In meiner Funktion als Gründer und Geschäftsführer des Instituts Für UnternehmerFamilien (IFUF) wohne ich nicht nur Gesprächen zwischen Unternehmern und Finanzberatern bei. Oft bin ich auch vor Ort, wenn der Unternehmer direkt mit dem Vorstand seiner Bank spricht. Und obwohl sich diese Gespräche meist um strategische Entscheidungen drehen, sind ihre Effekte auch für das Tagesgeschäft von großer Bedeutung. Beispielsweise war ich vor Kurzem zu Gast bei einem Familienunternehmer, der ein Gespräch mit dem Vorstand der Bank seines Vertrauens hatte. Dabei sollte es um das große Ganze gehen – die Planung des Unternehmens. Doch das Gespräch führte schnell in ein Detailgebiet, das für beide Seiten relevant war: den aktuellen Fachkräftemangel.
Familienunternehmen und Finanzinstitute stehen vor demselben Problem
Da wir drei uns bereits kannten, kam das Gespräch innerhalb weniger Minuten voll in Fahrt und es wurde über die unterschiedlichsten Dinge diskutiert, bis der Bankenvorstand dem Unternehmer schließlich eine wichtige Frage stellte: „Wo soll es denn hingehen?“ Der Unternehmer war selbstverständlich auf dieses Gesprächsthema vorbereitet und begann damit, die Firmenstrategie sowie seine Pläne für die Zukunft zu erläutern. Aktuell, so sagte er, sei das Unternehmen auf einem guten Weg – das Geld sei da und an Aufträgen mangele es ebenfalls nicht. Einzig die Personalsituation mache ihm noch Sorgen.
Das ließ den Bankenvorstand aufhorchen, denn er hatte mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen: In manchen Positionen fehlte es einfach an geeigneten Kandidaten. Wo sollte man nur die Fachkräfte für die aktuellen Anforderungsprofile hernehmen – geschweige denn diejenigen, die auf die zukünftige Marktentwicklung vorbereitet waren? Und sollte man sie finden, was macht man mit diesen neuen und hoch qualifizierten Mitarbeitern, wenn es mal wieder etwas ruhiger wird?
Woran genau fehlt es im Personalbereich?
In unserer Diskussion gingen wir das Problem Fachkräftemangel deshalb von Grund auf an: Was fehlte denn überhaupt? Gab es nicht die richtigen Bewerber, die den spezifischen Anforderungsprofilen entsprachen? Oder gab es die passenden Kandidaten, aber diese waren zu teuer für die Unternehmen? Schnell wurde klar: Der Fachkräftemangel, der in der freien Wirtschaft herrschte, konnte nicht mit dem in öffentlichen Instituten wie Schulen und Kliniken verglichen werden. Denn im Bereich der freien Wirtschaft gab es eigentlich keinen tatsächlichen Mangel an Fachkräften. Das Problem lag vielmehr darin, dass man die auf die Anforderungsprofile passenden Kandidaten einfach noch nicht kannte.
Familienunternehmer und Bankenvorstand stellten fest: Genau hier müsste man ansetzen – und zwar auf Banken- wie auf Unternehmensseite. Wir identifizierten im Kampf gegen den Fachkräftemangel 2 Fronten: einen Mangel an Mitarbeitern, die aktuellen Anforderungen entsprechen, sowie einen Mangel an Personen, die zukünftige Anforderungsprofile bereits erfüllten oder sich in diese Richtung weiterentwickeln ließen. Wie ließen sich also die passenden Bewerber für beide Fronten finden?
Im Zuge dieser Diskussion stellten wir fest, dass sich sowohl der Familienunternehmer als auch der Bankenvorstand anhand des bekannten Strategiehauses orientiert hatten: Vor allem hatten sie bereits klare Visionen und Ideen entwickelt.
Diese Erkenntnis machte uns klar: Im Hinblick auf den Fachkräftemangel musste der Block „Personalkonzept“ noch ein bisschen angepasst werden. Denn ein Erfolgsfaktor für gutes Personalmanagement ist, dass die Personalabteilung so früh wie möglich in die strategische Planung mit einbezogen wird. Was sowohl der Vorstand als auch der Unternehmer in Ihren eigenen Firmen seit längerem praktizieren.
Wie war die Ausgangslage?
Eine besonders komfortable Möglichkeit zur Anwerbung von Fachkräften kam uns sofort in den Sinn: Das Familienunternehmen war bereits sehr aktiv in den gängigen Social-Media-Kanälen unterwegs. Das bedeutete: Das Unternehmen konnte proaktiv die dort verfügbaren Tools nutzen, um sowohl erfahrene Personen als auch Talente, die sich dort versteckten, zu identifizieren und anzusprechen. So, wie wir es auch von den großen Scouting-Abteilungen im Profifußball kennen: Gute Leute als auch die Talente von morgen findet man erst dann, wenn man auch mal Spiele der unteren Ligen besucht und dort diejenigen Spieler identifiziert, die noch unausgeschöpftes Potenzial haben.
Zudem besitzt eine gute Scouting-Abteilung immer eine gut gefüllte Datenbank mit allen Varianten an potenziellen Kandidaten. Ob man diese derzeit gerade benötigt oder nicht. Im Finanz- und Unternehmensbereich würde eine durchdachte Social-Media-Strategie außerdem zum „Employer Branding“ beitragen – also zur öffentlichen Positionierung des Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber. Bei dieser Positionierung ist auch immer das entscheidend, was aktuelle Mitarbeiter über den Arbeitgeber – vor allem auch im privaten Umfeld – äußern.
Strategien zur Bekämpfung des Fachkräftemangels müssen etabliert werden
Wie man es von Unternehmern kennt, wurde nach dem „warum?“ sofort das „wie?“ diskutiert – also die Frage, wie sich dieses abstrakte Problem handfest lösen ließe. Welche Abläufe sollten etabliert werden, um Talente frühzeitig identifizieren und für das eigene Unternehmen begeistern zu können? Eine Vier-Punkte-Strategie musste her:
- Auffallen – Durch ein starkes Employer Branding speziell den potenziellen Kandidaten (nicht den Kunden!) auffallen und durch maßgeschneiderte Inhalte Aufmerksamkeit erregen.
- Identifizieren – Beispielsweise durch Targeting Tools diejenigen Interessenten herauspicken, die den Anforderungsprofilen entsprechen oder sich dorthin entwickeln können.
- Ansprechen – Proaktiv potenzielle Kandidaten kontaktieren und akquirieren, beispielsweise durch maßgeschneiderte innovative Werbemedien oder einen einfachen persönlichen (!) Anruf.
- Überzeugen – Sicherstellen, dass sich der Bewerber schnell im Betrieb eingewöhnt, beispielsweise durch höfliches Nachfragen oder sogar Hilfestellung bezüglich der Wohnungssuche oder auch einfach mal fragen, ob sich die Familie schon eingelebt hat.
Eine solche explizite Strategie mag auf den ersten Blick überflüssig erscheinen – „das kann man doch einfach nach Augenmaß machen“, oder etwa nicht? Die Erfahrung zeigt: Nicht nur brauchen Familienunternehmer – vom Handwerksbetrieb über die Hotelszenerie und Gastronomie bis zum internationalen Großunternehmen – die festen Strukturen eines solchen Plans, die Strategien zeigen auch erst dann ihre volle Wirkung, wenn sie organisiert durchgezogen werden.
Der Familienunternehmer kam jedenfalls einige Wochen später auf mich zu und war ganz begeistert von dem Gespräch, das wir zu dritt geführt hatten. Die daraus entstandenen Ideen seien bereits in der Umsetzung und die ersten passenden Bewerber hatten sich ebenfalls bereits gemeldet.
Ein doppelter Erfolg
Das Gespräch und die darin entwickelte Strategie hatten also Wirkung gezeigt: Einerseits in Bezug auf die Akquise neuer Talente. Doch andererseits auch in Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Familienunternehmer und seiner Bank: Der Vorstand hatte mit der Feststellung, dass sein Institut denselben Fachkräftemangel durchmachte, das Mensch zu Mensch in den Vordergrund gestellt und dem Familienunternehmer klargemacht, dass er mit den gleichen Sorgen und Risiken hantiert. In Verbindung mit den handfesten Tipps zur Überwindung dieser Herausforderung konnte er sich damit nicht nur auf menschlicher Ebene beim Unternehmer weiter positionieren, sondern sich auch als ganzumfänglicher Sparringspartner mit jeder Menge wertvoller Praxiserfahrung beweisen.
Und den gleichen positiven Effekt können auch Finanzberater jeglicher Segmente erzielen. Vor allem Firmenkunden- und Private-Banking-Berater, die keine Scheu vor diesen Themen haben müssen, auch wenn sie sie im Tagesgeschäft eher selten benötigen, da sie keine Personalentscheidungen treffen. Denn es baut immer weiteres Vertrauen beim Unternehmerkunden auf, dass man sich mit seiner Situation beschäftigt sowie dessen Herausforderungen kennt.
Bemerkenswert: Bieten Sie Ihren Unternehmerkunden mit meinem Impulsvortrag relevante Mehrwerte beim Umgang mit dem Fachkräftemangel!
Kontakt
Dirk Wiebusch
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