Willkommen im Jahr 2025! Ich hoffe, Sie hatten alle ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Zwar ist es im Januar üblich, zunächst das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen. Doch ich möchte mich im heutigen Artikel nur insofern der Vergangenheit widmen, als sie uns beim Blick in das vor uns liegende Jahr helfen kann. Denn 2025 wird meines Erachtens kein Zuckerschlecken.
Eine (Volks-)Wirtschaft auf dem Drahtseil
Das Bruttoinlandsprodukt wird gerne als Maßstab dafür genutzt, welchen Herausforderungen sich die einzelnen Wirtschaftsregionen des Landes stellen müssen. Für das Jahr 2025 überlasse ich das jedoch lieber den Volkswirten und richte vielmehr den Blick auf die regionalen Wirtschaftslenker. Im Sommer 2024 hatte ich bereits in einem LinkedIn-Post geschrieben, dass sich allgemeine Trends sowie regionale Besonderheiten besonders gut erkennen lassen, wenn man sich auf die individuelle Ebene begibt.
Basierend auf mittlerweile über 60 tiefgreifenden Gesprächen, die ich im vergangenen Jahr mit den Firmenkundenchefs deutscher Finanzinstitute führen durfte, kristallisierte sich ein ganz konkreter Trend heraus: Nach vielen Jahren des Wachstums trifft es mittlerweile deutlich mehr Unternehmen deutlich härter als bislang. Die Umsätze gingen bereits 2024 zurück und für 2025 kann nicht mit einer Erholung gerechnet werden. Viele Unternehmen haben sich bislang auf ihre Bestandskunden verlassen. Doch was, wenn die Bestandskunden plötzlich wegbrechen? Akquiselisten fehlen dann meist in den Unternehmen – und so auch neue Aufträge.
Welcher Maßstab kann angelegt werden?
Aktuell kriselt es bei allen fünf deutschen Top-Wirtschaftstreibern – Automobil, Chemie, Maschinenbau, Immobilien und Handel. Das hat Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaftsleistung und ganz konkret auf viele mittelständische Unternehmen, die vor allem Zulieferbetriebe sind. Nehmen wir den DAX als Beispiel: Die dort gelisteten Unternehmen sind in der Regel globale Konzerne mit Stammsitz in Deutschland. Aber schauen Sie gerne mal nach, wie wenig Umsatz diese Konzerne wirklich in Deutschland machen. Von den 3,45 Millionen Unternehmen in Deutschland weisen nur die größten 18.000 einen Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro aus (und da sind die DAX- und MDAX-Konzerne schon enthalten – sowie auch Global Player, die nicht börsengelistet sind, wie ALDI, LIDL, Würth & Co.). Weitere 55.000 befinden sich im Bereich 10 bis 50 Millionen Euro.
Wenn nun einer dieser Konzerne – wie aktuell VW – sagt, dass ihm 500.000 Autobestellungen fehlen, um wirtschaftlich zu sein, dann muss man sich vor Augen führen, wie viele Einzelteile das sind. Jedes Automodell benötigt zwischen 15.000 und 18.000 Teile (nimmt man jedes Kleinteil hinzu, sind es über 30.000). Für VW sowie unzählige direkte und indirekte Zulieferer bedeutet das, dass bereits gekaufte Einzelteile für die Produktion nun in den Lagern herumliegen und auf Produktionsaufträge warten. Das wiederum heißt, dass VW weniger Teile bestellen muss – was sich bei den Zuliefererbetrieben niederschlägt.
Vorbereitung auf die Kaskadiereffekte
2025 wird stark von Kaskadiereffekten in diesem Zusammenhang geprägt sein: Unternehmen, die Ende 2024, Anfang 2025 noch volle Auftragsbücher haben, werden später kämpfen müssen, da sie aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeiten erst dann die Auswirkungen der zurückgegangenen Auftragslage zu spüren bekommen.
Stellen Sie sich mal ein Unternehmen mit 6 Millionen Euro Jahresumsatz vor, das 800.000 Euro davon durch die Herstellung von Gummidichtungen erwirtschaftet. Diese Dichtungen werden an eine Firma verkauft, die sie zu Bauteilen weiterverarbeitet, die im Verlauf einer Wertschöpfungskette am Ende an VW verkauft werden. Wenn VW plötzlich keine solchen Bauteile mehr braucht, weil nicht genug Autos verkauft werden, dann äußert sich das zunächst beim Hersteller der Bauteile – und erst mit Verzögerung beim Hersteller der Gummidichtungen. Er erkennt vielleicht zu spät, dass die 800.000 Euro Umsatz akut gefährdet sind.
Langfristig wird es hier zu einer Marktbereinigung kommen. Das heißt: Die Kunden sparen bei bestimmten privaten Konsumgütern – insbesondere bei teuren Anschaffungen wie Autos, Immobilien oder auch Küchen, Wohn- und Schlafzimmer sowie Reisen etc. Dadurch entsteht weniger Nachfrage, wodurch wiederum die Insolvenzen zunehmen. Und schließlich wird sich auf mittlere Sicht der Markt von einem Arbeitnehmer- zu einem Arbeitgebermarkt wandeln.
Soziales und Medien 2025
Dass der Fokus der Medien auf hohe Auflagen dazu führt, dass praktisch nur noch Aufreger-Themen im gesellschaftlichen Diskurs relevant sind und dass dieser Effekt bei Online-Medien dank Algorithmen sogar automatisiert wird, dürfte Ihnen aus dem privaten Bereich bekannt sein. Und das betrifft nicht nur digitale Welten, sondern auch analog im „echten Leben“ ist der Ton untereinander härter geworden. Das wird sich 2025 noch mal verschärfen und im sozialen Bereich noch deutlicher zu spüren sein. Gepaart mit der Überlastung der Schulen und Krippen sowie dem beruflichen Druck im Rahmen der kränkelnden Wirtschaft dürfte das insbesondere Eltern an ihre Belastungsgrenzen bringen.
Politische Aussichten
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels befinden wir uns bereits mitten im vorgezogenen Wahlkampf in Deutschland – hoffentlich weniger von Hass geprägt als der Wahlkampf 2024 in den USA. Bestenfalls konzentrieren sich die Kandidaten Merz, Scholz, Habeck, Lindner und Weidel darauf, die Wähler auf positive Ideen einzustimmen. Da keiner der genannten Kandidaten ein Klopp’sches Kommunikationstalent ist, bleibt mir da nur zu hoffen.
Generell würde ich mir für 2025 wünschen, dass sich die Politik wieder stärker auf ihre Kernaufgaben konzentrieren würde: die Gestaltung der Rahmenbedingungen durch Infrastruktur, Bildung, Gesundheitssystem und innere Sicherheit. Die nächste Bundesregierung wird mit diesen Themen ohnehin genug zu tun haben, ohne zusätzlich den Unternehmen die Marschrichtung vorzugeben. Der internationale Wettbewerb zeigt, dass wir uns innerhalb der notwendigen Transformationen (Nachhaltigkeit, Soziales, Digitalisierung etc.) keine politikseitigen Verzögerungen erlauben dürfen.
Banken und Finanzdienstleister
Den Finanzdienstleistern wird in den kommenden 12 bis 24 Monaten noch mehr Bedeutung zugewiesen werden. Denn für jeden Betrieb, der Gewinn aus den aktuellen Krisen schlagen kann, wird es mindestens einen geben, der den Anschluss verpasst. Ein Teil Ihrer Firmenkunden wird neue Investment-Optionen suchen, ein anderer Teil in die Insolvenz gehen oder zumindest in Kurzarbeit. Beide sollten Sie frühzeitig identifizieren und ansprechen.
Auch in Ihrem Institut wird es zu Transformationen kommen. Der akute Fachkräftemangel sorgt für mehr Druck bei der Digitalisierung, zunehmend auch bei der Implementierung von KI. Und mangels Nachfrage nach Unternehmenskrediten oder Anlagemöglichkeiten abseits vom Tagesgeld wird ein Paradigmen- sowie Kulturwechsel stattfinden – weg vom Reagieren und hin zum Agieren.
Immobilien
Die Immobilienkrise geht in ihr drittes Jahr und auch 2025 ist kein Ende in Sicht. Ein Blick zurück zeigt, dass Immobilienpreise und Zinsen historisch gesehen schon immer Schwankungen unterlagen. Dennoch wurde gebaut – und das wird auch in Zukunft so bleiben.
Drei wesentliche Treiber – nachhaltige Eigen-Stromversorgung, energetische Maßnahmen und Digitalisierung – bleiben dabei entscheidend für die zukünftige Vermietbarkeit von Immobilien. Gleichzeitig sorgen politische Unabwägbarkeiten dafür, dass Immobilienbesitzer und Projektentwickler keine stabile Kalkulationsbasis mehr haben.
Für 2025 sehe ich vor allem eine steigende Beliebtheit von einfach vermietbaren Zwei- und Dreizimmerwohnungen sowie eine höhere Nachfrage nach gehobenen oder luxuriösen Mietobjekten. Die Betonung liegt dabei auf „Miet-“, denn viele potenzielle Käufer werden aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen und politischen Lage vom Kauf absehen. Ich höre immer mehr von einem interessanten Trend: Gutverdiener im Top- und Mittelmanagement von Großunternehmen verkaufen ihre Eigenheime zu guten Preisen, ziehen in gehobene oder Luxuswohnungen zur Miete, um a) liquide zu sein (der Verkaufserlös wird zu guten Zinsen „geparkt“) und b) beruflich örtlich flexibel zu sein.
Wie sieht es 2025 im Firmenkundengeschäft aus …?
In diesem Jahr werden sich die Trends aus der Vergangenheit fortführen und verstärken. Für Sie bleiben die 7 Fokusthemen entscheidend. Und machen Sie sich darauf gefasst, dass sich die Spreu weiter vom Weizen trennen wird. Denn für die Berater wird es eine Herausforderung sein, Themenkomplexe wie ESG oder Cybersecurity noch weiter zu vertiefen. Aufgrund der schwächelnden Wirtschaftslage werden auf Unternehmerseite Restrukturierung und Finanzierung noch an Bedeutung gewinnen – und damit auch die Bedeutung der Sanierungsabteilungen bei Ihnen.
Beachten Sie im Zuge der anstehenden Zunahme von Insolvenzen und Kurzarbeit auch, dass die Mitarbeitenden Ihrer regionalen Unternehmerkunden gleichzeitig Privatkunden bei Ihnen sein können. Ich empfehle eine Gesamtbetrachtungsanalyse, um zum Beispiel laufende Kredite gefährdeter Mitarbeiter Ihrer Firmenkunden zu identifizieren. Zudem sollte die Inanspruchnahme von KK-Linien deutlich engmaschiger überwacht werden, um frühzeitig ins Cross-Selling oder in die Risikoprävention überzuleiten.
Bedenken Sie: Wenn ein Unternehmen derzeit Unterlagen einreicht, sind es vermutlich die Jahresabschlüsse 2023 (!) sowie BWA Oktober 2024. Die darauf aufbauenden Ratings – womöglich Verschlechterungen – sind damit wenig aussagekräftig ob der derzeitigen echten Lage im Unternehmen. Die anstehenden Jahres- und Strategiegespräche werden weiterhin Treiber Ihrer Provisionserträge sein. Bereiten Sie sich gut vor! Und gehen Sie deutlich stärker wieder zu Betriebsbesichtigungen. Zusatztipp: Fragen Sie Ihre Unternehmer nach ihren Akquiselisten bzw. denen ihrer Vertriebler. Denn überspitzt formuliert: Wer 2 Jahre lang seinen AB nicht abgehört, keine Mailanfragen beantwortet und auch kaum Kontakte „gesät“ hat, wird von selbst keinen Umschwung hinbekommen. Da schmilzen die in den letzten Jahren aufgebauten Eigenkapitalmittel und die aktuellen Cashpositionen wie Butter in der Sonne.
… und was erwartet die Private Banker?
Auch im Private Banking wird es unruhig werden. Angesichts der anstehenden Herausforderungen und wirtschaftlichen Unsicherheiten werden sich Unternehmerkunden im Privaten scheu zeigen. Das betrifft insbesondere Anlagen in Wertpapiere. Doch die Vermögen sind im privaten Bereich weiterhin vorhanden. Es gilt also, die wertvollen Kunden aktiv anzusprechen! Um diese zu identifizieren, werden typische „Listen“ nicht mehr ausreichen. Es sollte manuell überprüft werden, wer (noch) der passende, bislang nicht angesprochene oder schon länger nicht mehr kontaktierte (Ziel-)Kunde ist. Die berühmte „Extrameile“ wird eine Auferstehung erleben (müssen).
Konzentrieren Sie sich auf drei zentrale Themen: Finanzplanung, Immobilien und Generationenmanagement. Insbesondere letzteres Thema erfordert eine tiefgehende Beratungskompetenz sowie ein starkes Netzwerk, um maßgeschneiderte Lösungen für Unternehmer und deren Nachfolger zu entwickeln. Das reine Erstellen von Plänen und Ideen wird 2025 längst keine ausreichenden Erträge mehr generieren. Die Gewinner unter den Private Bankern werden diejenigen sein, die zusätzlich konkrete Lösungen präsentieren können.
Stärker im Berater-Tandem – auch 2025
Aufgrund der laufenden Krisen werden auch Berater-Tandems weiter an Bedeutung gewinnen. Eine stärkere Vernetzung von Firmenkundenberater und Private-Banking-Berater ist erforderlich, um sich stärker miteinander abzustimmen und Ihre Kunden ganzheitlich zu betreuen.
Nutzen Sie digitale Überleitungsgespräche als Chance. Diese kommen bei Unternehmern sehr gut an – sind jedoch immer noch kaum präsent.
Kontaktieren Sie mich gerne für einen kostenlosen Tandem-Digital-Check-up, um Potenziale und Optimierungsansätze dafür in Ihrem Tandem zu identifizieren und Lösungen zu erstellen.
Zeitmanagement
Die Bedeutung eines guten persönlichen Zeitmanagements wird 2025 weiter zunehmen. Angesichts der Flut an Anrufen, Besprechungen und E‑Mails sind klare Strukturen gefragt:
- systematische Regeln und automatisierte Abläufe zum Filtern von E‑Mails
- bessere Vorbereitung auf und stringentere Durchführung von Besprechungen
- Sortierung von Aufgaben nach Dringlichkeit und Priorität
Bedenken Sie: Schon 10 % mehr Effizienz durch bessere Arbeitsplatzprozesse lassen 100 Mitarbeiter ohne zusätzlichen Aufwand die Arbeit von 110 Mitarbeitern erledigen.
Fazit und Ausblick
2025 wird anstrengend und herausfordernd werden. Der nationale und internationale Wettbewerb wird zunehmen, während gleichzeitig Insolvenzen und Zeitarbeit die deutsche Wirtschaft prägen – wenn auch mit etwas Zeitverzögerung. Dennoch haben wir Grund zu Optimismus: Deutschland hat eine Vielzahl an innovativen und gut positionierten Familienunternehmen, die in der Lage sind, Chancen zu erkennen und zu nutzen.
Die Meldungen von bereits funktionierenden KI-Lösungen in den Unternehmen nehmen täglich zu. Unsere Familienunternehmen sind in Bewegung. Es wird an allen Ecken und Kanten überprüft, gefeilt, angepasst und mit Innovation sowie professionellem Augenmaß nach vorne geschaut.
Also bedenken Sie: Es gibt in jeder Phase des Wirtschaftslebens Gewinner und Verlierer. Das wird auch 2025 so sein. Darum kommt es jetzt darauf an, proaktiv auf Ihre Kunden zuzugehen und langfristige Beziehungen aufzubauen! Ich wünsche Ihnen bereits jetzt ein erfolgreiches Jahr 2025 mit vielen neuen Möglichkeiten, besonderen Kunden und innovativen Ansätzen, die Ihnen zusätzliche Erträge bescheren werden.
Kontakt
Dirk Wiebusch
info@ifuf.de