Über den Gastautor

Stefan Heimann

Nach 30 Jahren Banker-Karriere – davon 15 Jahre als Leiter Firmen­kun­den­banking und 10 Jahre als Vorstands­ver­treter – entschloss sich Stefan Heimann, ‚die Seiten zu wechseln‘. Heute ist er Geschäfts­führer eines Single Family Offices.

Familien­unternehmer und Banker haben oft völlig unter­schied­liche Blick­winkel. Wenn man ein Single Family Office vertritt, erkennt man schnell: Banken sind Geschäfts­kunden gewohnt, die von ihnen abhängig sind. Wenn diese Banken es mit einem Family Office zu tun bekommen, verhalten sie sich erst mal nach gewohnten Mustern. Sie erkennen nicht, dass sich Family Offices ihre Banken selbst aussuchen können, weil sie grund­sätzlich nicht auf sie angewiesen sind. In meinem Gastbeitrag will ich Ihnen als Finanz­dienst­leister deshalb einen Spiegel vorhalten. Das soll weder anklagend noch urteilend gemeint sein. Aber ich will Ihnen aus Sicht Ihrer Kunden die inzwi­schen einge­übten Muster wieder einmal vor Augen führen, damit Sie eine faire Chance haben, zu erkennen, welche Anfor­de­rungen wirklich an Ihre Arbeit gestellt werden. Für nachhaltige Geschäfts­be­zie­hungen zwischen Bank und Unternehmen.

Wie Banking nicht effektiv funktio­nieren kann

Ich erinnere mich noch gut an einen Fall, bei dem der Vorstand einer Bank einen Termin zum Gespräch vereinbart hatte. Mit dieser Bank hatten wir schon lange Geschäfts­be­zie­hungen und der Vorstand wollte gerne „abgeholt werden“, um wieder auf dem aktuellen Stand zu sein. Wir gehen also in das Gespräch, weil wir glauben, dass der Vorstand gezielte Fragen hat, die unser Firmen­kun­den­be­rater ihm nicht beant­worten kann. Aber im Gespräch stellt der Vorstand keine gezielten Fragen und scheint auch sonst nur wenig auf den Termin vorbe­reitet zu sein. Das Gespräch war im Grunde ein angenehmer „Small-Talk“ – und selbst der zuständige Firmen­kun­den­be­rater war nicht mit dabei. Tage später fragen wir diesen, warum er denn den Termin nicht wahrge­nommen hat. Dann stellt sich heraus: Der Firmen­kun­den­be­rater wusste gar nichts von dem Gespräch. Das hat keinen guten Eindruck bei uns hinter­lassen: Mitar­beiter und Vorstand sprechen sich nicht ab und der Firmen­kun­den­be­rater wird wohl nur für bestimmte mutmaßlich unange­nehme Sachbe­ar­bei­tungs­auf­gaben gebraucht. Durch ein solches Verhalten unter­gräbt der Vorstand die Akzeptanz des Firmen­kun­den­be­raters beim Kunden.

Bei einer anderen Gelegenheit hatte sich ein Leiter Firmen­kun­den­banking gemeldet und gefragt, ob wir denn mal Zeit hätten, um in die Bank zu kommen. Aufgrund einer sehr großen Termin­fülle hatte es zeitlich kurzfristig nicht funktio­niert, aber wir sagten, er könne gerne mal bei uns vorbei­kommen, denn das könnten wir aktuell besser koordi­nieren. Daraufhin erzählt er uns, wie schwierig die Verkehrslage auf der Autobahn zur vorge­schla­genen Zeit ist und klingt so, als ob er den Termin dann lieber gleich aufgeben will. In anderen Fällen haben uns Berater sogar schon um eine Termin­ver­schiebung gebeten, um nicht in den Berufs­verkehr zu kommen. Oder es wurde nachge­fragt, ob es denn Parkplätze direkt am Haus gibt. Also alles Argumente, die für uns im Family Office nach eher wenig Leidens­be­reit­schaft und Hingabe klingen, um das begehrte Ticket zu bekommen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Selbst­ver­ständlich haben wir Verständnis für diese Fragen, denn auch der Gesprächs­partner muss planen dürfen – doch die Art, wie gefragt wurde, kam sehr unglücklich bei uns an. Vermutlich war den Personen auch gar nicht (mehr) bewusst, was sie da eigentlich gefragt hatten.

Ich will hier nochmal betonen, dass ich diese Beispiele nicht als Urteil über Bankmit­ar­beiter erwähne. Wir im Family Office wissen auch, dass einem als Banker manchmal Regularien in die Quere kommen. Oder dass man einfach unter­schätzt, wie negativ etwas vom Kunden aufge­nommen werden kann. Aber wo ein Wille ist, sollte auch ein Weg sein. Und gerade Family Offices suchen sich dann einfach eine andere Bank, wenn sie merken, dass dieser Wille bei der Konkurrenz nicht da ist.

So geht Kunden­kontakt

In einem viel positi­veren Fall hatte sich der Vertriebs­vor­stand einer kleineren Sparkasse, den wir zufällig kannten, daran erinnert, dass wir an Immobilien in einer bestimmten Region inter­es­siert waren. Er ruft also an und bittet um einen Termin, weil er jemanden an der Hand hat, der solche Immobilien zur Verfügung stellen kann. Der Vorstand und der Immobi­li­en­makler setzten sich dafür dann 3 Stunden in den Flieger, nur, um uns das Geschäft vorzu­stellen. Und als die beiden merken, wie beein­druckt wir davon sind, sagen sie ganz offen: Der Zeit- und Kosten­rahmen der Reise ist überschaubar, immerhin kann am Ende ein für alle Seiten sehr lukra­tives Geschäft dabei herauskommen.

Das fanden wir damals so beein­dru­ckend, dass uns der Sparkassen-Vertriebs­vor­stand heute noch gut im Gedächtnis geblieben ist. Selbst, wenn aus solchen Gesprächen nicht immer direkt das erdachte Erstge­schäft entsteht: Die Offenheit und die Mühe, die sie sich gegeben haben, ist bei uns hängen geblieben. Sie haben uns auf persön­licher Ebene beein­druckt und auf dieser Ebene, von einem Menschen zum anderen, läuft bei uns alles.

Was erwarten wir von einer Bank?

Die Beispiele illus­trieren sehr schön den Unter­schied zwischen einer Bank, die sich sichtlich Mühe gibt und einer Bank, bei der man sich fragt, ob sie überhaupt Geschäfte mit uns machen will. Bei solchen Banken kann ich oft nicht verstehen, warum sie (in unserer Wahrnehmung) so ziellos arbeiten. Eigentlich sollten Family Offices auf der Liste der wichtigen Kunden ganz oben stehen und auch so behandelt werden. Schließlich sind wir grund­sätzlich an dem gesamten Produktkorb inter­es­siert, erfüllen alle Wünsche eines Kredit­in­stituts, kennen uns mit allen Regularien aus und disku­tieren bei der Höhe der Zinsen auch nicht um jedes Zehntel. Es scheint, als würden sich viele Banken keinen grund­sätz­lichen Plan machen, mit welchen Kunden sie wirklich Geschäfte machen wollen. Und deshalb verfolgen sie diese Kunden dann nicht energisch und zielgerichtet.

Ich denke, die Anfor­de­rungen unseres Family Office an eine Bank lassen sich mit den bei uns üblichen Abläufen erklären: Als Geschäfts­führer handeln wir in vielen Situa­tionen ganz eigen­ständig. Erst ab einer gewissen Größen­ordnung besteht die Absprache, die Unternehmer­familie zu infor­mieren. Und das geht dann meistens schnell, unkom­pli­ziert und effizient: Die Info wird kurz zusam­men­ge­fasst und manchmal auch über eine WhatsApp-Gruppe kurz zur Entscheidung gegeben. Es gibt ganz flache Hierarchien.

Selbst­ver­ständlich wissen wir, dass Banken ganz anderen Regularien unter­liegen. Solche kurzen Entschei­dungswege sind dort intern einfach nicht möglich. Was wir aber erwarten ist, dass ein Berater, der alle Infos vorliegen hat, in einem vertret­baren zeitlichen Rahmen sagen kann, ob ein Geschäft reali­siert werden kann oder nicht. Und dass ein „Daumen hoch“ dann auch gilt oder zumindest trans­parent und ehrlich kommu­ni­ziert wird, wenn es dann vielleicht doch nicht funktio­niert. Der Berater muss ein Gespür dafür haben, welche Entschei­dungen er in seinem Hause umgesetzt bekommt und welche nicht. Absolut negativ ist es, wenn eine Bank 3 Wochen lang prüft, danach weitere Unter­lagen anfordert, dann noch einmal 2 Wochen prüft und dann das Geschäft nicht umsetzen möchte oder kann.

Warum wir Sie trotzdem brauchen

Ich will noch einmal hervor­heben: Diese Anekdoten sind nicht anklagend gemeint. Sie sollen Ihnen dabei helfen, die Perspektive Ihrer Kunden zu verstehen. Denn wir im Family Office haben manchmal die Sorge, dass der „Dinosaurier“ Bank zur Zeit Gefahr läuft, sich selber abzuschaffen. Aber insbe­sondere in Spezi­al­seg­menten und für den Mittel­stand sind flexible Institute unverzichtbar.

Deshalb meine Botschaft an Sie als Finanz­dienst­leister: Geben Sie sich erkennbar Mühe. Stärken Sie Ihren Vertrieb und nehmen Sie auch mal die Markt­folge mit zum Kunden. Und für uns ist es übrigens auch absolut in Ordnung, mit einem Firmen­kun­den­be­rater statt dem Vorstand zu kommu­ni­zieren. Denn was wirklich zählt ist, dass der Gesprächs­partner alle seine Prozesse kennt und den Mut hat, uns auf Augenhöhe zu begegnen. Das bringt die Mehrwerte, die sich beide Seiten von einer Geschäfts­be­ziehung wünschen.

Reflek­tieren Sie Ihr eigenes Handeln, um dieses Ziel zu erreichen. Nehmen Sie als Führungs­kraft auch mal einen Mitar­beiter bei geschlos­sener Tür zur Seite und lassen sich von ihm ein Feedback zur eigenen Gesprächs­führung oder zum eigenen Verhalten beim Kunden geben. Das stärkt sicher auch intern die Akzeptanz der Führungs­kraft und hilft einem auch selber, immer besser zu werden. Und betrachten Sie sich dabei immer aus dem Blick­winkel Ihres Kunden. Dann steht einer erfolg­reichen Zusam­men­arbeit nichts mehr im Weg. Wir selbst arbeiten seit vielen Jahren erfolg­reich mit einer größeren Menge Banken sehr vertrau­ensvoll zusammen. Und das liegt vor allem daran, dass diese Institute die Prinzipien, welche in diesem Artikel erwähnt wurden, zur Firmen­kultur erklärt haben.

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