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Die Deutsche Bank macht aktuell von sich reden – und dabei müssen drei Dinge differenziert werden: was genau bei der Deutschen Bank geschieht, was die Presse in ihrer Sensationsfreude daraus macht und wie die Situation für die Berater im Institut sowie die Unternehmerkunden aussieht. Denn genau wie in der Bankenkrise 2007 werden auch dieses Mal wieder die pflichtbewussten, kundenorientierten Berater negative Schlagzeilen ausbaden müssen, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen – dass ein scheidender Vorstand eine hohe Abfindung bekommt, ist für sie genauso wenig im Alltag relevant wie beeinflussbar.
Doch genauso wie die Berater werden sich auch die Unternehmerkunden umstellen müssen. Denn diese denken über Generationen hinweg, und da hinterlassen die ständigen Veränderungen bei der Deutschen Bank bei den Unternehmerkunden den Eindruck, als gäbe es keine klare, konsistente Linie, der man als Unternehmer folgen könnte.
Der neue beste Freund des deutschen Mittelstands?
Die Deutsche Bank strebt neuerdings eine eigene Sparte für Unternehmer mit dem Kernmarkt Deutschland an. Der Markt verdichtet sich somit weiter, wenn man sich vor Augen hält, dass Deutschland die Heimat von – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr – als 500 Familienunternehmen (inhabergeführt / familienkontrolliert) mit einem konsolidierten Gesamtumsatz von über 200 Millionen Euro ist. Um die Unternehmenssparte also profitabel zu machen, wird der Deutschen Bank nichts anderes übrig bleiben, als zusätzlich noch in Kundensegmente mit geringerem Umsatz einzudringen. Als logische Konsequenz daraus wird sie sich darum bemühen (müssen), bereits versorgte Kunden von anderen Instituten zu übernehmen.
All dies lässt die Vermutung zu, dass es das interne Ziel der Deutschen Bank ist, sich bis Ende des laufenden Jahres organisatorisch so aufzustellen, dass sie mit Beginn 2020 ihren Plan verwirklichen und mit der neuen Strategie erste Gewinne einfahren kann. Das bedeutet, dass sich die Deutsche Bank in einem Paradigmenwechsel befindet – und zugleich anderen Instituten einen noch schärferen Wettbewerb aufzwingen wird: Das Institut sucht nach seiner Identität und versucht den Wechsel vom Dealmaker mit kurzfristigen Gewinnen zum strategischen Partner für langfristige Einnahmen. Um diese „hoch hängenden Früchte“ pflücken zu können, muss das Finanzinstitut einerseits vom Unternehmer als Partner wahrgenommen werden und andererseits seine Aktionäre befriedigen, die auch in schlechten Zeiten möglichst schnelle, hohe Gewinne sehen möchten.
Was halten die Familienunternehmer davon?
Wie bereits erwähnt, denken Familienunternehmer meist langfristig – sie haben einen Generationenhorizont, der sogar die potenzielle Nachfolge schon frühzeitig in alle Erwägungen miteinbezieht. Gleichzeitig müssen sie flexibel genug bleiben, um kurzfristig handeln zu können – etwa im langfristig schwer einzuschätzenden Bereich der Digitalisierung. Sie beobachten derzeit interessiert den „plötzlichen“ Richtungswechsel der Deutschen Bank. Und sie haben auch nicht vergessen, dass das Institut den deutschen Mittelstand vor gar nicht allzu langer Zeit eher stiefmütterlich behandelt hat.
Wo liegt also die Chance für die Deutsche Bank?
Ganz einfach: Gerade wenn es um Geld geht, kennt die Loyalität der Familienunternehmer gegenüber regionalen Instituten auch Grenzen. Denn die Unternehmer müssen sich vor der eigenen Familie genauso verantworten wie vor ihren Mitarbeitern und deren Familien. Bietet ihnen also ein international aufgestelltes Institut dieselben Finanzprodukte und Serviceleistungen zu erheblich geringeren Preisen – und einen ebenbürtigen subjektiven Wohlfühlfaktor – werden sie das Angebot annehmen. Für die regionalen Institute ist dies ein echtes Problem, denn die meisten Produkte wirken aus Sicht der Unternehmerkunden heutzutage ohnehin institutsübergreifend praktisch identisch.
Der Konflikt am Horizont
Als die Deutsche Bank vor 10 Jahren entschied, sich noch stärker auf das globale Investmentbanking zu konzentrieren, war dies ein Geschenk für viele regionale Institute: Sie konnten die lukrativen Aufträge lokaler Familienunternehmen auffangen, die für den Finanzriesen nicht mehr groß genug waren. Deshalb sind gerade die regionalen Institute derzeit in Warteposition – denn sie müssen sich jetzt wieder mit der längst überwunden geglaubten großen Konkurrenz auseinandersetzen. Ja, liebe Vorstände, es geht alles wieder von vorne los…
Voraussichtlich wird die Deutsche Bank im Rahmen ihrer Neuausrichtung zunächst versuchen, über „low-hanging fruits“ schnelle Geschäfte abzuschließen und mit kurzfristigen Gewinnen die Aktionäre zufriedenzustellen. Dazu bieten sich auslaufende Kreditverträge genauso an wie ganz neue Geschäfte. Sicher ist jedoch eines: Die Familienunternehmer werden sich freuen, denn die Deutsche Bank ist drauf und dran, eine extreme Preisschlacht mit den regionalen Instituten loszubrechen. Das bedeutet für Unternehmer sinkende Preise und zusätzliche Services von den Instituten – sowie ggf. noch weiter gelockerte Kreditvereinbarungen und Sicherheitenstellungen (gerade im Top-Rating-Bereich).
Als regionales Unternehmen ist es verlockend, nun zu denken, dass man auch eine solche Preisschlacht letztlich gewinnen wird – denn welchen Mehrwert kann die Deutsche Bank schon auf einem Markt anbieten, den sie vor 10 Jahren praktisch geräumt hat? Wer diesen Gedankengang verfolgt, sollte sich ins Gedächtnis rufen, dass die Deutsche Bank in den letzten 10 Jahren durchaus noch eine Rolle im Unternehmerbanking gespielt hat – wenn auch „nur“ im Bereich der ganz großen Familienunternehmen mit riesigen Vertragsvolumina.
Gleichzeitig sollte sich die Deutsche Bank aber ihrer Sache auch nicht zu sicher sein, denn regionale Institute haben in den letzten 5 Jahren, insbesondere durch Kooperationen, ebenfalls große Volumina stemmen können. Der Gedanke, diese Institute einfach mit der Macht eines globalen Finanzunternehmens überrollen zu können, könnte eine schwerwiegende Fehleinschätzung sein.
Welche konkreten Schritte werden unternommen?
Es scheint klar, dass die Unternehmer die sich bietende Chance des Preiskampfs zwischen den Finanzanbietern ergreifen werden: Sie werden versuchen, für sich, ihre Mitarbeiter und deren Familien den größten Vorteil aus der Situation zu ziehen – was wiederum den Margendruck in den Instituten nochmals deutlich erhöhen wird. Da davon auszugehen ist, dass die Deutsche Bank aggressiv versuchen wird, den Markt der Familienunternehmer zu erobern, werden die Institute sich zu ähnlichen Schritten gezwungen fühlen, die vor einigen Jahren bereits zur heutigen Käufermarkt-Situation in der Branche geführt hat.
Der Unterschied zu damals ist, dass zum Beispiel der Wert des Private Banking für Unternehmer mittlerweile erkannt und das Segment erschlossen wurde – wenn die Deutsche Bank also wirklich anstrebt, mit voller Wucht ins Mittelstandsgeschäft zurückzukehren, wird sie dies auch auf diesem Markt tun. Und da sich die Finanzprodukte und Services auch in diesem Bereich stark ähneln, wird sich hier die Entwicklung spiegeln, die auf Firmenkundenseite ebenfalls angeleiert wird: ein Preiskampf. Und auch, wenn die ständigen Akquise-Telefonate auf Dauer stören werden: Die Unternehmer werden die klaren Nutznießer dieser Entwicklung sein.
Wo liegt das Risiko?
Auf Seiten der regionalen Institute werden vor allem die Margen im Standardgeschäft stetig sinken. Einige Institute werden sich – wie bisher auch schon, nur noch verstärkter – in anderen Segmenten umsehen, um die sinkenden Margen auszugleichen. Ihnen wird vermutlich wieder einmal das Immobiliengeschäft als attraktiver Nebenerwerb erscheinen – womit sie wiederum das Risiko eingehen, nackt in der Brandung zu stehen, wenn dieses Segment mal kränkelt. Möglicherweise werden sie auch eine andere Risikobewertung vornehmen – doch dass dieser Versuch auf riesige Regularien stoßen und den Unternehmermarkt neu definieren könnte, habe ich bereits in meiner Sommerserie dargelegt. Und diese Prozesse sind bereits im vollen Gange, wie dieser Artikel von ARIVA.DE, der sich auf Informationen der Deutschen Bundesbank stützt, bestätigt. Diese Vorgänge verengen einen ohnehin schon sehr dichten Markt weiter, bis nur noch die Top-Unternehmerkunden bleiben. Doch deren Anzahl ist, wie weiter oben dargelegt, stark begrenzt – während die Anzahl der Institute, die um diese werben, durch den Markteintritt der Deutschen Bank weiter zunimmt.
Auch gab es in den letzten Tagen vermehrt Berichte über deutsche Großunternehmen, die stärker als bislang auf Kurzarbeit setzen, da die Konjunktur abflacht. Dies bedeutet, dass Leiharbeiter ebenfalls bereits abgebaut wurden – beides eindeutige Risikosignale dafür, dass dies nicht „nur“ Berichte, sondern harte Realitäten sind.
Stürmt die neu ausgerichtete Deutsche Bank in dieser Situation in den Markt, kann es zu einem Preiskampf von ungeahnten Ausmaßen kommen, der einen War of Talents im Personalbereich, einen War of Clients in Bezug auf die Kunden und ein Game of Brands bei der Markenpositionierung beinhaltet. In der Tat keine rosigen Aussichten – und womöglich nur der erste Akt einer erneuten Katastrophe, wie wir sie 2007 schon gesehen haben.
Wie sich regionale Institute auf den Sturm vorbereiten können
Regionale Finanzdienstleiter können bereits am Horizont beobachten, wie die Deutsche Bank ihre „Truppen“ in Stellung bringt. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als sich auf den bevorstehenden Preiskampf vorzubereiten. Diese Vorbereitung geschieht am effektivsten direkt anhand der Unternehmersegmente: Erkennen Sie als regionales Institut diejenigen 10 bis 20 Prozent Ihrer Kunden, mit denen Sie die besten Erträge machen. Betrachten Sie hierbei alle Segmente, aber konzentrieren Sie sich auf den Unternehmerbereich. Haben Sie diese Kunden identifiziert, arbeiten Sie eventuelle Abwehrgespräche aus, mit denen Sie Einwände der Unternehmer umgehen und diese an sich binden können.
Dazu gehört vor allem, sich darüber im Klaren zu sein, wie stark man im Unternehmerkundenbereich ist und wie man sich eventuell verbessern könnte. Nutzen Sie beispielsweise die Gelegenheit, neue Formen der Tandem-Beratung zu etablieren, um ein strategisches Verkaufen direkt in die Beratung der TOP-20%-Institutskunden zu integrieren:
- Vorstand mit Vorstand
- Vorstand mit Führungskräften
- Vorstand mit Berater
- Führungskraft mit Berater
- Berater mit einem Mitarbeiter aus der Marktfolge Aktiv
Seien Sie ehrlich: Welche dieser Varianten könnte Ihnen einen echten Gewinn bringen – und haben Sie diese Kombination jemals wirklich trainiert? Ein einziger Trainingstag kann schon ausreichen, um schlagfertige Tandems aufzubauen, die beim Unternehmer in Breschen schlagen können, die eine einzelne Person kaum ausnutzen könnte. Hier kann jedem im Institut – auf allen hierarchischen Ebenen – eine selbstbewusste und ehrliche Selbstreflektion empfohlen werden: Ist man angesichts der brenzligen Situation wirklich bestmöglich vorbereitet – auch unter dem Gesichtspunkt, dass man als Vorstand direkt gegen andere Vorstände um die begehrten Top-Unternehmer kämpft? Lohnt sich dabei ein maßgeschneidertes Training, um sich einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen? Zum Vergleich: Spitzensportler trainieren nicht nur regelmäßig, sondern verschärfen und optimieren ihr Training noch einmal vor besonderen Wettkämpfen.
In einer geringfügig besseren Position: regionale Einheiten von Großbanken
Als Berater mit großem Mutterkonzern im Rücken wird es vor allem Ihre Aufgabe sein, näher an den Kunden heranzutreten, um im kommenden Preiskampf über ein effektives Mensch zu Mensch weitestgehend identische Finanzprodukte zu verkaufen. Durch Sie kann sich Ihr Institut überhaupt erst gegenüber der Konkurrenz differenzieren. Schauen Sie sich außerdem folgende Punkte an:
- Ihr Game of Brands, die Markenaufstellung Ihres Instituts – setzen Sie diese regional gut um? Wie sind Sie aufgestellt?
- Ihre Risikoparameter – durch diese können Sie zukünftig abwanderungsgefährdete Kunden frühzeitig erkennen und präventiv Maßnahmen ergreifen.
Verlassen Sie sich außerdem nicht einzig auf die Algorithmen Ihrer Großbank, denn die Goldgräberstimmung, welche eine oft nicht messbare Emotion ist, wird bei Unternehmern auch bei komplett neu zu verhandelnden Kreditbedingungen weiter zunehmen. Ähnlich wie die regionalen Institute profitieren auch regionale Einheiten von der Umsetzung effektiver Tandem-Beratungen. Erwägen Sie auch ungewöhnliche Berater-Chef-Kombinationen, sofern dies ein effektives menschliches Element in die Beratung bringt. Und vor allem: Erkennen Sie, wenn Sie in einem Bereich der Tandem-Beratung nicht gut aufgestellt sind, und füllen Sie diese Lücke.
Zum Abschluss: Was ist der Deutschen Bank zu raten?
Auch als globalem Großunternehmen drohen der Deutschen Bank in ihrer neuen Ausrichtung Risiken. Den Mitarbeitern des Instituts ist zu raten, sich in der direkten Konkurrenz mit den Vorständen und Führungskräften der regionalen Institute nicht einzig auf den niedrigeren Preis zu verlassen. Je nach Unternehmertypologien kann es emotionale Bindungen zwischen Unternehmern, deren Umfeld und Regionalinstituten geben, von denen Sie noch gar nichts wissen.
Etablieren Sie also eine direkte Beratung von Mensch zu Mensch, um Ihre künftigen Kunden auch emotional abzuholen. Denn der subjektive Wohlfühlfaktor – das Gefühl, bei der eigenen Bank gut aufgehoben zu sein – ist gerade in Familienunternehmen ein nicht zu unterschätzender Entscheidungsgrund. Trainieren Sie den Umgang mit Familienunternehmern und weisen Sie auf Basis der Unternehmertypologie passende Berater zu. Dann wird der deutsche Mittelstand sich auch auf persönlicher Ebene der Deutschen Bank wieder annähern.
Kontakt
Dirk Wiebusch
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