Wir schreiben das Jahr 2021 und die Welt ist im Umbruch. Dinge verändern sich. Unsere gesamte Art, zu wirtschaften, ändert sich. Ganze Branchen definieren sich neu und treffen fundamentale Entscheidungen, die ihre Geschäftsmodelle nachhaltig in andere Richtungen lenken werden. Doch eine kleine Gruppe von abgedroschenen, unsinnigen und einfach nicht mehr zeitgemäßen Phrasen leistet erbitterten Widerstand! Wo immer im Vertrieb Top-Familienunternehmer angesprochen werden, versuchen sie, sich in den Dialog einzubringen und die Zusammenarbeit zwischen Berater und Unternehmer zu vermiesen. Ich präsentiere: Die Top-12-Killerphrasen, mit denen Sie wirklich jeden wichtigen Kunden vergraulen können.
Achtsamkeit bei der Wortwahl!
Spaß beiseite: Was ich Ihnen in diesem Artikel präsentieren möchte, sind selbstverständlich unüberlegte Formulierungen und Phrasen, die es bei der Kommunikation mit (Top-) Familienunternehmern unbedingt zu vermeiden gilt. Manche davon haben sich vielleicht auch schon mal bei Ihnen eingeschlichen. Ganz ehrlich: Zu meiner Zeit als Finanzberater in den 1990ern und frühen 2000ern habe ich selbst einige ganz ähnliche Formulierungen verwendet. Ich verzeichne das heute unter „Jugendsünden“.
Bei manchen dieser Phrasen werden Sie sich mit Sicherheit denken: „Das würde doch niemals jemand so formulieren, oder?“ Und ich kann Ihnen sagen: Oh doch! Alle diese Phrasen habe ich genau so (und auch in abgeänderten Formen) schon in diversen Gesprächen miterlebt oder von Top-Unternehmern erzählt bekommen. Und ja, manchmal funktionieren sie sogar noch. Aber nur, weil man sie bei 100 Unternehmern ausprobiert und dann 20 darauf anspringen – sicher keine effektive Strategie, um an die wenigen wichtigen Top-Unternehmerkunden heranzukommen.
Behalten Sie diese Gedanken im Hinterkopf, wenn Sie sich anschauen, welche „Kleinode“ ich aus über 25 Jahren Erfahrung in der Kommunikation zwischen Finanzinstituten und Familienunternehmen hervorgeholt habe. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen – egal, ob Sie sich vielleicht hier und da mit einem wissenden Grinsen im Gesicht wiedererkennen oder einfach nur mal ein bisschen fremdschämen möchten:
„Wir melden uns.“
Sie kümmern sich! Das ist super! Nicht ganz so super ist es dann, wenn der Unternehmer nach drei Wochen selbstständig wieder anrufen muss, weil Sie sich eben doch nicht gemeldet haben. Merke: Die Phrase an sich funktioniert noch – aber eben nur, wenn ihr zeitnah Taten folgen.
„Ich bin ja eh auf der Fahrt zu einem Großkunden. Dann komme ich eben auf eine halbe Stunde bei Ihnen rein.“
Sie waren gerade in der Gegend und können noch ein paar Minuten für einen Abstecher zum Unternehmer freimachen? Aus Sicht Ihrer zeitlichen Planung spiegelt das vielleicht die Realität wider. Aber welcher Kunde möchte schon wie ein Drive-In behandelt werden, wo man mal schnell vorbeikommt, weil man ja eh bei einem (vielleicht „noch wichtigeren“) Kunden war?
„Ihr Geld ist ja nicht weg, das hat aktuell nur ein anderer.“
Darüber, dass das Gesamtvermögen am Markt bestehen bleibt, freuen sich Top-Unternehmer sicher. Denn wenn Sie Ihr Portemonnaie verlieren, dann sind Sie doch auch glücklich, dass das Geld jetzt jemand anderem Freude bereitet … oder? Nein, natürlich nicht! Und selbst, wenn Sie dem Unternehmer signalisieren, dass Sie das Geld jederzeit wieder zurückholen können (was Sie jedoch nicht garantieren würden), hinterlässt das beim Kunden einen seltsamen Beigeschmack: Wie kann es eigentlich sein, dass die Bank mein hart erarbeitetes Vermögen so leicht hin- und herschieben kann?
„Leider habe ich heute kein Foto für Sie!“
Kennen Sie sich mit Germany’s Next Top Model aus? Nein? Dann haben Sie etwas mit dem Unternehmer gemeinsam, dem auf diese Weise eine Kreditabsage präsentiert wurde. Dieser hatte dann auch keine Ahnung, dass er mit der Vielzahl an Gesichtsausdrücken, die er in kurzer Abfolge zur Schau stellte (von Verwirrung bis Entrüstung), vermutlich ohnehin nicht als Supermodel geeignet gewesen wäre. Dafür bot sich ihm dann die Gelegenheit, das Kreditinstitut quasi als Ein-Mann-Jury von seiner Liste zu voten.
„Ich hätte den Kredit ja gemacht, aber die dunkle Seite der Macht blockt!“
Zugegeben: „Krieg der Sterne“ kommt aus den 1970ern, da ist zumindest die Wahrscheinlichkeit höher, dass der Unternehmer die Anspielung kennt. Vielleicht versteht er auch, dass mit der „dunklen Seite der Macht“ die Marktfolge Aktiv gemeint ist. Aber das ändert natürlich nichts daran, dass man einem Top-Unternehmer eine schwerwiegende Entscheidung wie die Kreditabsage nicht auf die albernste Art und Weise präsentiert, die einem zur Verfügung steht.
„Meine Mission ist, Sie noch erfolgreicher zu machen!“
So was hört man oft von energetischen jungen Beratern. Selbst wenn sie mit Unternehmern sprechen, die bereits 40 Jahre lang ihr Unternehmen geleitet haben und im Manager Magazin längst unter den Top 500 sind. Da spricht die Maus zum Löwen: „Fürchte mein Gebrüll!“
„Machen Sie sich keine Sorgen: Ich schicke Ihnen unseren besten Mann. Ich komme selbst!“
Ähnlich wie bei den Popkultur-Anspielungen kann man sagen: eine deutliche Verbesserung zu „Ich mache Sie noch erfolgreicher!“ Und ein selbstsicheres Auftreten ist im Vertrieb nicht unwichtig. Problematisch wird es dann, wenn es für den Unternehmer weniger nach Selbstvertrauen und mehr nach Selbstbeweihräucherung riecht.
„Unter Gremienvorbehalt könnte ich mir vorstellen, dass wir mitmachen würden.“
Unter Umständen könnten Konjunktive eventuell unangebracht sein. Was für Herrn Wieler vom RKI gelten sollte, gilt aber vor allem auch für Vorstandsvorsitzende einer Bank. Denn: Welches Gremium muss der denn noch befragen? Wer sitzt da drin? Muss ich denen etwas vorsingen, damit sie für mich stimmen? Da ist der Unternehmer stumm vor Glück! Zumal dieser dachte, der Vorstandsvorsitzende sei „das Gremium“.
„Ich stelle mich gern der Challenge und pitche um …“
Ah, das ewige Leid mit den Anglizismen und Lehnwörtern. Vielleicht spricht man bei Ihnen im Institut ja wirklich so. Auch wenn Sie bei einer deutschen Bank arbeiten, die nur regional in Deutschland tätig ist. Aber glauben Sie mir: Ein deutscher Familienunternehmer, der ebenfalls nur Deutschland als Geschäftsfeld hat, wird sich schnell fragen, warum Sie mit ihm sprechen, als stünden Sie beide gerade am Times Square in New York.
„Hat Ihnen unser Gespräch gefallen? Dann nennen Sie mir doch bitte spontan 5 Ihrer Freunde, die ich anrufen kann, damit sie auch profitieren können.“
Wer solche Sprüche aufsagt, der sollte sich nicht wundern, wenn der Unternehmer ihn erst mal ein Captcha lösen lässt, um zu beweisen, dass er kein Bot ist. Also lassen Sie solche Versuche lieber sein. Und der Unternehmer möchte sich ja auch nicht fühlen, als sei er nur ein Sprungbrett für den Aufbau Ihres Kundenstamms.
„Ich lasse Ihnen mal 10 Visitenkarten da, die können Sie verteilen und Ihre Freunde dürfen mich dann gerne anrufen.“
Empfehlungsmanagement at its best! Der Unternehmer erzählt dann sicher allen seinen Geschäftsfreunden davon, wie die Kommunikation mit Ihnen läuft. Nur: Was er da zu erzählen hat, ist möglicherweise nicht in Ihrem Sinne – vorsichtig ausgedrückt.
„Sie haben schon eine Bank?! Sie wissen ja: Auf einem Bein steht man schlecht.“
Wer Neukunden so anspricht, der klingt schnell, als ginge es ihm lediglich darum, auch ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Selbst wenn der Unternehmer darauf eingeht, bleiben die wichtigen Fragen unbeantwortet. Zum Beispiel: Warum glaubt der Berater, dass sein Institut das beste „zweite Bein“ ist, auf dem der Unternehmer stehen könnte? Ohne einen echten Kompetenzbeweis wird das nicht funktionieren.
Einige Bonus-Phrasen aus der Welt der Akquise
Alle bislang genannten Formulierungen können deutlich negative Auswirkungen auf Ihre Beziehung zum Familienunternehmer haben. Daneben fallen mir noch einige weitere Stilblüten ein (insbesondere aus dem Bereich der Akquise), die zwar nicht unbedingt Ihre Chancen beim Unternehmer verringern, in der Chefetage des Unternehmens allerdings erfahrungsgemäß erst mal für eine gewisse Ausgelassenheit sorgen. Machen Sie das Beste daraus:
- „Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mehr für Sie tun würde als Ihre bisherigen Banken?“
- „Mein schlechtes Gewissen treibt mich zu diesem Anruf.“
- „Ziel dieses Gesprächs ist es, Ihnen einen deutlichen Mehrwert zu bieten. Wären Sie daran interessiert?“
- „Investieren Sie eine Stunde Ihrer Zeit. Mehr haben Sie nicht zu verlieren, aber viel zu gewinnen!“
- „Ideen kann ich nur haben, wenn ich Ihre Vorstellungen kenne.“
- „Sie sind mit Ihrem Vermögen zufrieden? Also sehen Sie keinerlei Möglichkeiten mehr, es zu optimieren? Auch wenn ich exklusive Tipps dazu hätte?“
Top-vorbereitet mit dem Top-Unternehmer kommunizieren
Ich hoffe, Sie hatten ein bisschen Spaß an meiner Auswahl „echter Killerphrasen“ fürs Unternehmergespräch. Und falls Sie hier und da eine Formulierung gesehen haben, die Ihnen selbst schon mal rausgerutscht ist: Keine Sorge, das passiert selbst den Besten unter uns. Wichtig ist, dass Sie in Zukunft darauf achten, auf diese Floskeln zu verzichten. Und nicht vergessen, dass zum vollumfänglichen Kundenkontakt mehr als nur die Wortwahl gehört. Das musste auch ein Berater erfahren, dessen Kontaktanfrage über LinkedIn (gilt analog für XING) ich mal bei einem Familienunternehmer einsehen durfte: Einfach ganz ohne Anschreiben kontakten? Mit einem unvollständigen Profil und einem 20 Jahre alten Bewerbungsfoto als Rückendeckung? Da hat der Kollege hinterher hoffentlich selbst gemerkt, dass er sich bei Top-Unternehmern in Zukunft besser vorbereiten muss. Und sollten Sie sich entscheiden, auch jüngere Unternehmer in den sozialen Medien anzuschreiben – in Deutschland gilt das „Sie“ noch immer als höflich. Ein direktes duzen kommt bei Top-Unternehmern selten gut an.
Wer weiß: Möglicherweise hat der erwähnte Berater später in seiner Karriere sogar einige derjenigen Formulierungen und Phrasen gelernt, die wirklich jeder Familienunternehmer gerne hört. Eine Liste dieser Top-Gewinner-Phrasen ist gedanklich schon in Arbeit!
Kontakt
Dirk Wiebusch
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