Mit großen Schritten steuert die Weltwirtschaft auf ein neues Jahrzehnt zu – in einem politisch-wirtschaftlichen Klima, das von Trump bis Brexit durch Schwankungen und Neufindungsversuche geprägt ist. Damit auch in derart unsicheren Zeiten eine erfolgreiche, individuelle Beratung von Mensch zu Mensch (MzM) möglich ist, gebe ich in dieser Artikelserie einen Ausblick auf die zentralen Punkte, die im Jahr 2019 für Familienunternehmer und Finanzdienstleister besonders wichtig werden: Vom Mythos Unternehmervermögen über die Strukturen einer ganzheitlichen Beratung bis zum Tandem-Gespräch. Doch zunächst werfe ich einen Blick auf die Ausgangslage, mit der sich Familienunternehmer sowie Finanzinstitute 2019 konfrontiert sehen.
Gesellschaft und Wirtschaft im Wandel
Die politisch-gesellschaftliche Umbruchstimmung spiegelt sich seit einigen Jahren auch auf wirtschaftlicher Ebene wider: Großunternehmen wie Amazon verdrängen den Einzelhandel und Netflix revolutioniert mit Streaming-Angeboten die Medienlandschaft. Konzerne wie Airbnb oder Uber sind hochgradig erfolgreich in der Hotel- und Taxibranche, ohne selbst über ein einziges Hotelzimmer oder Taxi zu verfügen. Diese neuen Geschäftsideen erzeugen neue wirtschaftliche Phänomene, mit denen sich viele Unternehmer bislang noch nicht konfrontiert sahen:
- Viele traditionelle Geschäftsmodelle werden durch neue wirtschaftlich geschwächt oder sogar vollständig ersetzt. Andere Modelle müssen zumindest von Grund auf neu gestaltet werden, um gegen die Konkurrenz eine Überlebenschance zu haben.
- Die Aufsplitterung von Unternehmens- und Organisationsstrukturen in immer kleiner werdende Einheiten ist eine organisatorische Herausforderung. Doch durch die Möglichkeit, kostspielige Bürokomplexe durch digital vernetzte Office-Strukturen zu ersetzen, bringt diese Entwicklung auch Chancen mit sich.
- Fachbegriffe wie „Machine Learning“ oder „Digitale Disruption“ fließen immer stärker in den wirtschaftlichen Jargon ein. Betriebsintern erhalten sie jedoch oft völlig neue Bedeutungen. Für Unternehmer und Finanzdienstleister wird es also zunehmend wichtig, diese flexiblen, nicht-standardisierten Begriffsdefinitionen zu erlernen.
Unternehmen aus dem Mittelstand geraten durch derartige Veränderungen stark unter Druck: Oft erkennen sie, dass sie sich an die neuen Bedingungen anpassen müssen. Doch welche Entwicklungsrichtung ist die richtige und welche nur ein Irrweg, der möglicherweise dazu führt, dass sie von der Konkurrenz abgehängt werden? Hier herrscht noch viel Unsicherheit.
Wie reagieren die Familienunternehmen?
Viele Unternehmen haben bereits auf die sich verändernde Ausgangssituation reagiert – die Digitalisierung hat schließlich nicht erst jetzt eingesetzt. Im Jahr 2019 werden einige Veränderungen in den Bereichen Geschäftsmodelle, Strukturen und Kundenpsychologien deshalb besonders wichtig werden:
Viele Unternehmer und Finanzdienstleister haben in diesem Zusammenhang aus der Vergangenheit gelernt. Schon vor Jahrzehnten hat die voranschreitende Digitalisierung ganze Produkte vom Markt verdrängt und die dazugehörigen Unternehmen zur Umstrukturierung gezwungen. Man bedenke nur die Entwicklung vom Walkman (magnetische Audio-Kassetten) über den Discman (optische CDs) zum mp3-Player (digitale Speicherung).
Doch dieses Beispiel zeigt auch auf: Eine erfolgreiche Umstrukturierung zum richtigen Zeitpunkt kann Unternehmen davor bewahren, von der Konkurrenz überholt zu werden. Denn das zugrundeliegende Bedürfnis der Nutzer, Musik zu hören, hat sich nicht geändert – nur die Technologie, mit der sie dieses Bedürfnis befriedigen. Genauso verdrängen seit Jahren digitale Angebote die Marktdominanz von Printmedien. Doch am Bahnsteig hat sich nur wenig geändert: Standen dort vor fünfzehn Jahren noch Menschen mit Zeitungen, lesen sie ihre Nachrichten heute über das Smartphone. Und Printverlage, die rechtzeitig in durchdachte Online-Angebote investiert haben, können sich auch weiterhin auf dem Markt behaupten.
Für Familienunternehmen wird es also zunehmend notwendiger, ihr Geschäftsmodell zu hinterfragen:
- Ist es noch zeitgemäß?
- Wird es auch in naher Zukunft noch zeitgemäß sein?
- Oder muss es womöglich drastisch verändert werden?
Daraus entwickelt sich ein völlig neues Risikomanagement für Unternehmen und Banken: Beide müssen auf Tipping Points vorbereitet sein – also plötzliche, drastische Veränderungen in einer anhaltenden Entwicklung. Und wer auf diese rechtzeitig reagiert oder sie sogar voraussieht, kann aus dem Umbruch des Marktes sogar gestärkt hervorgehen.
Veränderungen als Chance begreifen
Viele Familienunternehmer sind verständlicherweise zunächst verunsichert. Sie verstehen durchaus, dass sie ihr Geschäftsmodell eventuell drastisch verändern müssen und sehen in vielen Fällen auch die Chancen, die damit einhergehen können. Doch sie zögern – zum Beispiel, weil sie es gewohnt sind, alle Bereiche ihres Unternehmens voll im Griff zu haben. Denn beispielsweise die Idee, Verknüpfungen von Vertrieb und Marketing durch Outsourcing oder dezentralisierte Online-Strukturen zu lockern, wirkt zunächst ungewohnt und risikobehaftet.
Viele Familienunternehmer realisieren also, dass es Veränderungen geben muss, wollen jedoch keinem Hype nachlaufen, der das Unternehmen möglicherweise sogar in eine schlechtere Position bringt. Familienunternehmer legen daher Wert darauf, dass Veränderungen an ihrem Geschäftsmodell strategisch, strukturiert und wohlüberlegt stattfinden. Und genau hier können Berater ansetzen.
Die Rolle des Finanzberaters
Finanzdienstleister haben im Jahr 2019 also explizit den Auftrag, Familienunternehmer und Unternehmerfamilien bei Neufindungsversuchen und Umstrukturierungen zu unterstützen. Denn um Veränderungen als Chance zu begreifen und die entsprechenden Potenziale zu ergründen, ist ein kompetenter Berater mit Blick auf die individuelle Situation des Unternehmers ein Geschenk des Himmels:
- Er bringt mit Fingerspitzengefühl eigene, wohldurchdachte Ideen ein.
- Er dient als verbaler Sparringspartner, der mit viel Fachwissen eigene und fremde Ideen diskutiert.
- Er vertritt mit viel Fingerspitzengefühl auch mal die Gegenposition, um etablierte Modelle und neue Ideen auf den Teststand zu stellen.
Kurz und knapp: Er bringt auf der Mensch-zu-Mensch-Ebene sein Fachwissen, sein Verständnis für das individuelle Familienunternehmen und seine sozialen Kompetenzen ein, um die Unternehmensführung zu unterstützen und für sie einen subjektiven Wohlfühlfaktor zu etablieren.
Die strategische Ausrichtung des Finanzinstituts
Dass das Jahr 2019 vom Umbruch dominiert wird, werden auch Finanzdienstleister zu spüren bekommen. In dieser Branche besteht zunehmend die Gefahr, sich im Wettbewerb nicht ausreichend abzugrenzen – denn die eigentlichen Finanzprodukte gleichen sich institutsübergreifend immer mehr an. Eine effektive Differenzierung des eigenen Instituts kann heute nur noch durch das Mensch zu Mensch stattfinden.
Finanzdienstleister müssen also 2019 mehr denn je den subjektiven Wohlfühlfaktor des Kunden in den Vordergrund stellen, sich individuell greifbar machen und sich nicht nach innen gerichtet in der reinen Automatisierung und Prozessoptimierung verlieren. Das effektive Mensch zu Mensch tritt der zunehmenden Ent-Emotionalisierung und Ent-Loyalisierung im digitalen Zeitalter entgegen. So positioniert sich ein Finanzinstitut als verlässlicher Partner, der für den Familienunternehmer merklich „im selben Boot sitzt“.
Der erste Schritt zur Veränderung ist immer der mühsamste
Mit dem ausgehenden Jahrzehnt wird immer klarer, dass sich sowohl Familienunternehmen als auch Finanzdienstleister an die neue politische, soziale und wirtschaftliche Lage anpassen müssen, um nicht von der Entwicklung übergangen zu werden. Für Familienunternehmer bedeutet dies insbesondere monetäre Veränderungen, denn die umfassende Neuorientierung muss finanziert werden.
Insbesondere mit Hinblick auf neue Finanzierungssysteme und die sich daraus ergebenden Risikomanagements kann dies auch Einfluss auf das Privatvermögen des Familienunternehmers haben. Als Finanzdienstleister wird es also 2019 sehr nützlich sein, sich auch über die monetäre Situation von Familienunternehmen im Klaren zu sein und vor allem mit dem alten Mythos zu brechen, das Unternehmervermögen stehe jederzeit zur Verfügung und ließe sich in kürzester Zeit wieder aufbauen. Weshalb dies nicht der Fall ist – und warum man dies als Finanzinstitut bedenken sollte – werde ich im zweiten Teil dieser Artikelserie näher beleuchten.
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Dirk Wiebusch
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