In der Vergan­genheit galt eine Vermö­gens­grenze von 1 Million D‑Mark, heute etwa 500.000 Euro, als Richtwert für den Zugang zum Private Banking. Diese Summe wurde nach der damals verwen­deten Einkommens- und Vermö­gens­py­ramide als Synonym für wohlha­bende Menschen betrachtet. Zudem sollte sie das erfor­der­liche Vermögen wider­spiegeln, um die perso­nal­in­ten­siven Dienst­leis­tungen, die mit dem quali­ta­tiven Private Banking einher­gehen, wirtschaftlich anbieten zu können.

Aus verschie­denen Quellen zu Beginn der 2000er Jahre geht hervor, dass man seinerzeit mit einem Netto­ver­mögen von etwas über 600.000 Euro zu den vermö­gendsten 10 % der Bevöl­kerung in Deutschland zählte. Da Private-Banking-Dienst­leis­tungen zu dem Zeitpunkt das Nonplus­ultra in der indivi­du­ellen Beratung sein sollten, kann man zumindest grob davon ausgehen, dass so in etwa die Schwellen-Summe festgelegt wurde. Doch mit den Jahren haben sich die Kriterien für den exklu­siven Private-Banking-Bereich gewandelt.

Neue Maßstäbe für Private-Banking-Kunden

Dieser Artikel soll per se gar nicht so sehr auf die konkrete Herleitung des Private Banking – bzw. die damit verbun­denen Summen eingehen – aber er soll zum Vergleichen animieren und beleuchten, wie sich der Sektor in den vergan­genen 20 bis 25 Jahren verändert hat. Denn in der Vergan­genheit gab es auch immer wieder Institute, die andere Maßstäbe an ihre Premium-Kunden angelegt haben, um ihnen Private-Banking-Dienst­leis­tungen anzubieten. Was genau hinter diesen Dienst­leis­tungen steckt, bzw. was sie beinhalten, haben wir bereits ausführlich in anderen Artikeln, eBooks und Podcasts beleuchtet – auch das soll daher nicht Thema des heutigen Beitrags sein.

Beispiels­weise fokus­siert sich die Commerzbank seit 2017 nicht mehr starr auf die Anlage­vo­lumina ihrer Private-Banking-Kunden, sondern richtet ihren Blick vielmehr auf die Beratungs­kom­ple­xität. Andere Banken, wie die Berenberg Bank, sorgten vor Jahren wiederum für Aufsehen, indem sie Kunden mit weniger als 1 Million Euro Anlage­ka­pital schlichtweg mitteilten, dass man auf sie verzichten wolle. Zudem wurde der Begriff „Wealth Management“ aufge­griffen, um sich als „Exklusiv-Anbieter“ von der Konkurrenz abzugrenzen.

Für viele Institute gilt dennoch weiterhin die 500.000-Euro-Marke für liquide Anlagen in Form von Depot­an­lagen als Grundlage für den Private-Banking-Zugang. Doch auch hier zeigen sich Verwäs­se­rungs­ten­denzen: So werden teilweise schon Potenzial-Kunden mit 200.000-Euro-Anlage, aber höheren Geldern bei Dritt­in­sti­tuten, akzep­tiert. Und nur ein paar wenige Anbieter machen es zur Auflage, dass man innerhalb eines definierten Zeitraums auf die Mindest­einlage erhöhen muss. Sogar noch weniger sind bei Nicht­er­füllung durch den Kunden so konse­quent, ihn dann gar nicht mehr zu betreuen oder über eine andere Abteilung bedienen zu lassen. In der Regel erhält der „Kassen­pa­tient“ dann ohne dafür zu zahlen die „Chefarzt-Behandlung“.

Diesen Umstand gebe ich seit Jahrzehnten immer wieder zu Bedenken. Mein Hinweis: Den Porsche für 150.000 Euro können Sie auch nicht für 50.000 Euro mitnehmen, dem Händler sagen „Rest kommt“ und der sagt „Ok, klar, kein Problem“ – und wenn die „echten“ Top-Kunden das mitbe­kommen, sind sie zu Recht sehr sauer. Werfen Sie analog dazu doch auch mal einen Blick auf das Modehaus Gucci und seine aktuellen Probleme.

Volumen­de­fi­nition ist keine sinnvolle Größenordnung

Ich persönlich vertrete schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, die Meinung, dass eine Volumen­de­fi­nition keine sinnvolle Größen­ordnung ist. Das ist auch der Grund, warum es innerhalb der mittleren und größeren Institute immer wieder zu großen Kunden­wan­de­rungen kommt, wenn diese feststellen, dass in den Filialen Kunden mit Anlage­vo­lumen von mehr als 500.000 Euro und im Private Banking Kunden mit weniger als 500.000 Euro betreut werden – dann gibt es große Verschie­bungen. Am Ende ist es zwar immer wieder eine große Bewegung, aber für das Gesamt­in­stitut ergibt sich in der Regel kein spürbarer Mehrwert im Ertrags­be­reich. Denn es kommt dabei (zu) oft vor, dass die theore­ti­schen Poten­zi­al­kunden bei näherer Betrachtung dann doch wieder nicht passen. Oder man hat zwar einmalig einen Abschluss im Private Banking erzielt, der Kunde selbst hat aber dauerhaft keinen Beratungs­bedarf und auch kein Potenzial für Mehrertrag sowie Volumens­auf­sto­ckungen. So wird aus der Filial-„Karteileiche“ eine Private Banking-„Karteileiche“.

Wenn man nun aber den Einstieg für die Premi­um­leis­tungen im Private Banking und Wealth Management nicht anhand des Depot­vo­lumens oder des Anlage­vo­lumens definiert, sondern aus drei Kriterien kombi­niert, dann wird die Premium-Abteilung „Private Banking“ zu einem quali­ta­tiven Profit-Center. Das sind:

  1. Beratungs­kom­ple­xität
  2. Dauer­hafter Beratungsbedarf
  3. Deckungs­beitrag

Zur Verdeut­li­chung möchte ich eine stark verein­fachte Beispiel­rechnung anführen: Gehen wir davon aus, dass die Private-Banking-Abteilung pro Jahr eine Vollkos­ten­rechnung in Höhe von 500.000 Euro hat. Bei einer Cost-Income-Ratio von 50 % muss die Abteilung Brutto-Erträge in Höhe von 1 Mio. Euro generieren. Nehmen wir weiter an, man bekommt durch­schnittlich 0,85 % pro Jahr an Brutto-Einnahmen bezogen auf das gesamte Kunden­port­folio, dann würde das bedeuten, dass das gesamte betreute Depot­vo­lumen alleine in dieser Abteilung circa 120 Mio. Euro umfassen müsste. Bricht man diese Summe nun auf das Minimum von 500.000 Euro pro Kunde bezie­hungs­weise pro Depot herunter, dann bräuchte man 240 Kunden.

Noch ein weiterer „Fun-Fact“: Egal, welchen Private-Banking-Leiter ich frage – abgesehen von einigen Ausnahmen –, wie viele Kunden bei ihm mehr als 5 Mio. Euro im Depot haben, ist die Antwort nahezu immer „wenige“ oder „nur eine Handvoll“. Das bedeutet, in der Realität krebsen die meisten Abtei­lungen eher bei 500.000 bis 1,5 Mio. Euro herum. Bitte nicht falsch verstehen: Das ist sehr viel Geld und absolut respek­tabel, dieses aufgebaut zu haben!

Ganzheit­liches Private Banking bedingt eine Mischkalkulation

In zahlreichen Artikeln, Podcasts oder auch im eBook zum Thema „Private Banking für Unternehmer­familien“bin ich immer wieder darauf einge­gangen, dass vor allem Unternehmervermögen aus zwei wesent­lichen Bausteinen bestehen, nämlich:

  1. aus der Firma
  2. aus Immobilien

Wenn sich also eine Private-Banking-Einheit für Unternehmer­familien einzig und allein über Wertpapiererträge finan­zieren soll, dann haben wir die oben genannten Grundsummen.

Wenn man aber ganzheit­liches Private Banking anbietet – also inklusive Immobilien (Analysen, Beratung, An-/Verkauf etc.) und Genera­tio­nen­ma­nagement bei der Unter­nehmens- und Vermö­gens­nach­fol­ge­planung – kommt man an einer Misch­kal­ku­lation nicht vorbei. Denn hier wird es paradox:

  • Auf der einen Seite müssen die Mitar­beiter extrem gut ausge­bildet werden.
  • Das führt zu höheren Inves­ti­tionen und Gehältern.
  • Das wiederum führt dazu, dass die Kosten innerhalb der Abteilung sich erhöhen.
  • Das hat zur Folge, dass der Break-even-Point für die Assets under Management (AuM) steigt.
  • Daraus resul­tiert, dass man entweder mehr Kunden oder größere Volumina pro Kunde braucht.
  • Das wird jedoch schwie­riger, da Unter­nehmer zwar durchaus vermögend, aber selten liquide sind – das gilt vor allem für Unter­nehmer, die Produk­ti­ons­un­ter­nehmen haben und vollin­ves­tiert sind (auch die besonders Vermö­genden sind nicht unendlich und jederzeit hoch liquide, so wie z.B. Donald Trump, der ja Probleme hatte, seine Kaution in Cash aufzubringen).

Wenn man sich hingegen auf eine Gesamt­de­ckungs­bei­trags­summe konzen­triert, die man mit dem Unter­nehmer und darauf aufbauend mit seinem kompletten Famili­en­stamm erzielen möchte und das auf sämtliche Vermö­gens­werte exklusive Firma (denn das ist ja Firmen­kunden-Geschäft) bezieht, dann bekommt man über diese Summen einen klar definierten Vorgang, ab wann ein Kunde die Premi­um­dienst­leis­tungen eines Instituts nutzen kann.

Warum habe ich hier so weit ausgeholt? Es ist vollkommen egal, welche Rechtsform Ihr Institut oder Sie als Anbieter haben. Sei es eine börsen­no­tierte AG, eine Tochter­ge­sell­schaft eines auslän­di­schen Anbieters, eine Genos­sen­schaft, ein öffentlich-recht­liches Institut oder ein privates Unter­nehmen – Sie alle haben eins gemeinsam: Sie sind Wirtschafts­un­ter­nehmen, die auf Basis von ökono­mi­schen Gegeben­heiten mindestens ihre Kosten wieder erwirt­schaften müssen. Finanz­in­stitute in der heutigen Zeit, egal welcher Couleur sie entsprechen, sind auf Gewinn­erzielung, wenn nicht sogar auf Gewinn­ma­xi­mierung, kondi­tio­niert. Sie sind Wirtschafts­un­ter­nehmen mit Geschäfts­zweck „Finanz­be­ratung“.

Was ist das Geld dann überhaupt (noch) wert?

Nehmen wir nun als nächstes an, im Jahr 2002 galt für das Private Banking eine Einstiegsgröße von umgerechnet 500.000 Euro. Und nehmen wir nun die Infla­ti­ons­raten in Deutschland seit dem Jahr 2002. Dann wären 500.000 Euro aus dem Jahr 2002 bis Ende 2023 in der Kaufkraft auf 329.000 € gesunken. Oder umgekehrt: Heute entsprächen 757.000 Euro der Kaufkraft der besagten 500.000 Euro aus 2002.

Das bedeutet aber auch, dass Institute oder Anbieter, die „Private Banking“ schon für Einstiegs­vo­lumina ab 250.000 Euro oder sogar 125.000 Euro anbieten, sowohl den Begriff als auch die Exklu­si­vität deutlich verwässern. Es sei denn, man definiert „Private Banking“ als „indivi­duell auf den Kunden zugeschnitten“ – dann können auch die „kleineren“ Summen passen. Aller­dings wird das umgangs­sprachlich „Indivi­du­al­kun­den­be­treuung“ genannt. Private Banking und Wealth Management verfügen hingegen über eine klare Definition dessen, was sie fachlich und im Ansatz beinhalten sollten.

Gleiches gilt übrigens auch für Einstiegs­summen, die nicht über das Anlage­vo­lumen kommen, sondern über das sogenannte Haushalts­net­to­ein­kommen. Auch hier sollte man beachten, dass die in den letzten 20 Jahren sowie durch Inflation und Gehalts­stei­ge­rungen kolpor­tierten 5.000 Euro netto, 7.500 Euro netto oder 10.000 Euro netto im Verhältnis zu heutigen Einkom­mens­klas­si­fi­zie­rungen betrachtet werden müssen. Hier finden Sie beispiels­weise einen guten Überblick über die aktuellen Top 10 % der Verdiener in Deutschland. Und bedenken Sie bitte, wie lange es dauert, bis jemand, der 2.500 € pro Monat spart, dann die Einstiegs­summe von 500.000 Euro oder infla­ti­ons­be­reinigt 750.000 Euro erreicht. Ist das dann wirklich „Private Banking“?

Der Schlüssel zur Profitabilität

Lassen Sie uns an dieser Stelle noch einmal die obenste­hende Beispiel­rechnung aufgreifen: Stellen wir uns eine typische Private-Banking-Einheit mit einer Leitung, einer Assistenz und drei Beratern vor. Bei einem jährlichen Ertragsziel von 1 Million Euro sollte der Fokus nicht mehr allein auf dem Depot­vo­lumen liegen. Statt­dessen ist der bezahlte Deckungs­beitrag, etwa in Form von Beratungs­ho­no­raren, laufenden Vergü­tungen und Einmal­pro­vi­sionen sowie Zinser­geb­nisse auf Anlagen und (Immobilien-)Krediten, der entschei­dende Faktor.

Damit eine solche Premi­um­be­ratung auf Dauer quali­tativ hochwertig bleibt, müssen die Mitar­beiter bestens ausge­bildet sein. Unter dieser Prämisse benötigt die Einheit rund 100 Topkunden, die jeweils einen Brutto­de­ckungs­beitrag von 10.000 Euro pro Jahr beisteuern, um profi­tabel zu wirtschaften. Der Schlüssel liegt also nicht in einer starren Vermö­gens­grenze, sondern in einem dauer­haften ausge­wo­genen Verhältnis von Erträgen und Qualität bei überschau­barer Kundenzahl.

Diese beispiel­hafte Kalku­lation bzw. deren Herleitung erhebt, wie bereits erwähnt, keinen Anspruch auf eine tatsäch­liche Bemes­sungs­grundlage für Private-Banking-Einheiten. Vielmehr soll sie verdeut­lichen, dass eine reine Listen­be­trachtung davon, wer Kunde ist und wer die 500.000-Euro-Marke überschreitet, zwar nicht gänzlich doch nahezu nutzlos ist, da sie nicht die wahren Poten­ziale dieser exklu­siven Beratungsform offenbart. Statt­dessen gilt es eher, durch ganzheit­liche Analysen die Komple­xität der Beratungs­an­for­de­rungen und die damit verbun­denen Ertrags­aus­sichten zu evalu­ieren. Nur so lassen sich die wirklich lukra­tiven Private-Banking-Poten­ziale zielge­richtet identi­fi­zieren und bestmöglich ausschöpfen.

Zahlreiche Wettbe­werber im Private-Banking-Segment

Der Private Banking und Wealth Management Markt in Deutschland wird in den kommenden Jahren eine deutliche Angebots­er­wei­terung erfahren. Während genaue Zahlen fehlen, lässt sich aus den Initia­tiven der Sparkassen und Volks­banken eine steigende Anzahl an Akteuren ableiten.

Denn die rund 350 Sparkassen imple­men­tieren derzeit flächen­de­ckend das Projekt „PB2.0“ zur Etablierung eigener Private-Banking-Angebote. Parallel dazu rollen die etwa 690 Volks­banken ihre Version von „PB2.0“ sukzessive bis 2025 aus. Zu den über 1.000 Insti­tuten aus dem Sparkassen- und Genos­sen­schafts­sektor gesellen sich zahlreiche Großbanken, Privat­banken, Privat­ban­kiers, auslän­dische Anbieter, freie Vermö­gens­ver­walter sowie Finanz­be­rater von DVAG, AWD, MLP und weiteren Gesell­schaften, die mindestens Private Banking, wenn nicht sogar Wealth-Management-Services anbieten wollen. Insgesamt ist daher von 1.200 bis 1.300 Private-Banking-Akteuren in Deutschland auszugehen.

Demge­genüber stehen laut einer Studie der Sparkas­sen­gruppe lediglich etwa 1,5 % der Erwach­senen in Deutschland mit einem Netto­ver­mögen von über einer Million Euro – wohlge­merkt: inkl. Immobilien und je nach Auslegung sogar inkl. Firmenwert. Dadurch wird das Potenzial sehr überschaubar, wer für „echtes“ Private Banking, respektive Wealth Management in Frage kommt – insbe­sondere, wenn man zusätzlich davon ausgeht, dass die meisten dieser Personen bereits mindestens einen Anbieter als Geschäfts­partner haben.

Die Poten­ziale liegen bei den Unternehmern

Die größten Poten­ziale für hochwertige Private-Banking-Dienst­leis­tungen liegen seit jeher bei Unter­nehmern und Unternehmer­familien. Auch bei Personen oder Familien, die aktuell kein opera­tives Unter­nehmen besitzen, aber als vermögend gelten, lässt sich der Wohlstand in den aller­meisten Fällen auf unter­neh­me­rische Aktivi­täten in der Vergan­genheit zurück­führen. Häufig stammt der Reichtum aus dem Verkauf eines von den Vorfahren gegrün­deten Unter­nehmens, dessen Erlöse anschließend in Immobilien oder andere Anlagen inves­tiert wurden.

Gerade für Institute mit einer Firmen­kun­den­s­parte ergibt sich daher ein poten­zi­eller Vorteil beim Zugang zu vermö­genden Personen, da diese gemäß obiger Herleitung überwiegend aus der Unter­neh­mens­kund­schaft stammen dürften. Dieser Wettbe­werbs­vorteil wird jedoch seit Jahrzehnten von den meisten Anbietern nicht konse­quent genutzt.

Regionale Nähe als Erfolgsfaktor

Unter­nehmer bzw. Unternehmer­familien verfolgen in der Regel drei Hauptziele:

  • Aufbau und Wachstum des eigenen Betriebs
  • Erwerb von Immobilien
  • Steuer­erleich­te­rungen

Zudem sind sie meist stark regional verwurzelt und engma­schig vernetzt. (Warum das so ist, habe ich ja bereits mehrfach in Artikeln und Podcasts erläutert.) Dies wiederum spielt regional aufge­stellten Insti­tuten mit einer Firmen­kun­den­ab­teilung und entspre­chenden Immobi­li­en­kom­pe­tenzen in die Hände.

Der aktuell wirklich relevante Zielkunde für hochwertige Private-Banking-Dienst­leis­tungen ist der Unter­neh­mens­gründer, der heute ca. 45/50 Jahre alt oder älter ist und seit 20 Jahren oder länger mit der Firma am Markt ist. Warum? Diverse Statis­tiken zeigen, dass nach 20 Jahren nur 1 von 500 Existenz­grün­dungen noch erfolg­reich vorhanden ist. Vermögen aufzu­bauen, braucht Geduld, Hartnä­ckigkeit, dauer­hafte Power, Stress- und Niederlagenresilienz.

Nicht umsonst finden sich in Rankings der 500 reichsten Personen in Deutschland oder auch weltweit häufig die sehr betagten Gründer­per­sön­lich­keiten an der Spitze. Der Aufbau eines substan­zi­ellen Vermögens jenseits des Firmen­werts benötigt in den meisten Fällen Jahrzehnte unter­neh­me­ri­schen Schaffens.

Anderer­seits gehören aber auch jüngere Inhaber, die bereits einer Erben­ge­neration angehören, zur priori­sierten Zielgruppe.

Am Rande: Die aktuelle „Erben­ge­neration“ sind Personen, deren Eltern aktuell zwischen 75 und 90 Jahre alt sind. D.h. sie sind ungefähr 40 bis 60 Jahre alt. Es sind also nicht die 20-jährigen. Die werden dann wohl eher ab 2045 erben.

Eindeutig bleibt jedoch: Die Schnitt­stelle zu Firmen­kunden und Immobilien ist und bleibt der „Treiber“ und Erfolgs­garant für ein funktio­nie­rendes, quali­ta­tives und profi­tables Private Banking.

Die Listen und ihre zweifel­haften Aussagen

Diese Grafik ist ein Überblick darüber, wie Poten­ziale anhand reiner „Volumina“ zu Fehlent­schei­dungen im Aufbau bzw. der Optimierung eines Private Bankings führen kann.

Beispiel: Ein Kunde hat bei Ihnen 50.000 Euro Termin­geld­anlage. Bei einem anderen Institut hingegen 3 Millionen Euro im Depot. Wenn dieses nun nicht in Ihrer EDV einge­tragen wurde, erscheint dieser Kunde nicht in der Liste.

Viele Banken stützen sich bei der Einschätzung ihrer Private Banking Poten­ziale meines Erachtens auf fehler­hafte oder zumindest zu hinter­fra­gende Grund­an­nahmen. Basierend auf Volumen­slisten und unvoll­stän­digen Daten­bank­in­for­ma­tionen werden Mitar­bei­ter­ka­pa­zi­täten geschätzt – ein kostspie­liger Prozess, der die Suche, Quali­fi­zierung, Bezahlung und Auslastung neuer Fachkräfte erfordert. Zudem gewinnt der Aufbau spezia­li­sierter Private-Banking-Einheiten für Unternehmer­familien (kurz: PBUF) seit einigen Jahren konti­nu­ierlich an Bedeutung, was zusätz­liche Perso­nal­res­sourcen bindet.

Häufig resul­tieren daraus starre Zuord­nungen wie „Jeder Kunde aus den Segmenten ‚Unter­nehmens- und Firmen­kunde´ bei Sparkassen oder jeder Kunde aus den Segmenten ‚oberer Mittelstand/Mittelstand´ bei Volks­banken oder jede Großkun­den­be­ziehung bei Geschäfts­banken muss einem Private Banker zugewiesen werden“. Dies führt zu Ineffi­zi­enzen: So muss – exempla­risch – sich ein Private Banker für Unternehmer­familien beispiels­weise mit einem Unter­nehmer (aus dem banken­in­ternen Firmen­kunden-Top-Segment) und dessen drei Festgeld­an­lagen herum­schlagen, obwohl dieser Kunde keine weiteren Bedürf­nisse hat und auch nicht an Leistungen aus dem Private Banking inter­es­siert ist. Statt­dessen, zu hartnäckig vertei­digten Kondi­tionen gezwungen, verschwenden die top ausge­bil­deten und quali­fi­zierten Berater wertvolle Zeit in internen Eskala­ti­ons­schleifen (bis hin zu inten­siven Diskus­sionen mit Vorständen), anstatt sich den wirklichen Poten­zi­al­kun­den­be­dürf­nissen zu widmen.

Lukrative Unter­neh­mer­kunden mit Millio­nen­um­sätzen und ‑gewinnen werden dadurch übersehen, da sie im Institut selbst nur minimale Anlagen haben. Mir ist eine Situation bekannt, in der ein hochqua­li­fi­zierter Private Banking Berater intern von Pontius zu Pilatus laufen musste, um die knall­harten Wettbe­werbs­kon­di­tionen eines 3‑Monatstermingeldes durch­zu­boxen. Den Unter­neh­mer­kunden, der mit seiner Firma 2 Millionen Euro Umsatz macht und 600.000 Euro Gewinn nach Gehältern ausweist, aber nicht kontak­tiert, weil dieser in der Menge seines Firmen­kun­den­be­raters untergeht und im Institut nur 75.000 Euro als Cash liegen hat und auf keiner „Liste“ aufge­taucht ist. Dessen Vermö­gens­po­si­tionen mögen in (alten) Kredit­akten dokumen­tiert sein, wurden aber nicht struk­tu­riert erfasst oder digita­li­siert und sind daher für die Poten­zi­al­ana­lysen nicht nutzbar.

Da hilft es auch nicht, sich damit zu rühmen: „Wir haben ein digitales Akten­archiv und jeder kann es einsehen.“, wenn dieses seinerzeit in einer Massen­aktion einge­scannt wurde. Und aus Effizi­enz­gründen wurden dann auch noch alle papier­haften Kunden­akten in einem Rutsch einge­scannt – nicht inhaltlich sortiert, sondern mit dem Datum des Scantages erfasst und digital abgelegt. Um die oben erwähnte Infor­ma­ti­ons­lücke zu schließen, bleibt vielen Private Bankern derzeit nur der manuelle Abgleich von Hunderten PDF-Seiten.

Fazit: Der Private Banking Sektor steht vor einer Neuordnung

Bislang waren die Markt­an­teile im Private Banking und Wealth Management unter den Insti­tuten eher überschaubar verteilt. Diese Konstel­lation wird sich jedoch in den kommenden Jahren grund­legend ändern, denn die regio­nalen Sparkassen und Volks­banken drängen zunehmend mit Wucht in diesen Sektor. Zudem haben allein in den letzten 2 bis 3 Jahren einige höchst angesehene auslän­dische Anbieter wie LTG, Pictet, JP Morgan, Goldman Sachs sich in Deutschland „nieder­ge­lassen“ und/oder ihre Präsenz ausgebaut. Das bedeutet, immer mehr Anbieter suchen nach ertrag­reichen Kunden. Zudem werden in den kommenden Jahren zunehmend quali­fi­zierte Private Banker benötigt und gesucht. Auf die Beratung von Unter­nehmern spezia­li­sierte „Private Banker für Unter­nehmer & Unternehmer­familien” (PBUF) werden ebenfalls in den kommenden Jahren dringend benötigt werden.

Vor diesem Hinter­grund wird der Aufbau dedizierter Genera­tio­nen­ma­nagement-Einheiten künftig an Bedeutung gewinnen. Entscheidend wird es sein, von starren Heran­ge­hens­weisen abzurücken und die Ressour­cen­al­lo­kation dynamisch an den tatsäch­lichen, realis­tisch zu erwar­tenden Poten­zial­erträgen auszu­richten. Nur so lassen sich Fehlin­ves­ti­tionen und ein Verfehlen überzo­gener Erwar­tungen von Anfang an vermeiden. Der „Klassiker“, die Optimierung der Schnitt­stelle zwischen Firmen­kun­den­be­ratung und Private Banking sowie die daraus gebil­deten Berater­tandems, wird in den kommenden Jahren mehr denn je über Erfolg und Misserfolg im Private Banking entscheiden.

Bitte lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas spitz formu­lieren: So wichtig Listen auch sind – denn sie sind zumindest eine gute Basis für Grobschät­zungen – sind meines Erachtens manuelle, syste­ma­tische Poten­zi­al­über­prü­fungen der Unter­neh­mer­kunden deutlich zielfüh­render, wenn auch anstren­gender. Und gegen „Gehirn einschalten“ ist nach wie vor kein Kraut gewachsen. 😉

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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