Das Aufstellen einer eigenen Private-Banking-Abteilung für Unternehmerfamilien ist ein langfristiger Vorgang, der meist gut geplant und erst nach eingehender strategischer Betrachtung angegangen wird. Im vorherigen Artikel dieser Serie ging es darum, wie Sie eine grundlegende Vision für die neue (oder bereits bestehende) Abteilung entwickeln und mit welchen konkreten Strategien sich diese verwirklichen lässt.
Heute soll es konkret um die Konzeption der Unique Selling Propositions (USPs) und der Markenidentität für die neue Abteilung gehen. Denn bevor das Private Banking für Unternehmerfamilien (PB-UF) im Markt auftreten kann, planen wir zunächst, mit welchen Leistungsversprechen die Abteilung um Kunden werben und welche Markenidentität sie gegenüber Familienunternehmern sowie eigenen Mitarbeitern kommunizieren wird.
Welche Leistung können Sie versprechen (und auch halten)?
Jeder, der auf irgendeiner beliebigen Ebene etwas mit Marketing zu tun hat, kann bestätigen: Auf dem heutigen Markt, auf dem der Kunde zwischen Dutzenden, wenn nicht sogar Hunderten von gleichartigen Angeboten auswählen kann, benötigt jedes Produkt und jede Dienstleistung dringend eine USP. Dabei handelt es sich um ein Leistungsversprechen, das Sie als Institut oder Dienstleister Ihren potenziellen Kunden geben und das es Ihrem Angebot erlaubt, aus dem Meer an gleichartigen Angeboten hervorzustechen. Die zentralen Leistungsversprechen geben Ihrem Angebot eine eigenständige Identität, sodass der Kunde Ihr Institut, dessen Ziele und Leistungen sofort verstehen, einordnen und gegenüber anderen Anbietern abgrenzen kann.
Ein Grund, warum im deutschen Sprachgebrauch neben „Leistungsversprechen“ mindestens ebenso häufig der englische Begriff „Unique Selling Proposition“ genutzt wird, ist, dass im deutschen Begriff ein wichtiger Teil der Wortbedeutung fehlt: Ihr Leistungsversprechen muss nämlich „unique“ sein – einzigartig. Deshalb gilt bei der Definierung der Leistungsversprechen: je spezifischer, desto besser. „Kompetente und persönliche Beratung“ wäre also eher kein maximal effektives Leistungsversprechen. Denn was genau bedeutet hier „kompetent“? Und bedeutet dieses spezifische Leistungsversprechen, dass die Beratung ausschließlich persönlich geschieht – oder nur, dass die Beratung immer dann kompetent ist, wenn sie mal auf persönlicher Ebene geschieht? Sie sehen: Ein nicht ausreichend eindeutiges Leistungsversprechen bietet viel Interpretationsspielraum. Dem Kunden bietet sich kein eindeutiges Bild davon, wie die versprochene Leistung denn nun genau aussieht. Ein solches Leistungsversprechen hilft also nicht dabei, aus dem Gros der Angebote auf dem Markt hervorzustechen.
Welche Eigenschaften müssen effektive Leistungsversprechen besitzen?
Das Leistungsversprechen lässt sich also nicht einfach auf die Schnelle definieren – nehmen Sie sich auch hier wieder die Zeit, um eine kleine Anzahl wirklich guter USPs auszudefinieren. Diese sollten folgende Eigenschaften besitzen:
- Sie sind einzigartig, sowohl auf dem Markt als auch gegenüber anderen Marken Ihres Instituts.
- Sie bieten dem Kunden einen klaren Mehrwert und sind ein Grund, warum eine spezifische Zielgruppe bei Ihnen Kunde werden oder bleiben möchte.
- Sie sind eindeutig und klar definiert – weder schwammig formuliert, noch mehrdeutig oder oberflächlich.
- Sie können tatsächlich erfüllt werden.
Der letzte Punkt in dieser Aufzählung ist von besonderer Bedeutung. Denn ein Leistungsversprechen, das beispielsweise aufgrund einer Diskrepanz zu den internen Strategien nicht eingehalten werden kann, schadet Ihrer Marke mehr, als dass es hilft. Werben Sie beispielsweise mit vollständig persönlicher Beratung und 100 % persönlich zugeschnittenen Lösungen, müssen intern aber viel mit Digitalisierungs- und Standardisierungsstrategien arbeiten, wird dem Kunden das schnell klar werden. Versprechen Sie also niemals Leistungen, die Sie nicht unter Beweis stellen („persönliche Beratung“) oder anderweitig belegen („das exklusivste Investorennetzwerk“) können.
Und zu guter Letzt: Konzentrieren Sie sich auf eine kleine Anzahl aussagekräftiger, belegbarer und klar definierter Leistungsversprechen. Die Erfahrung zeigt: Kunden können sich anhand von 1 bis 3 aussagekräftigen Punkten ein klares Bild von Ihrer Marke machen – eine Liste von 20 vermeintlich einzigartigen, gleichberechtigten Leistungsversprechen trübt hingegen nur das Bild. Nehmen Sie die Marke Apple als Beispiel: Die Kalifornier vermitteln von den durchchoreografierten Pressekonferenzen bis zu den hochwertigen Produktverpackungen, welche die Käufer schlussendlich in der Hand halten, ein besonderes Qualitätsversprechen mit einem einzigartigen Fokus auf Design und Lifestyle. Und durch dieses öffentliche Auftreten verfestigt sich auf dem Markt das Bild von Apple-Produkten als Ware mit genau dieser Unique Selling Proposition. Das Marketing muss demnach nicht Dutzende Leistungsversprechen gleichzeitig jonglieren, und dem Kunden wird ein klares, leicht verständliches Bild von der Marke vermittelt.
Welche Identität hat Ihre Marke?
Wie wir am Beispiel Apple gesehen haben, geht das Leistungsversprechen direkt in die Markenidentität über. Sie als Finanzinstitut oder freier Berater definieren also zunächst eine Vision dazu, wo Sie mit Ihrem Private Banking für Unternehmerkunden hinmöchten, und entwickeln darauf basierend zielgerichtete Strategien, aus denen sich wiederum Ihre zentralen Leistungsversprechen ergeben. Und aus diesem Leistungsversprechen ergibt sich im Zusammenhang mit den angewendeten Strategien Ihre Marke. Wohlgemerkt: Ich spreche hier zunächst nur von der Markenidentität sowie der Strategie zur Kommunikation dieser Identität – es geht noch nicht um die tatsächliche Umsetzung dieser Strategien im Marketing.
An dieser Stelle sollten wir uns noch einmal in Erinnerung rufen, dass es sich beim Private Banking für Unternehmerfamilien um eine Sub-Marke des Private Banking handelt, die eine Marke des Instituts ist, das wiederum über eine Corporate Identity verfügt. Wie ich bereits in einem Beitrag im Versteher-Magazin dargelegt habe, sind derartige Sub-Marken im Game of Brands – dem Widerstreit unzähliger Marken auf einem scheinbar immer gleichförmigeren Markt – von großer Bedeutung, da sich durch sie ein breiteres Kundenspektrum ansprechen lässt. Bei der Konzipierung einer solchen Sub-Marke gilt es nun also konkret, dem PB-UF eine eigene Identität zu geben, die jedoch gleichzeitig zur Identität der darüberstehenden Marken passt.
Welche Werte sollen kommuniziert werden – und wie?
Die Markenidentität sollte auf allen Ebenen, inhaltlich wie visuell, klar kommuniziert werden können. Und vergessen Sie nicht, dass Ihre Markenidentität sowohl Kunden und potenziellen Kunden als auch den eigenen Mitarbeitern kommuniziert wird. Setzen Sie sich zusammen und diskutieren Sie einige Schlagwörter, die zu Ihrer Identität passen: Ist Ihre Marke „familiär“? Oder vielleicht sogar „Teil der Familie“? Gerade solche emotionalen Werte können der internen wie auch externen Kommunikation helfen, sofern sie zu Ihrem Leistungsversprechen passen. Scheuen Sie auch nicht davor zurück, scheinbare Kontraste zu kommunizieren: „konservative Werte, modern umgesetzt“ – so kombinieren Sie beispielsweise das vertrauensvolle Verhältnis, das Familienunternehmer von altehrwürdigen Banken erwarten, mit dem Leistungsversprechen, dass Ihr Service dennoch auf der Höhe der Zeit ist.
Haben Sie einige zentrale Punkte ausdefiniert, sollten Sie sicherstellen, dass diese immer noch mit der Corporate Identity sowie der Identität der Private-Banking-Marke kompatibel sind. Schließlich dürfte es schwer werden, im Private Banking für Unternehmerkunden das Image einer altehrwürdigen Bank zu kommunizieren, wenn das Institut sich seit Jahren betont jung und modern präsentiert. Auch innerhalb der Sub-Marke sollte das Branding vollständig auf die Vision, die Strategie sowie die zentralen Leistungsversprechen abgestimmt sein. Wird dem Kunden beispielsweise das Image einer altehrwürdigen Bank mit modernen Lösungen präsentiert, aber technisch ist im Institut noch nicht mal Online-Banking möglich, merkt der Kunde schnell, dass das projizierte Image nicht der Wirklichkeit entspricht.
Achten Sie auf Segmentreinheit
Bis zu diesem Punkt wird bei Ihnen sicher der Eindruck entstanden sein, dass sich die Abteilung PB-UF in keiner Weise vom Private Banking oder von der Corporate Identity abheben darf. Das ist jedoch nur in eingeschränktem Maße der Fall. Denn die Werte der Sub-Marke sollten sich selbstverständlich an der Corporate Identity orientieren – doch dem Kunden muss auch klar werden, warum er die Angebote des Private Banking für Unternehmerfamilien in Anspruch nehmen sollte und nicht einfach das „normale“ Private Banking. Bei aller Abstimmung zwischen den einzelnen Marken ist es also immer noch wichtig, klare Unterschiede zwischen den einzelnen Abteilungen zu schaffen und diese auch eindeutig zu kommunizieren.
Nehmen wir also an, dass die Corporate Identity Ihres Instituts sowie das Private-Banking-Segment kommunizieren, dass es sich um eine altehrwürdige Bank mit traditionellen Werten und modernen Lösungen handelt – dann kommunizieren Sie dieselben Punkte auch für das PB-UF, heben jedoch als Leistungsversprechen hervor, dass Ihre Abteilung mit Experten aus der Wirtschaft besetzt ist, welche die Situation der Unternehmer am eigenen Leib erfahren haben und deshalb genau wissen, worauf Familienunternehmer Wert legen. Normales Private Banking kann das nicht von sich behaupten, das Leistungsversprechen widerspricht aber gleichzeitig nicht seiner Markenidentität oder der Corporate Identity. Und so haben Sie die beiden Bereiche klar voneinander abgetrennt und Ihren Kunden einen Grund gegeben, auf das spezielle Angebot des PB-UF einzugehen.
Von der Theorie zur Umsetzung
Nun, da wir von der Vision und Mission über die konkreten strategischen Ziele bis zu den zentralen Leistungsversprechen und der Markenidentität alle Aspekte der neuen (oder zu optimierenden bestehenden) Abteilung aufgearbeitet, aufeinander abgestimmt und in einem Plan festgehalten haben, bewegen wir uns mit großen Schritten in Richtung der tatsächlichen Umsetzung. Um im Bild des „Strategiehauses“ zu bleiben: Wir haben die Statik des Dachs berechnet und können nun darangehen, die Säulen zu bilden, die dieses Dach tragen werden. Im kommenden Artikel kümmern wir uns spezifisch um die Frage, welche Zielkunden angepeilt werden. Denn natürlich sollte auch die Auswahl der Kundschaft an das Leistungsversprechen sowie die Ziele und Strategien der neuen Abteilung angepasst sein.
Kontakt
Dirk Wiebusch
info@ifuf.de