In den letzten beiden Artikeln dieser Serie haben wir gemeinsam das Dach unseres Strategiehauses für die Etablierung eines Bereichs „Private Banking für Unternehmerfamilien“ in Finanzinstituten vollendet. Wir haben uns unter anderem mit der Vision, der nötigen Strategie sowie mit der Marke, die aufgebaut werden soll, auseinandergesetzt. In Teil 3 der Artikelserie gehen wir nun besonders nah an den eigentlichen Kunden – den Familienunternehmer – heran. Denn nachdem wir unser Ziel definiert und geplant haben, gilt es nun, das näher zu betrachten, was auf der anderen Seite des Geschäfts stehen wird: der Zielkunde.
Welcher Kunde darf’s denn sein?
Dadurch, dass wir die Abteilung als „Private Banking für Unternehmerfamilien“ (PB-UF) bezeichnen, stellen wir von Anfang an klar: Dieses Angebot ist nicht für jeden Kunden gedacht! Logischerweise müssen wir also für uns und für potenzielle Kunden zunächst definieren: Wer kommt für dieses besondere Private Banking überhaupt infrage? Denn zweifelsohne wird es auch (potenzielle) Kunden geben, die gerne von den Kapazitäten und dem Know-how dieser Abteilung profitieren würden – aber gleichzeitig keine ausreichend hohen Deckungsbeiträge liefern (können), um das PB-UF zu einem lohnenden Produkt für Ihr Haus zu machen.
Bedenken Sie: Das Private Banking für Unternehmerfamilien ist ein Premium-Produkt. Es liefert den Kunden exklusive Vorteile, die sich Ihr Institut auch bezahlen lassen muss. Deshalb definieren sich die strategischen Zielkunden des Produkts zunächst über zwei Aspekte:
- Den IST-Deckungsbeitrag sowie
- Den potenziellen Deckungsbeitrag
Mit anderen Worten: Definieren Sie einen Mindest-Deckungsbeitrag, den ein potenzieller Kunde aufbringen müsste, um in den Genuss Ihres Premium-Produkts zu kommen. Ist dieser bereits erreicht? Dann unterbreiten Sie Ihr Angebot! Ist der Betrag noch nicht erreicht? Dann prüfen Sie, wie viel Deckungsbeitrag der Kunde aufbauen und/oder potenziell von Ihren Mitbewerbern abziehen und zu Ihnen verlagern könnte. Dabei gilt: Betrachten Sie den potenziellen Deckungsbeitrag als Ganzes – nicht in Geschäftsbereiche unterteilt. Denn wenn sich bei einem Kunden im Private-Banking-Bereich kaum neue Deckungsbeiträge erschließen lassen, der Kunde aber möglicherweise ein großes Firmenkundengeschäft mit sich bringt, ist dies für Ihr Institut ein eindeutiger Gewinn!
Diese Situation wird sich übrigens bei der Kundenanalyse häufiger ergeben, denn Familienunternehmer haben typischerweise weniger Privatvermögen, als man als Außenstehender manchmal glaubt. Um einen Deckungsbeitrag von 10.000 Euro brutto p. a. erzielen zu können, müsste ein Unternehmer bei 0,5 % Marge für Ihr Institut schon über ein Vermögen von 2 Millionen Euro verfügen – privat und liquide bzw. verfügbar kann das nicht jeder Unternehmer aufbieten.
In diese Untersegmente lassen sich potenzielle Kunden aufteilen
Bei der Definition Ihrer Zielkunden können Sie, neben dem reinen Deckungsbeitrag, auch genauer darauf eingehen, welchen Status Ihre Kunden haben sollten. Folgende gängige Definitionen geben Ihnen einen groben Überblick, welche Arten von Kunden in das PB-UF fallen könnten:
- Privatpersonen mit sehr hohem Einkommen (Gehalt oder sonstiges Einkommen)
- Aktive Unternehmer
- Inaktive Unternehmer (z. B. „Nur“-Gesellschafter oder zur Ruhe gesetzte Unternehmer)
Privatkunden mit sehr hohem Einkommen sind deswegen mit gelistet, weil zum Beispiel eine Person mit einem Gehalt in Höhe von 20.000 Netto p. M. in einer großen Firma an oberster Hierarchie steht und somit die gleichen beruflichen (und oftmals auch privaten) Herausforderungen hat wie der Inhaber einer Firma selbst. Demnach ist die Komplexität in der Gesprächsführung und der Aufbau einer Beziehung von Mensch zu Mensch für Finanzberater ähnlich entscheidend wie bei Unternehmerfamilien.
Bedenken Sie an dieser Stelle schon, dass eventuell einige Kundensegmente andere Segmente nicht im PB-UF-Bereich vertreten sehen möchten. Beispielsweise könnten sich aktive Unternehmer fragen, warum offensichtlich auch ehemalige Unternehmer (die nicht mehr aktiv unternehmerisch tätig sind), die ihre Firma längst verkauft oder an Nachfolger übergeben haben, immer noch die Vorzüge des Private Banking für Unternehmerkunden genießen.
Wie umgehen mit ungeeigneten Kunden?
Für jede Art von Kunden, die Sie nicht mit dem PB-UF-Angebot ansprechen möchten, stellen Sie sich am besten frühzeitig die Frage: Wie gehen wir mit Kunden um, die nicht unseren Zielkundenvorstellungen entsprechen, aber trotzdem ins Private Banking für Unternehmerfamilien möchten?
Darüber hinaus lassen sich viele Sondersituationen erkennen: Was tun Sie, wenn ein Kunde, der womöglich seit Jahren im PB-UF war, seine Firma verkauft und sich zur Ruhe setzt? Wird dieser dann ins „normale“ Private Banking „umgeschlüsselt“? Was tun Sie mit Anteilseignern, die zwar eine Firma besitzen, sie aber von anderen (Nicht-Familienmitgliedern) führen lassen?
Besonders wichtig: Was machen Sie mit Kunden, die nach IST-Deckungsbeitrag eigentlich nicht ins PB-UF passen, dort jedoch aufgrund eines hohen potenziellen Deckungsbeitrags aufgenommen wurden – und diesen trotzdem nicht zu Ihrem Institut verlegen? Lassen Sie sich „hinhalten“ oder üben Sie selbst mehr oder weniger Druck aus, indem Sie dem Kunden klar kommunizieren, dass er nicht in der Premium-Abteilung PB-UF bleiben kann? Wird klar, dass sich der Kunde nicht höflich dazu überreden lässt, den Deckungsbeitrag auf das Minimum anzuheben, sollten Sie ihn (mit ausreichend Vorwarnung und entsprechend höflicher Kommunikation) aus dem PB-UF nehmen. Was ja nicht bedeutet, dass Sie ihn komplett herausschmeißen, denn er bekommt ja gern einen anderen Berater – aus einem Segment unterhalb vom PB-UF. Eine durch Dutzende „Ausnahmefälle“ verwässerte Marke ist für Sie langfristig schädlicher, als mal einen Kunden vor den Kopf zu stoßen. Noch dazu, wenn absehbar ist, dass der Kunde gar nicht vorhat, Ihnen den Mindest-Deckungsbeitrag zu liefern.
Gekoppelte Systeme beachten
Haben Sie Ihre Zielkunden genau definiert, ist es darüber hinaus empfehlenswert, die einzelnen Personen innerhalb des Kunden-Unternehmens genauer zu betrachten – denn neben dem Unternehmer selbst kann natürlich auch das nähere Umfeld vom PB-UF profitieren. Hier lassen sich – analog zum sogenannten Drei-Kreise-Modell nach Tagiuri und Davis – 3 miteinander gekoppelte Systeme identifizieren, die 7 verschiedene Bereiche bilden:
- Nur Familie
- Nur Management (Fremdmanager)
- Nur Gesellschafter
- Management + Gesellschafter (z. B. Finanzinvestor)
- Familie + Unternehmen (z. B. Kinder)
- Gesellschafter + Familie (z. B. Ehefrau)
- Familie + Management + Gesellschafter (Geschäftsführer Gesellschafter)
Überlegen Sie sich hier genau, wie wichtig für Sie beispielsweise kaufmännische Leiter (2) oder die Assistenzen des Unternehmers sind – und wie diese dann behandelt werden müssen. Das betrifft vor allem die Frage, ob Personenkreise außerhalb der Unternehmerfamilie vom selben Berater betreut werden können wie Unternehmer und Unternehmerfamilie selbst.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, wie Ihre Bestandskunden dazu stehen. Das lässt sich als Nicht-Unternehmer nur selten nachvollziehen und fast nie im Vorhinein erkennen. Ich selbst habe lange Zeit die Ansicht vertreten, dass enge Mitarbeiter, die nicht direkt zur Unternehmerfamilie gehören, problemlos vom selben Berater betreut werden können. Doch Probieren geht über Studieren: Im Institut Für UnternehmerFamilien (IFUF) haben wir vor einiger Zeit eine Mandantenumfrage mit genau dieser Frage durchgeführt. Die Ergebnisse waren klar: Die Mehrheit unserer Mandanten war der Meinung, dass jeder, der direkt mit der Familie zu tun hat, vom Bereich PB-UF gehandhabt werden sollte – nicht aber engere Mitarbeiter wie der kaufmännische Leiter oder die Assistenz. Allerdings: Alle Umfrageteilnehmer, die diese Ansicht vertraten, gaben gleichzeitig an, dass die engeren Mitarbeiter dennoch einen hohen Status im Institut genießen sollten.
Der sicherste Weg für Sie ist es hier tatsächlich, den Unternehmer und seine Familie direkt zu fragen, wie wohl sie sich dabei fühlen würden, wenn ihre näheren Mitarbeiter dieselben Privilegien genießen dürften wie die eigene Familie. Gleichzeitig etablieren Sie idealerweise ein System, nach dem solche engen Mitarbeiter nach Wunsch des Unternehmers zwar nicht in den PB-UF-Bereich fallen, aber einen höheren Status genießen als Kunden, die keine Verbindungen zu Ihren Unternehmenskunden haben.
Exemplarische Kundenbedürfnisse
Wir sind uns nun bewusst, welche Kunden wir ansprechen möchten und wie wir ihr gesamtes Umfeld mit einbeziehen, von der Familie bis zu den engeren Mitarbeitern. Im nächsten Schritt führen wir uns die individuellen Bedürfnisse der von uns definierten Kundenart vor Augen. Schließlich wird es Aufgabe des PB-UF sein, diese Bedürfnisse zu befriedigen.
Nehmen wir einen Familienunternehmer als Beispiel, der noch operativ in der Firma tätig ist. Im Private-Banking-Bereich haben solche Unternehmer typischerweise Bedürfnisse, die sich grob in drei Blöcke einteilen lassen:
- Informationen
- Kontaktkanal
- Beratung
Dabei gehen wir bewusst auf einen prototypischen Unternehmer ein – wie immer gilt: Analysieren Sie die Bedürfnisse Ihrer Kunden lieber individuell und gehen Sie auf Abweichungen von dem hier präsentierten Modell ein, um komplexere Kunden nicht in Standardprozesse zu pressen.
Block 1: Informationen
Unternehmer sind ein besonderer Menschenschlag – und das bleiben sie auch privat. Familienunternehmer legen im Unternehmen Wert darauf, jederzeit Informationen so geliefert zu bekommen, dass sie auf einen Blick alles Relevante überblicken können. Und genau das wünschen sie sich auch für ihr Privatvermögen. Ein Multiinstitutsreport, der die gesamten Vermögenswerte darstellt, ist für sie ein wahrer Traum. Stellen Sie dem Unternehmer beispielsweise per App alle relevanten Informationen zur Verfügung, haben Sie ihn in Hinsicht auf „Block 1“ sicher schon für sich gewonnen.
Bieten Sie den Familienunternehmern diesen Service, ist es ratsam, sich mit dessen Details genauer auseinanderzusetzen: Werden alle Asset-Klassen aufgelistet, beispielsweise inklusive Immobilien (inkl. deren Cashflows)? Wenn ja, werden diese Informationen dann in Echtzeit aktualisiert – oder ist ein tägliches/wöchentliches Update eher machbar und sinnvoll? Und wie kommen Sie an die Informationen anderer Institute? In vielen Instituten und Family Offices werden die zugelieferten Informationen oftmals noch manuell in ein Reportingtool eingegeben, damit im Anschluss die Auswertungen erfolgen können.
Je mehr Aufwand Sie in ein solches Informationssystem stecken, desto mehr „Premium“ holen Sie aus Ihrem PB-UF heraus – und desto mehr „Premium“ sind auch Ihre Kunden. Denn gerade Top-Unternehmer haben im Unternehmen einen derartigen Informationsfluss – umfassend und in Echtzeit (z. B. über DATEV oder die eigene Finanzbuchhaltung). Wer Ihnen diesen auch privat bieten kann, der nimmt dem Unternehmer eine zeitaufwendige Arbeit ab, die ihn sonst den Feierabend kosten könnte – und sorgt so für den wichtigen subjektiven Wohlfühlfaktor. Dann ist dem Unternehmer – bei Neukunden schon zu Beginn der Gespräche – aber auch klar zu kommunizieren, dass solche Services entsprechend vergütet werden müssen (s.o. in Bezug auf die Deckungsbeiträge).
Block 2: Kontaktkanäle
Unternehmer nutzen geschäftlich eine Reihe unterschiedlicher Kontaktkanäle – und zwar immer so, wie sie es gerade brauchen. Das sieht typischerweise so aus:
Versuchen Sie möglichst, diese Kontaktkanäle auch im Private-Banking-Bereich offen zu halten, sodass der Unternehmer hier keine Veränderungen vornehmen muss: Idealerweise macht es für Ihn keinen Unterschied, ob er seinen Firmenkunden- oder Private-Banking-Berater kontaktiert.
Block 3: Beratung
Die konkreten Kundenbedürfnisse auf Beratungsebene sind so komplex und individuell, dass sie hier nur anhand eines exemplarischen Bedarfsprofils erklärt werden können:
Hier gilt sowohl im geschäftlichen wie auch im privaten Bereich: Automatisierte digitale Prozesse reichen nicht aus, um die Beratungsbedürfnisse des Unternehmers zu befriedigen. Gefragt ist eine individuelle Beratung von Mensch zu Mensch auf Basis einer genauen Analyse des individuellen Geschäftsmodells, des Umfelds, der Typologie des Unternehmers, seiner Vermögenssituation außerhalb der Unternehmenssphäre sowie seiner individuellen Nachfolgeplanung.
Vorsicht vor regionaler Verteilung
Abschließend stellt sich vielen Instituten noch die Frage, welche regionale Abteilung den Familienunternehmer als Kunden bekommt. Denn einige Häuser teilen die Zuständigkeit strikt nach Region auf. Und bei Sparkassen und Volksbanken gehört die regionale Abgrenzung untereinander zur ihrer Gruppen-DNA (u.a. „das Regionalprinzip“).
Mein Rat in dieser Hinsicht: Tun Sie das nicht! Im Sinne des bestmöglichen Service für Ihre Top-Kunden ist die Aufteilung nach Regionen zumindest im PB-UF eine Falle: Sie verhindert, dass Sie dem Kunden genau die Berater zur Verfügung stellen können, die er braucht – nur weil diese Berater zufälligerweise in einer anderen regionalen Abteilung beschäftigt sind. Eine solche Aufteilung steht dem Premium-Produkt PB-UF erfahrungsgemäß nur im Weg, da der Kunde nicht den bestmöglichen Service erhält, sondern nur den besten, der vor Ort verfügbar ist. Springen Sie im internen Denken über Ihren eigenen Schatten und organisieren Sie das PB-UF regionsübergreifend – Ihre Abschlüsse werden es Ihnen danken!
Schlussfolgerung: Wann ist ein Unternehmer Zielkunde für das PB-UF?
Es wird nun bereits deutlich, dass ein solches Angebot und eine solche Premium-Marke wie das PB-UF nur dann profitabel ist, wenn die Mindest-Deckungsbeiträge entsprechend „sportlich“ sind und auch nachhaltig, d. h. tatsächlich durchgesetzt werden.
Denn stellen Sie sich zum Beispiel vor, wie sich ein Kunde fühlt, der bei Ihnen 50.000 € DB p. a. „lässt“ (unabhängig ob nur im PB-UF oder abteilungsübergreifend) und erfährt, dass jemand denselben Service erhält, aber nur 3.000 € p. a. erbringt, weil Sie diesem Kunden „Potenzial“ zuordnen, das er aber nicht liefert. Das kann Ihnen negativ auf die Füße fallen, da Unternehmer sich oft untereinander kennen und miteinander über Sie reden! Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie im Urlaub erfahren, dass ein anderer Gast für die identischen Leistungen nur einen Bruchteil Ihres Preises gezahlt hat – und er hat über das selbe Reisebüro wie Sie gebucht?
Schritt für Schritt zum Premium-Angebot
Wenn Sie meiner Artikelserie von Anfang an gefolgt sind, haben Sie nun sowohl die „inneren Werte“ der künftigen Abteilung Private Banking für Unternehmerfamilien als auch die dazu passende Kundenschicht definiert. Diese strategische und operative Klarheit wird nicht nur Ihre Kunden begeistern, sondern erleichtert Ihnen auch alle folgenden Schritte bei der Etablierung des neuen (oder Optimierung des bestehenden) PB-UF-Bereichs. Das werden Sie merken, wenn wir uns nächstes Mal mit den wichtigen Aspekten Leistungsspektrum, Angebot, Produkt, Beratungsansatz und Dienstleistung auseinandersetzen.
Kontakt
Dirk Wiebusch
info@ifuf.de