Unternehmer hatten es in den letzten Jahren vergleichsweise einfach, denn es gab eine Konjunktur, die für sie große Vorteile hatte: Keine Engpässe bei der Energieversorgung, eine sehr konservative Interpretation des Lohnniveaus in der Gesellschaft, „brave“ Gewerkschaften usw. Das bedeutet: Es gab in Sachen Material, Personal, Zinsen und Energieversorgung absolut unternehmerfreundliche Entwicklungen, die zusätzliche Performance erzeugten. Aber diese Entwicklungen wurden nicht von den Unternehmern kontrolliert. Das waren große welt- und volkswirtschaftliche Effekte, auf die man als normaler Unternehmer gar keinen großen Einfluss hat. Deshalb wäre es jetzt auch ein Fehler, sich auf der zusätzlichen Performance auszuruhen: Gehen diese Faktoren demnächst (für den Unternehmer nicht kontrollierbar) in eine andere Richtung, bricht diese Performance plötzlich ein. Zusätzlich können auch noch andere Faktoren, wie die aktuelle Angst vor der Ausbreitung des Coronavirus, diesen Vorgang weiter beschleunigen.
Markus Ziechaus
Als Diplom-Betriebswirt (FH) der Fachhochschule Rosenheim arbeitete Markus Ziechaus zunächst sechs Jahre im Controlling-Bereich verschiedener Industrieunternehmen, von Kraft Foods in Bremen bis zum Sports-Merchandise der Daimler Chrysler AG, bevor er als Geschäftsführer zur BAYERN CONSULT wechselte. In der Unternehmensberatung nutzt er seitdem sein Expertenwissen zur Planung und Steuerung von Firmen der unterschiedlichsten Größen und Branchen. Seit 2009 ist er außerdem als Referent an diversen Sparkassenakademien tätig.
Die Konjunktur – Geschenk oder nur Vorschuss?
In den letzten Jahren hatten Unternehmer die Chance, unabhängig von der eigenen Performance eine gute Bilanz einzufahren. Die äußeren Umstände waren einfach zu gut. Man bekam die zusätzliche Performance quasi geschenkt! Doch diese Einschätzung trügt: Die zusätzliche Performance war nur geliehen. Unternehmer haben die gute Konjunktur nicht herbeigeführt, sondern nur ihre positiven Effekte genossen. Die zusätzliche Performance war also nur ein Vorschuss, der wieder zurückzuzahlen ist, sobald die Konjunktur wieder schwächelt.
Als Bank stellen Sie sich nun die – berechtigte – Frage: Sind unsere Unternehmerkunden wirklich darauf vorbereitet, ihre „geliehene Performance“ in naher Zukunft zurückzuzahlen? Die schlechte Nachricht: Viele Unternehmer sehen noch nicht die Zeichen der Zeit, die eine schwächelnde Konjunktur anzeigen. Die gute Nachricht: Ihnen als kreditgebende Finanzdienstleister erschließt diese Situation viele zusätzliche Potenziale, denn Sie werden in jedem Fall gebraucht!
Können Sie diese Veränderungen vorhersehen?
Unternehmer, die sich auf die kommenden Veränderungen auf dem Weltmarkt vorbereiten möchten, sollten sich die Frage stellen: „Ist das, was wir heute produzieren, ein Produkt, für das es in 5 Jahren noch eine Nachfrage geben wird?“ Ein Produkt, das heute unverzichtbar erscheint, kann in wenigen Jahren schon zum alten Eisen gehören. Zylinderkopfdichtungen sind zum Beispiel bis heute ein High-End-Produkt, das für die Fertigung von Verbrennungsmotoren unverzichtbar ist. Doch Elektromotoren brauchen keine Zylinderkopfdichtungen. Wohin wird sich der Markt wohl entwickeln?
Viele Unternehmen stellen sich diese Frage gar nicht erst und begründen Auftragsrückgänge einfach mit einer schwächelnden Weltwirtschaft. Als Finanzdienstleister ist es Ihre Aufgabe, den Unternehmern diese Frage nahezulegen und sie zu unterstützen, falls es Nachbesserungsbedarf gibt. Sprechen Sie mit den Unternehmern folgende Bereiche an:
- Erhalt / Mehrung des Unternehmenswerts
- Standortentscheidungen
- Forschung und Entwicklung
- Marktzugänge
- Kunden- und Lieferantenbeziehungen
- Produktionsprozesse
- Infrastruktur
- Organisation und Management
- IT-Strukturen
- Personalplanung und Entwicklung
Wie wichtig es ist, dabei voll umfassend die Situation zu analysieren, zeigt ein Blick auf die Personalplanung: Für viele Unternehmer war der Fachkräftemangel in der Vergangenheit eine theoretische Herausforderung – wenige haben sich wirklich darauf vorbereitet. Umsichtige Finanzdienstleister machen den Unternehmern klar: Die Babyboomer-Generation wird bald in Rente gehen und die Herausforderung wird sofort spürbar werden. Es ist Zeit, zu handeln!
Voll umfassende Analyse und ein strategischer Überbau werden notwendig
Sicher, Themen wie Digitalisierung, Nachfolgeplanung und Veränderungen am Geschäftsmodell geistern schon lange in den Köpfen vieler Unternehmer herum. Einige von ihnen haben sogar erste Veränderungen in einigen Richtungen angestrengt. Aber die wenigsten haben begriffen: Das willkürlich-individuelle Abhandeln eines Themas ohne übergreifende Strategie wird keinen positiven Effekt haben.
Ein Investment in eines der genannten Themengebiete hat immer einem gesamtstrategischen Plan zu folgen, der von den Gesellschaftern oder der Geschäftsführung bestimmt wird. Dieser Plan fügt die einzelnen Veränderungen in einer Symbiose zusammen. Erst dann kann es einen positiven Effekt auf das gesamte Unternehmen geben. Vergleichen Sie die Situation mit einer dreieckigen Tischdecke: Ziehen Sie nur an einem der drei Zipfel, damit er sauber liegt, dann bringen Sie damit automatisch die beiden anderen in Unordnung. Veränderungen in einem Bereich machen also gleichzeitig Veränderungen in allen anderen Bereichen notwendig, um zu verhindern, dass durch unkoordinierten Aktionismus in einem Geschäftsbereich andere Bereiche negativ beeinflusst werden.
Wie gestaltet man die Veränderungen richtig?
Bei der Planung und Durchführung der Veränderungen im Unternehmen arbeitet man als Finanzdienstleister eng mit dem Unternehmer. In Ruhe und mit einem Blick auf das große Ganze. Wichtig sind dabei vor allem:
- Transparenz über den Status quo, im Unternehmen wie auch in den jeweiligen Funktionsbereichen
- Diagnose von Schwachstellen, Problem- und Handlungsfeldern sowie Herausforderungen und Risikopotenzialen
- Bewertung der möglichen Verbesserungsansätze in den Funktionsbereichen und bereichsübergreifend
- Abgleich der Sichtweisen der Führungskräfte mit den Sichtweisen der jeweiligen Abteilungen und Berater
- Offenlegung des Status quo sowie zukünftiger Potenziale
Diese Punkte werden in einer für das Unternehmen sinnvollen Reihenfolge abgehandelt, bevor die Umsetzung der Prozesse ansteht. Diese kann entweder durch das Unternehmen selbst oder – wenn das Unternehmen nicht dazu in der Lage ist – durch Dritte vorgenommen werden. So oder so bleiben Sie als kreditgebende Hausbank an der Seite des Unternehmens und finanzieren die Prozesse.
Wie sieht eine Prozessoptimierung aus?
Wenn man sich die Gesundheit eines Unternehmens ansieht, dann schaut man auf die Bilanz oder die Gewinn-und-Verlust-Rechnung. Man schaut sich also nur die Wirkungen an, nicht jedoch die Ursachen. Man sieht die Gewinne und Kosten, fragt sich jedoch nicht, welche (offensichtlichen oder versteckten) Ursachen es dafür gibt.
Finanzberater sollten ihren Unternehmerkunden den Blickwinkel auf die Ursachen einprägen. Das erlaubt ihnen, diese direkt anzugehen und eventuelle Kostenpunkte zu eliminieren, bevor sie auf die GuV durchschlagen. Das wird nicht leicht werden, denn in vielen Firmen gibt es noch veraltete Prozesse, die seit 100 Jahren nicht mehr aktualisiert wurden und deshalb Kosten entstehen lassen. Viele Unternehmen müssen prozesstechnisch von Grund auf saniert werden.
Das beinhaltet auch das Überdenken der Wertschöpfungskette. Viele Unternehmer richten sich nicht in ausreichendem Maße danach, was ihre Kunden wirklich von ihnen verlangen. Oft erwarten Unternehmer, dass ihre Kunden die eigenen Produkte aus objektiv besseren Gründen kaufen, und ignorieren die eigentliche, reale Kaufmotivation. Tesla ist ein gutes Beispiel, denn die amerikanische Firma verfügt nicht über dasselbe Know-how im Autobau wie beispielsweise BMW. Aber sie antizipieren, was ihre Kunden in Zukunft wollen. Deshalb liefern sie genau darauf zugeschnittene Produkte und können sich auf dem Markt neben vielen objektiv versierteren Autobauern behaupten.
Wie können Banken Unternehmen auf die Rückzahlung der „geliehenen Performance“ vorbereiten?
Bankern sei in diesen Zeiten angeraten: Halten Sie sich nicht zurück, sondern unterstützen Sie die Unternehmen! Es reicht nicht, Unternehmen dabei zu beobachten, wie sie sich auf die Rückzahlung der „geliehenen Performance“ vorbereiten. Es reicht nicht, sie die nötigen Anpassungen aus dem eigenen Cashflow finanzieren zu lassen und hinterher Kredite zu vergeben, wenn alles steht. Lernen Sie, welche Investitionen ihre Kunden in Zukunft tätigen möchten, und unterstützen Sie sie dabei. Nur durch Ihre aktive Unterstützung werden die Unternehmen ausreichend Power bekommen, um sich auf negative Veränderungen in der Konjunktur vorzubereiten.
Schrecken Sie nicht vor Investitionen zurück – denn stellen Sie sich quer, verlieren Sie eventuell nicht nur das Unternehmen als Kunden, sondern auch alle bislang dort getätigten Investitionen. Investieren Sie in Ihre Unternehmenskunden, um sie auch in Zukunft geschäftsfähig zu halten und als loyaler, strategischer Partner an ihrer Seite bleiben zu können.
Kontakt
Dirk Wiebusch
info@ifuf.de