Anfang der 2000er Jahre gab es mal eine Zeit lang Premium-Fitnessstudios, die mit deutlichen Mehrwerten warben. Inbegriffene Leistungen waren da beispielsweise Kurse, eine gute Ausstattung, Sonnenbänke, Duschen, kostenlose Getränke und sogar ein Wäsche-Service. Bis auf den zuletzt genannten Service gibt es dies heute alles schon für etwa 29,90 Euro pro Person und Monat bei vielen Franchise-Fitnessketten.
Merke: Der Wettbewerb zieht immer nach! Premium ist nicht nur ein subjektives Gefühl des Kunden, sondern hat immer auch mit Zeitgeist zu tun. Und man muss sich anpassen, um seinen Premium-Charakter zu behalten. Ein Premium-Produkt zum Premium-Preis bietet dem Kunden aus dessen eigener Sicht einen echten Mehrwert, ob im Bereich Qualität oder Service. Auch positive Erfahrungen mit dem Anbieter können da relevant sein, denn von wem möchten Sie wohl Ihr Bad renovieren lassen: von einem Lehrling, der an Ihnen übt und erste Erfahrungen sammelt, oder von einem Vollprofi, der die entsprechende Erfahrung mitbringt, auch wenn er sie sich entsprechend vergüten lässt?
Fazit: Das ist Premium!
Was ist nun also ein echter Mehrwert in einer Welt der Finanzberatung mit nahezu identischen Preisen, Produkten und Dienstleistungen? Und wie können Sie als Anbieter Ihre Poleposition gegenüber dem stetig mitziehenden Markt erhalten?
Jeder Unternehmer hat seine eigene, persönliche Auffassung dessen, was für ihn „Premium“ ist. Das können beispielsweise eine Zeitersparnis oder auch eine sorgenfreie Rundum-Versorgung sein: Als Private Banker für Familienunternehmen zum Beispiel sind Sie der CFO (oder der kaufmännische Leiter im Privatvermögen, analog der Person in seinem Unternehmen) des Unternehmers – und hier geht es vor allem um Pragmatismus und Erfahrungswerte. Stellen Sie beispielsweise hinsichtlich Ihrer Erreichbarkeit auf eine Art Massen-Zentrale um, so wird kein Kunde dies als Premium-Angebot wahrnehmen. Bieten Sie Firmenkunden eine exklusive „Fastlane“ im Kreditgeschäft, so ist dies eindeutig Premium!
Resümierend können wir also festhalten, dass Produkte und Dienstleistungen, die als „Premium“ deklariert werden, von vorne bis hinten auch „Premium“ enthalten müssen – und zwar zu jeder Zeit! Schauen Sie also auf Ihre Unternehmerkunden: Wie gehen diese mit ihren Produkten um? Gewähren sie Rabatte? Und wenn ja, wie oft? Auf die gesamte Produktpalette oder nur auf vereinzelte Produkte? Oder nur, wenn an anderer Stelle mit einem Kunden verdient wird?
Ein abschließender Tipp: Beachten Sie diesbezüglich auch die Unternehmer-Typologie. Der Artikel bezieht sich zwar auf die Umstände unter Corona, jedoch sind die Prioritäten der Typologien auch generell gültig und äußerst hilfreich, um das eigene Finanzangebot an die Nachfrage und die Wünsche Ihrer Zielkunden anzupassen – und maßgeschneidert zu kommunizieren.
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Dirk Wiebusch
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