Als Gründer und Geschäfts­führer des Instituts Für Unternehmer­Familien (IFUF) finde ich mich häufig in Gesprächen mit Famili­en­un­ter­nehmern wieder, die aktuell planen, ihre Firma zu verkaufen, für teilweise wirklich beträcht­liche Summen. Und dabei fällt mir immer wieder auf, dass weder die Unter­nehmer noch ihre Berater wirklich einen Plan für das haben, was danach kommt: Wohin mit all dem Geld? In genau dieser Situation fand ich mich vor Kurzem im Gespräch mit einem unserer Mandanten wieder, und ich möchte in diesem Artikel beispielhaft aufzeigen, welchen Heraus­for­de­rungen sich die Familie (oder auch die Erben) stellen muss, wenn sie plötzlich ein prall gefülltes Bankkonto hat – und trotzdem nicht weiß, wie es weiter­gehen soll.

Ein Einschnitt im Leben – nicht nur im positiven Sinn

Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte ich ein Gespräch mit einem unserer Mandanten, der aktuell vor genau der Heraus­for­derung steht, die ich eingangs geschildert habe. Er plante den Verkauf der Firma und hatte sich zunächst auch kaum Gedanken um das Danach gemacht. Doch dann fiel ihm irgendwann auf: Nach dem Verkauf wird er abzüglich aller Verbind­lich­keiten (Steuern etc.) etwa 500 Millionen Euro auf dem Privat­konto haben. Und der Verkauf stand da schon fest, es mussten nur noch Details geklärt werden. Der Unter­nehmer, der bislang zwar gut gelebt, aber den Großteil seines Vermögens immer in die Firma inves­tiert hatte, würde also bald mit einer halben Milliarde Euro in Cash dastehen – und keiner Firma, in die man sie stecken könnte. Und keiner seiner aktuellen Finanz­be­rater – egal, ob aus dem Bereich Mergers & Acqui­si­tions oder Firmen­kun­den­be­reich – hatte ihn bislang gefragt, wie er sich sein persön­liches Leben mit so viel Bargeld auf dem Konto eigentlich vorstellt.

Der Unter­nehmer hatte sein Vermögen bislang nie weiter mit komplexen Vermö­gens­struk­turen diver­si­fi­ziert, denn er hatte ja sein Privat­ver­mögen immer in die Firma gesteckt. Und ihm war klar: Wenn die Kinder die Firma nicht übernehmen wollten, dann würde er ohnehin verkaufen – einen Käufer würde er garan­tiert finden. Doch was er nicht ausrei­chend bedacht hatte, war der emotionale Faktor: Wie fühlt es sich an, wenn die Firma auf einmal „weg“ ist? Dann sitzt man auf einem Batzen Geld und weiß doch nichts mit sich anzufangen. Und dieses Gefühl haben Unter­nehmer aller Arten bereits erlebt – egal, ob sie plötzlich 500 Millionen oder „nur“ 5 Millionen auf dem Konto hatten.

Dass das eine nicht zu unter­schät­zende Heraus­for­derung ist, das können Sie auch an Beispielen sehen, die (vermeintlich) näher an der Lebens­wirk­lichkeit von Nicht-Unter­nehmern sind. Zum Beispiel im Lotto – dort gibt es viele Beispiele für Gewinner, die mit dem neuen Reichtum vollkommen überfordert waren. Und einige Entschei­dungen getroffen haben, die zumindest ich nicht empfehlen würde. Sicher haben auch Sie beispiels­weise mitbe­kommen, dass der größte Jackpot in der Geschichte Großbri­tan­niens vor einigen Tagen geknackt wurde. Das Ehepaar, das sich nun über 184 Millionen Britische Pfund freuen darf, hat sogleich seine vollen Namen und die Stadt, in der es wohnt, veröf­fent­licht. Da war unser Mandant deutlich vorsich­tiger, denn den Verkauf seiner Firma hatte er bislang noch nicht öffentlich gemacht und er versucht ihn so weit wie möglich geheim zu halten.

Wie fällt die Reaktion aus? Einige Beispiele

Wie Unter­nehmer und ihre Familien mit dem neuen Reichtum klarkommen, kann sehr unter­schiedlich sein. Manche Unter­nehmer legen das Geld an oder lassen es auf dem Konto, während sie ihr Leben wie gewohnt weiter­führen. Andere nutzen die neu gefundene freie Zeit für Reisen etc. Doch es gibt auch einige Beispiele, die uns eine Warnung sein sollten. Ich kannte einen Unter­nehmer, der seine Firma für 400 Millionen Euro verkauft hat – und das mit 38 Jahren. Ohne eigene Familie und mit einem Freun­des­kreis, der weiterhin im normalen Arbeits­leben stand. Als er selbst noch gearbeitet hat, war das nicht weiter aufge­fallen, doch jetzt hatte er mit einem Mal so viel Freizeit und niemanden, mit dem er sie hätte teilen können. Ich muss leider sagen, dass der Unter­nehmer dann nach etwa einem halben Jahr erste Drogen­pro­bleme bekommen hatte, und es ist leider nicht gut ausge­gangen. Deshalb rate ich heute immer dazu, als Berater für Ihre Unter­nehmer einen Sozialplan zu erstellen. So können Sie ihm einen Tages­ablauf und Routinen vorschlagen, die verhindern, dass er im Ruhestand vereinsamt. Hier können Sie z.B. all Ihre Erfahrung einbringen. Zumindest, wenn Sie mehrfach bei Unter­neh­mens­ver­käufen mitge­wirkt haben. Denn für Ihren Unter­nehmer ist es das erste und einzige Mal.

Bei Erben kommt noch ein weiteres emotio­nales Element hinzu. Ich war beispiels­weise mal dabei, als ein Unter­nehmer-Ehepaar ihre Tochter (Mitte 30) als designierte Erbin darüber infor­mierte, mit was sie im Erbfall zu rechnen hatte. Die Tochter wusste natürlich, dass die Familie nicht eben arm war – doch die genauen Zahlen kannte sie nicht. Ihre Eltern kannten die Zahlen aller­dings und deshalb war es eine gute Idee, dass der Hausarzt und ein Psychologe im Nebenraum warteten – für alle Fälle. Zum Glück nahm die Tochter die Zahlen, die ihr präsen­tiert wurden, sehr gut auf, beide Ärzte konnten wieder nach Hause geschickt werden. Doch es hätte auch anders kommen können. Denn gerade, wenn der vermeint­liche Geldsegen unvor­her­ge­sehen kommt und mit Verant­wortung gegenüber der Beleg­schaft und vielleicht auch einem schlechten Gewissen verbunden ist (was bei einer Erbschaft gar nicht so selten vorkommt), dann ist kaum voraus­zu­sehen, wie ein Mensch darauf reagiert.

Zu guter Letzt gibt es immer wieder Beispiele für Unter­nehmer, für die der Geldsegen vielleicht nicht unvor­be­reitet kommt und die auch nicht völlig aus ihrem sozialen Umfeld heraus­ge­worfen werden. Doch die Frage, was man im Ruhestand so mit seiner Zeit anstellt, sollte nicht unter­schätzt werden. Denn eine Empty-Desk-Situation führt schnell zu Antriebs- und Ziello­sigkeit. Unter­schätzen Sie niemals den Faktor Freizeit! Lesen Sie gern (noch) einmal den Artikel. Sie erhalten dort einige Tipps und Hinter­gründe für die Zeit nach der Firma.

Konkrete Punkte für die Vorbe­reitung auf den Unternehmensverkauf

Auch Unter­nehmer selbst unter­schätzen oft, wie radikal sich das Leben ändern kann, wenn die Firma mal nicht mehr da ist, aber Hunderte Millionen Euro auf dem Konto darauf warten, sinnvoll verwendet zu werden. Ihre Aufgabe als Berater darf es also nicht nur sein, eventuelle Anlage­op­tionen zu präsen­tieren. Sie sind die Vertrau­ens­person und Sie können sich einzig­artig positio­nieren, indem Sie den Unter­nehmer auch auf persön­licher Ebene unter­stützen und ihn zum Beispiel schon vor dem Verkauf der Firma fragen, was er denn mit seiner neuen Freizeit und dem vielen Geld so anstellen möchte. Idealer­weise geben Sie ihm auch schon einige Ideen oder sogar einen ausge­feilten Freizeitplan mit auf den Weg.

Auf die Flut von Anfragen vorbereiten

Ein Firmen­verkauf kann selten komplett geheim gehalten werden. Denn die Mitar­beiter werden genauso infor­miert wie die verschie­denen Firmen entlang der Liefer­ketten. Da dringt natürlich auch manchmal eine Infor­mation nach außen. Und das kann ungewünschte Effekte nach sich ziehen. Bei einem unserer Mandanten wurde beispiels­weise mal der Verkauf der Firma öffentlich. Der Unter­nehmer bekam in der ersten Woche danach fast 100 Akqui­se­briefe und sicher noch mal jeweils genauso viele Akqui­se­mails und ‑anrufe. Und in der folgenden Woche die entspre­chenden Follow-ups.

Fragen Sie den Unter­nehmer also ruhig auch mal danach, ob er im Fall der Fälle darauf vorbe­reitet oder auch gewillt ist, sich zumindest in der Zeit direkt nach dem Verkauf mit all den Kontakt­an­fragen zu beschäf­tigen. Auch weiterhin bestehende Assis­tenzen sind danach oft nervlich am Ende. Kreieren Sie zusammen mit dem Unter­nehmer Prozesse, die genau regeln, an wen diese Anfragen gehen und wer sich darum kümmert.

Lassen Sie die Perso­nen­si­cherheit nicht außer Acht

Es ist zwar traurig, darüber nachdenken zu müssen, aber die Sicherheit des Unter­nehmers und der Familie sollte ebenfalls genauer unter die Lupe genommen werden. Denn wenn der Verkauf öffentlich wird – gewollt oder ungewollt –, dann kann so etwas selbst­ver­ständlich leider auch krimi­nelle Begehr­lich­keiten bei Fremden wecken. Vor allem sehr große Summen lassen sich beim Unter­neh­mens­verkauf nicht lange verheim­lichen. Dazu reicht es schon, wenn Mergers-&-Acquisitions-Datenbanken aktua­li­siert werden, und plötzlich steht dort ein neuer Eigen­tümer. Und es ist eben auch eine andere Sache, als Krimi­neller zu wissen, dass jemand Unter­nehmer mit einem hohen Gehalt ist, oder zu wissen, dass er 500 Millionen Euro auf dem Konto hat. Deshalb kann es hilfreich sein, mit dem Unter­nehmer auch mal vorsichtig über Gefahren wie Erpres­sungen, Kidnapping oder andere Bedro­hungs­sze­narien zu sprechen und gegebe­nen­falls Perso­nen­schützer zu empfehlen.

Beachten Sie die emotionale Verbindung zur Belegschaft

Nicht wenige Unter­nehmer fühlen sich mitunter schuldig, ihre Firma zu verkaufen. Das liegt vor allem daran, dass man als Unter­nehmer leicht den Eindruck bekommt, man würde das Vertrauen unter­graben, das Mitar­beiter in „den Chef“ haben. Sprechen Sie also frühzeitig mit Unter­nehmern darüber, dass die Mitar­beiter wissen, dass es kein „Verrat“ ist, die Firma an jemand anderen zu verkaufen. Einige spannende Inhalte dazu finden Sie auch im kosten­losen eBook über die Unter­neh­mer­reise, von der Existenz­gründung bis zur Unternehmensnachfolge.

Laden Sie den Private-Banking-Berater ein

In der Regel erfahren Institute über den Firmen­kun­den­be­rater vom Unter­neh­mens­verkauf. Dann ist es wichtig, dass der Firmen­kun­den­be­rater direkt zwei und zwei zusam­men­zählt und ein Gespräch mit dem Private-Banking-Berater vorschlägt. Denn die Vorbe­reitung des Unter­nehmers auf das Leben als (liquide) super­reiche Privat­person liegt eher in seinem Metier. Er sollte mit dem Unter­nehmer darüber sprechen, wie er sich dieses Leben vorge­stellt hat, einen Freizeitplan erstellen etc.

Bedenken Sie, dass der Firmen­verkauf generell eine emotionale Angele­genheit ist

Wenn man auf den Unter­nehmer nur aus dem Blick­winkel beispiels­weise von Mergers & Acqui­si­tions schaut, dann schaut man natur­gemäß eher auf die fakti­schen Aspekte des Firmen­ver­kaufs – steuer­liche, juris­tische und monetäre Themen. Und selbst­ver­ständlich ist auch dieser Blick­winkel richtig und wichtig. Doch vergessen Sie nie die emotionale Seite, denn der Unter­nehmer verkauft sein Herzblut. Für ihn ist eventuell klar, dass er ohnehin „genug Geld“ haben wird – aber der emotionale Preis des Verkaufs kann sehr hoch sein.

Nicht zu aufdringlich wirken

Natürlich möchten Sie einem Unter­nehmer auch sinnvolle Anlage­op­tionen für den neuen Reichtum bieten. Dass es kaum Sinn machen kann, mehrere Millionen Euro einfach auf dem Konto liegen zu lassen, das brauche ich weder Ihnen noch dem Unter­nehmer zu erklären. Doch hüten Sie sich davor, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, nach dem Motto „Wir haben gehört, dass Sie jetzt ordentlich Geld haben, das können wir direkt für Sie anlegen“.

Steigen Sie weicher ein: „Wenn das Geld dann da ist, was passiert eigentlich mit Ihrer Familie? Haben Sie sich schon über Sicherheit und soziale Verant­wortung Gedanken gemacht? Wir haben ein Netzwerk, das Ihnen bei all diesen Fragen helfen kann.“ Also das, was man heutzutage als „Family & Asset Protection“ bezeichnen würde. Aller­dings sollten Sie bei dem Thema behutsam vorgehen. Horror­sze­narien über Entfüh­rungen und Mord auszu­breiten – das hat hier nichts verloren!

Im Versi­che­rungs­be­reich frühzeitig anpassen

Verkauft ein Unter­nehmer sein Unter­nehmen, kann das mit sich ziehen, dass man Aufträge im Bereich Sachkom­posit verliert, weil zum Beispiel der neue Eigen­tümer seine eigenen Makler mitbringt. Das ist natürlich schade, aber denken Sie daran, welche Möglich­keiten sich nun auf der privaten Seite des Themas Versi­che­rungen beim ehema­ligen Besitzer auftun. Hier entstehen jede Menge neue Poten­ziale, die man am besten frühzeitig erkennt und entspre­chend anspricht.

Unter­stützen Sie bei recht­lichen Verpflichtungen

Dieser Punkt ist eigentlich kaum erwäh­nenswert, da ich davon ausgehe, dass Sie ihn ohnehin umsetzen. Doch der Vollstän­digkeit halber möchte ich noch hervor­heben, dass Sie selbst­ver­ständlich mit dem Unter­nehmer vor dem Verkauf zum Beispiel über steuer­liche Verbind­lich­keiten und die juris­tisch korrekte Abhandlung des Verkaufs sprechen sollten. Geht es um die Nachfol­ge­re­gelung, fällt wiederum Erbschafts­steuer ins Gewicht und so weiter.

Auch „Super­reiche“ brauchen Ihre Unterstützung

Wenn man sich die Summen anschaut, die manche Unter­nehmer beim Verkauf ihrer Firma erhalten, dann kann man sich kaum vorstellen, dass diese Menschen noch von irgendwem Hilfe benötigen. Doch tatsächlich ist der plötzlich rasant gestiegene und nun sehr offen­sicht­liche Wohlstand – oft in Kombi­nation mit zu viel neu gewon­nener Freizeit und eventuell einem Wegbrechen des sozialen Umfelds – ein triftiger Grund, mal ernsthaft mit dem Unter­nehmer zu reden. Wie stellt er sich die Zukunft vor? Was wird er tun – jetzt, wo er nicht mehr 90 % seiner Zeit und seines Gelds in die Firma steckt? Und wie sieht seine Familie die Situation? All diese Themen sollten bei der Beratung stärker in den Fokus rücken, denn „finan­ziell gut leben“ konnten diese Menschen schon vor dem Unternehmensverkauf.

Doch dass sich ihr gesamtes Leben verändern wird, das sehen oft nicht mal die Unter­nehmer selbst voraus, wenn sie den Verkauf planen. Deshalb bitte ich Sie, den Unter­nehmer auch als Menschen zu begreifen, der emotional an seiner Firma hängt, der vielleicht auch nichts mehr mit sich anzufangen weiß – egal, ob nun 500 Millionen Euro oder vielleicht „nur“ 5 Millionen Euro aus heiterem Himmel auf seinem Konto landen. 

Zum Schluss noch ein kleiner „erhobener Zeige­finger“. Ich gehe davon aus, dass nahezu jeder von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, mit dem eigenen Vermögen deutlich unter dem Ihrer Top-Kunden liegt. Da ist es auch nur natürlich, dass Sie in solchen außer­ge­wöhn­lichen Situa­tionen, in denen Sie eventuell zum ersten Mal (und nur wenige Male in Ihrem Berufs­leben) direkt oder indirekt mit sehr großen Vermögen in Berührung kommen, selbst unsicher sind. Dennoch: Neid, Missgunst, leicht­fertige oder flapsige Bemer­kungen und Gedanken wie „solche Probleme hätte ich gern mal“ sind völlig fehl am Platz.

Positio­nieren Sie sich daher einzig­artig beim Unter­nehmer, indem Sie ihm Ihre mensch­liche Seite anbieten, und Sie können sich hinterher nicht nur über zusätz­liche Erträge freuen – sondern auch darüber, diese außer­ge­wöhn­lichen Menschen auch auf tiefer gehenden Ebenen zu unterstützen.

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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