Haben Sie meine Artikel­serie bislang verfolgt, dann steht Ihr Strate­giehaus beinahe schon sicher auf all seinen Säulen – und bei Ihnen im Institut steht bereits alles in den Start­lö­chern: Die Mitar­beiter sind ausge­bildet sowie organi­siert und sie wissen, mit welchem Produkt­an­gebot sie welchen Kunden­stamm angehen können. Doch wie kommt überhaupt der Erstkontakt zustande? Über welche Kanäle und Vertriebswege können die Zielkunden akqui­riert werden? Sind diese Fragen nicht geklärt, läuft all die Vorarbeit, die wir bereits geleistet haben, ins Leere.

Was beinhaltet ein effek­tives Vertriebs­konzept – und was nicht?

Ein Blick auf unser Strate­giehaus zeigt: Wir behandeln in dieser Artikel­serie Vertrieb und Marketing vonein­ander getrennt. Das wirkt vielleicht erst mal konser­vativ – immerhin leben wir heutzutage in einer ständig vernetzten Welt, in der sich immer wieder neue Poten­ziale im Digitalen, im Analogen und in der Symbiose aus beiden Bereichen auftun. Vertrieb und Marketing ist daher personell vonein­ander zu trennen, aber gleich­zeitig in bestimmten Bereichen als eine Einheit zu verstehen. Die beiden Bereiche haben also ihre jewei­ligen Kern-Aufgaben (weshalb wir das Marketing im kommenden Artikel separat behandeln), arbeiten idealer­weise jedoch überall dort eng zusammen, wo Synergien genutzt werden können:

  • Das Marketing liefert produkt­be­zogene Infor­ma­tionen und verkaufs­un­ter­stüt­zende Ressourcen an den Vertrieb
  • Der Vertrieb stellt dem Marketing kunden­be­zogene Infor­ma­tionen zur Verfügung

Das Marketing kümmert sich um Marken­bildung, Reich­weite, Event­or­ga­ni­sation und Leadge­ne­rierung. Der Vertrieb verfolgt derweil die vom Marketing generierten Leads, generiert eigene Leads (beispiels­weise vor Ort bei Events oder durch Kontakte mit dem bestehenden Kunden­stamm) und kümmert sich um den Abschluss und die Betreuung. Beide Bereiche bleiben also getrennt und folgen jeweils eigenen unter­ge­ord­neten Zielen, ziehen jedoch gemeinsam an einem Strang, wenn es um das Erreichen überge­ord­neter Ziele geht. Eine gute Kommu­ni­kation und Zusam­men­arbeit innerhalb des Instituts ist in der heutigen Welt ein essen­zi­eller Bestandteil der Arbeit beider Abteilungen.

In diesem Artikel konzen­trieren wir uns jedoch in erster Linie auf die wichtigen Fragen der Vertriebs­seite: Wie sieht ein effek­tiver Vertriebs­we­gemix bezie­hungs­weise eine effektive Kanal­steuerung aus? Welche Kontakt­fre­quenz mit dem Kunden ist sinnvoll? Und wie sehen die speziell für das Private Banking für Unternehmer­familien (PB-UF) zu legenden Vertriebs­bau­steine letzt­endlich aus?

Erstellen Sie einen effek­tiven Vertriebs­we­gemix für das PB-UF

Bevor wir uns darum kümmern können, welcher spezi­fische Vertriebs­we­gemix für Ihr PB-UF sinnvoll ist, rufen wir uns zunächst in Erinnerung, welche Vertriebswege uns in der Finanz­dienst­leistung überhaupt offenstehen:

  • Analoge Gespräche, von Angesicht zu Angesicht
  • Telefon­kontakt und ‑konfe­renzen
  • Video-Chats
  • E‑Mail, WhatsApp und ähnliche digitale Kommunikationsplattformen
  • Hybrid-Lösungen aus allen 4 Optionen

Welche dieser Vertriebswege effektiv genutzt werden können, ist in großem Maße vom Unter­nehmer abhängig: Die jüngere Unter­neh­mer­ge­ne­ration, die aktuell auf den Markt drängt, ist tenden­ziell techno­lo­gi­scher orien­tiert als die bereits etablierten Familien­unternehmer. Sie sind dementspre­chend auch für digitale Vertriebswege offen und erwarten, dass diese auch von Finanz­in­sti­tuten genutzt werden. Beim Aufbau Ihres PB-UF überlegen Sie sich also zunächst, ob Sie einen Fokus auf digitale oder analoge Vertriebswege legen – und welche Aspekte des Vertriebs digital abgewi­ckelt werden können.

Weg vom Reagieren, hin zum Agieren!

Die Feststellung, dass die neue Generation der Familien­unternehmer deutlich digital­af­finer ist, verleitet einige Finanz­be­rater zu der Annahme, Unter­nehmer infor­mierten sich digital über alle Details der erhält­lichen PB-UF-Angebote und recher­chierten besonders tief. Das ist jedoch ein Trugschluss. Denn alle Genera­tionen infor­mieren sich meistens eher oberflächlich. Wird dann ein Bedarf an PB-UF erkannt, wendet sich der Familien­unternehmer in den meisten Fällen direkt an den bekannten Firmen­kun­den­be­rater (FKB). Darin unter­scheidet sich die junge Generation kaum von den altein­ge­ses­senen. Und dieser Umstand sorgt dafür, dass der Vertrieb in vielen Finanz­in­sti­tuten früher wie auch heute eher reagiert als zu agieren: Die Institute warten, bis sich der Unter­nehmer an sie wendet, nicht anders herum.

Für Ihre neue PB-UF-Abteilung kann ich Ihnen nur raten: Verlassen Sie diese Strategie und konzen­trieren Sie sich darauf, Ihre (poten­zi­ellen) Kunden proaktiv anzusprechen! Der Vertrieb geschieht also idealer­weise auf eine von zwei Arten:

  • Bei Famili­en­un­ter­nehmern, die vom Institut bereits als Unter­neh­mer­kunden geführt werden, geht der Vertrieb über den Firmen­kun­den­be­rater. Der FKB spricht den Unter­nehmer bei Gelegenheit auf die Möglich­keiten des PB-UF an und bietet an, bei einem kommenden Termin den PB-UF-Berater gleich mitzubringen.
  • Wird der Kunde nicht bereits im eigenen Firmen­kun­den­banking beraten (oder gibt es im Institut überhaupt keine Firmen­kun­den­be­ratung), wird über zielge­rich­tetes Marketing und das direkte Ansprechen z.B. auf Events und Veran­stal­tungen Aufmerk­samkeit generiert. Wichtig: Kein Massen­mar­keting durch­führen – das PB-UF soll exklusiv bleiben!

Aufgrund dieser Dynamiken ist der ideale Vertriebs­we­gemix aktuell noch sehr manuell: Sie müssen direkt an den Kunden ran und ihn im Gespräch von Angesicht zu Angesicht überzeugen. Diesen Teil des Vertriebs können Ihnen keine digitalen Prozesse abnehmen, aller­dings können sie bei der Identi­fi­zierung und indivi­du­ellen Erstan­sprache von Zielkunden effektiv genutzt werden. Profes­sio­nelle soziale Medien wie XING und LinkedIn sind das „neue Telefonbuch“, über das Sie den Erstkontakt laufen lassen können, bevor Sie mit der gezielten Akquise des Kunden beginnen.

Steuern und kontrol­lieren Sie die genutzten Vertriebskanäle

Für einen effektiv arbei­tenden Vertrieb reicht es nicht, sich einen Kanal auszu­suchen und nur an diesem einen Kanal festzu­halten, komme, was wolle. Vielmehr richtet man sich danach, welche Vertriebs­kanäle die Kunden tatsächlich nutzen möchten. Der Kanalmix sollte also regel­mäßig gesteuert und kontrol­liert werden, um sicher­zu­stellen, dass die aktuell genutzten Kanäle immer noch effektiv sind. Regel­mäßig gemessen und beurteilt werden sollten folgende Aspekte:

  • Welche Kanäle werden genutzt?
  • Wie werden die Kanäle genutzt?
  • Welchen Return bieten die Kanäle?

Basierend auf den Messergeb­nissen können Sie dann die Priori­täten der einzelnen Vertriebs­kanäle anpassen, neue Schwer­punkte setzen oder auf neu erschei­nende Poten­ziale eingehen. Eine für alle Institute in allen Situa­tionen optimale Mischung gibt es hier nicht – es liegt an Ihnen, die eigene Kunden­struktur zu analy­sieren und einen dazu passenden Vertriebs­ka­nalmix zu erstellen. Keine Sorge, wenn nicht gleich alles perfekt läuft: Erfah­rungs­gemäß kommen Sie dabei um ein wenig Trial-and-Error nicht herum.

Die ideale Kontakt­fre­quenz ist kundenabhängig

Noch heute geben viele Institute ihren Beratern spezi­fische Kontakt­fre­quenzen vor – insbe­sondere, wenn es um Premium-Kunden geht. Da soll dann beispiels­weise mindestens 4 Mal im Jahr ein quali­fi­zierter Kunden­kontakt statt­finden, gemäß dem alten Motto: Kontakte schafft Kontrakte. Was macht man nun aber als Berater, wenn der Kunde Anfang des Jahres sagt: „Lassen Sie uns Ende des Jahres noch mal reden“? Wer den Unter­nehmer dann zu zusätz­lichen Gesprächen drängt, nur um die Insti­tuts­vor­gaben zu erfüllen, der vergrault schnell seinen besten (Ziel-)Kunden.

Hier gilt: Lösen Sie sich im Institut von pauschalen Kunden­fre­quenz-Vorgaben und richten Sie sich statt­dessen indivi­duell nach dem Kunden. Und soll die Kontakt­fre­quenz dennoch möglichst hoch gehalten werden, dann rufen Sie sich ins Gedächtnis, dass der direkte Gesprächs­termin nicht die einzige Form des Kunden­kon­takts ist. Es existieren auch weniger „aufdring­liche“ Formen:

  • Mit einem regel­mä­ßigen Newsletter in digitaler Form (auch eine Sache des Marke­tings) rufen Sie sich dem Kunden in Erinnerung, bieten ihm nützliche Inhalte und Mehrwerte und überlassen es ihm selbst, ob er sich die Zeit dafür nimmt.
  • Passt ein Branchen­report präzise auf den jewei­ligen Kunden, kann er einen deutlichen Mehrwert daraus ziehen, wenn Sie ihm den Report weiter­leiten. Auch diese Variante ist wenig aufdringlich, denn es steht dem Unter­nehmer frei, den Report einfach nicht zu lesen, wenn er keine Zeit dazu hat.

Was alles als „Kontakt“ zählt und wie häufig dieser statt­zu­finden hat, sollte gerade in einer Premium-Abteilung wie dem PB-UF stark indivi­duell definiert werden. Wenn Sie sich hier unsicher sind, dann fragen Sie den Unter­nehmer einfach direkt, wie häufig Sie ihn kontak­tieren dürfen und welche Infor­ma­tionen für ihn inter­essant wären.

Familien­unternehmer haben sehr wenig Zeit und begrüßen die Möglichkeit, Ihnen direkt sagen zu können, welche Tipps und Infor­ma­tionen für sie hilfreich sind und wann Sie den Unter­nehmer diesbe­züglich kontak­tieren dürfen. Trauen Sie sich ruhig – im besten Fall merkt Ihr Kunde, dass Sie sich mit ihm beschäf­tigen, im schlech­testen Fall sagt er nur: „Danke, habe ich schon.“

Die Vertriebs­bau­steine

Haben Sie diese Punkte berück­sichtigt, eine gute Zusam­men­arbeit zwischen Vertrieb und Marketing etabliert und Ihre Mitar­beiter darin geschult, wie und wann sie an die Kunden heran­treten können, dann sind Sie bereit für die Imple­men­tierung der Kunden­reise („Customer Journey“). Diese läuft optima­ler­weise so ab:

  1. Ziel- und Bestands­kunden analy­sieren und poten­zielle Kunden für das PB-UF identifizieren.
  2. Über die vorher definierten Vertriebs­kanäle Kontakt zum poten­zi­ellen Kunden aufnehmen (entweder direkt oder über den Firmen­kun­den­be­rater im Sinne eines Beratertandems).
  3. Erstes Vorstel­lungs­ge­spräch beim Kunden führen – „wer bin ich, was mache ich?“

Erst nach Schritt 3 findet eine fortlau­fende Betreuung des Kunden statt, weshalb Sie sich auch erst ab diesem Zeitpunkt mit kunden­spe­zi­fi­schen Themen wie der idealen Kontakt­fre­quenz ausein­an­der­setzen sollten. Schließlich kennen Sie den Kunden erst ab diesem Zeitpunkt gut genug, um überhaupt eine Einschätzung abzugeben. Die oben beschriebene Customer Journey rückt im nächsten Teil, wenn es spezi­fisch um das Marketing geht, noch einmal detail­lierter in den Fokus.

Die Vertriebswege stehen

Sie haben nun Ihren Mitar­beitern im PB-UF die nötigen Strategien an die Hand gegeben, um poten­zielle Kunden zu akqui­rieren und über die Vertriebs­kanäle Kontakte herzu­stellen. Zusammen mit der Definition der Zielkunden, den USPs und Marken­in­halten sowie dem konkreten Angebot besitzen Sie nun eine gut ausge­bildete und ausge­rüstete Perso­nal­basis für Ihre PB-UF-Abteilung. Das heißt: Ihre Mannschaft ist vollständig ausge­rüstet, infor­miert, motiviert und bereit, die ersten Erfolge zu erzielen!

Im nächsten Artikel dieser Serie werfen wir einen Blick auf die letzte Säule unseres Strate­gie­hauses, die dafür sorgt, dass Sie Ihr PB-UF skalieren, den Vertrieb so erfolg­reich wie möglich gestalten und die Marke wachsen lassen können: das Marketing.

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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