Bald ist es wieder so weit: Das große Finale der Champions League 2023 steht an. In einigen Wochen wird dann in Istanbul der neue König der europäischen Fußballklubs gekürt. Nein, keine Sorge: Dieser Artikel ist keine Ausrede, um meinen inneren Fußball-Fan rauszulassen. Vielmehr glaube ich, dass sich in der Champions League die Unterschiede zwischen Kreisklassen- und Champions-League-Qualität so deutlich zeigen, wie wir es in der Finanzbranche – mangels einer „Finanz-Europameisterschaft“ – nie zu sehen bekommen. Lassen Sie uns also mal in Gedanken durchspielen, wie man speziell im Bereich Private Banking respektive Wealth Management (nachfolgend ist immer beides gemeint, wenn Private Banking genannt wird) für Unternehmer eine Champions-League-Bank von der Kreisklasse unterscheiden könnte. Und worauf zu achten ist, wenn man diesen Sprung erst noch umsetzen möchte.
Nur mal so am Rande notiert: Die Älteren unter Ihnen wissen bestimmt noch, dass die Champions League früher „Cup der Landesmeister“ hieß und dass auch wirklich nur die Landesmeister teilnehmen durften. Heute nehmen zahlreiche weitere Vereine teil, sodass der Gewinner sich in meinen Augen dann zu Recht „Europas Champion“ nennen darf. Denn am Ende hat man halt alle anderen hinter sich gelassen und den Cup gewonnen. Ähnlich ist es im Private Banking für Unternehmer: Zahlreiche Wettbewerber und Konkurrenten buhlen um den Cup – den Unternehmer. Und wer den Abschluss bekommt bzw. den höchsten Marktanteil hat, ist dann der Champion.
Zielsetzung und Mindset für die Spitzenklasse
Wenn wir das Beispiel der UEFA Champions League nehmen, dann kommen wir natürlich an einem prototypischen High-Performer-Klub nicht vorbei: dem FC Bayern München (von dem ich übrigens kein Fan bin). Den kennt man selbst dann als DEN deutschen Spitzen-Klub, wenn man mit Fußball vielleicht gar nicht so viel anfangen kann.
Das hat auch seinen Grund, denn im Herrenfußball steckt sich der Klub sehr hohe Ziele: Nur die Meisterschaft zählt! Und in der Champions League sowie dem deutschen Pokalwettbewerb ist es das Mindeste, dass man ins Halbfinale einzieht. Selbst wenn man dann noch ausscheiden sollte, darf das nur gegen einen anderen Spitzen-Fußballklub passieren. Vom Greenkeeper bis zum Trainer ist allen klar: Wir stellen nur die höchsten Ansprüche an unsere Leistung!
Übersetzt auf das Private Banking für (Familien-)Unternehmer in Banken, Sparkassen und Volksbanken, aber auch in Family Offices und bei Anbietern „freier“ Vermögensberatungen entspricht das einer Geschäftseinheit, die mit einem glasklaren Fokus auf ein eindeutiges Ziel hinarbeitet. Diese klare Definition kennen Sie vielleicht schon von meinem kostenlosen eBook zum Thema „Private Banking für Unternehmerfamilien“. Oder Sie erinnern sich an den kürzlich hier erschienenen Artikel „Was Handtaschen damit zu tun haben, dass Finanzinstitute ihre Top-Berater verlieren“, in dem ich anhand einer Anekdote aus dem Leben eines Familienunternehmers den Fragen nachgehe: Welche Ansprüche haben Top-Unternehmer überhaupt an echte Premium-Leistungen? Und was kann man als Institut tun, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden?
Anforderungen an das Private Banking der Champions-League-Klasse
Als regelmäßige Leser des Versteher-Magazins wissen Sie, dass Unternehmer in der Regel drei Steckenpferde haben. Drei Themen, mit denen sie sich naturgemäß gerne auseinandersetzen und bei denen sie besonders empfänglich für Beratung und Produktangebote sind:
- Ihr eigenes Unternehmen
- Ihre Rendite-Immobilien
- Steuern sparen
Der erste Punkt, den Sie sich hier merken sollten, ist: Eine Private-Banking-Einheit auf Champions-League-Niveau kümmert sich nicht nur um eines dieser Steckenpferde oder bietet einfach routiniert Wertpapiere an. Eine echte Champions-League-Einheit kümmert sich vollumfänglich um alle diese Steckenpferde. Und zwar speziell für Unternehmer, separiert vom normalen Private Banking. Auch wenn Wertpapiere eher selten den Hauptteil des Vermögens ausmachen, sind sie dennoch ein wichtiger Bestandteil des Unternehmervermögens bzw. sollten dies sein. Sich hingegen nur auf Wertpapiere zu konzentrieren ist kein Private Banking, sondern Wertpapierberatung. Und auf jeden Fall gehört eine gute Beratung im Generationenmanagement (Unternehmens- und Vermögensnachfolge) ins Repertoire einer Top-Einheit.
Der zweite wichtige Punkt ist: Als Private-Banking-Einheit speziell für Unternehmer und deren Familien sollten Sie immer wie ein Unternehmen denken. Um wieder auf den FC Bayern München zurückzukommen: Oliver Kahn wird ja häufig dafür kritisiert, dass er den Fußballklub wie einen Konzern aufbaut und sogar Konzernberater in den Klub geholt hat. Gerade die alteingesessenen Fans sehnen sich manchmal nach den alten Zeiten zurück, als es noch „einfach ums Bolzen ging“. Doch wenn wir uns das Ziel des Klubs vor Augen halten – die absolute Spitzenklasse, Champions-League-Pokal etc. –, dann führt meiner Einschätzung nach eigentlich kein Weg an der Ausrichtung als Wirtschaftskonzern vorbei. Immerhin weist der Verein einen Jahresumsatz von über 600 Mio. Euro aus, in der Spitze 2018/2019 sogar mehr als 700 Mio. Euro. Der FC Bayern München ist somit kein Bolzverein, sondern ein globales Wirtschaftsunternehmen mit dem Geschäftszweck Fußball. Nur so kann er effizient und leistungsfähig genug sein, um sein erklärtes Ziel zu erreichen.
Genauso sehe ich es in den Finanzinstituten: Wer eine Private-Banking-Einheit speziell für Unternehmer aufbaut, mit dem Ziel, Top-Unternehmer zu beraten, der muss auch dafür sorgen, dass diese Einheit betriebswirtschaftlich erfolgreich ist. Erst wenn das Private Banking zu einer gewinnorientierten Einheit mit dem Geschäftszweck der Finanzberatung für Unternehmer geworden ist, kann es so effizient sein, dass es dieses Ziel auch erreichen kann.
„Where focus goes, energy flows“
Fokus ist ein extrem wichtiger Aspekt, wenn man Top-Leistungen erbringen möchte. Das gilt auch für den bereits genannten bayerischen Fußballklub: Selbst wer sich nicht sonderlich für Sport interessiert, weiß sicher, dass der Klub seine oberste Priorität auf den Herrenfußball legt. Aber dass die FC Bayern München GmbH auch im Damenfußball und in ganz anderen Sportarten wie Basketball und Handball mitmischt, das dürfte eher unbekannt sein. Das liegt unter anderem daran, dass der Klub seinen Fokus auf den Herrenfußball gelegt hat, weil dort das größte Einnahme-Potenzial liegt. Das ist natürlich schade für die anderen Sportmannschaften unter der Schirmherrschaft des Klubs, aber rein wirtschaftlich geht an diesem harten Fokus kein Weg vorbei, wenn der Klub als Ganzes profitabel sein möchte.
Für Ihr Finanzinstitut, genauer gesagt für Sie als Anbieter von Finanzberatung, bedeutet das: Klar gibt es bei Ihnen noch diverse andere Geschäftsfelder neben der Beratung für Top-Unternehmerkunden. Doch die Erfahrung zeigt, dass ein wesentlicher Teil der privaten Vermögenswerte des Unternehmers aus dem Unternehmen kommt und dort originär erwirtschaftet wurde – und ein Großteil Ihrer Deckungsbeiträge im Private Banking kommt wiederum von den Unternehmerkunden. Da ist es eigentlich klar, wo man als Finanzinstitut den Fokus setzen sollte.
Wir sehen also: Während Kreisliga- und Champions-League-Vereine beide Fußball spielen, ist ihr Fokus doch ein ganz anderer. Die einen bolzen vor allem in der Freizeit aus Spaß am Sport, die anderen wollen unbedingt den wichtigsten Pokal des europäischen Fußballs gewinnen. Aus dem unterschiedlichen Fokus ergibt sich natürlich auch eine ganz unterschiedliche Herangehensweise: Bei den einen geht es – flapsig ausgedrückt – darum, wer nach dem Spiel den Kasten Bier spendiert; bei den anderen wird jedes Milligramm Kohlenhydrate in einem Ernährungsplan verzeichnet, der auf maximale Leistungsfähigkeit getrimmt ist.
Die Rahmenbedingungen für Premium-Beratung schaffen
Für Finanzinstitute mit dem Anspruch, Top-Unternehmer zu beraten, kann das schon mal bedeuten: Wenn es keine Firmenkundenabteilung im Institut gibt, dann muss man sich als Private-Banking-Experte eben trotzdem mit der Firma beschäftigen – Wertschöpfungsketten, Unternehmensstrukturen etc. Darüber hinaus müssen die Rahmenbedingungen für eine echte Champions-League-Beratung aufgebaut werden:
- Champions League heißt: Sie brauchen eine Angebotspalette, die überregional verfügbar ist. Also überall dort, wo der jeweilige Unternehmer ansässig ist, und nicht nur in den Ballungszentren. Dies gilt vor allem für Immobilien-Angebote und Dienstleistungen. Mehr dazu finden Sie in zahlreichen Artikeln und Podcasts des Unternehmer-Versteher-Magazins und im kostenlosen eBook „Unternehmer und Immobilien“.
- Champions League heißt, die grundsätzlichen Strukturen für die Beratung von Top-Unternehmern zu besitzen – aber deshalb muss man das Geschäft mit anderen Kundengruppen nicht gleich liegen lassen. Darum: keine überbordenden Komplexitäten in den Produktkonzeptionen!
- Champions League heißt, innerhalb der verfügbaren Rahmenbedingungen alle Ertragspotenziale auszuschöpfen, die es gibt. Ein-Produkt-Angebote sind kein Private Banking. Es sind Ein-Produkt-Angebote! Eventuell sogar sehr erfolgreich und extrem profitabel für alle Beteiligten – aber es ist dann halt kein „echtes“ Private Banking.
- Champions League heißt: Technologien und Digitalisierung effektiv und richtig nutzen, anstatt sich in einem von Hype getriebenen Rattenrennen völlig zu verfahren.
- Champions League heißt aber auch, dass man sich bewusst ist: Man spielt jetzt ganz oben mit. Da kann man nicht JEDES Jahr den Pokal gewinnen. Und das jüngste Ausscheiden des FC Bayern München im DFB-Pokal zeigt, wie herausfordernd und stellenweise unberechenbar das Geschäft auf Top-Niveau sein kann. Doch der Fokus und die damit zusammenhängenden Investitionen (in Personal inkl. Assistenzen, Technik, Aus- und Fortbildung etc.) sollte immer so gestaltet sein, dass man ihn gewinnen KÖNNTE.
Ein weiterer Bereich, in dem das Finanzwesen vom Fußball lernen kann: Beschränken Sie sich im Wertpapiergeschäft nicht nur auf die eigenen Verbundpartner. Natürlich brauchen Sie sich nicht allen Anbietern zu öffnen, aber ein guter Mittelweg deckt alle Notwendigkeiten ab und macht klar, was man in diesem Bereich alles tun kann und will. Beim Fußball sind die Spieler ja auch auf das Trikot eines spezifischen Sponsor-Partners beschränkt, während sie bei den Schuhen zwischen unterschiedlichen Partnern wechseln können.
Alle Ebenen müssen demselben Fokus folgen
Was die Rahmenbedingungen angeht, gibt es noch einen weiteren Punkt, der für Fußballmannschaften genauso gilt wie für Finanzdienstleister: Am Ende gewinnt oder verliert immer das Team – nicht der jeweilige Einzelspieler. Natürlich gibt es sogenannte „Entscheidungsspieler“ wie Haaland, Lewandowski, Mbappé & Co. Aber auch Sie gewinnen nur mit einem Team um sich herum. Beim Champions-League-Fußballklub beinhaltet das zusätzlich den Assistenz-Stab und bei Ihnen im Institut das Backoffice. Die Mitarbeiter dieser Bereiche sind ebenso entscheidend für Ihren Erfolg.
Selbstverständlich geht dieser Hinweis auch – oder vor allem – an den Vorstand und die Führungskräfte. Denn wenn die Führungsetage des Fußballklubs nicht dasselbe Ziel vor Augen hat wie die Spieler und umgekehrt, wird es mit dem Pokal (dem Top-Abschluss beim Unternehmer oder dem größten Marktanteil in dieser Klientel) auch nichts. Und wenn der Vorstand oder die Führungskräfte im Institut kein Commitment gegenüber dem gemeinsamen Ziel zeigen, dann wird man es auch nicht erreichen, egal wie viel Mühe man sich auf Berater-Ebene gibt. Schauen Sie sich als Beispiel nur die jüngere Geschichte des FC Köln an. Der kam auch mal in die Europa League, damals noch mit Modeste als Mittelstürmer. Das war ein tolles Spektakel für die Fans, aber so richtig ernsthaft ist man es aufseiten der Klubführung dann nicht angegangen. Niemand hat die Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen Erfolg sichergestellt und bald war der Traum auch schon wieder aus. Und wir reden hier „nur“ von der Europa League.
Veränderungen auf dem Weg zur Champions League
Christian Streich, der Fußballtrainer des SC Freiburg, hat sich mal öffentlich darüber geäußert, was wohl passieren würde, wenn sein Klub in die Champions League käme. Er meinte daraufhin ganz treffend, dass sich die Rahmenbedingungen komplett ändern würden:
- Ein neuer Fokus, von national auf international
- Ein veränderter Spielrhythmus bedeutet, dass Belastungssteuerung und Kaderbreite entscheidend werden
- Ein neuer Fokus auf Motivation und Spielmoral, wenn sowohl Liga-Alltag als auch Champions League gemeistert werden sollen
- Nötige Änderungen an der Infrastruktur: Stehplätze gegen Sitzschalen austauschen etc. – auch im Hinblick auf unterschiedliche Liga-Spiele im selben Stadion
- Weitere Rahmenbedingungen: Was macht es z. B. körperlich und psychologisch mit den Spielern, wenn sie am Montag bei 3 Grad nach Madrid fliegen, dort am Mittwoch bei 25 Grad spielen und am Donnerstag bei 4 Grad wieder in Deutschland ankommen und am Sonntag dann „nur“ gegen Mainz spielen?
- Und, und, und…
Dass all diese Umstellungen und neuen Herausforderungen für manchen Klub zu viel sein können, sieht man in der Bundesliga zum Beispiel an Eintracht Frankfurt und dem RB Leipzig. Bayern München oder international auch Real Madrid haben diesen Umstieg deutlich besser geschafft, da hier frühzeitig entsprechende Rahmenbedingungen für den neuen Fokus geschaffen wurden. Unter welchen finanziellen Voraussetzungen die Top-Klubs in Deutschland, Spanien, England und Italien das geschafft haben, lasse ich hier außen vor. Wie oben erwähnt kann es da schnell zum „Rattenrennen“ kommen. Diese extremen persönlichen, psychologischen und körperlichen Herausforderungen werden beim Scouting der Zielspieler klar kommuniziert. „Mia san mia“ (Bayern München), „Més que un Club“ („Mehr als ein Club”, FC Barcelona), „¡Hala Madrid! …y nada más“ („Hala Madrid! …und sonst nichts“, Real Madrid). Nahezu alle Top-Clubs zeigen allen Beteiligten von Anfang an, was von ihnen erwartet wird.
Eine ähnliche Umstellung wird notwendig werden, wenn Sie mit Ihrem Institut eine hochprofessionelle, ertragreiche und fokussierte Premium-Beratung für Top-Unternehmerkunden liefern möchten (hier nur ein ganz kleiner Ausschnitt der nötigen To-Dos):
- Berater sollten bereit sein, zum Unternehmer zu reisen, auch wenn das Unternehmen weit weg von den Ballungszentren sitzt.
- Die Videoberatung muss einwandfrei funktionieren, sodass sie sinnvoll punktuell angeboten werden kann.
- Berater sollten auch mal am Wochenende sowie zu unbequemen Zeiten unter der Woche verfügbar sein.
- Führungskräfte und Vorstand müssen an Bord sein – das Private Banking für Unternehmer hält die größten Ertragspotenziale bereit und darf nicht unter anderen Prioritäten leiden.
- Die Beratung von Unternehmern ist ein Privileg! Und nicht nur ein Job. Der Beruf muss zur Berufung werden. 100 % Fokus!
Für Premium-Beratung braucht es Premium-Personal
Wenn Sie den Text bis hier gelesen haben, dann hatten Sie sicher auch schon den Gedanken, dass echte Top-Leistungen ohnehin nur mit Top-Mitarbeitern erbracht werden. Egal, ob Mittelstürmer und Greenkeeper oder Berater und Assistenz. Dieser Gedanke ist völlig richtig. Viele Institute übersehen bei der Personalfrage allerdings einen wichtigen Sachverhalt. Schauen wir uns dazu mal an, wie es (laut transfermarkt.de) um die Kader der aktuellen Top-Vereine bestellt ist:
Verein | Anzahl Kader | Eigene Jugend | Anteil |
---|---|---|---|
FC Bayern München | 27 | 6 | 22,22 % |
Borussia Dortmund
|
33 | 6 | 18,18 % |
Real Madrid
|
24 | 2 | 8,33 % |
FC Barcelona
|
22 | 7 | 31,82 % |
FC Liverpool
|
30 | 7 | 23,33 % |
Manchester City
|
24 | 3 | 12,50 % |
FC Chelsea
|
32 | 5 | 15,63 % |
Gesamt:
|
192 | 36 | 18,75 % |
Und wer waren die Gewinner der letzten 10 Champions Leagues? 5x Madrid, 1x Chelsea, 2x Bayern, 1x Liverpool, 1x Barcelona. Gleichzeitig kommen von insgesamt 192 Spielern nur 36 aus der eigenen Jugend. Real Madrid hat sogar die meisten Titel eingefahren und gleichzeitig den geringsten Anteil an Spielern aus der eigenen Jugend. Mit anderen Worten: Fußballklubs, die als klaren Fokus den Sieg bei der Champions League haben, kaufen die Besten der Besten ein, statt sich nur auf die eigenen Leute zu verlassen. Und genau das sollte man auch als Finanzinstitut nicht aus den Augen verlieren. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Top-Leute aus den eigenen Reihen sind „Gold“ wert. Doch mal ehrlich: Wenn jemand noch nie eine andere Firma gesehen hat, wie soll da eine Entwicklung bei sich selbst und – im Großen und Ganzen – in der Abteilung entstehen? Ich habe es nicht genau angeschaut, aber vermutlich sind von den 36 Spielern noch weniger echte Stammspieler. Ein Thomas Müller (aus der eigenen Jugend zum Stammspieler) ist da eher der europäische Exot unter den Klassespielern.
Leider werden an dieser Stelle oft Investitionen gescheut oder man möchte „das Gehaltsgefüge nicht durcheinanderbringen“. Das ist eine ganz typische Situation, die ich schon seit 30 Jahren immer wieder sehe: Man ruft das Geschäft mit den Unternehmerkunden als den neuen Fokus aus, aber gleichzeitig will man ja eigentlich Kostensparmaßnahmen durchziehen. Da bleibt dann oft doch nicht das nötige Geld übrig, um extern Vollprofis für die Abteilung einzukaufen. Von Gehaltsstrukturen („können wir nicht bezahlen“) bis zu wechselnden Vorständen mit immer neuen Ideen gibt es da unzählige Faktoren, warum man den Einkauf von Top-Performern dann doch nicht so konsequent durchzieht, wie es erforderlich wäre. Und damit bleibt die gesamte geplante Elite-Abteilung im schlimmsten Fall doch nur Kreisklasse. Wie schon häufig von mir erwähnt: Die Branche der Finanzberatung hat kein Erkenntnisproblem (große Vermögen werden von Unternehmern erschaffen/aufgebaut), sondern ein Umsetzungsproblem (konsequent umsetzen, fokussiert sein, dauerhaft dranbleiben). Gleichzeitig sieht man, dass die Institute, die ihre Fokussierung konsequent und nachhaltig in die Tat umgesetzt haben, oft sogar erfolgreicher geworden sind, als sie es selbst geplant hatten.
Keine Investitionen in Top-Personal scheuen
Bei den Instituten, die die entsprechenden Investitionen scheuen und den Fokus auf die Champions League nicht rigoros umsetzen, sieht man am Ende immer, dass sie dann doch lieber nur schnelle Erträge im „hier und jetzt“ erzielen möchten. Klar, das gibt auch Erträge – aber deutlich geringere und das volle Potenzial der wichtigen Kundenschicht der (Familien-)Unternehmer wird damit längst nicht voll ausgeschöpft. Doch für Sie sollte das eher noch ein Ansporn sein: Bedenken Sie, wie viel Potenzial durch Ihre Konkurrenten liegen gelassen wird, wie viel Bedarf es auf dem Markt gibt, der durch das aktuelle Angebot nur ansatzweise abgedeckt wird. Ziehen Sie Ihren Fokus gegen alle Widerstände durch und Sie werden sehen: All das ist nur die Spitze des Eisbergs. Da geht noch viel mehr! Gerade in Zeiten wie diesen, in denen sich Firmen neu aufstellen oder verkauft werden. Oder Immobilienportfolios „neu gedacht“ werden und angepasst werden müssen.
Bauen Sie sich also eine Abteilung aus absoluten Vollprofis, Experten und Spezialisten zusammen, gerne auch einen gesunden Mix aus erfahrenen und weniger erfahrenen Beratern, die voneinander lernen können. Sie brauchen also nicht gleich die gesamte Abteilung zusammenzukaufen. Doch wenn Sie glauben, dass Sie eine Premium-Beratung für Top-Unternehmerkunden allein mit dem bereits vorhandenen Personal aufbauen können, dann muss ich Ihnen leider sagen, dass die Wahrscheinlichkeit dafür eher gering ist. Das wäre, als ob der FC Bayern den Champions-League-Titel gewinnen möchte, aber dafür nur Spieler mit Bundesliga-Erfahrung und aus der eigenen Jugend aufstellt. Natürlich gibt es derzeit sehr starke Einheiten, die komplett aus Eigengewächsen bestehen. Aber im Verhältnis zur Menge der Anbieter sind das eher Ausnahmen als die Regel.
Ihre Instituts-DNA ist nicht in Gefahr!
Auch das Thema Instituts-DNA sollte natürlich bedacht werden. Meiner Erfahrung nach machen sich da aber viele Institute unnötige Sorgen und nutzen die Angst um die „DNA unseres Hauses“ eher als Ausrede, um wichtige Personal-Akquisitionen dann doch nicht durchzusetzen.
Ich sage Ihnen: Wenn Sie die Sache mit Mut angehen und alles mit Augenmaß und guter Führung durchgezogen wird, brauchen Sie sich um die DNA Ihres Instituts keine Sorgen zu machen. Dieser Aspekt wird ohnehin oft romantisiert und in der Folge stark überschätzt. An dieser Stelle möchte ich einfach mal direkt den Profi-Fußballer Thomas Müller zu Wort kommen lassen, der diese Idee in einem Beitrag zum sogenannten „Bayern-Gen“ trefflich auf den Punkt gebracht hat:
Klar, in der Kreisliga zählt dann auch die persönliche Chemie – da ist man ja oft auch mit persönlichen Freunden in derselben Mannschaft. Doch in der Champions League zählt in erster Linie das Gewinnen. Natürlich ist auch hier ein respektvoller und höflicher Umgang wichtig – aber es zählt eben nicht, ob man am Wochenende nach dem Spiel noch was gemeinsam unternimmt. Letzterer Punkt ist einfach nicht so ausschlaggebend für den Erfolg des gesamten Teams wie die tatsächliche Leistungsfähigkeit aller Mitglieder. Denn wenn die Besten miteinander arbeiten, dann wird das gesamte Team immer besser und resilienter, unabhängig von der „Instituts-DNA“.
Gewachsene Kundenbeziehungen mit Vorsicht angehen
In vielen Instituten herrscht die Angst, dass durch neues Personal gewachsene Kundenbeziehungen zu den bisherigen Beratern verloren gehen. An dieser Stelle ist in der Übergangsphase definitiv Fingerspitzengefühl gefragt. Doch das sollte Sie nicht davon abhalten, die Kunden entsprechend überzuleiten und auf wenige Top-Experten zu bündeln. Denn der Unternehmerkunde wird bei dem neuen Top-Berater noch besser aufgehoben sein als vorher – und das wird er auch merken. Bleiben Sie konsequent und Sie werden sehen: Bald hat der Unternehmerkunde auch zum neuen Berater eine Beziehung aufgebaut. Und Ihre Erträge werden merklich steigen.
Das perfekte Team – wie akquiriert man diese Mitarbeiter überhaupt?
Ich habe Ihnen jetzt viel dazu erzählt, warum Sie keine Angst davor haben sollten, sich auch Spezialisten und Experten von außen einzukaufen und ins Institut zu integrieren. Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Wie finde ich denn solche potenziellen Mitarbeiter und wie halte ich sie bei der Stange? Zu letzterem Punkt hat Jürgen Klopp mal sinngemäß gesagt, dass gerade die echten Weltstars einfach nur „Lust aufs Kicken“ haben. Alles drum herum, beispielsweise die körperliche Fitness, ist für Spieler auf diesem Niveau ganz selbstverständlich. Genauso liegt es auch an den Instituten, den Profis von außen „Bock auf Unternehmer“ zu machen. Dann erübrigt sich oft schon die Frage darum, welches Gehalt man ihnen bieten kann, um sie anzulocken. Oder glauben Sie, dass Top-Champions-League-Spieler von einem Klub zum nächsten wechseln, nur weil sie da mehr verdienen? Für diese ist eher der Gedanke ausschlaggebend: „Was soll ich in dem Klub überhaupt? Was bietet mir der Klub als Profisportler und was kann ich mit dem Klub erreichen?“ So wie Ihre Top-Leute vermutlich nie reich durchs Gehalt werden, sind die Weltklassespieler schon vor dem nächsten Wechsel finanziell gut aufgestellt. Geld als einziger Treiber hat noch nie etwas Außergewöhnliches hervorgebracht. Weder im Sport noch in der Industrie.
Es geht also bei Ausschreibungen für Top-Mitarbeiter weniger darum, wie viel man verdient. Vielmehr sollten Sie schon in der Ausschreibung klarmachen, warum man ausgerechnet in Ihr Team kommen sollte. Haben Sie die oben genannten Punkte zum Fokus des Instituts und zu den Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Premium-Beratung bereits konsequent umgesetzt, schreiben sich die Argumente für den Wechsel in Ihr Haus fast wie von selbst. Und dann kommen auch die Top-Leute zu Ihnen, denn diese suchen vor allem nach einem Institut, wo sie genau das tun können, was sie lieben: Die Arbeit mit Unternehmern – den spannendsten Kunden, die man sich als Finanzberater vorstellen kann.
Und vergessen Sie nicht: Die wirklichen Top-Leute, die Sie brauchen, um bei der Unternehmerberatung in der Champions League zu spielen, sind selten! Stellen Sie sich vor, wir würden eine Umfrage in der Beraterszene durchführen:
- Wie viele Private Banker gibt es, die gerade aktive Unternehmer (also nicht zur Ruhe gesetzt und keine Erben oder Nachwuchs) beraten?
- Dann fragen wir weiter nach, welche dieser Berater wie viele Unternehmer betreuen, die aktive Volumina von 3 bis 5 Millionen Euro oder mehr bei ihnen (!) im Haus liegen haben (also nicht: ein kleinerer Betrag beim Berater, der Rest woanders = „Potenzialkunde“).
- Da wird sich die Liste vermutlich bereits stark ausdünnen. Filtern wir jetzt noch nach denjenigen, deren Kundenkartei zu mindestens 80 % aus solchen Unternehmern bestehen und…
- …die gleichzeitig eine langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit dem Firmenkundenberater (Stichwort: Tandem) haben, dann wird die Luft schon ganz schön dünn.
Das soll nicht bedeuten, dass wir in Deutschland nicht viele Top-Leute und herausragende Private Banker, Wealth Manager, Family Officer und Vermögensberater haben. Allerdings wird es sehr rar, wenn diese gleichzeitig alle vier Bedingungen erfüllen, die sie zur absoluten Spitze machen.
Spätestens an dieser Stelle werden Sie mir beipflichten, dass derartige Experten mit großer Erfahrung äußerst selten sind. Und Sie werden diese Top-Leute nur dann anwerben können, wenn Sie ihnen zeigen können, dass Ihr Institut sich die anderen in diesem Artikel besprochenen Aspekte – absoluter Fokus und bestmögliche Rahmenbedingungen – zu Herzen genommen hat.
Nur Champions-League-Qualität qualifiziert sich auch wirklich für die Champions League
Um das zum Abschluss nochmals deutlich zu machen: Weder ist die Kreisklasse dilettantisch noch die Champions League per se gut. Viele Kreisklassespieler sind mit großer Begeisterung und hohem Einsatz dabei – was man selbst bei manchen Bundesligaspielen nicht erkennen kann. Aber ab einer bestimmtem Spielklasse heißt es dann „entweder oder“. Aus dem Freizeitkicker mit Job wird ein Vollprofi mit Hauptjob Fußball.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in diesem Artikel näherbringen konnte, warum es eine so umfassende Aufgabe ist, ein Finanzinstitut für die absoluten Top-Kunden bereit zu machen. Denn so, wie in der Champions League im Fußball nur die Allerbesten mitspielen können, lässt sich auch eine durchgehende Top-Qualität bei der Finanzberatung von Unternehmern nur dann erreichen, wenn man auf allen Ebenen Top-Leistungen erbringt. Das erfordert einen klaren Fokus, die passenden Rahmenbedingungen sowie Experten, die mit diesem Fokus und unter diesen Bedingungen Top-Leistungen erbringen können und wollen! Setzen Sie die in diesem Artikel dargelegten Tipps um und Sie werden Ihr Angebot an Unternehmerkunden bald auf ein absolutes Top-Niveau bringen, egal ob im Private Banking oder im Firmenkundengeschäft. Glauben Sie mir: Es lohnt sich doppelt und dreifach!
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