Wie viele von Ihnen habe ich dieses Jahr aufmerksam die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. und der Postbank verfolgt. Mit seinem Urteil vom April hat der Bundesgerichtshof nun klargestellt: AGBs, die ein Stillschweigen des Kunden als Zustimmung zu Vertragsänderungen werten, sind in ihrer aktuellen Form ungültig. Viele von Ihnen werden dadurch ihre Kunden in kürzester Zeit mindestens dreimal auf Kostenerhöhungen ansprechen müssen, oder es stehen diese Gespräche noch bevor: Verwahrentgelt, Kreditprovision, Kontoführungsgebühren. All das wird kommen und jedes Mal wird man es dem (Unternehmer-)Kunden im Gespräch erklären müssen. Höchste Zeit also, mal wieder erfreulichere Themen sowie positive Ansätze stärker in die Beratung einfließen zu lassen!
Gespräch mit dem Berater = schlechte Stimmung vorprogrammiert?
Nach meinen persönlichen Beobachtungen – sowie den Erfahrungen vieler Unternehmerkunden des Instituts für UnternehmerFamilien (IFUF) – gab es in den letzten Jahren meist nur wenige Gründe (neben den obligatorischen Jahresgesprächen) für einen Finanzberater, sich bei (bestehenden) Unternehmerkunden zu melden. Die zwei häufigsten waren:
- Es gibt schlechte Neuigkeiten, z. B. Kostenerhöhungen
- Es gibt ein Finanzprodukt zu verkaufen
Zeit für ungezwungene Gespräche ist leider fast nicht mehr vorhanden. Kein Anruf, um zum Geburtstag zu gratulieren, kein „Wie war Ihr Sommerurlaub?“ Kurz: Der seit langem stetig steigende Vertriebsdruck auf die Berater hat auch dazu geführt, dass dieser Teil der Kundenpflege etwas außer Acht gelassen werden musste. Für den Unternehmer bedeutet das effektiv: Wenn der Finanzberater sich meldet, dann wird es teuer. Gemäß dem Kommunikationsmodell wurden Unternehmerkunden so über die Jahre zu einer negativen Reaktion auf Beratergespräche konditioniert:
Damit geht einher, dass die häufigen Anrufe zu steigenden Gebühren, Verwahrentgelten und Co. beim Kunden schnell den Eindruck entstehen lassen, dass die Preise kontinuierlich in die Höhe gingen. Womöglich sogar „ohne echten Gegenwert“ – da dieser nicht so regelmäßig kommuniziert wird.
Ein positiver Spin für schlechte Nachrichten
Da ich selbst Unternehmer bin, kann ich diesen Eindruck gut nachvollziehen. Doch meine Erfahrung aus der Finanzwelt sagt mir auch: Finanzdienstleister sind – genau wie die Unternehmen ihrer Kunden – in erster Linie Wirtschaftsunternehmen. Als solche sind sie ökonomischen Vorgaben unterworfen. Sie sind beispielsweise gesetzlich dazu gezwungen, Rücklagen zu bilden, oder müssen Strafgebühren auf Geld zahlen, das sie bei der Europäischen Zentralbank einlagern. Und sie sind nicht zuletzt für das finanzielle Auskommen ihrer Mitarbeiter und von deren Familien verantwortlich.
Und genau hier sehe ich eine Chance für Sie als Finanzberater. Wenn Sie schon kaum noch Zeit für einen ungezwungenen Plausch mit dem Kunden haben und gleichzeitig gezwungen sind, mit Ihren Kunden über Verwahrentgelt, Kreditprovisionen und Gebührenerhöhungen zu sprechen, dann nutzen Sie die Gunst der Stunde. Machen Sie aus den schlechten Neuigkeiten eine Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen. Erklären Sie Ihren Unternehmerkunden, dass das Institut die Gebühren erhöhen muss, um wirtschaftlich handeln zu können – diesen ökonomischen Druck verstehen Unternehmer nur zu gut. Die eigentliche Nachricht mag dann zwar immer noch negativ sein, doch auf menschlicher Ebene haben Sie sich erfolgreich an Ihren Unternehmerkunden angenähert. Denn die meisten Unternehmer sind vernünftige Menschen. Wenn man ihnen die Notwendigkeiten des eigenen Unternehmens offen erklärt, dann schafft man eine emotionale Verbindung von Mensch zu Mensch mit ihnen, die idealerweise sogar den emotionalen Wohlfühlfaktor beflügelt: „Der Bank geht es da genau wie meinem Unternehmen.“
Und wie schon öfters beschrieben, ist der entscheidende Satz – der Türöffner – weiterhin: „Das ist wie bei Ihnen in der Firma, wenn …“ Denn nach wie vor gilt: Ihre Gründe für die negativen Nachrichten sind dem Unternehmer in der Regel egal. Es aber in seine Welt sprachlich zu transportieren, zeigt ihm, dass Sie sich mit ihm und seiner Firma sowie seinen persönlichen Rahmenbedingungen auseinandergesetzt haben. Und das hinterlässt trotz der eher negativen Situation einen positiven Eindruck.
Auf diese Weise kommen Sie übrigens auch wunderbar ins Gespräch mit Kunden, die in den letzten Jahren wenig Gesprächsbedarf signalisiert haben: Sie müssen ohnehin mit ihnen sprechen, um sie beispielsweise über neue Gebühren zu informieren, also packen Sie die Gelegenheit beim Schopf. Ein formeller Brief ist in solchen Situationen ohnehin der falsche Weg, denn der kann die schlechte Nachricht nur unpersönlich und unreflektiert überbringen. Nur das persönliche Gespräch kann darüber hinaus einen positiven Effekt auf menschlicher Ebene erzielen.
Mehr Zeit für Positives – und Negatives als Chance begreifen!
Ich rate Ihnen dementsprechend, sich mehr Zeit zu nehmen, um sich mit positiven Nachrichten oder einfach „auch mal so“ beim Kunden zu melden. Denken Sie bitte kurz darüber nach, was die Themen der letzten fünf Gespräche waren, die Sie mit ihrem Unternehmerkunden hatten. Ich würde wetten, dass es dreimal um Kostenerhöhungen und zweimal um den Verkauf Ihrer Finanzprodukte ging. Wenn Sie die Zeit frei machen können, dann nutzen Sie also Gelegenheiten wie Geburtstage, Firmenjubiläen oder den Urlaub (wohlgemerkt: NACH oder VOR dem Urlaub anrufen!), um mit dem Kunden auch mal wieder „einfach so“ zu sprechen. In einigen Bundesländern sind ja noch Sommerferien. Da sind viele Familienunternehmen im Tagesgeschäft eher ruhig. Das ist eine Chance, mit dem Unternehmer in Ruhe über seine Ideen zu sprechen, seine Visionen zu erfragen und natürlich – mein Lieblingsthema – mit ihm eine ruhige und entspannte Betriebsbesichtigung zu machen. Das verringert deutlich die „Schlechte-Nachrichten-Dichte“ des Geschäftsjahrs.
Falls das nicht in Ihren strammen Zeitplan passt, können Sie aber zumindest versuchen, schlechte Nachrichten als Chance für ein Gespräch zu betrachten – denn mit dem Unternehmerkunden sprechen müssen Sie ohnehin. Die eigene Einstellung: „Jetzt muss ich schon wieder mit dem Kunden sprechen“ oder „Jetzt muss ich ja schon wieder so viele Gespräche führen“ ist da nicht hilfreich. Richten Sie Ihr Mindset positiv aus und nutzen Sie den Anlass zum Gespräch, um sich von Ihrer menschlichen Seite und Ihr Institut aus dem unternehmerischen Blickwinkel in Szene zu setzen. Das will natürlich gut vorbereitet sein. Prüfen Sie also auf jeden Fall, auf welche Weise Sie dem Unternehmer einen Kostenpunkt wie das Verwahrentgelt menschlich sowie wirtschaftlich näherbringen können. Schauen Sie am besten in die „11 Fragen und Sätze, mit denen Sie Unternehmer von sich überzeugen“, die ich Ihnen vor Kurzem im Versteher-Magazin präsentiert habe. Lassen Sie sich davon inspirieren und sprechen Sie auch mal wieder über die positiven Dinge des Lebens und der Arbeit.
Kontakt
Dirk Wiebusch
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