Auf dem Weg zum Private Banking für Unternehmerfamilien (PB-UF), also der ganzheitlichen Beratung der privaten Seite von Familienunternehmern, haben wir uns in den letzten Artikeln dieser Serie von der zugrunde liegenden Idee und Vision bis zur konkreten Gestaltung der neuen Abteilung vorgearbeitet. Wir wissen nun, in welche Richtung wir das PB-UF entwickeln wollen. In Teil 3 haben wir uns dazu genau angesehen, welche Art Kunden wir mit unserem Angebot ansprechen möchten (und können). In Teil 4 dreht sich nun alles um die andere Seite der Gleichung: Welches Angebot wollen (und können) wir diesen Kunden überhaupt machen? Gemäß unserem Strategiehaus widmen wir uns dabei speziell den vier Teilbereichen Beratungsansatz, Leistungsspektrum, Produktpalette und Preispolitik.
Der Beratungsansatz
Der Begriff „ganzheitliche Beratung“ ist zu einem Schlagwort geworden, das von vielen Menschen benutzt wird, ohne dass sie vollständig verinnerlichen, was damit überhaupt gemeint ist. Ich habe ihn als Titel meiner Artikelserie deshalb ganz bewusst gewählt, denn das Private Banking für Unternehmerfamilien erfordert exakt einen solchen Ansatz, in der präzisen Bedeutung des Begriffs: eine Beratung, die anhand der kompletten Vermögenssituation des Unternehmers agiert, statt nur einen Teilbereich zu beleuchten. Zu den Vermögenswerten, die dringend Teil einer solchen Beratung sein sollten, gehören:
- Die Firma selbst
- Immobilien, die der Kunde an sein Unternehmen verpachtet
- Das Eigenheim
- Weiterer privater Immobilienbesitz
- Wertpapiere in Depots
- Liquide Geldmittel
- Lebensversicherungen
- Private Equity
- Geschlossene Fonds
- Sonstige Wertobjekte wie Kunstwerke oder Sammelobjekte
Viele Institute tappen aktuell noch in die Falle, sich bei der Beratung des Kunden im Sinne des PB-UF zu stark auf Wertpapiere zu konzentrieren und alle anderen Punkte als weniger wichtig zu identifizieren. Während in der Betrachtung zumindest Werte außerhalb der Firma oft noch berücksichtigt werden, haben in der Umsetzung dann meistens nur noch Wertpapiere Bedeutung. Doch alle oben aufgeführten Vermögensteile können Einkünfte und Renditen erzeugen, die der Unternehmer privat oder geschäftlich zum Bezahlen von Kosten verwenden kann. Und wenn er hier mehr einnimmt, als er ausgibt, wächst sein Vermögen. Eine ganzheitliche Beratung im Sinne des Private Banking für Unternehmerfamilien, die ihren Namen wert ist, umfasst also immer alle diese Punkte, um sich ein Bild von der finanziellen Gesamtsituation des Familienunternehmers zu machen.
Knackpunkt: Kompetenzenverteilung und Segmentreinheit
Institute, die sowohl Private Banking als auch Firmenkundengeschäft anbieten, stehen vor der Herausforderung, klar abzugrenzen, in welchen Bereichen der Unternehmerkunde von welcher der beiden Abteilungen beraten wird. Für Verwirrung beim Kunde kann es sorgen, wenn es um Rendite-Privatimmobilien geht. Eine klare Kompetenzenteilung ist hier nicht nur für die Definition des Beratungsansatzes wichtig, sondern auch, um zu verhindern, dass eine Abteilung bei Wegbrechen dieses Geschäfts plötzlich nackt in der Brandung steht.
Wird in Ihrem Institut jedoch eine zusätzliche Abteilung für das Private Banking von Unternehmerkunden eingeführt, gestaltet sich die Unterteilung der Kompetenzen etwas einfacher: Der PB-UF-Berater ist dann zuständig für das Private Banking von Unternehmern, das Private Banking für Privatpersonen und das Firmenkundensegment ausschließlich für die geschäftlichen Finanzen der Familienunternehmen. Der Berater für das Private Banking von Unternehmerfamilien bekommt zwar Informationen zur gesamten Vermögenssituation von den anderen Abteilungen, seine Kompetenzen sind jedoch genauso klar abgesteckt wie die Kompetenzen seiner Kollegen. Diese Aufteilung sowie die klar verständliche Abgrenzung der einzelnen Bereiche – sowohl intern als auch dem Kunden gegenüber – ist entscheidend. Denn so treten sich die Berater nicht gegenseitig auf die Füße und dem Kunden wird segmentrein dargelegt, an wen er sich mit welchen Belangen wenden kann. Hier kommt es aber immer darauf an, wie viel Personal- und Fachressourcen im jeweiligen Institut verfügbar sind. So kann es vorkommen, dass der PB-UF-Berater aufgrund von Ressourcenknappheit gar keine andere Wahl hat, als sich noch um weiterführende Aspekte außerhalb seines eigentlichen Segments, wie die Liquidität in der Firma, zu kümmern.
Das Leistungsspektrum
Ganzheitliche Beratung bedeutet nicht unbedingt ganzheitliches Leistungsspektrum – hier kommt es darauf an, welche Leistungen Ihr Institut anbieten möchte. Wichtig ist dabei auf jeden Fall, dass bei der Konzeption des Leistungsspektrums beachtet wird, welche Anforderungen die in Teil 3 dieser Artikelserie definierten Zielkunden heute, morgen und übermorgen an ihr Banking stellen.
Bietet das Institut Private Banking, Firmenkundengeschäft und PB-UF als Segmente an, ist es äußerst wichtig, dass alle Bereiche ihre Informationen und Ressourcen miteinander teilen. Gibt es keine dezidierte Firmenkundenabteilung, kann überlegt werden, ob bestimmte Leistungen aus diesem Bereich im PB-UF dennoch angeboten werden (können). Darunter fallen typischerweise Aspekte wie eine betriebliche Altersvorsorge oder Pensionsrückstellungen. Auch das Thema Generationenmanagement kann eine lohnenswerte Leistung sein, da dieses Thema für Familienunternehmer ungemein wichtig ist und dem Institut beim Unternehmer Tür und Tor öffnen kann. Achten Sie hier jedoch darauf, dass Sie dem Kunden klar kommunizieren, welche Leistungen Sie anbieten und wie tief Sie in den Themenbereich eindringen können.
Leistungsspektrum nach eigenen Fähigkeiten aufbauen
Sind intern nicht die passenden Ressourcen für Themengebiete wie das Generationenmanagement vorhanden, ist es auch möglich, ein externes Netzwerk aufzubauen, um den Kunden diese Leistungen anbieten zu können. Bei dieser Entscheidung sollte nicht nur bedacht werden, ob die entsprechenden Kompetenzen intern vorhanden sind, sondern auch, wie tief man den Kunden beraten kann, ohne entsprechende Rechtsvorschriften zu verletzen. Denn kann man nur dann auf der sicheren Seite des Gesetzes bleiben, wenn man die Beratung entsprechend oberflächlich gestaltet, merken die Kunden das schnell.
Dies kann dem „Premium“-Aspekt Ihres Angebots PB-UF schaden – der Kunde fragt sich eventuell, warum er denn Premium-Preise für eine eher rudimentäre Leistung bezahlt. Prüfen Sie also, ob Sie solche Themen intern in ausreichendem Maße abdecken können. Beispielsweise sollten beim Generationenmanagement mindestens die zentralen Bereiche Analyse, Diagnose und Potenzialerkennungskompetenz vorhanden sein. Ist dies, wie in vielen kleineren Instituten, nicht machbar, wird die Leistung am besten über ein externes Netzwerk aus Spezialisten bereitgestellt. Ich rate generell nur größeren Instituten zum Aufbau entsprechender Kompetenzen in den eigenen Reihen, denn nur dort rechnet sich dieser Aufwand.
Die Produktpalette
Hier geht es vor allem darum, wie das Leistungsspektrum mit konkreten Produkten abgebildet wird. Aktuell haben wir dabei das Problem, dass viele anfangs legale Konzepte (beispielsweise geschlossene Fonds) von der Regierung rückwirkend für nichtig erklärt wurden. Mit anderen Worten: Externe Player mischen hier immer wieder mit und haben in den letzten Jahren die mögliche Produktpalette immer weiter zusammenschrumpfen lassen. Das ist einerseits ein Vorteil, denn so können Finanzberater sich auf die wenigen noch möglichen Produkte konzentrieren und dort entsprechend mit tiefgehender Beratung punkten. Allerdings bedeutet es auch, dass es immer schwieriger wird, individualisierte Produkte anzubieten.
Den High Net-Worth Individuals (HNWIs) und Ultra-high Net-Worth Individuals (UHNWIs) bieten sich hier aufgrund ihrer Kapazitäten ganz andere Möglichkeiten, sie lassen diese aber meist über Family Offices stemmen. Für Institute mit PB-UF ist hier immer noch nicht viel herauszuholen.
Ich empfehle Finanzinstituten generell, sich nicht zu stark auf individuelle, exotische Produkte zu fixieren. Denn erfahrungsgemäß sind im PB-UF Kunden auch gut mit Produkten bedient, die zwar für alle Kunden gleich sind, jedoch für sie individuell zusammengestellt wurden. Das ist vergleichbar mit der Bekleidungsindustrie: Anstatt für jeden Kunden den Knopf individuell neu zu erfinden, werden Maßkonfektionen angeboten – also eine individuell zusammengestellte Palette aus bestehenden Produkten.
Die Preispolitik
Welchen Preis kann man vom Kunden verlangen? Wie immer sind Angebot und Nachfrage hier die wichtigsten Parameter. Doch auf organisatorischer Ebene spielt noch ein weiterer Aspekt eine wichtige Rolle: Preis und Leistung müssen zueinander passen – und sie müssen dem Angebot „Private Banking für Unternehmerfamilien“ gerecht werden. Dieses ist stets ein Premium-Angebot, weshalb auch Premium-Preise verlangt werden können. Sowohl auf objektiver als auch subjektiver Seite muss dem Kunden also klargemacht werden, dass er Premium-Leistungen erhält – erst dann ist er bereit, dafür auch entsprechende Preise zu zahlen.
Hier sollte stets die Unternehmertypologie zu Rate gezogen werden, um herauszufinden, welche Leistungen vom jeweiligen Kunden als hochwertig angesehen werden und damit zur Wahrnehmung des PB-UF als Premium-Produkt beitragen. Und nicht zuletzt ist auch immer die Betrachtung des Angebots aus dem Blickwinkel des Unternehmers angebracht. Denn für diesen muss sich das Angebot als Ganzes lohnen – tut es das nicht, wissen Sie, dass Sie Ihr Produkt oder Ihren Preis anpassen sollten.
Und hier noch ein Vertriebstipp: Seien Sie nicht zu schnell zu Sonderkonditionen bereit. Sind Ihre Standardkonditionen marktgerecht (und das sollten sie auf jeden Fall sein), werden Top-Unternehmerkunden diese zahlen. Denn sie kennen das ja aus ihrer eigenen Firma. Dort wollen sie auch ordentliche Preise für ihre Produkte erhalten. Rabatte nehmen Ihrem Premium-Angebot das „Premium“.
Ihr Angebot steht
Beachten Sie die genannten Punkte, haben Sie nun einen Eindruck davon, welche Leistungen Sie entwickeln können, um Ihre Zielkunden anzusprechen. Doch diese Leistungen erbringen und verkaufen sich nicht von allein. Aus diesem Grund werden wir im nächsten Schritt das Personalkonzept Ihrer neuen Abteilung näher betrachten: Wie finden Sie die richtigen Bewerber? Wie bilden Sie diese aus und wie führen Sie Ihre Mitarbeiter? All das erfahren Sie in meinem nächsten Beitrag in dieser Artikelserie, wenn wir uns mit der nächsten Säule unseres Strategiehauses beschäftigen.
Kontakt
Dirk Wiebusch
info@ifuf.de