Jürgen Neutgens, Vorstandsmitglied der Volksbank Köln Bonn eG, und Dirk Wiebusch, Gründer sowie Geschäftsführer des Instituts Für UnternehmerFamilien (IFUF), im Gespräch: Ist-Zustand und Zukunftsaussichten für Volksbanken, VR-Banken, die genossenschaftliche Finanzgruppe und Familienunternehmen aus Banker- und Unternehmersicht.
Seit 2009 ist Jürgen Neutgens zunächst als Leiter der Marktfolge und danach als Leiter der Top-Kunden-Beratung (Firmenkunden- und Private Banking) in der heutigen Volksbank Köln Bonn eG tätig. Als Projektleiter hat er die Fusion der Kölner Bank eG mit der Volksbank Bonn Rhein-Sieg eG maßgeblich mitgestaltet. Seit 2018 ist er Vorstandsmitglied und erinnert sich im Gespräch, wie sein Haus den Sprung auf Platz 10 der Volksbanken mit den höchsten Bilanzsummen schaffte. Dirk Wiebusch vom Institut Für UnternehmerFamilien (IFUF) war als Coach für Finanzdienstleister sowie Berater und Insider in der Welt der Familienunternehmen ebenfalls dabei. Er sieht für 2021 große Herausforderungen für die Branche voraus und erläutert im Interview, wie man diesen begegnet.
Versteher-Magazin: „Herr Neutgens, Herr Wiebusch: Wie haben Sie das Jahr 2020 erlebt, aus Sicht des Finanzdienstleisters und des Unternehmers?“
Neutgens: „Ich empfand 2020 als sehr herausfordernd. Das trifft nicht nur auf mich und die Volksbank Köln Bonn zu, das geht sicherlich allen Kollegen aus der genossenschaftlichen Finanzgruppe so. Wir hatten vorher schon genug damit zu tun, uns als Volksbank den diversen Herausforderungen und Veränderungen zu stellen. Mit dem Wettbewerb, der ja wegen Niedrigzinsen, Verwahrentgelt, Digitalisierung und all diesen Themen immer härter wird, war das schon nicht einfach. Dann kam die Pandemie obendrauf … Ja, sehr herausfordernd war das vergangene Jahr.“
Wiebusch: „Da kann ich mich vonseiten des Mittelstandes, also der Familienunternehmer und Unternehmerfamilien, nur anschließen: sehr herausfordernd! Was mir jedoch 2020 insbesondere auffiel, war, dass es die Familienunternehmer dieses Jahr vermehrt mit Herausforderungen zu tun bekamen, die denen der Finanzinstitute stark ähnelten: Die Digitalisierung hatte Herr Neutgens bereits erwähnt und auch die Organisierung des Homeoffice zählt dazu. Früher hatten die Unternehmer noch ganz andere Baustellen als ihre Banken, aber das scheint sich immer weiter anzugleichen. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass sich vor allem Top-Unternehmer auch bei diesen neuen Herausforderungen behaupten werden.“
Versteher-Magazin: „Stichwort ‚Zukunftʻ: Mit welchen Erwartungen gehen Sie ins Jahr 2021?“
Wiebusch: „Ich habe da ein eher differenziertes Gesamtbild vor Augen: Genau wie 2020 wird es in der Wirtschaft Branchen geben, die starke Verluste machen werden, während andere enorme Gewinne machen. Doch auch innerhalb der einzelnen Branchen wird es Gewinner und Verlierer geben. Das wird eine Herausforderung für Familienunternehmer und Unternehmerfamilien – wie schon 2020, allerdings mit dem einen großen Unterschied, dass es wahrscheinlich gegen Ende 2021 weit reichende Neuformierungen am Markt geben wird. Im Laufe des Jahres werden einige alte Player gehen, andere Unternehmen rücken nach oder erfinden sich neu, sodass sie besser mit den Herausforderungen unserer Zeit klarkommen. Dieser Prozess wird die Marktlandschaft in weiten Teilen langfristig verändern. Was sich jedoch nicht ändern wird, ist, dass diejenigen Unternehmer, die erfolgreich aus dem Jahr 2020 hervortreten, genau wie diejenigen, die neu hinzukommen, nach einer soliden Finanzberatung suchen werden. Sowohl in der Firma als auch im Privatvermögen. Einer von Angesicht zu Angesicht, denn ein solches persönliches Verhältnis brauchen Familienunternehmen. Und das wird auch nach 2020 so bleiben. Obwohl ich schon davon ausgehe, dass in Zukunft eine Vermischung der Kontaktmethoden aus physisch im Direktkontakt, per Telefon, E‑Mail oder WhatsApp/SMS sowie Video-Bild-Telefonie die Kommunikation – unterschiedlich von Kunde zu Kunde – prägen werden.“
Neutgens: „Aus Bankensicht sehe ich für 2021 insbesondere den Zinsüberschuss weiter unter Druck. Die ruinöse Preispolitik einiger Wettbewerber und das sich nachhaltig manifestierende Niedrigzinsniveau belasten das Zinsergebnis weiter. Das Privatkundengeschäft, die DNA der Volksbank, wird weiter einem großen Anpassungsdruck ausgesetzt sein. Die Kollegen werden genau wie wir erkennen müssen: Personalfreistellungen und Geschäftsstellenschließungen sind nicht das alleinige Heilmittel. Übrigens genauso wie die Standardisierung über digitale Medien. Das funktioniert zum Beispiel im Privatkundengeschäft nicht an jeder Stelle. Im Firmenkundenkreditgeschäft wird der Wettbewerb auch weiter herausfordernd bleiben. Dazu kommt jetzt pandemiebedingt eine erhöhte Risikovorsorge, die wir in diesem Maße aus den letzten zehn Jahren nicht mehr gewohnt sind. Dazu werden die innovativen und agilen Geschäftsideen der Fintechs eine erhöhte Veränderungsgeschwindigkeit in der genossenschaftlichen Finanzgruppe mit sich bringen.“
Versteher-Magazin: „So gesehen wäre die zentrale Frage aus Sicht der genossenschaftlichen Finanzgruppe: Woher sollen 2021 eigentlich die Erträge kommen?“
Neutgens: „Nicht nur für 2021, sondern noch bedeutender für die kommenden Jahre! Und da ist ein konsequentes und systematisiertes Cross-Selling unerlässlich. Zum Beispiel durch eine enge Kooperation zwischen Firmenkunden- und Private-Banking-Beratern. Das muss im gesamten Produkt- und Dienstleistungsangebot eine hohe Priorität bekommen. Die Unternehmerkunden konsequent ganzheitlich ansprechen und in einer neuen Situation mit echten Mehrwerten unterstützen – da liegt auch heute noch hohes unausgeschöpftes Potenzial. Auf der privaten Vermögensseite wurde in der Vergangenheit viel zu viel situativ agiert. Wenn der Unternehmer einen mal drauf angesprochen hat, dann erst wurde angefangen, daran zu arbeiten. Das muss jetzt eigeninitiativ angesprochen, klar strukturiert und stringent durchgeführt werden. Nach dem Motto: Mehr agieren, statt nur zu reagieren!“
Wiebusch: „Da kann ich nur zustimmen! Denn ich denke, dass viele Familienunternehmer sich auch weiterhin zurückhalten werden, wenn es um (nicht zwingend notwendige) Kredite geht. Gerade im Top-Margengeschäft bedeutet das, dass trotz der vorhandenen Potenziale – gerade von Top-Unternehmern – vergleichsweise wenig direkt bei den Banken angefragt wird. Das Neugeschäft stagniert und wird 2021 vielleicht sogar eher zurückgehen. Und dadurch entsteht immer noch weiterer Wettbewerbsdruck. Deshalb wird es jetzt wichtiger denn je sein, aktiv auf die Kunden zuzugehen und Cross-Selling zu betreiben.“
Versteher-Magazin: „Herr Neutgens hatte eben bereits die Zusammenarbeit von Firmenkundenberatern und Private-Banking-Beratern ins Spiel gebracht. Kann das denn ein Hebel sein, mit dem sich die bereits genannten Herausforderungen stemmen lassen?“
Neutgens: „Das ist natürlich nicht der einzige Hebel, der uns zur Verfügung steht. Aber es sollte einer der großen Schwerpunkte für die kommenden Jahre sein. Wir haben es etabliert, dass möglichst zu jedem Gespräch mit dem Unternehmer auch ein Experte für die privaten Finanzen von Unternehmern mit an Bord ist. Hier verzeichnen wir sowohl bei Unternehmensvermögen als auch auf der Seite des privaten Vermögens des Unternehmers insbesondere auch in den letzten Monaten schöne Erfolge bei der Vermögensanlage. Natürlich bedarf das eines ständigen Trainings. Da das kein Selbstläufer ist, müssen die Berater im Tandem effektiv kooperieren. Und diese Kooperation aufzubauen oder eine vorhandene zu optimieren, da sehe ich großes Ertragspotenzial für 2021 und darüber hinaus.“
Wiebusch: „Bei uns im IFUF sehen wir auch immer deutlicher, dass sich die Familienunternehmer eine solche ganzheitliche Beratung sehr wünschen. Die Zahl der Unternehmer, die eine strikt voneinander getrennte Beratung zum Privat- und Firmenkundenvermögen bevorzugen, sinkt jedes Jahr weiter. Deshalb sehe ich zumindest das Angebot, die Familienunternehmer und ihre Familien entsprechend umfangreich zu unterstützen, als sehr positiven Weg. Das bedeutet natürlich nicht, dass man als Bank davon ausgehen sollte, das Vermögensgeschäft bei jedem Firmenkunden automatisch dazuzubekommen wie die Kirsche auf der Torte. Aber man verbessert seine Chancen durch ein proaktives Angebot deutlich!“
Versteher-Magazin: „Herr Neutgens, die Kooperation zwischen Firmenkundenbanking und Private Banking wurde bereits frühzeitig in Ihrem Haus umgesetzt. Wie sind Sie dabei vorgegangen und waren Sie letztlich erfolgreich?“
Neutgens: „Den Grundstein dafür hat damals Steffen Opitz gelegt, der heute Vorstand der Münsterländischen Bank Thie & Co. KG ist, einer Tochtergesellschaft der VR-Bank Westmünsterland. Wir waren da noch unter ‚Kölner Bank eGʻ firmiert. Damals hat Herr Opitz die Zeichen der Zeit erkannt: Er hat Firmenkundenberater und Private-Banking-Berater ‚auf einen Flurʻ gesetzt. Beide Bereiche kooperierten dann unter dem Namen ‚Top-Kunden-Betreuungʻ. Bald darauf haben wir uns dafür entschieden, mit Herrn Wiebusch vom Institut Für UnternehmerFamilien zusammenzuarbeiten, um das ganze Thema noch systematischer und strukturierter sowie aus Sicht der Unternehmerkunden nach vorne zu bringen. Und dann war ich als damaliger Leiter der Marktfolge Aktiv so begeistert von der Idee, dass wir meinen Bereich noch in die entsprechenden Coachings integriert haben. Da haben dann schnell Trios aus allen drei Bereichen eng zusammengearbeitet. Damals war das noch eine total ausgefallene Idee, nicht unumstritten …“
Wiebusch: „Mit dem Blick von heute würde man natürlich sagen: innovativ und der Zeit voraus. Wenn ich nur daran denke, wie weitsichtig die Kölner Bank schon lange vor der Fusion die Verbindung dieser drei Arbeitsbereiche koordiniert und diszipliniert umgesetzt hat, kann ich nur den Hut ziehen.“
Versteher-Magazin: „Gab es denn damals starke Widerstände bei der Umsetzung?“
Wiebusch: „Der Vorstand und die Führungskräfte waren zu 100 % dabei.“
Neutgens: „Das stimmt, aber selbstverständlich war nicht jeder einzelne Berater oder Kreditanalyst sofort Feuer und Flamme. Noch dazu hat Herr Wiebusch damals auf allen Ebenen den Mitarbeitern und Führungskräften einiges abverlangt. Da mussten einige erst den Mut zusammenkriegen, sich aus der persönlichen Komfortzone herauszutrauen. Das ist ja auch ganz natürlich, dass große Veränderungen nicht auf uneingeschränkte Gegenliebe in der gesamten Belegschaft stoßen. Aber am Ende haben wir die Kooperation dann doch sehr zufriedenstellend umsetzen können.“
Versteher-Magazin: „Sie haben also die Beratung frühzeitig so umstrukturiert, dass Berater aus dem Firmenkundengeschäft und dem Private Banking sowie die Analysten aus der Marktfolge Aktiv koordiniert zusammenarbeiten. Unterm Strich: Hat sich der Aufwand gelohnt?“
Neutgens: „Absolut! Da stand ich schon damals schnell zu 100 % dahinter, als uns in der Marktfolge Aktiv bei den Realfallcoachings klar wurde, wie erfolgreich man sein konnte, wenn man zum Beispiel Kundengespräche miteinander vorbereitet und sie hinterher auch zusammen bespricht. Dann wurde auch schnell die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus den anderen Geschäftsbereichen immer offener. Irgendwann lief die Kooperation immer besser. Bei den Kundengesprächen wurde das Thema Private Banking immer besser integriert und die Kundenberatung wurde auch qualitativ immer besser. Als Leiter der Marktfolge Aktiv fand ich das sehr spannend. Und wenn ich heute als Vertriebsvorstand auf die generierten höheren Volumina und zusätzlichen Erträge insbesondere im Provisionsgeschäft schaue, die dann schnell durch die interne Kooperation zusammenkamen, bin ich immer noch froh darüber, dass wir damals diese Entscheidung getroffen haben.“
Versteher-Magazin: „Sie wechselten zunächst von der Leitung Marktfolge Aktiv in die Leitung der Top-Kunden-Betreuung. Hatte das einen Einfluss darauf, wie Sie dem Thema gegenüberstanden?“
Neutgens: „Nein, natürlich überhaupt nicht, ganz im Gegenteil! Auch wenn die Zeit in der Marktfolge für meine heutige Verantwortung sehr wertvoll war, bin ich immer schon ein Vollblutvertriebler gewesen. Und es war von Anfang an klar, dass ich diese Strategie der Tandembetreuung unter zusätzlicher Einbindung der Marktfolge auch als Vertriebsleiter weiterentwickeln und forcieren wollte. Da ich ja beide Blickwinkel bestens kenne, war das ja auch sehr gewinnbringend für den Gesamtprozess.“
Versteher-Magazin: „Und was kam danach?“
Neutgens: „Dann zeichnete sich 2016/2017 erst mal die Fusion mit den Kollegen der Volksbank Bonn Rhein-Sieg eG ab. Die durfte ich dann zunächst als Projektleiter der Fusion und anschließend als Vorstand aktiv mitgestalten und begleiten. Da ging es um das Zusammenbringen von zwei großen Häusern und zwei unterschiedlichen Arbeitskulturen. Das war natürlich eine große Herausforderung. Glücklicherweise hatte Herr Wiebusch den Kollegen ebenfalls bereits die Sicht der Unternehmer und damit das Prinzip hinter der Kooperation – auch dort wurden Trios Firmenkunden, Private Banking und Marktfolge Aktiv gebildet – in seinen Coachings gut rüberbringen können.“
Wiebusch: „Und wenn ich mich richtig erinnere, waren es auch dort wieder die Vorstände und Führungskräfte, die von Anfang an voll dabei waren, während einige Mitarbeiter erst überzeugt werden mussten und dann aber super mitgezogen haben.“
Versteher-Magazin: „Wie hat sich die Kooperation zwischen Firmenkundenbanking und Private Banking in den Jahren nach der Fusion weiterentwickelt?“
Neutgens: „Wir konnten die Häuser recht schnell aufeinander abstimmen. Die Kooperation der entsprechenden Abteilungen war schließlich für beide Quellbanken nichts Neues, an das man sich erst gewöhnen musste. Ich muss aber auch zugeben, dass wir nach der Fusion erst einmal davon Abstand nehmen mussten, überall optimale Arbeit zu erwarten, da wir im täglichen Erleben erkannt haben, dass die Arbeitskulturen im Detail doch unterschiedlich waren. Stellen Sie sich vor: Zwei so selbstbewusste Institute wie unsere fusionieren. Da ist es klar, dass im Stress der Fusion die Zusammenarbeit auch mal nicht so reibungslos abläuft wie erhofft, gerade was die gemeinsame Gesprächsvorbereitung und ‑nachbereitung angeht. Aber das war alles temporär und erwartbar. Heute können wir wieder das Optimum erwarten und haben gerade in 2019/2020 hier noch mal deutlich nachgesteuert sowohl auf der personellen Seite als auch in der Ablauforganisation.“
Wiebusch: „Ja, die Situation direkt nach der Fusion war nicht immer optimal. Aber sie war gut und das lag nicht zuletzt daran, dass man frühzeitig nach dem Beschluss der Fusionierung gemeinsam wichtige Themen diskutiert hatte: Wie will man das Firmenkundengeschäft generell zukünftig betreiben? Möchte man eine eigene Abteilung Private Banking für Unternehmerfamilien aufbauen? Wie will man die Tandem- oder Trioberatung mit Firmenkundenberater, Private-Banking-Berater und Marktfolge Aktiv angehen? All das darf nicht ohne gut durchdachten Plan angegangen werden, sonst leidet man vielleicht noch Jahre nach der Fusionierung an den Reibungen, die Herr Neutgens erwähnt hat. Da widerspreche ich auch entschieden denjenigen, die sagen ‚erst fusionieren, dann optimierenʻ: Oft genug hat sich diese Reihenfolge als hinderlich herausgestellt, denn gerade die Tandemberatung kann nach der Fusion das Zusammenwachsen von Personal und Institutskultur befeuern, wenn vorher gut geplant wurde. Und auch aufseiten der Unternehmer ist es wichtig, den Mehrwert der Fusion so schnell wie möglich unter Beweis stellen zu können – durch eine fokussierte Tandem- oder Trioberatung, die eben nicht einfach über Nacht wächst.“
Versteher-Magazin: „Wir sprachen bereits über Ihre generellen Voraussagen zu 2021 und die Zukunft. Welche Herausforderungen sehen Sie denn explizit in der Kooperation zwischen Firmenkunden- und Private Banking?“
Wiebusch: „Wer jetzt noch nicht optimal aufgestellt ist, sollte schnell handeln. Denn die Zeit läuft ab und der Wettbewerb schläft nicht. Viele Institute unterschätzen die Zeit, die es braucht, um eine solche Kooperation aufzubauen und zu optimieren und den Unternehmer letztlich zum Abschluss zu bringen. Dazu braucht man Planung, Struktur, Methodik und Übung. Ich sehe auch immer wieder, dass die Position des Firmenkundenberaters als ‚Türöffnerʻ überschätzt wird. Man geht davon aus: Sobald der einen Fuß in der Tür hat, ist das Geschäft eine sichere Sache. Doch wie viel Arbeit erst noch hineingesteckt werden muss, das unterschätzen viele. Dann kommt es zu einem gewissen Belohnungsaufschub: Es kann monate- oder gar jahrelange Top-Vorarbeit und ‑Leistung erfordern, bis man einen Abschluss erzielt. Wer also glaubt, es reiche aus, ´mal eben nebenbei die Tandem- oder Trioberatung zu trainieren, bis der Unternehmer sich dazu überreden lässt, mal 15 bis 20 Minuten mit dem Private-Banking-Berater zu sprechen, um schnell, große Abschlüsse zu erzielen, der irrt sich gewaltig!“
Neutgens: „Das können Ihnen auch die Berater meines Hauses zu 100 % bestätigen. Aus eigener Erfahrung kann ich außerdem sagen, dass Geduld nicht immer die Stärke von uns Vorständen ist. Auch wir müssen also lernen: Gut Ding will Weile haben. Eine effektive interne Kooperation wie unsere ‚Top-Kunden-Beratungʻ ist eben nicht in wenigen Tagen aufgebaut. Dazu braucht es schon einige Wochen oder Monate und gutes Training. Also: besser jetzt schon anfangen.“
Versteher-Magazin: „Möchten Sie unseren Lesern noch einige finale Worte mit auf den Weg geben?“
Wiebusch: „Ich denke, wir erleben zurzeit auf dem Markt einige der dynamischsten Veränderungsprozesse seit dem Zweiten Weltkrieg. Da müssen Familienunternehmer, Unternehmerfamilien sowie Banken, Volksbanken, Sparkassen und Finanzberatungsinstitute jeglicher Art Mut, Entschlossenheit, Planung, Methodik und Ausdauer an den Tag legen, um sich zu bewähren. In einem Marktumfeld, in dem die Finanzprodukte immer ähnlicher werden, ist für Unternehmer der subjektive Wohlfühlfaktor das ‚Zünglein an der Waageʻ – er entscheidet letztlich darüber, bei wem der Unternehmer kauft. Und die Tandem- oder Trioberatung durch Firmenkundenberater, Private-Banking-Berater und Marktfolge Aktiv ist ein hervorragendes Mittel, diesen Wohlfühlfaktor langfristig zu etablieren. So zeigt man dem Unternehmer: Bei uns bist du gut aufgehoben!“
Neutgens: „Mir gefällt der Begriff ‚dynamische Veränderungsprozesseʻ. Der trifft den Nagel auf den Kopf, ohne Panik und Hektik zu verbreiten. Denn wenn wir uns in der genossenschaftlichen Finanzgruppe darauf konzentrieren, unsere regionale Stärke professionell, strukturiert und stringent auszuspielen, dann wird sich zeigen, dass wir nicht ohne Grund seit dem Jahr 1850 ein erfolgreiches und stabiles Geschäftsmodell betreiben. Ja, die Zeiten sind spätestens seit Beginn der andauernden Pandemie extrem herausfordernd. Aber wir sind schon aus der Finanzmarktkrise als Gewinner hervorgegangen. Wenn wir uns diese Tatsache vor Augen halten und aktiv Maßnahmen entwickeln, die es uns erlauben, die geballte Kraft des einzelnen Instituts sowie des Verbunds beim Unternehmer spielen zu lassen, dann werden wir auch die aktuellen Herausforderungen meistern und gestärkt aus diesen hervorgehen.“
Versteher-Magazin: „Herr Neutgens, Herr Wiebusch, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.“
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