Wenn Familien­unternehmer heutzutage Finanz­pro­dukte begut­achten, dann stellen sie schnell fest: Die Kondi­tionen der einen Bank unter­scheiden sich objektiv kaum noch von denen einer anderen. Kein Wunder, denn praktisch alle Banken nutzen heute dieselben digitalen Algorithmen zur Berechnung.

Für viele Unter­nehmer ist das ausschlag­ge­bende Element für eine Zusam­men­arbeit also eher das, was ihnen keine Maschine dieser Welt bieten kann: Das Mensch zu Mensch (MzM). Im Zeitalter der Digita­li­sierung sind Firmen­kun­den­be­rater daher wichtiger denn je und sehen sich, unabhängig ihres aktuellen Erfah­rungs­schatzes, mit einem neuen Anfor­de­rungs­profil konfron­tiert, um sich nachhaltig erfolg­reich und diffe­ren­ziert bei Unter­neh­mens­kunden und am Markt zu positionieren.

Umfang­reiche Fähig­keiten für zwischen­mensch­lichen Erfolg

Im Rahmen meiner langjäh­rigen Erfahrung mit Famili­en­un­ter­nehmern und Unternehmer­familien habe ich dasselbe Muster immer wieder beobachten können: Unabhängig vom Unter­neh­mertyp und der Unter­neh­mens­größe (vom Handwerks­be­trieb bis zum Großun­ter­nehmen) erhoffen sich Familien­unternehmer von ihren Finanz­be­ratern vor allem ein Gefühl des Vertrauens. Sie wünschen sich jemanden, der unter­neh­me­ri­sches Denken und Handeln nachvoll­zieht, ihnen mit proak­tiver Koordi­nation unter die Arme greift – und dabei auch einfach sympa­thisch rüberkommt.

Das Mensch zu Mensch ist also für praktisch jeden Familien­unternehmer ein zentraler Aspekt der Zusam­men­arbeit – und einer, der nicht durch digita­li­sierte Prozesse ersetzt werden kann. Dementspre­chend können Berater auch nur dann langfristig ihr Institut positiv aus dem Meer an homogenen Finanz­pro­dukten hervor­heben, wenn sie sich auf diese Fähig­keiten besinnen.

Deswegen reicht es für Firmen­kun­den­be­rater auch nicht aus, nur das eigene Produkt­port­folio zu kennen. Vielmehr muss ein umfang­reiches Anfor­de­rungs­profil aus fachlichen, sozialen und metho­di­schen Kompe­tenzen angestrebt werden. Denn nur mit umfang­reichen Kennt­nissen und Fähig­keiten in verschie­denen Diszi­plinen und Themen­kom­plexen lässt sich ein Familien­unternehmen auch ganzheitlich erfolg­reich beraten.

Einzig­artige Expertise und Fachwissen (fachliche Kompetenzen)

Dieser Aspekt des Anfor­de­rungs­profils ist den meisten Beratern bereits geläufig – es geht um rein fachliches Wissen. Doch neben den eigenen Produkten beinhaltet dies im digitalen Zeitalter auch weiter­rei­chende Kennt­nisse, beispiels­weise zur Gesamt­stra­tegie des eigenen Instituts, zur aktuellen wirtschaft­lichen Lage und zu den Zusam­men­hängen zwischen diesen beiden Aspekten.

Darüber hinaus sind auch ein detail­liertes Verständnis für den Unter­nehmer, sein Geschäfts­modell und die Unter­neh­mens­stra­tegie sowie Kennt­nisse zu weiteren Themen, die für den Unter­nehmer indivi­duell relevant sind, entscheidend: Von der betrieb­lichen Alters­vor­sorge bis zu Rating-Systemen und vom Stiftungs­recht bis zur Gründung gemein­nüt­ziger Organisationen.

Auch zu nachfol­genden Aspekten sollte sich der Berater Wissen aneignen. Der nötige Detailgrad hängt vom jewei­ligen Beratungs­schwer­punkt ab. Für Faktoren, die nicht im Fokus der Beratung stehen, reichen allge­meine Kenntnisse:

  • Immobilien des Unter­nehmens oder Unternehmers
  • Wertpa­piere und damit verbundene Produkte
  • Relevante Versi­che­rungen wie Sachver­si­che­rungen, Alters­vor­sorge oder Sonder­ver­si­che­rungen je nach Unternehmen
  • Verschie­denste Steuerrechte
  • Financial Planning und Estate Planning
  • Relevante Aspekte des Vertrags­rechts, vom Famili­en­recht bis zum Eherecht

Auch die Inter­aktion von Mensch zu Mensch kann durch Fachwissen effektiv unter­stützt werden. So sollten Berater sich im digitalen Zeitalter dringend mit Konzepten wie Gesprächs­führung und Verhand­lungs­taktik ausein­an­der­setzen: Insbe­sondere die Analyse von Kunden­ty­po­logien, um Verhalten und Gesprächs­führung daran zu orien­tieren, ist eine wichtige Methode des strate­gi­schen und takti­schen Verkaufens.

Finanz­be­rater sollten diese Fähig­keiten ungeachtet anderer fachlicher Kompe­tenzen beherr­schen und sowohl gegenüber dem Unter­nehmer als auch gegenüber seinem Umfeld einsetzen können. So lassen sich auch Famili­en­mit­glieder und wichtige Mitar­beiter wie kaufmän­nische Leiter überzeugen.

Sympa­thisch sein und empathisch handeln (soziale Kompetenzen)

Kennen sich zwei Berater unter­schied­licher Banken offen­sichtlich gleich oder ähnlich gut aus, kommt das Mensch zu Mensch besonders stark zu tragen. Dann wird die emotionale Verbindung zum Zünglein an der Waage. Deswegen sollten moderne Finanz­be­rater über weitrei­chende Fertig­keiten in der zwischen­mensch­lichen Inter­aktion verfügen:

  • Eine selbst­be­wusste Ausstrahlung, die hohe Loyalität und Identi­fi­kation mit der eigenen Bank signalisiert
  • Fähig­keiten in der lateralen, also geschäfts­feld­über­grei­fenden Kolle­gen­führung für Tandem­be­ra­tungen und ähnliche Kooperationen
  • Die Fähigkeit, durch eigenes Verhalten interne und externe Kollegen zu inspi­rieren und sich Respekt zu erarbeiten: Quali­täts­ver­ständnis, Einsatz­freude, Hilfs­be­reit­schaft und Zuverlässigkeit
  • Stil, Etikette und Netiquette, um sich vor dem Kunden entspre­chend zu präsentieren

Ähnlich wie bei den fachlichen Kompe­tenzen sollten auch hier wieder der Unter­nehmer und dessen Umfeld als Ganzes betrachtet werden. Das heißt, dass ein Verständnis für den Kunden auf Basis seiner Typologie unumgänglich ist. Des Weiteren sollten psycho­lo­gische Kennt­nisse abrufbar sein, um die Inter­aktion und mögliche Spannungs­felder innerhalb der Unternehmer­familie zu erkennen. Auch die Fähigkeit, das nähere Umfeld des Unter­nehmers – vom Mitar­beiter bis zum Berater – zu moderieren sowie positive Dynamiken zwischen den einzelnen Akteuren herzu­stellen, sollten sich Berater aneignen und metho­disch trainieren.

Unter­nehmer und Unter­nehmen exzellent navigieren (metho­dische Kompetenzen)

Familien­unternehmer sind sehr auf zielfüh­rende und reibungslose Arbeits­ab­läufe bedacht – immerhin ist ihre Zeit kostbar und die Zukunfts­pläne sind groß. Deswegen sollten sich Firmen­kun­den­be­rater auch durch handfeste Kompe­tenzen bei der Planung und Ausführung unter­neh­me­ri­scher Vorhaben auszeichnen:

  • Projekt­ma­nagement-Fähig­keiten, sowie die Fähigkeit, diese im Sinne des Kunden und im Einklang mit der Gesamt­stra­tegie des Famili­en­un­ter­nehmens und des eigenen Instituts anzuwenden. Dies beinhaltet zum Beispiel eine sinnvolle Definition von Meilen­steinen sowie ein effek­tives Ressour­cen­ma­nagement, um Unter­neh­mer­kunden immer die richtigen Personen zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung zu stellen.
  • Effek­tives Zeitma­nagement – sowohl das eigene, als auch das von direkten Teammit­gliedern, Kollegen und Kunden, sowie deren Umfelds.
  • Planungs­ge­schick bei der Koordi­nation der Inter­ak­tionen zwischen Bankmit­ar­beitern und Kunden. Souve­räner Umgang mit der Frage “Wer sagt was und wie zum Kunden” und ideales Timing beim Einbinden des eigenen Vorstands.
  • Bereit­schaft, sich messen zu lassen – und damit verbunden ein Verständnis für die zugrun­de­lie­genden Abläufe, Daten und Analysen.

Und obwohl der Fokus­punkt des Beraters das Mensch zu Mensch sein sollte, ist es empfeh­lenswert, die Digita­li­sierung strate­gisch zu nutzen: Ein absolut sicherer Umgang mit der insti­tuts­ei­genen EDV und allen damit zusam­men­hän­genden Abläufen und Prozessen gehört heute zum profes­sio­nellen Arbeiten hinzu. Ebenso wie eine generelle Affinität und ein Verständnis für die Digita­li­sierung – sowohl allgemein als auch in Bezug auf die spezi­fi­schen Inter­essen des Kunden.

Der Mühen Lohn

All diese Punkte erscheinen zunächst sehr theore­tisch. Doch hat man das Anfor­de­rungs­profil erst einmal gemeistert, stellt man als Berater schnell fest, wie viel leichter die Arbeit mit dem Kunden fällt: Nicht nur lassen sich durch das Verständnis von Typologie und Geschäfts­modell Bedürf­nisse erkennen, oder überhaupt erst wecken. Auch in den darauf­fol­genden tiefer­ge­henden Diskus­sionen über komplexe Themen wie Wertschöp­fungs­ketten kann man dank eines breiten Wissens­schatzes und eines Verständ­nisses für die Gedan­kenwelt des Unter­nehmers souverän überzeugen. So lassen sich sogar ganz neue Geschäfts- und Ertrags­po­ten­ziale erschließen.

Und nicht zuletzt lässt sich auch die koordi­nierte Zusam­men­arbeit mit den eigenen Kollegen verbessern. Denn durch fortge­schrittene Kennt­nisse und Fähig­keiten im Projekt­ma­nagement und in der Führung sowie einem ausge­prägten Verständnis für soziale Komple­xi­täten, lassen sich Mitar­beiter mit unter­schied­lichen Spezia­li­sie­rungen sowie externe Partner effizi­enter und zielge­rich­teter koordi­nieren. Und mit der passenden Weitsicht für das Umfeld des Unter­nehmers ausge­stattet, lassen sich auch Vernet­zungen zwischen den eigenen Mitar­beitern und den Beratern, Spezia­listen und Mitar­beitern des Unter­nehmers effek­tiver gestalten.

All dies erzeugt nicht nur eine höhere Effek­ti­vität in allen berate­ri­schen Tätig­keiten – es signa­li­siert dem Kunden außerdem, dass er an einen Partner geraten ist, der sich wirklich um ihn kümmert. Und diesen Wohlfühl­faktor erhält er eben nicht bei jedem Institut – egal, wie ähnlich sich die eigent­lichen Finanz­pro­dukte sind.

Gute Voraus­set­zungen schaffen

Bei alledem sollte man eines nie vergessen: Als Berater ist man immer Teil des Finanz­in­stituts. Dementspre­chend ist man beim Erfüllen dieses umfas­senden Anfor­de­rungs­profils auf die Unter­stützung der eigenen Insti­tuts­führung angewiesen.

Durch Optimierung von Prozessen innerhalb und zwischen Abtei­lungen können oft Poten­ziale aufge­deckt werden, um beispiels­weise mehr vertriebs­aktive Zeit am Kunden zur Verfügung zu stellen – inklusive der Vor- und Nachbe­reitung von Terminen. Die dazu nötige Optimierung wird vor allem durch quali­tative Arbeits­ma­te­rialien und eine hochwertige EDV sicher­ge­stellt. Regel­mäßige Fort- und Weiter­bil­dungs­maß­nahmen versorgen Berater wiederum mit dem nötigen Training und den aktuellen Infor­ma­tionen, die sie zum Erfüllen des Anfor­de­rungs­profils benötigen.

Aus meiner Erfahrung bei der Unter­stützung von Finanz­in­sti­tuten beim Imple­men­tieren dieser Optimie­rungs­maß­nahmen, ist die ideale Auslegung dieser Rahmen­be­din­gungen entscheidend, um Firmen­kun­den­be­ratern einen schnör­kel­losen Weg zur Erfüllung der neuen Anfor­de­rungen zu ebnen.

Berater können mehr als Maschinen

Wie überall, machen sich auch Berater Sorgen um ihre Arbeits­plätze im Zeitalter der Digita­li­sierung. Doch wer sich auf dieje­nigen Fähig­keiten besinnt, die von keiner Maschine dieser Welt repli­ziert werden können, muss sich diese nicht machen. Denn wer das Mensch zu Mensch beherrscht, hebt sich und sein Institut langfristig aus dem Gros der durch­di­gi­ta­li­sierten Finanz­in­stitute hervor. Reali­sieren Sie also, warum Sie von Ihrem Institut ausge­wählt wurden, denje­nigen beizu­stehen, die die Welt von Morgen gestalten: Weil Sie im Wettkampf mit der Digita­li­sierung immer noch die Nase vorn haben und immer vorne haben werden.

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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