Willkommen zurück bei der großen KI-Artikel­serie im Versteher-Magazin. Nachdem wir uns letzte Woche in Teil 1 bereits allgemein verständlich die techni­schen Grund­lagen der künst­lichen Intel­ligenz sowie ihre gesell­schaft­liche Wahrnehmung angesehen haben, werfen wir heute einen Blick hinter die Kulissen: Wie stehen eigentlich Familien­unternehmer zur künst­lichen Intel­ligenz im Betrieb? Können Sie als Berater bei diesen besonders ertrag­reichen (Ziel-)Kunden mit dem Thema KI punkten? Hat die in Teil 1 angespro­chene Desil­lusion dort bereits begonnen? Oder ist man in den mittel­stän­di­schen Betrieben vielleicht schon viel weiter?

Familien­unternehmer und Techno­logie-Vorreiter? Das geht!

Erinnern Sie sich noch an die Civey-Studie aus Teil 1 dieser Artikel­serie? Die Studie, aus der hervorging, dass sich mindestens 24 % der Befragten negativ über künst­liche Intel­ligenz in der Arbeitswelt äußerten, obwohl sie diese noch nie selbst auspro­biert haben? Ich wette mit Ihnen, dass nur ein verschwindend geringer Teil dieser Schnitt­menge mittel­stän­dische Unter­nehmer oder gar Top-Unter­nehmer waren. Denn in den Unter­nehmen steht man Techno­logie deutlich aufge­schlos­sener gegenüber als in so manchem Privat­haushalt. Gerade die Führungs­etagen von Produk­ti­ons­un­ter­nehmen sind oft im gesamten Themen­komplex „Digita­li­sierung“ erstaunlich weit und kennen sich auch bei den künst­lichen Intel­li­genzen schon hervor­ragend aus. Kein Wunder, denn digita­li­sierte Systeme (und KIs im Spezi­ellen) sind im Endeffekt auch nur die logische Fortsetzung einer techno­lo­gi­sierten Standar­di­sierung: Während der Hobby­bäcker morgens die Brötchen noch manuell in den Ofen schiebt, geht das bei Unter­nehmen, die täglich Hunderte oder Tausende von Verkaufs­stätten bedienen, schon längst mit der voll digita­li­sierten Backmaschine.

Um zu verstehen, wie Unter­nehmer der (genera­tiven) KI gegenüber einge­stellt sind, ist es jedoch auch wichtig, einen Blick darauf zu werfen, wo im Unter­nehmen bereits überall digita­li­siert wurde bzw. wo es sinnvoll ist:

Bei Familien­unternehmen müssen wir hier eine Unter­scheidung treffen:

  • Digita­li­sierung in der Produktion … 
  • … oder/und in der Verwaltung? 

Wir haben gerade bei mittel­stän­di­schen Unter­nehmen immer wieder diese Situation: Sowohl Produktion als auch Verwaltung sind digita­li­siert. In der Verwaltung wird voll vernetzt alles per Computer bearbeitet und in der Produktion werden viele Abläufe automa­ti­siert durch­ge­führt, auch wenn ein Mensch die Maschine zunächst manuell einrichten und starten muss. Der Mensch hat hier also immer noch die volle Befehls­gewalt – die Maschine wird nicht von sich aus die Produktion von 3 auf 4 Produkte pro Stunde erhöhen, wenn ihr nicht jemand den Befehl dazu gibt.

Diese Mittel­ständler brauchen also vor allem in der Produktion Mitar­beiter, die ein Verständnis sowohl für die Maschine als auch für die Software und die Abläufe haben. Bei großen Konzernen wie BMW oder Siemens ist das kein Problem – die haben für alle Bereiche Experten vor Ort. Aber beim klassi­schen Mittel­ständler (z.B. 20 bis 30 Millionen Euro Umsatz im Jahr, mit eigenen Produk­ti­ons­stätten) sehe ich immer wieder, dass diese dann eine eigene IT-Abteilung haben, die sich jedoch vor allem um die EDV der Verwaltung kümmert. Diese Leute können dann oft in wenigen Minuten einen strei­kenden Rechner wieder zum Laufen bringen oder komplex verwobene Kommis­sio­nie­rungs­software debuggen, sind aber überfragt, wenn mal eine der komplexen Ferti­gungs­ma­schinen streikt. Ihnen fehlt dazu leider häufig das Spezi­al­wissen für die Maschine sowie das angespro­chene Verständnis für die Produk­ti­ons­seite und deren Abläufe im Allgemeinen.

In kleineren Familien­unternehmen besteht die IT-Abteilung auch nur aus einer Person oder zwei Personen, die dann eher für alltäg­liche IT-Heraus­for­de­rungen zur Verfügung stehen, denn für komplexe Vernetzungen.

Mittel­stän­dische Unter­nehmen sind also häufig bei der Digita­li­sierung schon sehr weit. Es fehlen jedoch die Mitar­beiter, um den Digita­li­sie­rungs­bedarf vollständig zu decken. Unter­nehmer haben deshalb auch kein Erkennt­nis­problem. Es ist eben nicht so, dass sie nicht erkennen würden, dass eventuell mehr Digita­li­sierung nötig wäre. Vielmehr haben sie ein Umset­zungs­problem. Wie soll zum Beispiel die Produktion und Vernetzung mit der Verwaltung auf eine neue digitale Ebene gehoben werden, wenn sich auf dem Arbeits­markt kein Produk­ti­ons­leiter findet, der die komplexen Abläufe bei den Maschinen versteht und gleich­zeitig die kompli­zierte Software zumindest so vollständig durch­blickt, dass er beispiels­weise die Software-Entwickler entspre­chend dem Gesamt­kontext briefen kann. Nicht umsonst beklagen so viele IT-Dienst­leister, dass ihre Kunden kaum in der Lage seien, ihnen überhaupt verständlich zu machen, was von der Software erwartet wird: Wie inter­agiert sie mit dem Waren­be­stell­system? Wie passt sie ins Buchhal­tungs­system oder ins Vertriebs­system? Es gibt da große Sollbruch­stellen zwischen Produktion und Verwaltung, was die IT-Kompetenz angeht.

Und wie steht es um die KI-Kompetenz?

Wie Sie sehen können, fehlt es bei mittel­stän­di­schen Unter­nehmen nicht am Willen, Maßnahmen zur Digita­li­sierung zu ergreifen, oder an der Erkenntnis, dass dies notwendig wäre. Es gibt lediglich „nur“ ein Umset­zungs­problem. Und genau an dieser Stelle stehen die Unter­nehmen auch bei der KI als Teil-Thema der Digita­li­sierung: Klar würde man gerne mehr mit den künst­lichen Intel­li­genzen anfangen. Aber gibt es im Unter­nehmen (oder auf dem Arbeits­markt) jemanden, der die KI-Systeme, ‑Prozesse und ‑Anwen­dungen so gut beherrscht, dass er sie imple­men­tieren kann? Dass er effiziente Prompts für die spezi­fi­schen KIs entwirft, die KI gegebe­nen­falls sogar trainiert – und dass er ein Verständnis für die Gesamt­zu­sam­men­hänge hat, sowohl was die KI angeht als auch die Verwaltung, die Produktion und deren Abläufe?

Doch nicht nur die Experten für KI fehlen dem Unter­nehmer. Immerhin haben wir seit Jahren einen Fachkräf­te­mangel, selbst dort, wo es nicht um KI-Experten geht, auf der rein mensch­lichen Seite – also der Handwerker, der die gekaufte Wasch­ma­schine an den Kunden liefert, sie aufbaut und später gegebe­nen­falls reparieren kann. Oder den profes­sio­nellen Garten­bauer, der bei Wind und Wetter mit dem Spaten in der Hand den Garten des Kunden umgräbt und bepflanzt. An dieser Stelle braucht es keine KI-Expertise, sondern jemanden, der sein manuelles/analoges Handwerk beherrscht.

Um die Vorteile der KI also überhaupt nutzen zu können, muss der Unter­nehmer zusätz­liche Experten einstellen – und muss weiterhin dafür sorgen, dass auch ausrei­chend Mitar­beiter für die Durch­führung der Arbeiten vorhanden sind, wie bisher. 

Doch ganz am Anfang muss der Unter­nehmer bzw. das Top-Management selbst eine entspre­chende „Erken­nungs­kom­petenz“ entwi­ckeln. Denn allzu oft ist das Haupt­problem, dass die wesent­lichen Entscheider sich nicht vorstellen können, welche Mehrwerte durch Inves­ti­tionen in Digital­themen überhaupt entstehen. Doch wenn man nicht weiß, erkennt oder sich zumindest grob vorstellen kann, wohin die Reise gehen soll und was man erreichen will und kann, fällt es umso schwerer, „in den Raum hinein“ zu inves­tieren. Ich selbst z. B. habe mich vor Jahren von einem profes­sio­nellen Digital­profi indivi­duell coachen lassen. Ja, es hat reichlich Euro gekostet, aber diese Inves­tition hat sich in zahlreichen Situa­tionen ausge­zahlt. Denn ich kann als Unter­nehmer die Ideen, die mir vorgelegt werden, ein- und abschätzen. Und die tollen Ideen dann auch wertschätzen, weil ich die harte Arbeit, die zur Idee geführt hat, erkenne. Das erleichtert mir, Entschei­dungen zu treffen, bei denen ich kein Fachmann bin. 

Mittel­stän­dische Unter­nehmer, die in den Bereich KI eindringen möchten, benötigen also drei Arten von Mitar­beitern zur Umsetzung:

  • Content Creator: Das Vorgeben der Inhalte kann die Geschäfts­führung selbst übernehmen 
  • dolmet­schender“ Imple­men­tierer: KI-Experten wie oben beschrieben, zur Arbeit direkt mit der KI 
  • Handwerker: Menschen, die die Arbeiten vor Ort beim Kunden ausführen, unabhängig von der KI-Implementierung 

Zum Umset­zungs­problem kommt erschwerend hinzu, dass nur die Erträge von gestern den Wandel von morgen finan­zieren. Selbst wenn das entspre­chende Fachper­sonal vorhanden wäre, kann für den Unter­nehmer die Umstellung also nur als langsame Evolution statt als schlag­artige Revolution statt­finden. Denn der Unter­nehmer kann es sich kaum erlauben, KI-Systeme „so schnell wie möglich“ einzu­führen. Wenn dann doch irgendwo etwas schief­läuft, dann sinkt vielleicht der Ertrag und bringt die ganze Firma über Nacht in eine finan­zielle Schieflage.

Wir sehen also: Sie als Finanz­dienst­leister müssen Ihren Top-Unter­neh­mer­kunden nicht das Thema KI „schmackhaft machen“ oder sie überhaupt erst auf die Idee stoßen. In den meisten Fällen wird sich der Unter­nehmer ohnehin bereits damit beschäftigt haben, wie man KI zur Optimierung des Tages­ge­schäfts einsetzen könnte. Es gibt aber eben das Umset­zungs­problem. Darum empfehle ich Ihnen, das Thema auf die Branche des jewei­ligen Unter­nehmers gemünzt anzusprechen und sich dabei vor allem auf die Umsetz­barkeit zu konzen­trieren. Viele der für ihn wichtigen Themen wird der Unter­nehmer bereits selbst durch­ge­ar­beitet oder zumindest mal inter­es­siert recher­chiert haben. Überlegen Sie sich also gut, welche der folgenden Themen für Ihren Kunden relevant sind und wie weit er dort vielleicht schon ist. Disku­tieren Sie direkt auf demselben Level mitein­ander, und Sie können sich mit Impulsen wie den folgenden als guter Sparrings­partner für KI-Ideen etablieren:

  • Produktion und Fertigung: KI-basierte Systeme zur Optimierung der Produk­ti­ons­pro­zesse, zur Durch­führung von Quali­täts­kon­trollen oder zur Verbes­serung der Maschinenwartung 
  • Logistik: KI zur Optimierung der Routen­planung, zum Verfolgen von Liefe­rungen oder zur Effizi­enz­stei­gerung der Lager­haltung durch Nachfrage-Prognosen 
  • Kunden­be­treuung: KI in Form von Chatbots und virtu­ellen Assis­tenzen, zur Beant­wortung von Kunden­fragen, zum Support oder zur Weiter­leitung an einen mensch­lichen Support – auch als Mittel, 24 Stunden am Tag Kunden­be­treuung zu gewährleisten 
  • Marketing und Werbung: KI zur Daten­analyse oder zum Erstellen perso­na­li­sierter Marke­ting­kam­pagnen auf Basis des indivi­du­ellen (Kauf-)Verhaltens der Kunden 
  • Gesund­heits­wesen: KI zur Verbes­serung medizi­ni­scher Diagnosen, zur Analyse komplexer geneti­scher Daten und zum Erstellen perso­na­li­sierter Behandlungspläne 
  • Landwirt­schaft: KI zum Optimieren beim Einsatz von Pesti­ziden und Dünge­mitteln, zur Vorhersage von Ernte­er­trägen und zur Steuerung einer effizi­enten Bewässerung 
  • Tourismus und Gastge­werbe: KI zur perso­na­li­sierten Empfehlung von Reise­zielen, zum Verwalten von Buchungen und zur Verbes­serung der Kunde­n­er­fahrung z.B. durch Chatbots in Hotels oder Restaurants 
  • Landschafts­ge­staltung: KI zur Planung der Grün- und Pflan­zen­flächen, sowohl bzgl. der Ästhetik als auch der optimalen Ressour­cen­nutzung auf Basis von Topografie, Klima, Boden­be­schaf­fenheit etc. 

Denkt man den Prozess am Beispiel eines Unter­nehmers im Bereich Garten­land­schaftsbau einmal komplett durch, kann sich dieser vollkommen „durch­ge­stylte“ Ablauf ergeben:

  1. Gärtner kommt mit Tablet zum Kunden
  2. Er scannt den Garten mit einer App und es werden automa­tisch die entspre­chenden Entfer­nungen etc. gemessen.
  3. Auf Basis dieser Messungen kann der Gärtner dann mithilfe weiterer Funktionen direkt im Garten des Kunden – zusammen mit dem Kunden – den Garten inter­aktiv auf dem Tablet planen.
  4. Hierzu wird eine Chat-Funktion genutzt, die mit einer Garten-Planungs­software verbunden ist und der eine auf den Anwen­dungsfall trainierte KI zugrunde liegt.
  5. Gemeinsam im Trio Kunde – Gärtner – Chat/Software wird der Garten optisch am Tablet erstellt.
  6. Es erfolgt eine grobe Preis- und Zeit-Kalku­lation, damit das Gespräch weiter­ge­führt werden kann.
  7. Sobald der Kunde mit der Optik, der Zeit und dem Preis einver­standen ist, geht der Gärtner direkt in die Mitar­beiter-Termin­planung. Dabei lässt er sich anhand der Daten und eines automa­ti­sierten Abgleichs mit den benötigten Mitar­beitern (z.B. durch MS Office Copilotsofort die verfüg­baren Personen, Zeiten und Termine anzeigen.
  8. Nun wird direkt vor Ort eine gegen­seitige Absichts­er­klärung unter­zeichnet – alle Termine, Infor­ma­tionen, Materialien etc. werden gesichert.
  9. Zurück im Büro geht der Gärtner in seine Cloud, wo alle Daten aus dem Termin gespei­chert sind, und er kalku­liert nun alle Zahlen präzise.
  10. Danach erhält der Kunde – auf Knopf­druck und digital – den verbind­lichen Vertrag, der selbst­ver­ständlich vom Kunden auch direkt digital unter­schrieben werden kann.

Spannend wird es bei diesem Beispiel dann, wenn man bedenkt, dass Mega-Projekte, wie ein Hotel in Las Vegas für 1 Mrd. USD, natürlich mit Software unter­stützt werden. Aber ein regio­naler Gärtner, der für 2.000 € den Garten wieder auf Vordermann bringen soll … der kann heute und vor allem in naher Zukunft genauso profes­sionell arbeiten und planen. Der Weg der profes­sio­nellen KI führt in die mittleren und kleineren Unter­nehmen und wird dort immense Erleich­te­rungen bringen. Und an der einen oder anderen Stelle auch den Fachkräf­te­mangel lösen. 

Unter­nehmer sehen auch die Risiken der Technik

Dass Familien­unternehmer häufig schon sehr infor­miert sind und sich oft bereits über mögliche Anwen­dungs­felder für KI infor­miert haben, bedeutet natürlich nicht, dass sie nicht auch die Sorgen teilen, die viele Nicht-Unter­nehmer in Bezug auf die Techno­logie haben. Zum Beispiel die kinder­leichte Generierung von täuschend echten Bild- und Tondaten, die wir bereits in Teil 1 der Artikel­serie angesprochen haben. Für Familien­unternehmer kommen jedoch noch weitere, firmen­be­zogene Sorgen dazu.

Für den Unter­nehmer bedeutet KI – wie viele andere Formen der Digita­li­sierung auch – ein erhöhtes Risiko, von Cyber­an­griffen betroffen zu sein. Dass diese Sorge durchaus berechtigt ist, sollte jedem klar sein, der sich mal ansieht, wie viele Konzerne in den letzten Jahren Opfer von Daten­lecks oder Ransomware-Angriffen geworden sind. Wie wir bereits in einigen früheren Artikeln im Versteher-Magazin festge­stellt haben, sind die wirklichen Krimi­nellen aber auch nur ein Teil der Bedrohung. Ich unter­scheide hier gerne in:

  • Mörder“: Hacker, die Manipu­la­tionen vornehmen, die Menschen­leben gefährden oder sogar kosten. Hier können hohe wirtschaft­liche Schäden und Perso­nen­schäden auftreten. 
  • Clowns“: Hacker, die Produk­ti­ons­ab­läufe stören oder Webseiten verschandeln – oft nur aus Spaß am digitalen Vanda­lismus. Meist mit geringen wirtschaft­lichen Schäden verbunden. 
  • Erpresser“: Hacker, die Prozesse lahmlegen oder Dateien stehlen/verschlüsseln mit dem Ziel, ein Lösegeld zu erpressen. Erzeugen oft erheb­lichen wirtschaft­lichen Schaden. 

In Teil 1 dieser Serie hatte ich bereits erwähnt, dass der Apple-Konzern seinen Mitar­beitern mittler­weile die Verwendung von ChatGPT verbietet – da man befürchtet, dass geheime Infor­ma­tionen unbeab­sichtigt nach außen getragen werden könnten. Warum sollte sich also nicht auch ein mittel­stän­di­sches Unter­nehmen um die Impli­ka­tionen der KI-Technik auf die Cyber­si­cherheit sorgen? Was, wenn beispiels­weise ein Nutzer eines Support-Chatbots die KI durch geschickte Prompts so austrickst, dass sie zum Beispiel Kunden­daten anderer Nutzer ausplaudert? Beim Maschi­nenpark ist es sicher noch machbar, alle Geräte vollständig von äußerem Zugriff zu entkoppeln, aber bei vielen anderen Anwen­dungs­be­reichen kann das deutlich schwie­riger sein. Im Verwal­tungs­be­reich gibt es die nicht ganz unbegründete Angst davor, die Systeme zu stark mitein­ander zu verweben. Denn wenn alles effizient inein­an­der­greift, dann ist auch alles gleicher­maßen anfällig. Da muss es noch nicht mal zu einem Hacker-Angriff kommen. Was, wenn sich die inein­ander verschränkten Systeme einfach gegen­seitig blockieren, weil die KI nicht das tut, was sie soll? Wenn sie zum Beispiel nicht automa­tisch die Verän­de­rungen im Waren­lager updatet – dann leidet darunter auch die Dispo­si­ti­ons­ab­teilung. So etwas überfordert die Kapazi­täten vieler Familien­unternehmen. Sie brauchen deshalb die oben beschrie­benen Personen und Rollen, um wirklich bei der techni­schen Entwicklung mitzugehen.

Platzieren Sie sich als einzig­ar­tiger Sparrings­partner – durch Augenhöhe

Als Finanz­dienst­leister für Unternehmer­familien ist es nützlich, sich all diese Tatsachen vor Augen zu halten, um nachvoll­ziehen zu können, wie Unter­nehmer wirklich über KI denken. Es gibt kein Erkennt­nis­problem, sondern oftmals „nur“ ein Umset­zungs­problem. Inhaltlich sind die Unter­nehmer oft schon sehr weit – dann brauchen sie Sie als Berater nicht etwa, um das Thema überhaupt erst anzureißen oder ganz grund­le­gende Infor­ma­tionen zu vermitteln. Sondern die Unter­nehmer brauchen Sie als Sparrings­partner auf Augenhöhe. Als jemanden, der die oben genannten Möglich­keiten der Technik direkt anspricht und detail­liert durch­dis­ku­tieren kann. Und anschließend im Sinne des jewei­ligen Geschäfts­mo­dells mit dem Unter­nehmer an konkreten und kreativen Lösungen zur Umsetzung arbeitet.

Bedenken Sie bei Ihren Gesprächen dazu bitte auch, dass Unter­nehmer schnell darüber nachdenken „Wer kann es machen?“. Und „Woher soll ich diese Personen bekommen?“. Wenn Sie also mit Check-ups kommen oder sogenannte Digita­li­sie­rungs­prü­fungen anbieten, beachten Sie immer, dass der Unter­nehmer ganz konkret danach fragen wird, woher er die Fachleute bekommen soll. Wenn Sie dann mit den Schultern zucken und sinngemäß sagen: „Sorry, wir zeigen nur die Probleme und Heraus­for­de­rungen auf, aber umsetzen müssen Sie allein. Wenn Sie dann aber Kredite benötigen, schauen wir wieder vorbei und helfen“, ist das eher kontra­pro­duktiv und frustrierend für den Unternehmer.

Die Chancen der Technik sind riesig – das wissen auch die mittel­stän­di­schen Familien­unternehmer. Denn KI kann ein weiteres, besonders fortschritt­liches Werkzeug im Werkzeug­kasten der Digita­li­sierung sein, um die unter­schied­lichsten Aspekte der Firma zu optimieren: höhere Effizienz, bessere Qualität, mehr Skalier­barkeit, größere Mitar­bei­ter­zu­frie­denheit – und zusätz­liche Chancen, auch als mittel­stän­di­sches deutsches Unter­nehmen riesige Märkte zu bespielen.

Doch wie alle Elemente der Digita­li­sierung muss auch die KI sauber imple­men­tiert werden. Und dazu braucht es nun mal den „dolmet­schenden“ Imple­men­tierer wie oben beschrieben: einen Experten, der die Imple­men­tierung der KI vollum­fänglich durch­führen kann. Viele Unter­nehmer wissen das, finden es aber schwer, diesen Sachverhalt in Worte zu fassen. Das gibt Ihnen einen guten Einstiegs­punkt für eine Beratung auf Augenhöhe. Zeigen Sie dem Unter­nehmer, dass Sie seine Situation verstehen: Er würde gerne viel mehr mit KI machen, sieht aber (noch) keinen risiko­armen Weg in diese Richtung, da ihm die Experten im eigenen Betrieb fehlen. Positio­nieren Sie sich hier als einzig­ar­tiger Sparrings­partner, können Sie bei den wichtigen Unter­neh­mer­kunden richtig punkten.

Und drängen Sie nicht auf die Umsetzung, wenn objektiv klar ist, dass die Voraus­set­zungen noch nicht gegeben sind! Der Unter­nehmer sollte nicht derjenige sein, der „den Verbren­nungs­motor an die Pferde­kutsche baut“. Es macht durchaus Sinn, das Thema KI jetzt nicht überhastet umzusetzen, sondern zunächst genau durch­zu­planen und zu disku­tieren. Um KI wirklich gewinn­bringend einzu­setzen, muss in den meisten Unter­nehmen ohnehin zunächst eine dazu passende digitale Infra­struktur bestehen, die vielleicht mangels Umsetz­barkeit bislang noch nicht völlig ausge­reift ist. Oder so ausge­drückt: Wer jetzt noch Lotus Notes nutzt, wird nicht direkt auf MS Copilot umsteigen, sondern muss sich erst mal Stück für Stück in die Digita­li­sierung vorarbeiten.

All das bedeutet für den Unter­nehmer Inves­ti­ti­ons­bedarf in Euro, Bedarf an Experten zur Umsetzung und natürlich Zeitbedarf für die langsame Evolution hin zu KI-unter­stützten Prozessen. Klar, viele Unter­nehmen benutzen sogar schon KI im einen oder anderen Bereich (zur Kalku­lation, Bildge­ne­rierung etc.), aber dieses neue Werkzeug vollum­fassend ins Unter­nehmen zu imple­men­tieren – da gibt es dann noch genug Baustellen, bevor man sich an die Umsetzung wagen kann.

Verstehen Sie, wie Unter­nehmer beim Thema KI ticken

Bei der KI-Entwicklung nicht mitzu­machen, können sich Unter­nehmer genauso wenig leisten wie Sie als Berater. Darum ist es für Familien­unternehmer so wichtig, sich auf Management-Ebene bereits mit all den techni­schen, inhalt­lichen und gesell­schaft­lichen Aspekten der neuen Techno­logie zu befassen, die wir in Teil 1 dieser Artikel­serie besprochen haben. Dies wird auch durch eine Umfrage der KMPG unter­mauert, die ergeben hat, dass fast zwei Drittel von 300 befragten Führungs­kräfte glauben, dass die generative KI einen hohen oder sogar extrem hohen Einfluss auf ihr Unter­nehmen haben wird.

Und Sie als Berater werden dabei dringend als Sparrings­partner und Impuls­geber gebraucht.

Denn der Druck zu mehr Digita­li­sierung und mehr Automa­ti­sierung steigt stetig – und die KI könnte hier spannende Lösungs­an­sätze bieten. Zum Beispiel, um zu verhindern, dass man als Unter­nehmer mal in die Art Entscheidung gezwungen wird, die ein großes deutsches Unter­nehmen vor Kurzem treffen musste: Der Markt wird größer und Stück­zahlen zu günstigen Preisen sind „key“, also sah man keine andere Möglichkeit als den Verkauf an ein US-Unter­nehmen. Denn wer bei Themen wie Digita­li­sierung, ESG etc. nicht mehr mitkommt, kann eventuell nur noch überleben, wenn er sein mit viel Herzblut aufge­bautes Familien­unternehmen an einen Konzern verkauft, der bei diesen Themen bereits ganz vorne ist. Wer das nicht möchte, muss Wege finden, der stetig voran­schrei­tenden Digita­li­sierung zu folgen – und damit eben auch der Einführung von KI-Systemen.

Das gibt Ihnen eine einzig­artige Gelegenheit, sich beim Unter­nehmer als verläss­licher Partner zu positio­nieren, ein effek­tives Mensch zu Mensch (MzM) zu erreichen, so den subjek­tiven Wohlfühl­faktor zu maximieren und letzt­endlich mehr Erträge für Ihr Institut zu generieren. Wohl wissend, dass Sie als Privat­person viele Themen nur bedingt bis gar nicht privat nutzen können und werden – sowie als Mitar­beiter eines Instituts auf die Manage­men­tent­schei­dungen angewiesen sind, was Sie wie nutzen dürfen. Das macht es für Sie spannend und anstrengend zugleich, mit einem Unter­nehmer über KI zu disku­tieren sowie daraus poten­zielle Risiken zu erkennen und (mehr) Erträge zu generieren.

Nutzen Sie also die in diesem Teil der Artikel­serie aufge­zeigten Erkennt­nisse über den Stand­punkt der Unter­nehmer, um sich auf spannende Gespräche über das nicht minder spannende Thema KI vorzu­be­reiten. Um Sie bei der Vorbe­reitung und Durch­führung dieser Gespräche weiter zu unter­stützen, setzen wir uns im dritten Teil der großen KI-Artikel­serie des Versteher-Magazins damit ausein­ander, was die KI für Ihre Arbeit als Finanz­dienst­leister und für Sie als Mitar­beiter ganz konkret bedeutet. Ich hoffe, Sie auch dann wieder an dieser Stelle begrüßen zu dürfen.

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

Keine neuen Artikel mehr verpassen und jetzt kostenfrei das Versteher-Magazin abonnieren!

Teilen Sie dies mit Ihrem Netzwerk:
Xing
LinkedIn
Follow by Email
RSS
Facebook
Twitter
Google+