Finanzinstitute werden im Geschäft mit Familienunternehmen und Unternehmerfamilien aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Umbrüche des neuen Jahres sowie deren Auswirkungen auf das unternehmerische Privatvermögen ebenfalls vor neue Herausforderungen gestellt. So, wie sich Familienunternehmen verändern müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen auch die Institute überprüfen, ob ihre Strukturen noch zeitgemäß sind. Hierbei gibt es mehrere Ansatzmöglichkeiten, um dem veränderten Wirtschaftsklima 2019 Potenziale abzugewinnen und systematisch zu nutzen.
Das eigene Private Banking Angebot klar definieren
Am wichtigsten wird es für Finanzinstitute werden, das eigene Angebot klar zu definieren und dadurch Segmentreinheit herzustellen. Mit anderen Worten: Unternehmern sollte ein eigenes Private Banking (oder zumindest ein oder mehrere eigene Berater) angeboten werden, das nach außen und innen eindeutig zum Private Banking für Nicht-Unternehmer abgegrenzt ist. Dies lässt sich beispielsweise durch eine klare interne und externe Kommunikation und eine spezielle Angebotspalette für Unternehmer schaffen.
Ist diese Segmentreinheit auf Ebene des Instituts erst einmal hergestellt, muss das eigene Angebot noch effektiv gegen den Wettbewerb abgegrenzt werden. Dazu werden am besten ein oder mehrere Alleinstellungsmerkmale herausgearbeitet und den Unternehmer-Zielgruppen klar kommuniziert. Dies sollte sowohl auf Ebene überregionaler als auch regionaler Alleinstellungsmerkmale geschehen.
Das Bedarfsprofil des Familienunternehmers kann dabei helfen, Punkte zu identifizieren, über die eine effektive Abgrenzung und maßgeschneiderte Ausrichtung des eigenen Angebots stattfinden kann:
Danach muss dem Unternehmer noch klar, attraktiv und innovativ kommuniziert werden, was Unternehmerberatung aus Sicht des eigenen Finanzinstituts bedeutet. Auch die Frage, ab wann ein Unternehmer diesen Service in Anspruch nehmen kann, sollte geklärt werden.
Abweichen von Mindest-Volumina
Ein wichtiger Punkt für das Jahr 2019 wird es sein, von Mindest-Volumina für die Unternehmerberatung abzusehen. Das Konzept ist gerade im Bereich Familienunternehmer nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen sollten Beratungsschwerpunkte und ‑potenziale je nach individuellem Geschäftsmodell sondiert werden.
Institute, die noch die Beratung ab einem spezifischen Volumen praktizieren, sollten dem Kunden von Anfang an klar signalisieren, welches Volumen mindestens erreicht werden muss. Und hat man sich einmal eine solche Grenze auferlegt, sollte man diese konsequent durchsetzen, um den eigenen Standpunkt und die eigene Premium-Marke nicht zu verwässern. Besitzt der Unternehmer noch Bestände in anderen Instituten, die er verschieben würde, um die Mindestgrenze zur Beratung zu erreichen, sollte ihm dazu eine faire, aber feste Zeitspanne eingeräumt werden. Hält der Unternehmer diese nicht ein, sollte konsequent umgeschlüsselt werden und der entsprechende Zeitpunkt intern und extern präzise, differenziert und höflich kommuniziert werden.
Strukturelle Erfolgsfaktoren für das Private Banking
Um Familienunternehmer erfolgreich für das eigene Private Banking Angebot zu begeistern, sollten Finanzinstitute eine Reihe von strukturellen Elementen in die Organisation des eigenen Instituts beziehungsweise des Produktangebots übernehmen.
Fall 1: Es gibt ein Firmenkundengeschäft
Ist der Unternehmer bereits Firmenkunde im eigenen Institut, gibt es verschiedene Ansatzpunkte, ihn auch vom Private Banking Angebot zu überzeugen. Dazu werden zunächst Zielpersonen identifiziert und Fragen an den Kunden gestellt, die je nach Antwort zu einer bestimmten Strategie und Handlung führen können. Folgendes Schema sollte dabei befolgt werden:
Wurde das Schema mit positivem Ergebnis durchgearbeitet, können nun die strukturellen Faktoren angegangen werden, die im eigenen Institut etabliert werden müssen, um den Erfolg beim Private Banking für Familienunternehmer zu gewährleisten:
- Segmentreinheit: Um diesen oben beschriebenen Punkt zu etablieren, sollte eine eigene Abteilung (bei kleineren Instituten Einzelpersonen) aufgebaut werden, die sich explizit nur um Private Banking für Unternehmer kümmert. Dies sollte auch so nach außen kommuniziert werden. Auf diese Weise werden die Erfolgschancen für Gesprächsvorbereitung, Lerneffekte, Abwicklung und Markenbildung erhöht.
- Zielkartenabstimmung: Um eine wirklich umfassende Beratung im Tandem zu gewährleisten, müssen die Zielkarten zwischen Firmenkundenberater und Private Banking Berater aufeinander abgestimmt werden. Unter Berücksichtigung diverser Gesetze und Richtlinien (z.B. WpHG und MiFID) und durch eine enge Kooperation zwischen den Abteilungen kann so dafür gesorgt werden, dass Erträge mit dem Unternehmer nur gemeinsam erwirtschaftet werden können – entscheidend für den Erfolg bei der Tandemberatung.
- Deckungsbeitragszuordnung: Wurden Segmentreinheit und Zielkartenabstimmung gut umgesetzt, lässt sich die Zuordnung des Deckungsbeitrags problemlos sinnvoll strukturieren: Erträge, die innerhalb des Firmenkundenportfolios erwirtschaftet wurden, gehören dementsprechend in die Deckungsbeitragsrechnung des Firmenkundenberaters – Private Banking Erträge werden dann zum Private Banking Berater gespiegelt.
- Tandem-Führung: Ist ein Unternehmer sowohl Firmen- als auch Privatkunde im Institut – oder soll er es werden – ist eine professionelle und strukturierte Führung im Tandem zwischen den Leitern Firmenkundenbanking und Private Banking zu empfehlen. Hierbei sollten klare Spielregeln für eine gemeinsame Führung von Beratertandems definiert und umgesetzt werden. Wie dies auf individueller Ebene effektiv und konkret realisiert werden kann, wird in meinem Inhouse Seminar Tandem-Führung erarbeitet.
Vor Schnellschüssen beim Etablieren dieser Erfolgsfaktoren ist übrigens abzuraten: Segmentreinheit, Zielkartenabstimmung, Deckungsbeitragszuordnung und Tandemführung sind groß angelegte Strukturveränderungen, die eine gewisse Zeit erfordern. Meiner Erfahrung nach kann bereits das nachhaltig erfolgreiche Einführen von Segmentreinheit bis zu 12 Monate in Anspruch nehmen.
Fall 2: Ein Firmenkundengeschäft ist nicht vorhanden
Finanzinstitute, die kein Firmenkundengeschäft anbieten – oder bei denen der Unternehmer kein Firmenkunde ist – können das Private Banking über Strukturfaktoren zum Erfolg bringen, die sich zum Teil von den bereits genannten unterscheiden:
- Segmentreinheit: Die bereits beschriebene Segmentreinheit ist auch in diesem Fall ein wichtiger Faktor. Das Private Banking für Unternehmer muss sich intern und extern klar vom “anderen” Private Banking abgrenzen, ganz unabhängig davon, ob ein Firmenkundengeschäft existiert oder nicht.
- Recherchetaktiken: Ohne ein eigenes Firmenkundengeschäft sind auch keine Kreditakten vorhanden, die zur Strategiefindung und Vorbereitung auf Gespräche herangezogen werden könnten. Deshalb sollte ein großes Augenmerk auf effektive Recherchefähigkeiten der beteiligten Berater und auf die zur Verfügung gestellten Recherchemöglichkeiten gelegt werden. Die zielgerichtete Nutzung von Internet-Suchmaschinen kann bereits viele nützliche Informationen zutage fördern.
In Fällen, in denen kein Firmenkundengeschäft vorhanden ist, müssen zwar vergleichsweise weniger Punkte beachtet werden, doch dementsprechend wichtiger werden sie: Wird einer dieser Erfolgsfaktoren ineffizient ausgeführt, kann das die gesamten Erfolgschancen merklich senken.
Berater und Institut auf die Anforderungen 2019 vorbereiten
Auf Finanzinstitute kommt 2019 ebenso ein Umstrukturierungsprozess zu wie auf Familienunternehmen. Und auch vor dem Personal-Bereich machen diese Veränderungen keinen Halt: Die Auswahl der Berater für die jeweiligen Abteilungen beziehungsweise deren Aus- und Weiterbildung sollte durchdacht sein. Zu diesem Zweck habe ich vor Kurzem bereits die neuen Anforderungsprofile für Private Banking Berater und Firmenkundenberater dargelegt, an denen man sich bei dieser Herausforderung orientieren kann.
Wurden die Mitarbeiter ausgewählt, geschult und eingesetzt sowie die entsprechenden internen Strukturen etabliert, kann eine zielgerichtete Beratung von Mensch zu Mensch realisiert werden – für mehr Erfolg und Erträge in 2019. Die Umsetzung von Tandem-Beratungen ist dabei die Königsdisziplin. Deswegen werde ich diese im kommenden Artikel mit Blick auf die besonderen Voraussetzungen im neuen Jahr genauer beschreiben.
Kontakt
Dirk Wiebusch
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