Für den langfristigen Erfolg eines Finanzdienstleisters sind Mitarbeiter mit vielen Jahrzehnten wertvoller Beratererfahrung ebenso wichtig wie Berater jüngerer Semester. Bei der Einbindung dieser „Next Generation“ unter 30 Jahren sollte allerdings beachtet werden, mit welchen Themen und Unternehmertypologien sie kompatibel sind – und wie sich ihre Fähigkeiten ideal zur Ergänzung der Familienunternehmerberatung einsetzen lassen.
Alter ist ein feiner Unterschied
Familienunternehmer sind an Ergebnissen interessiert – solange der Berater diese liefern kann, sind Altersunterschiede in beide Richtungen für sie irrelevant. Erfahrungsgemäß gibt es jedoch eine kleine Ausnahme von dieser Regel: Das Nachfolgemanagement. Bei diesem Thema fühlen sich viele Familienunternehmer in den Händen älterer Berater besser aufgehoben. Diesen trauen sie nämlich eher zu, ihre persönliche Situation nachvollziehen zu können.
In allen anderen Bereichen können Next Generation Berater also genau so effektiv eingesetzt werden, wie Kollegen älterer Semester. Wichtig ist lediglich die richtige Herangehensweise.
Wissen und Einfühlungsvermögen in Kombination
Next Generation Berater werden von ihren Vorgesetzten gerne mit großen Mengen an Wissen versorgt, damit sie bei der Beratung allen fachlichen Anforderungen entsprechen können. Fachwissen ist jedoch nur in Verbindung mit Beratungsroutine und Einfühlungsvermögen nützlich:
Wer heute mit 28 als Finanzberater arbeitet, ist es gewohnt, seine Kommunikation mit E‑Mails und Skype zu organisieren und privat routinemäßig Zahlungen auf digitalem Wege abzuwickeln. Ein 60-jähriger Unternehmer nutzt all diese Aspekte der Digitalisierung womöglich nur unsicher – wenn überhaupt. Die Next Generation sollte somit ihr Fachwissen so aufbereiten können, dass es auch für ältere Semester verständlich und ansprechend ist.
Es liegt also an den Beratern, sich an den Wissensstand und das Verständnis des Unternehmers anzupassen – nicht anders herum. Einige nützliche Strategien helfen dabei:
- Nicht zu viel Denglisch verwenden: Familienunternehmer reagieren darauf nicht immer positiv – insbesondere, wenn es deutsche Begriffe gäbe, die stattdessen verwendet werden könnten. Wer nicht das Risiko eingehen möchte, eine Diskussion über den Unterschied zwischen „gedownloaded“ und „downgeloaded“ vom Stapel zu brechen, sollte also lieber „heruntergeladen“ sagen.
- Immer Fingerspitzengefühl und Charme beweisen: Familienunternehmer sind wissbegierig, fühlen sich jedoch ungern herablassend behandelt. Erklärungen zu modernen Themen sollten deshalb charmant formuliert werden. So werden die Informationen dankend angenommen und der Unternehmer fühlt sich vielleicht sogar erfreulich „jung geblieben“.
- Next Generation Berater sollten sich schnellstmöglich detailliert mit den Geschäftsmodellen ihrer Kunden befassen, um bei der Beratung spezifisch auf sie eingehen zu können. Idealerweise beginnt die Karriere eines Next Generation Beraters deshalb mit überschaubar strukturierten Unternehmen (z.B. einem Handwerksbetrieb), wodurch er sich langsam an die komplexeren Strukturen von größeren Unternehmen herantasten kann.
Bei alledem sollten Berater und Führungskräfte eines nie aus den Augen verlieren: Ein Next Generation Berater ist vielleicht noch vergleichsweise jung, aber kein unerfahrener Auszubildender. Bezeichnungen wie „Nachwuchs“ oder “Youngsters” sind für diese Beratergeneration unangebracht und können sowohl die Motivation des Beraters als auch das Vertrauen des Kunden trüben.
Das Generationen-Tandem
Dieser gegenseitige Respekt zwischen älteren und jüngeren Beratern eröffnet in meiner Erfahrung völlig neue Möglichkeiten für die erfolgreiche Finanzberatung. Ältere Berater sollten realisieren, dass die geringere Beratungserfahrung ihrer Next Generation Kollegen nicht gleich bedeutet, dass diese weniger Leistung bringen können. Jüngere Berater sollten sich wiederum klar machen, dass Kollegen mit mehr Erfahrung Fallstricke auf dem Weg zum Beratungserfolg kennen, die ihnen selbst vielleicht noch gar nicht bewusst sind.
Das Generationen-Tandem ist eine Möglichkeit, einem derartigen Verhältnis zwischen den Kollegen einen echten Mehrwert für die Beratung abzugewinnen. Denn bei der Tandem-Beratung kann sich dann der ältere Berater um den Unternehmer kümmern und der jüngere positioniert sich als Sparringspartner für den Nachfolger – meist also für den Sohn oder die Tochter des Familienunternehmers. In vielen Betrieben versuchen die Nachfolger des Unternehmers nämlich, diesen beispielsweise zu mehr Digitalisierung zu ermutigen, während der Unternehmer der ganzen Sache noch nicht so recht traut.
Bereitet der Next Generation Berater das entsprechende Thema zusammen mit dem Unternehmensnachfolger auf und schlägt es dem Unternehmer vor, kann der erfahrenere Berater dann als ‚Übersetzer‘ agieren. So lässt sich mit zwei einfühlsamen Beratern leicht eine Brücke zwischen den wichtigsten Personen im Unternehmen bauen.
Stärken erkennen und einsetzen
Wer versteht, wie Unternehmer ticken, der merkt schnell: Altersunterschiede sind nur bei ganz wenigen Themen eine Hürde. Bedeutend größer sind die Chancen, die sich durch Synergien zwischen den Mitarbeitern ergeben. Und wer diese ergreifen kann, für den ist die effektive Kundenbindung nicht nur eine Überschrift auf dem Strategiepapier sondern gelebte Realität.
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Dirk Wiebusch
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