Willkommen zurück bei der großen KI-Artikelserie im Versteher-Magazin. Nachdem wir uns letzte Woche in Teil 1 bereits allgemein verständlich die technischen Grundlagen der künstlichen Intelligenz sowie ihre gesellschaftliche Wahrnehmung angesehen haben, werfen wir heute einen Blick hinter die Kulissen: Wie stehen eigentlich Familienunternehmer zur künstlichen Intelligenz im Betrieb? Können Sie als Berater bei diesen besonders ertragreichen (Ziel-)Kunden mit dem Thema KI punkten? Hat die in Teil 1 angesprochene Desillusion dort bereits begonnen? Oder ist man in den mittelständischen Betrieben vielleicht schon viel weiter?
Familienunternehmer und Technologie-Vorreiter? Das geht!
Erinnern Sie sich noch an die Civey-Studie aus Teil 1 dieser Artikelserie? Die Studie, aus der hervorging, dass sich mindestens 24 % der Befragten negativ über künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt äußerten, obwohl sie diese noch nie selbst ausprobiert haben? Ich wette mit Ihnen, dass nur ein verschwindend geringer Teil dieser Schnittmenge mittelständische Unternehmer oder gar Top-Unternehmer waren. Denn in den Unternehmen steht man Technologie deutlich aufgeschlossener gegenüber als in so manchem Privathaushalt. Gerade die Führungsetagen von Produktionsunternehmen sind oft im gesamten Themenkomplex „Digitalisierung“ erstaunlich weit und kennen sich auch bei den künstlichen Intelligenzen schon hervorragend aus. Kein Wunder, denn digitalisierte Systeme (und KIs im Speziellen) sind im Endeffekt auch nur die logische Fortsetzung einer technologisierten Standardisierung: Während der Hobbybäcker morgens die Brötchen noch manuell in den Ofen schiebt, geht das bei Unternehmen, die täglich Hunderte oder Tausende von Verkaufsstätten bedienen, schon längst mit der voll digitalisierten Backmaschine.
Um zu verstehen, wie Unternehmer der (generativen) KI gegenüber eingestellt sind, ist es jedoch auch wichtig, einen Blick darauf zu werfen, wo im Unternehmen bereits überall digitalisiert wurde bzw. wo es sinnvoll ist:
Bei Familienunternehmen müssen wir hier eine Unterscheidung treffen:
- Digitalisierung in der Produktion …
- … oder/und in der Verwaltung?
Wir haben gerade bei mittelständischen Unternehmen immer wieder diese Situation: Sowohl Produktion als auch Verwaltung sind digitalisiert. In der Verwaltung wird voll vernetzt alles per Computer bearbeitet und in der Produktion werden viele Abläufe automatisiert durchgeführt, auch wenn ein Mensch die Maschine zunächst manuell einrichten und starten muss. Der Mensch hat hier also immer noch die volle Befehlsgewalt – die Maschine wird nicht von sich aus die Produktion von 3 auf 4 Produkte pro Stunde erhöhen, wenn ihr nicht jemand den Befehl dazu gibt.
Diese Mittelständler brauchen also vor allem in der Produktion Mitarbeiter, die ein Verständnis sowohl für die Maschine als auch für die Software und die Abläufe haben. Bei großen Konzernen wie BMW oder Siemens ist das kein Problem – die haben für alle Bereiche Experten vor Ort. Aber beim klassischen Mittelständler (z.B. 20 bis 30 Millionen Euro Umsatz im Jahr, mit eigenen Produktionsstätten) sehe ich immer wieder, dass diese dann eine eigene IT-Abteilung haben, die sich jedoch vor allem um die EDV der Verwaltung kümmert. Diese Leute können dann oft in wenigen Minuten einen streikenden Rechner wieder zum Laufen bringen oder komplex verwobene Kommissionierungssoftware debuggen, sind aber überfragt, wenn mal eine der komplexen Fertigungsmaschinen streikt. Ihnen fehlt dazu leider häufig das Spezialwissen für die Maschine sowie das angesprochene Verständnis für die Produktionsseite und deren Abläufe im Allgemeinen.
In kleineren Familienunternehmen besteht die IT-Abteilung auch nur aus einer Person oder zwei Personen, die dann eher für alltägliche IT-Herausforderungen zur Verfügung stehen, denn für komplexe Vernetzungen.
Mittelständische Unternehmen sind also häufig bei der Digitalisierung schon sehr weit. Es fehlen jedoch die Mitarbeiter, um den Digitalisierungsbedarf vollständig zu decken. Unternehmer haben deshalb auch kein Erkenntnisproblem. Es ist eben nicht so, dass sie nicht erkennen würden, dass eventuell mehr Digitalisierung nötig wäre. Vielmehr haben sie ein Umsetzungsproblem. Wie soll zum Beispiel die Produktion und Vernetzung mit der Verwaltung auf eine neue digitale Ebene gehoben werden, wenn sich auf dem Arbeitsmarkt kein Produktionsleiter findet, der die komplexen Abläufe bei den Maschinen versteht und gleichzeitig die komplizierte Software zumindest so vollständig durchblickt, dass er beispielsweise die Software-Entwickler entsprechend dem Gesamtkontext briefen kann. Nicht umsonst beklagen so viele IT-Dienstleister, dass ihre Kunden kaum in der Lage seien, ihnen überhaupt verständlich zu machen, was von der Software erwartet wird: Wie interagiert sie mit dem Warenbestellsystem? Wie passt sie ins Buchhaltungssystem oder ins Vertriebssystem? Es gibt da große Sollbruchstellen zwischen Produktion und Verwaltung, was die IT-Kompetenz angeht.
Und wie steht es um die KI-Kompetenz?
Wie Sie sehen können, fehlt es bei mittelständischen Unternehmen nicht am Willen, Maßnahmen zur Digitalisierung zu ergreifen, oder an der Erkenntnis, dass dies notwendig wäre. Es gibt lediglich „nur“ ein Umsetzungsproblem. Und genau an dieser Stelle stehen die Unternehmen auch bei der KI als Teil-Thema der Digitalisierung: Klar würde man gerne mehr mit den künstlichen Intelligenzen anfangen. Aber gibt es im Unternehmen (oder auf dem Arbeitsmarkt) jemanden, der die KI-Systeme, ‑Prozesse und ‑Anwendungen so gut beherrscht, dass er sie implementieren kann? Dass er effiziente Prompts für die spezifischen KIs entwirft, die KI gegebenenfalls sogar trainiert – und dass er ein Verständnis für die Gesamtzusammenhänge hat, sowohl was die KI angeht als auch die Verwaltung, die Produktion und deren Abläufe?
Doch nicht nur die Experten für KI fehlen dem Unternehmer. Immerhin haben wir seit Jahren einen Fachkräftemangel, selbst dort, wo es nicht um KI-Experten geht, auf der rein menschlichen Seite – also der Handwerker, der die gekaufte Waschmaschine an den Kunden liefert, sie aufbaut und später gegebenenfalls reparieren kann. Oder den professionellen Gartenbauer, der bei Wind und Wetter mit dem Spaten in der Hand den Garten des Kunden umgräbt und bepflanzt. An dieser Stelle braucht es keine KI-Expertise, sondern jemanden, der sein manuelles/analoges Handwerk beherrscht.
Um die Vorteile der KI also überhaupt nutzen zu können, muss der Unternehmer zusätzliche Experten einstellen – und muss weiterhin dafür sorgen, dass auch ausreichend Mitarbeiter für die Durchführung der Arbeiten vorhanden sind, wie bisher.
Doch ganz am Anfang muss der Unternehmer bzw. das Top-Management selbst eine entsprechende „Erkennungskompetenz“ entwickeln. Denn allzu oft ist das Hauptproblem, dass die wesentlichen Entscheider sich nicht vorstellen können, welche Mehrwerte durch Investitionen in Digitalthemen überhaupt entstehen. Doch wenn man nicht weiß, erkennt oder sich zumindest grob vorstellen kann, wohin die Reise gehen soll und was man erreichen will und kann, fällt es umso schwerer, „in den Raum hinein“ zu investieren. Ich selbst z. B. habe mich vor Jahren von einem professionellen Digitalprofi individuell coachen lassen. Ja, es hat reichlich Euro gekostet, aber diese Investition hat sich in zahlreichen Situationen ausgezahlt. Denn ich kann als Unternehmer die Ideen, die mir vorgelegt werden, ein- und abschätzen. Und die tollen Ideen dann auch wertschätzen, weil ich die harte Arbeit, die zur Idee geführt hat, erkenne. Das erleichtert mir, Entscheidungen zu treffen, bei denen ich kein Fachmann bin.
Mittelständische Unternehmer, die in den Bereich KI eindringen möchten, benötigen also drei Arten von Mitarbeitern zur Umsetzung:
- Content Creator: Das Vorgeben der Inhalte kann die Geschäftsführung selbst übernehmen
- „dolmetschender“ Implementierer: KI-Experten wie oben beschrieben, zur Arbeit direkt mit der KI
- Handwerker: Menschen, die die Arbeiten vor Ort beim Kunden ausführen, unabhängig von der KI-Implementierung
Zum Umsetzungsproblem kommt erschwerend hinzu, dass nur die Erträge von gestern den Wandel von morgen finanzieren. Selbst wenn das entsprechende Fachpersonal vorhanden wäre, kann für den Unternehmer die Umstellung also nur als langsame Evolution statt als schlagartige Revolution stattfinden. Denn der Unternehmer kann es sich kaum erlauben, KI-Systeme „so schnell wie möglich“ einzuführen. Wenn dann doch irgendwo etwas schiefläuft, dann sinkt vielleicht der Ertrag und bringt die ganze Firma über Nacht in eine finanzielle Schieflage.
Wir sehen also: Sie als Finanzdienstleister müssen Ihren Top-Unternehmerkunden nicht das Thema KI „schmackhaft machen“ oder sie überhaupt erst auf die Idee stoßen. In den meisten Fällen wird sich der Unternehmer ohnehin bereits damit beschäftigt haben, wie man KI zur Optimierung des Tagesgeschäfts einsetzen könnte. Es gibt aber eben das Umsetzungsproblem. Darum empfehle ich Ihnen, das Thema auf die Branche des jeweiligen Unternehmers gemünzt anzusprechen und sich dabei vor allem auf die Umsetzbarkeit zu konzentrieren. Viele der für ihn wichtigen Themen wird der Unternehmer bereits selbst durchgearbeitet oder zumindest mal interessiert recherchiert haben. Überlegen Sie sich also gut, welche der folgenden Themen für Ihren Kunden relevant sind und wie weit er dort vielleicht schon ist. Diskutieren Sie direkt auf demselben Level miteinander, und Sie können sich mit Impulsen wie den folgenden als guter Sparringspartner für KI-Ideen etablieren:
- Produktion und Fertigung: KI-basierte Systeme zur Optimierung der Produktionsprozesse, zur Durchführung von Qualitätskontrollen oder zur Verbesserung der Maschinenwartung
- Logistik: KI zur Optimierung der Routenplanung, zum Verfolgen von Lieferungen oder zur Effizienzsteigerung der Lagerhaltung durch Nachfrage-Prognosen
- Kundenbetreuung: KI in Form von Chatbots und virtuellen Assistenzen, zur Beantwortung von Kundenfragen, zum Support oder zur Weiterleitung an einen menschlichen Support – auch als Mittel, 24 Stunden am Tag Kundenbetreuung zu gewährleisten
- Marketing und Werbung: KI zur Datenanalyse oder zum Erstellen personalisierter Marketingkampagnen auf Basis des individuellen (Kauf-)Verhaltens der Kunden
- Gesundheitswesen: KI zur Verbesserung medizinischer Diagnosen, zur Analyse komplexer genetischer Daten und zum Erstellen personalisierter Behandlungspläne
- Landwirtschaft: KI zum Optimieren beim Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln, zur Vorhersage von Ernteerträgen und zur Steuerung einer effizienten Bewässerung
- Tourismus und Gastgewerbe: KI zur personalisierten Empfehlung von Reisezielen, zum Verwalten von Buchungen und zur Verbesserung der Kundenerfahrung z.B. durch Chatbots in Hotels oder Restaurants
- Landschaftsgestaltung: KI zur Planung der Grün- und Pflanzenflächen, sowohl bzgl. der Ästhetik als auch der optimalen Ressourcennutzung auf Basis von Topografie, Klima, Bodenbeschaffenheit etc.
Denkt man den Prozess am Beispiel eines Unternehmers im Bereich Gartenlandschaftsbau einmal komplett durch, kann sich dieser vollkommen „durchgestylte“ Ablauf ergeben:
- Gärtner kommt mit Tablet zum Kunden
- Er scannt den Garten mit einer App und es werden automatisch die entsprechenden Entfernungen etc. gemessen.
- Auf Basis dieser Messungen kann der Gärtner dann mithilfe weiterer Funktionen direkt im Garten des Kunden – zusammen mit dem Kunden – den Garten interaktiv auf dem Tablet planen.
- Hierzu wird eine Chat-Funktion genutzt, die mit einer Garten-Planungssoftware verbunden ist und der eine auf den Anwendungsfall trainierte KI zugrunde liegt.
- Gemeinsam im Trio Kunde – Gärtner – Chat/Software wird der Garten optisch am Tablet erstellt.
- Es erfolgt eine grobe Preis- und Zeit-Kalkulation, damit das Gespräch weitergeführt werden kann.
- Sobald der Kunde mit der Optik, der Zeit und dem Preis einverstanden ist, geht der Gärtner direkt in die Mitarbeiter-Terminplanung. Dabei lässt er sich anhand der Daten und eines automatisierten Abgleichs mit den benötigten Mitarbeitern (z.B. durch MS Office Copilot) sofort die verfügbaren Personen, Zeiten und Termine anzeigen.
- Nun wird direkt vor Ort eine gegenseitige Absichtserklärung unterzeichnet – alle Termine, Informationen, Materialien etc. werden gesichert.
- Zurück im Büro geht der Gärtner in seine Cloud, wo alle Daten aus dem Termin gespeichert sind, und er kalkuliert nun alle Zahlen präzise.
- Danach erhält der Kunde – auf Knopfdruck und digital – den verbindlichen Vertrag, der selbstverständlich vom Kunden auch direkt digital unterschrieben werden kann.
Spannend wird es bei diesem Beispiel dann, wenn man bedenkt, dass Mega-Projekte, wie ein Hotel in Las Vegas für 1 Mrd. USD, natürlich mit Software unterstützt werden. Aber ein regionaler Gärtner, der für 2.000 € den Garten wieder auf Vordermann bringen soll … der kann heute und vor allem in naher Zukunft genauso professionell arbeiten und planen. Der Weg der professionellen KI führt in die mittleren und kleineren Unternehmen und wird dort immense Erleichterungen bringen. Und an der einen oder anderen Stelle auch den Fachkräftemangel lösen.
Unternehmer sehen auch die Risiken der Technik
Dass Familienunternehmer häufig schon sehr informiert sind und sich oft bereits über mögliche Anwendungsfelder für KI informiert haben, bedeutet natürlich nicht, dass sie nicht auch die Sorgen teilen, die viele Nicht-Unternehmer in Bezug auf die Technologie haben. Zum Beispiel die kinderleichte Generierung von täuschend echten Bild- und Tondaten, die wir bereits in Teil 1 der Artikelserie angesprochen haben. Für Familienunternehmer kommen jedoch noch weitere, firmenbezogene Sorgen dazu.
Für den Unternehmer bedeutet KI – wie viele andere Formen der Digitalisierung auch – ein erhöhtes Risiko, von Cyberangriffen betroffen zu sein. Dass diese Sorge durchaus berechtigt ist, sollte jedem klar sein, der sich mal ansieht, wie viele Konzerne in den letzten Jahren Opfer von Datenlecks oder Ransomware-Angriffen geworden sind. Wie wir bereits in einigen früheren Artikeln im Versteher-Magazin festgestellt haben, sind die wirklichen Kriminellen aber auch nur ein Teil der Bedrohung. Ich unterscheide hier gerne in:
- „Mörder“: Hacker, die Manipulationen vornehmen, die Menschenleben gefährden oder sogar kosten. Hier können hohe wirtschaftliche Schäden und Personenschäden auftreten.
- „Clowns“: Hacker, die Produktionsabläufe stören oder Webseiten verschandeln – oft nur aus Spaß am digitalen Vandalismus. Meist mit geringen wirtschaftlichen Schäden verbunden.
- „Erpresser“: Hacker, die Prozesse lahmlegen oder Dateien stehlen/verschlüsseln mit dem Ziel, ein Lösegeld zu erpressen. Erzeugen oft erheblichen wirtschaftlichen Schaden.
In Teil 1 dieser Serie hatte ich bereits erwähnt, dass der Apple-Konzern seinen Mitarbeitern mittlerweile die Verwendung von ChatGPT verbietet – da man befürchtet, dass geheime Informationen unbeabsichtigt nach außen getragen werden könnten. Warum sollte sich also nicht auch ein mittelständisches Unternehmen um die Implikationen der KI-Technik auf die Cybersicherheit sorgen? Was, wenn beispielsweise ein Nutzer eines Support-Chatbots die KI durch geschickte Prompts so austrickst, dass sie zum Beispiel Kundendaten anderer Nutzer ausplaudert? Beim Maschinenpark ist es sicher noch machbar, alle Geräte vollständig von äußerem Zugriff zu entkoppeln, aber bei vielen anderen Anwendungsbereichen kann das deutlich schwieriger sein. Im Verwaltungsbereich gibt es die nicht ganz unbegründete Angst davor, die Systeme zu stark miteinander zu verweben. Denn wenn alles effizient ineinandergreift, dann ist auch alles gleichermaßen anfällig. Da muss es noch nicht mal zu einem Hacker-Angriff kommen. Was, wenn sich die ineinander verschränkten Systeme einfach gegenseitig blockieren, weil die KI nicht das tut, was sie soll? Wenn sie zum Beispiel nicht automatisch die Veränderungen im Warenlager updatet – dann leidet darunter auch die Dispositionsabteilung. So etwas überfordert die Kapazitäten vieler Familienunternehmen. Sie brauchen deshalb die oben beschriebenen Personen und Rollen, um wirklich bei der technischen Entwicklung mitzugehen.
Platzieren Sie sich als einzigartiger Sparringspartner – durch Augenhöhe
Als Finanzdienstleister für Unternehmerfamilien ist es nützlich, sich all diese Tatsachen vor Augen zu halten, um nachvollziehen zu können, wie Unternehmer wirklich über KI denken. Es gibt kein Erkenntnisproblem, sondern oftmals „nur“ ein Umsetzungsproblem. Inhaltlich sind die Unternehmer oft schon sehr weit – dann brauchen sie Sie als Berater nicht etwa, um das Thema überhaupt erst anzureißen oder ganz grundlegende Informationen zu vermitteln. Sondern die Unternehmer brauchen Sie als Sparringspartner auf Augenhöhe. Als jemanden, der die oben genannten Möglichkeiten der Technik direkt anspricht und detailliert durchdiskutieren kann. Und anschließend im Sinne des jeweiligen Geschäftsmodells mit dem Unternehmer an konkreten und kreativen Lösungen zur Umsetzung arbeitet.
Bedenken Sie bei Ihren Gesprächen dazu bitte auch, dass Unternehmer schnell darüber nachdenken „Wer kann es machen?“. Und „Woher soll ich diese Personen bekommen?“. Wenn Sie also mit Check-ups kommen oder sogenannte Digitalisierungsprüfungen anbieten, beachten Sie immer, dass der Unternehmer ganz konkret danach fragen wird, woher er die Fachleute bekommen soll. Wenn Sie dann mit den Schultern zucken und sinngemäß sagen: „Sorry, wir zeigen nur die Probleme und Herausforderungen auf, aber umsetzen müssen Sie allein. Wenn Sie dann aber Kredite benötigen, schauen wir wieder vorbei und helfen“, ist das eher kontraproduktiv und frustrierend für den Unternehmer.
Die Chancen der Technik sind riesig – das wissen auch die mittelständischen Familienunternehmer. Denn KI kann ein weiteres, besonders fortschrittliches Werkzeug im Werkzeugkasten der Digitalisierung sein, um die unterschiedlichsten Aspekte der Firma zu optimieren: höhere Effizienz, bessere Qualität, mehr Skalierbarkeit, größere Mitarbeiterzufriedenheit – und zusätzliche Chancen, auch als mittelständisches deutsches Unternehmen riesige Märkte zu bespielen.
Doch wie alle Elemente der Digitalisierung muss auch die KI sauber implementiert werden. Und dazu braucht es nun mal den „dolmetschenden“ Implementierer wie oben beschrieben: einen Experten, der die Implementierung der KI vollumfänglich durchführen kann. Viele Unternehmer wissen das, finden es aber schwer, diesen Sachverhalt in Worte zu fassen. Das gibt Ihnen einen guten Einstiegspunkt für eine Beratung auf Augenhöhe. Zeigen Sie dem Unternehmer, dass Sie seine Situation verstehen: Er würde gerne viel mehr mit KI machen, sieht aber (noch) keinen risikoarmen Weg in diese Richtung, da ihm die Experten im eigenen Betrieb fehlen. Positionieren Sie sich hier als einzigartiger Sparringspartner, können Sie bei den wichtigen Unternehmerkunden richtig punkten.
Und drängen Sie nicht auf die Umsetzung, wenn objektiv klar ist, dass die Voraussetzungen noch nicht gegeben sind! Der Unternehmer sollte nicht derjenige sein, der „den Verbrennungsmotor an die Pferdekutsche baut“. Es macht durchaus Sinn, das Thema KI jetzt nicht überhastet umzusetzen, sondern zunächst genau durchzuplanen und zu diskutieren. Um KI wirklich gewinnbringend einzusetzen, muss in den meisten Unternehmen ohnehin zunächst eine dazu passende digitale Infrastruktur bestehen, die vielleicht mangels Umsetzbarkeit bislang noch nicht völlig ausgereift ist. Oder so ausgedrückt: Wer jetzt noch Lotus Notes nutzt, wird nicht direkt auf MS Copilot umsteigen, sondern muss sich erst mal Stück für Stück in die Digitalisierung vorarbeiten.
All das bedeutet für den Unternehmer Investitionsbedarf in Euro, Bedarf an Experten zur Umsetzung und natürlich Zeitbedarf für die langsame Evolution hin zu KI-unterstützten Prozessen. Klar, viele Unternehmen benutzen sogar schon KI im einen oder anderen Bereich (zur Kalkulation, Bildgenerierung etc.), aber dieses neue Werkzeug vollumfassend ins Unternehmen zu implementieren – da gibt es dann noch genug Baustellen, bevor man sich an die Umsetzung wagen kann.
Verstehen Sie, wie Unternehmer beim Thema KI ticken
Bei der KI-Entwicklung nicht mitzumachen, können sich Unternehmer genauso wenig leisten wie Sie als Berater. Darum ist es für Familienunternehmer so wichtig, sich auf Management-Ebene bereits mit all den technischen, inhaltlichen und gesellschaftlichen Aspekten der neuen Technologie zu befassen, die wir in Teil 1 dieser Artikelserie besprochen haben. Dies wird auch durch eine Umfrage der KMPG untermauert, die ergeben hat, dass fast zwei Drittel von 300 befragten Führungskräfte glauben, dass die generative KI einen hohen oder sogar extrem hohen Einfluss auf ihr Unternehmen haben wird.
Und Sie als Berater werden dabei dringend als Sparringspartner und Impulsgeber gebraucht.
Denn der Druck zu mehr Digitalisierung und mehr Automatisierung steigt stetig – und die KI könnte hier spannende Lösungsansätze bieten. Zum Beispiel, um zu verhindern, dass man als Unternehmer mal in die Art Entscheidung gezwungen wird, die ein großes deutsches Unternehmen vor Kurzem treffen musste: Der Markt wird größer und Stückzahlen zu günstigen Preisen sind „key“, also sah man keine andere Möglichkeit als den Verkauf an ein US-Unternehmen. Denn wer bei Themen wie Digitalisierung, ESG etc. nicht mehr mitkommt, kann eventuell nur noch überleben, wenn er sein mit viel Herzblut aufgebautes Familienunternehmen an einen Konzern verkauft, der bei diesen Themen bereits ganz vorne ist. Wer das nicht möchte, muss Wege finden, der stetig voranschreitenden Digitalisierung zu folgen – und damit eben auch der Einführung von KI-Systemen.
Das gibt Ihnen eine einzigartige Gelegenheit, sich beim Unternehmer als verlässlicher Partner zu positionieren, ein effektives Mensch zu Mensch (MzM) zu erreichen, so den subjektiven Wohlfühlfaktor zu maximieren und letztendlich mehr Erträge für Ihr Institut zu generieren. Wohl wissend, dass Sie als Privatperson viele Themen nur bedingt bis gar nicht privat nutzen können und werden – sowie als Mitarbeiter eines Instituts auf die Managemententscheidungen angewiesen sind, was Sie wie nutzen dürfen. Das macht es für Sie spannend und anstrengend zugleich, mit einem Unternehmer über KI zu diskutieren sowie daraus potenzielle Risiken zu erkennen und (mehr) Erträge zu generieren.
Nutzen Sie also die in diesem Teil der Artikelserie aufgezeigten Erkenntnisse über den Standpunkt der Unternehmer, um sich auf spannende Gespräche über das nicht minder spannende Thema KI vorzubereiten. Um Sie bei der Vorbereitung und Durchführung dieser Gespräche weiter zu unterstützen, setzen wir uns im dritten Teil der großen KI-Artikelserie des Versteher-Magazins damit auseinander, was die KI für Ihre Arbeit als Finanzdienstleister und für Sie als Mitarbeiter ganz konkret bedeutet. Ich hoffe, Sie auch dann wieder an dieser Stelle begrüßen zu dürfen.
Kontakt
Dirk Wiebusch
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