Viele Institute sind gerade dabei, ihre Kundenportfolien zu strukturieren – doch sind sie dabei wirklich in allen Bereichen klar aufgestellt? Die Segmentierung der Kunden stellt einen immer gewichtigeren Faktor dar. Durch sie werden Firmen- und Unternehmerkunden hinsichtlich ihrer Potenziale und Bedürfnisse in entsprechenden Interessensgruppen zusammengefasst und können so individueller angesprochen werden. Aber nicht nur die Kommunikation profitiert von einer verlässlichen Clusterung, sondern auch das Zeitmanagement.
Das Problem der Kundensegmentierung liegt jedoch darin, dass sie nie zu 100 % „sauber“ vorgenommen werden kann – denn kein Unternehmen ist exakt wie das andere. Diesbezüglich stellen sich jedoch die Fragen: Wann hört man auf zu clustern? Handelt es sich nur um eine Schein-Struktur? Oder kann man tatsächlich Erkenntnisse aus ihr ziehen? In der Realität funktionieren Überleitungen leider häufig nicht reibungslos, da die im Vorfeld stattfindenden Prozesse der Strukturierung, Segmentierung und Umschlüsselung nicht ideal vollzogen wurden. Doch mit der richtigen Herangehensweise und einem transparenten Mensch zu Mensch (MzM) schaffen Sie von Beginn an die ideale Basis für umfassend verlässliche Strukturen.
Unternehmer mögen Struktur
(Um-/Neu-)Strukturierungen werden von Unternehmern prinzipiell positiv aufgenommen – denn sie müssen selbst ebenfalls strukturieren. Die wichtigste Voraussetzung hierfür ist, dass intern wie auch extern entsprechend und „glasklar“ kommuniziert wird. Für Institute bedeutet dies in der Konsequenz eine Entwicklung hin zur Firmenkunden- bzw. Unternehmerbank. Hierbei wird in der Regel auch eine intensive Segmentierung betrieben und es werden viele Unterkategorien gebildet, die in der Folge allerdings nicht sauber abgearbeitet werden können. Der Grund hierfür liegt schlicht und ergreifend in der Vielzahl der Unterkategorien, die entweder einen quasi nie endenden Segmentierungsprozess bedingen oder eine unpräzise Clusterung zur Folge haben. Segmentierungen bilden im Idealfall daher eher eine Tendenz, d.h. sie sollten nach groben Segmentierungskriterien erfolgen. Durch eine derartige Marschroute kann effizient gearbeitet und ein ständig notwendiges „Hin- und Herschieben“ der Kunden effektiv vermieden werden.
Hierbei ist jedoch Augenmaß gefragt. Die Devise lautet: „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“. Auch ist ein regelmäßiges Überprüfen der Segmentierung essenziell für deren Aktualität und Funktionalität. Und wird ein Unternehmerkunde ständig umgeschlüsselt, so wird er dies in der Regel negativ auffassen. Die ABCD-Clusterung innerhalb der Segmentierung sollte daher nicht nur nach dem aktuellen Deckungsbeitrag gehen, sondern ebenfalls das Wachstumspotenzial des Kunden berücksichtigen. Sie sollte also festlegen, wann ein Kunde wirklich interessant ist, und alles ganz klar auf diese Frage komprimieren.
Will eine Bank beispielsweise um +5 % p.a. wachsen, so muss auch ein Kunde imstande sein, +5 % im Deckungsbeitrag jährlich zu leisten, um als A‑Kunde geclustert zu werden. Ist er hierzu nicht in der Lage, so wird er automatisch zum B‑Kunden – auch wenn die bestehenden Erträge hoch sind. In Cluster B ist er ja immer noch TOP, nur eben nicht A, also TOP-TOP.
Als dringende Notwendigkeit gilt hierbei allerdings eine eindeutige interne Klärung, ob man die Erträge lediglich bei Familienunternehmen oder im Verbund, also bei Familienunternehmen und Unternehmerfamilien, steigern will. Denn es kann durchaus sein, dass ein Kunde hinsichtlich Familienunternehmen mit „B“ geclustert wird, aber seine Potenziale im Private Banking dazu führen, dass er im Verbund auf „A“ steht. Und Potenzial will hier auch meinen, wenn man von anderen Häusern etwas in das eigene holen kann.
Diese Potenzialerkennung geht in den meisten Fällen nur manuell – denn um ihre Tragweite zu erkennen, muss man sich detailliert mit dem Geschäftsmodell des jeweiligen Unternehmerkunden befassen. Das gilt vor allem bei den Top-Kunden der Unternehmerkunden: Beschäftigt sich der Berater hier nicht händisch und intensiv mit dem einzelnen Kunden, so wird eine Umschlüsselung nicht den gewünschten Erfolg aufweisen. Auch eine intern vorgegebene Kontaktanzahl funktioniert in der Regel nicht, denn Top-Unternehmer lassen sich ungern drängen, und ein guter Berater weiß, wie oft er zum Kunden fahren sollte. Werden Top-Unternehmer zu Kontakten quasi gezwungen, weil die Vorgabe durch den Berater umgesetzt werden muss, so sinkt ihr Wohlfühlfaktor. Geschehen diese hingegen auf individueller Ebene von Mensch zu Mensch, so wird der subjektive Wohlfühlfaktor bestärkt, was wiederum die Genauigkeit steigert, mit der Wachstumspotenziale definiert werden können.
Mit Augenmerk auf die Vorarbeit werden weitere Schritte reine Formsache
Werden die Punkte Strukturierung und Segmentierung verlässlich und sauber vorgenommen, gehen weitere Maßnahmen wie das Umschlüsseln reibungslos von der Hand. Und finden Top-Unternehmer das gut? Die Antwort lautet ja. Denn erfolgreiche Unternehmer führen ihre Firmen genauso sorgfältig. Sie wollen Klarheit und Wahrheit, um effektiv nach vorne zu gehen. Aus ihrer Sicht ist dies also ein klares Zeichen von Professionalität. Zeitdieb-Kunden und Ego-Kunden, welche gerne eine Premiumbehandlung hätten, obwohl sie die Deckungsbeiträge nicht bringen, die das Institut benötigt, können dabei hingegen mehr als anstrengend sein. Hier gilt der Tipp: Mutig sein und Gegenwind aushalten.
Sind Strukturierung, Segmentierung und Umschlüsselung nun erledigt, so erfolgt die Überleitung. Bei diesem Schritt helfen drei Dinge: Vorbereitung, Vorbereitung, Vorbereitung. Legen Sie bereits im Vorfeld fest, wer dem Kunden die Botschaft überbringt, dass er einen neuen Berater bekommt. Das können
- der alte Berater
- der neue Berater
- eine Führungskraft
- oder der Vorstand
sein. Hierzu noch eines: Eine Mitteilung per Brief ist die schlechteste Variante der Übermittlung. Ist der postalische Weg allerdings die einzige Möglichkeit, so sollte sich der neue Berater etwa 2 bis 4 Tage nach dem Absenden persönlich beim Kunden melden. Denn weder alter Berater, neuer Berater noch der Kunde wurden im Vorfeld gefragt, ob sie dies überhaupt wollen. Andernfalls wirkt es, als würde man in seinem Stammrestaurant aus heiterem Himmel einen anderen Platz und einen neuen Kellner zugewiesen bekommen.
Und am Ende des Tages stellt sich jeder Kunde lediglich eine einzige Frage: Was verbessert sich für mich durch diese Änderung? Diese Verbesserung muss unmissverständlich transportiert werden – und zwar von Mensch zu Mensch, individuell zugeschnitten auf die Sicht des Kunden. Das heißt, der Mehrwert muss so kommuniziert werden, dass der Kunde ihn in Bezug auf sein Geschäftsmodell, Umfeld und seine Persönlichkeitstypologie einwandfrei erkennen kann. Das schafft nachhaltiges Vertrauen.
Beispielsweise gibt es Unternehmer, die die Bank bzw. den Dienstleister lediglich als Werkzeug wahrnehmen. Bei diesem Unternehmertypus ist es wichtig zu schauen, ob er wirklich gut mit einem diskutierenden oder vielleicht doch besser mit einem Berater-Typ „Sachbearbeiter“ zusammenpasst. Andere wiederum sehen in dem aktuellen Berater einen wirklichen Geschäftspartner. Dort kann ein Wechsel den subjektiven Wohlfühlfaktor und die emotionale Lage nachhaltig beeinträchtigen. Hieran wird exemplarisch erkennbar, wie unterschiedlich und individuell die Situation von Kunde zu Kunde sein kann.
Somit sollte auch die Überleitung immer passgenau und nicht nach dem Gießkannenprinzip vorgenommen werden. Den Kunden, sein Geschäftsmodell, die Zukunftsaussichten sowie die Erträge, die daraus für das eigene Institut abgeleitet werden können, zu kennen, ist also wichtiger denn je. Und dabei nicht vergessen: Werden bei einem Berater beispielsweise 25 Kunden umgeschlüsselt, so hat man bei der Überleitung ggf. nicht nur 25 Aufnahme‑, sondern auch zahlreiche Abgabe-Gespräche. Es ist also von elementarer Bedeutung, dass alle vorherigen Schritte sauber realisiert wurden, um die Zeit effektiv und effizient zu nutzen.
Selbstreflexion als Schlüssel zum Erfolg
Stellen Sie sich daher die Frage, ob bei Ihnen im Haus und für Sie als Berater persönlich geklärt ist, was der wirkliche Mehrwert aus Sicht des Kunden ist. Ein klarer Mehrwert für den Kunden sind beispielsweise zukünftig 2 feste Ansprechpartner: ein Firmenkundenberater und ein Private-Banking-Berater. Denn dieses Tandem hatte er vor der Maßnahme in der Regel nicht.
Im Anschluss können ebenfalls Mehrwerte in Bezug auf die Dienstleistung definiert werden – immer individuell auf den jeweiligen Kunden zugeschnitten. Und auch mit erfahrenen Beratern sollte dieses Überleitungsgespräch trainiert werden, schließlich gibt es nur einen Versuch, und der muss sitzen. Nehmen Sie sich hierfür in jedem Fall ausreichend Zeit, egal wie Sie das Training letzten Endes gestalten. Auch wenn Sie bereits das ein oder andere Überleitungsgespräch gemeistert haben, gilt üben, üben, üben. Denn die Zeiten und Rahmenbedingungen haben sich geändert. Fehler werden heute deutlich härter und direkter bestraft, als dies früher der Fall war.
Eine neue Struktur schafft Möglichkeiten
Das Etablieren neuer Strukturen ist nicht nur eine Herausforderung – es ist, sofern es richtig und mit dem nötigen Augenmaß gemacht wird, eine waschechte Chance. Familienunternehmer und Unternehmerfamilien wissen klare Strukturen zu schätzen, denn auch sie sind in ihrem eigenen täglichen Handeln darauf angewiesen. Durch eine entsprechende Vorbereitung, detailliertes Wissen über das Geschäftsmodell – heute, morgen und übermorgen – des Kunden und ein transparentes Mensch zu Mensch steigern Sie den subjektiven Wohlfühlfaktor und sorgen für eine hohe Genauigkeit bei der Definition von Deckungsbeitrags-Wachstumspotenzialen.
Gehen Sie bereits bei der Strukturierung und Segmentierung möglichst genau vor, denn das macht weitere Schritte wie das Umschlüsseln und Überleiten zur reinen Formalität. Und: Seien Sie mutig, gehen Sie direkt auf den Kunden zu und sprechen Sie ihn konkret auf Mehrerträge an. Eine glasklare Kommunikation schafft Vertrauen und sorgt für eine langfristig stabile Kundenbindung.
Kontakt
Dirk Wiebusch
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