Firmen­kun­den­be­rater haben in praktisch jedem Finanz­in­stitut eine paradoxe Position inne: Auf der einen Seite der Medaille sind sie der erste Ansprech­partner für den Unter­neh­mer­kunden. Sie müssen jederzeit Stärke beweisen, denn sie sind top-ausge­bildete Sparrings­partner, die ihre Kunden beim Aufbau und Erhalt des Lebens­werkes unter­stützen und dabei echte Mehrwerte generieren müssen. Und das derzeit in einem extrem hart umkämpften Markt mit sich immer mehr anglei­chenden Produkten und einem heftigen Preiskampf.

Doch im eigenen Institut wird ihnen – beim Kunden notwen­diges – starkes Auftreten schnell als Überheb­lichkeit inter­pre­tiert. Unter den Kollegen gilt der Firmen­kun­den­be­rater dann schnell als arrogante Diva – und bekommt gleich­zeitig den ganzen Druck der Erwar­tungen zu spüren, die der Vorstand in ihn legt.

Der Berater aus Innen- und Außenperspektive

Diese zwiespältige Position sorgt dafür, dass Firmen­kun­den­be­rater mitunter von ihren Kollegen als allüren­hafte Diven angesehen werden, wie Beispiele neuzeit­licher Opern­stars, von denen diese Metapher entlehnt wurde. Es gibt aber auch Firmen­kun­den­be­rater, die sich selbst in einer komplett anderen Rolle sehen: Sie nehmen sich als erste Opfer des allge­gen­wär­tigen Geschäfts­drucks wahr, denn sie sind der direkte Draht zu den wichtigsten Kunden des Instituts. All ihre Handlungen werden gemessen und beurteilt. Und wenn sich das ersehnte große Geschäft dann doch einmal nicht manifes­tiert, sind sie die Ersten, die dies intern recht­fer­tigen müssen.

Beide Blick­winkel sind verständlich: Firmen­kun­den­be­rater inter­agieren häufig direkt mit dem Vorstand ihres Instituts. Wenn sie dann im Büro verkünden, dass sie „gleich in die Vorstands­sitzung gehen“, entspricht das ganz einfach der Wahrheit, kann aber von Kollegen als angebe­risch wahrge­nommen werden. Auf der anderen Seite schwingt für den Firmen­kun­den­be­rater bei dieser einfachen Aussage eine gehörige Dosis Stress mit. Denn bei solchen, in der Regel großen und komplexen, Geschäften werden hohe Deckungs­bei­träge erwirt­schaftet – und dementspre­chend hoch kann das Risiko für das Institut sein. Oft genug bedeutet für sie die schlichte Aussage, gleich in die Vorstands­sitzung zu gehen, eine Portion Ungewissheit und Nervo­sität. Oder einfach ausge­drückt: Der Firmen­kun­den­be­rater steht unter Druck.

Firmen­kun­den­be­rater sind weder Diven noch Opfer

Die Wahrheit ist: Beide Seiten haben unrecht. Firmen­kun­den­be­rater sind weder das eine noch das andere, sondern gut ausge­bildete Berater, die besonders hohe Deckungs­bei­träge erwirt­schaften und dadurch einem entspre­chend hohen Druck ausge­setzt sind. Nach meiner Erfahrung sind die wenigsten von ihnen selbst­herrlich, nur weil sie einen direkten Draht zu den Insti­tuts­vor­ständen haben. Und sie sind auch nicht die ausge­machten Opfer im Institut.

Selbst­ver­ständlich tragen sie eine große Verant­wortung – doch andere Mitar­beiter des Instituts haben ebenso ihre Verant­wor­tungs­be­reiche. Und die Angst, als allei­niger Sündenbock für wenig erfolg­reiche Geschäfte herhalten zu müssen, ist in den meisten Häusern erfah­rungs­gemäß nicht gegeben. Wäre das so, würden im Institut schon lange keine top-ausge­bil­deten Firmen­kun­den­be­rater mehr arbeiten. Nichts­des­to­trotz ist es genau das, was meinen Beobach­tungen nach aktuell ganz viele Firmen­kun­den­be­rater fühlen.

Woher kommt der Druck?

Dass Firmen­kun­den­be­rater meist größerem Druck stand­halten müssen, liegt vor allem an einer Tatsache: Sie müssen immer auf Zack sein, denn sie sind der erste Ansprech­partner des Unter­neh­mer­kunden – und gleich­zeitig im Institut der erste Ansprech­partner in Bezug auf den Kunden. Deshalb werden sie täglich insti­tuts­intern und ‑extern von den unter­schied­lichsten Menschen in Beschlag genommen – und fühlen sich dementspre­chend, als würde von allen Seiten an ihnen „gezerrt“. Hinzu kommen ganz viele kleine, ungeplante Anfragen im Sinne von: „Kannst Du mal eben…?“

Wir vom Institut Für Unternehmer­Familien (IFUF) hatten uns unter diesem Gesichts­punkt mal exempla­risch den Alltag eines Firmen­kun­den­be­raters angeschaut. Hier waren es ganze 21 unter­schied­liche Parteien, die regel­mäßig Ansprüche an den Kollegen gestellt haben. Eigentlich kein überra­schender Fund, wenn man sich vor Augen hält, dass Firmen­kunden- und Unter­neh­mens­kun­den­be­rater die Speer­spitze zum Unter­nehmer bilden, hinter der sich unzählige Teilbe­reiche des Finanz­in­stituts sammeln:

Der Umgang mit dem Firmenkundenberater 

Für die Kollegen ist der Firmen­kun­den­be­rater eine wichtige Schnitt­stelle mit dem Unter­nehmer. Denn er ist es, der andere Berater typischer­weise zum Kunden mitnimmt. Zum Beispiel wird meist über eine Tandem-Beratung der Kontakt zwischen Unter­nehmer und andere Beratungs­be­reiche, wie Zahlungs­verkehr, Versi­che­rungen oder Private Banking, geknüpft. In vielen Insti­tuten ist den anderen Kollegen oft gar nicht bewusst, wie viele Aufgaben der Firmen­kun­den­be­rater tagtäglich zu bewäl­tigen hat. Das ist aber nicht böse gemeint. Es fehlt oft lediglich die Infor­mation darüber.

Er ist ein wichtiges Glied in der Kette, auf dem jedoch viel Verant­wortung und Druck lasten. Im Umgang mit ihm ist also Empathie gefragt, um beide Seiten der Medaille zu sehen: Ein vermeintlich überheb­licher Umgang im Büro kann einfach der Tatsache geschuldet sein, dass der Firmen­kun­den­be­rater nach einem Kunden­termin noch nicht in den weniger „kämpfe­ri­schen“ Modus zurück­ge­schaltet hat.

Wie sich Firmen­kun­den­be­rater verhalten sollten 

Gleich­zeitig sollten sich die Firmen­kun­den­be­rater darüber im Klaren sein, dass ihre Position als zentrale Kontakt­per­sonen für Unter­neh­mer­kunden sie zu den inoffi­zi­ellen Kapitänen der Mannschaft macht. Doch Kapitäne sind nicht nur dazu da, sich im Ruhm der gemein­samen Ergeb­nisse zu sonnen. Sie müssen ihre Mannschaft führen können – und dazu ist es nötig, dass die Mannschaft von ihrem Kapitän auch angeführt werden möchte. Firmen­kun­den­be­ratern sei also ans Herz gelegt, sich selbst zu fragen: Verhalte ich mich auch so gegenüber meiner internen Mannschaft – einschließlich der Assis­tenzen? Und erfülle ich die Anfor­de­rungen des Marktes in einer vernetzten Welt?

Wie der Vorstand helfen kann 

Gerade bei der Frage, ob der Firmen­kun­den­be­rater den neuen Ansprüchen der digitalen Welt gerecht wird, kommt auch den Insti­tuts­vor­ständen eine entschei­dende Rolle zu. Denn sie können ihre Berater beispiels­weise durch das Organi­sieren von Weiter­bil­dungen maßgeblich unter­stützen. Und auch inhalt­liche Unsicher­heiten lassen sich durch die Vorstände ausräumen: Viele Firmen­kun­den­be­rater wissen nicht, wie viel Indivi­dua­lität sie ihren Unter­neh­mer­kunden noch versprechen können, ohne das Risiko einzu­gehen, dass diese Versprechen eventuell nicht mehr in die Abläufe des Instituts passen. Oder im Nachhinein noch durch die Kredit- / Risiko­ab­teilung abgelehnt oder verändert werden. Denn die Berater sind für das Mensch zu Mensch zuständig, mit dem sich das Institut dem Unter­neh­mer­kunden gegenüber diffe­ren­ziert positio­niert – und die immer weiter voran­schrei­tende Standar­di­sierung auf Produkt­seite und der internen Abläufe steht dem diametral entgegen.

Die Rolle des Firmen­kun­den­be­raters im Team

Auf dem heutigen Markt wird die Zusam­men­arbeit der Berater immer wichtiger. Institute können es sich schlicht nicht mehr leisten, dass alle Berater­ab­tei­lungen ihr eigenes Süppchen kochen. Denn die Firmen­kunden-Urerträge schmelzen dahin und machen es notwendig, neue Poten­ziale beim Kunden auszu­schöpfen. Das kann man sich veran­schau­lichen, indem man beispielhaft eine 10-Jahres-Kondition aus der Vergan­genheit in die Zukunft prolon­giert – dabei wird man zwangs­läufig feststellen, dass man am Ende nur einen Bruchteil der Marge hat, die man vor 10 Jahren gehabt hätte. Der Fehlbetrag muss dann über Cross-Selling mit den Kollegen wieder herein­geholt werden, sonst steht man am Ende „nackt in der Brandung“.

Persön­lichkeit, Ausstrahlung und Fachwissen: Unter­nehmer werden es Ihnen danken

Die Lösung für dieses Problem sind gut zusam­men­ar­bei­tende Teams, die einen sozialen Umgangston unter­ein­ander pflegen, sich gegen­seitig wertschätzen und Verständnis für die Situation der Kollegen zeigen. Derlei einge­spielte Teams sorgen für Top-Beratung mit Mehrwerten auf allen Seiten. Und nicht zuletzt stellt sich in solchen Top-Teams erst gar nicht die Frage, ob der Firmen­kun­den­be­rater eher die Rolle einer Diva oder doch die des Opfers innehat.

Das kommt vor allem dem wichtigsten Teil des ganzen Systems zugute: dem Kunden. Denn dieser merkt sehr schnell, ob Berater und Teams sich gut vorbe­reitet haben. Ob sie mitein­ander fachlich und menschlich harmo­nieren. Hierbei sind die Persön­lichkeit und die interne und externe Ausstrahlung der Firmen­kun­den­be­rater enorm wichtig. Denn der Kunde wird ja kaufen. Die Frage bei der aktuellen knall­harten Wettbe­werbs­si­tuation ist nur: bei wem? Und hier zählt mehr denn je der subjektive Wohlfühlfaktor.

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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