Wenn Unter­nehmer mit Finanz­be­ratern zusam­men­sitzen, zeigen sie sich aufgrund der Vielfalt an Titeln und Bezeich­nungen immer wieder irritiert und auch verwundert. Spricht man in der Finanz­szene über Titel, so ist das ein relativ heißes Eisen – gegen das die Frage, ob eine Krawatte getragen werden sollte oder nicht, wie ein wahres Kinder­spiel wirkt. Denn es geht schlichtweg bei Titeln immer auch um Leistung, Stolz und Hierarchien.

Auch aus meiner Laufbahn habe ich hierfür ein Beispiel: Als ich früher in einer presti­ge­träch­tigen Bank arbeitete und einer meiner neuen, von extern kommenden Mitar­beiter bereits nach kurzer Zeit einen Direk­to­ren­titel erhielt, wurden unmit­telbar Stimmen laut, die wissen wollten, warum er diesen Titel so schnell erhalten hatte und sie 15 Jahre oder länger dafür arbeiten mussten.

Oft entstehen bei Titeln nicht nur Unklarheit und Konkurrenz, sondern auch die tollsten Kreationen – ob Vorstand, Bereichs­vor­stand, Regio­nal­vor­stand, Bereichs­di­rektor, Abtei­lungs­di­rektor, Abtei­lungs­leiter oder Direktor mit Perso­nal­ver­ant­wortung. Bei einem solchen Begriffs­chaos fällt Dritten, wie zum Beispiel Unter­nehmern, die Einordnung durchaus schwer. So ist etwa der Titel des Abtei­lungs­di­rektors einer Privatbank an keine Hierarchie geknüpft, sondern „nur“ ein Titel. Während der Abtei­lungs­di­rektor z. B. in einer Sparkasse hingegen der Leiter der Abteilung und gleich­zeitig die erste Ebene unter dem Vorstand ist. Hier besteht also Aufklä­rungs­bedarf für die meisten Unternehmer.

Und was macht man nun mit dem Titel eines Professors, Doktors oder Ingenieurs? Auf diese Frage gibt es leider keine pauschale Antwort, denn wie so häufig kommt es auf den konkreten Fall an – vor allem in Bezug auf die Relevanz für die Zielgruppen. Ist diese gegeben, dann sollte man diese Titel mitein­be­ziehen. Wenn nicht, dann können sie auch wegge­lassen werden.

Die Visiten­karte als Medium – von Mensch zu Mensch gestern wie heute entscheidend

Nehmen wir zur Veran­schau­li­chung die Visiten­karte und ihre Bedeutung zur Hilfe: Sie erfüllte ursprünglich die Funktion, bei einem Besuch in hohem Hause darüber zu infor­mieren, wer denn überhaupt zur Visite erschien. Hierzu wurde sie dem Diener oder der Hausdame übergeben, der oder die sie wiederum an den Hausherrn weiter­reichte. Bei Veran­stal­tungen zu Hofe dienten Visiten­karten dem Zeremo­nien­meister als Infor­ma­ti­ons­ma­terial zur öffent­lichen Ankün­digung der Gäste. Hierfür waren auf der Karte in der Regel lediglich der Name und der Beruf vermerkt – bei adeligen Personen wurden häufig auch noch ein Famili­en­wappen oder Ähnliches verwendet. Erst im Laufe des 20. Jahrhundert begann man damit, ebenfalls die Adresse sowie weitere Kontakt­daten aufzunehmen.

Auch heute hat sich an dieser grund­le­genden Funktion der Visiten­karte kaum etwas geändert: Das persön­liche Kärtchen wird überreicht, um seinem Gegenüber zu signa­li­sieren, mit wem er es überhaupt zu tun hat. Enthaltene Titel werden von Unter­nehmern dabei gerne mit der ihnen vertrauten Industrie verglichen – hier ist beispiels­weise der Prokurist meist die Nummer zwei hinter dem Unter­nehmer und darf innerhalb des Betriebes Dinge tun, die kein anderer darf. In der Finanz­in­dustrie sind diese Kompe­tenzen durch interne Vorgaben und Richt­linien aller­dings stark beschnitten und der Handlungs­rahmen wird deutlich einge­schränkt. Für einen Unter­nehmer ist es jedoch wichtig zu wissen, ob auch Prokura drin ist, wo Prokura draufsteht.

Exkurs: Die Verwirrung von Unter­nehmern hinsichtlich unter­schied­licher Begriff­lich­keiten tritt nicht nur bei den Titeln von Finanz­be­ratern offen­kundig zutage. In weiteren Artikeln habe ich beispiels­weise bereits über den oft nicht wahrge­nom­menen Unter­schied zwischen Family Office, Private Banking, Wealth­ma­nagement und Co. berichtet oder heraus­ge­stellt, was sich tatsächlich hinter Premium-Produkten oder auch Private-Banking-Broschüren verbirgt.

Klarheit schaffen: Überlegen Sie, was wirklich aussa­ge­kräftig ist

Insbe­sondere englische Begriffe, wie „Vice President“ oder Ähnliches, können Unter­nehmer häufig nicht einordnen und messen ihnen aufgrund der deutschen Übersetzung „Vizeprä­sident“ eine sehr hohe Bedeutung bei – jedoch wird der Titel des Vice President in der Finanz­branche oft großzügig verteilt wie Bonbons. Auch Bezeich­nungen wie „Junior“ oder „Senior“ sind in der Regel unnötig, denn im Zweifel kann ein Unter­nehmer das Alter seines Gegen­übers sehen. Aus der Sicht des Unter­nehmers zählt letzten Endes die Antwort auf eine bestimmte Frage: „Kannst du mich unter­stützen oder nicht?“

Was soll nun also drauf auf die persön­liche Visiten­karte? Titel wie beispiels­weise stell­ver­tre­tendes Mitglied des Vorstandes, General­be­voll­mäch­tigter oder Verhin­de­rungs­ver­treter signa­li­sieren Entschei­dungs­kom­pe­tenzen und sollten daher in jedem Fall aufge­nommen werden. Ferner könnte die Karte folgende Punkte berücksichtigen:

  • Bild (Geschmacks­sache – denn es birgt das Risiko, dass das Porträt schnell veraltet) 
  • Name 
  • Position 
  • Funktion 
  • Telefon- und Mobilfunknummer 
  • E‑Mail-Adresse 
  • Firmen-Website 
  • Eventuelle Icons und Benut­zer­namen wichtiger Platt­formen (z. B. Xing oder LinkedIn) 
  • Gerne auch ein hochwer­tiges Papier verwenden 

Unter­nehmer wollen und brauchen Lösungen – mit und ohne Titel oder Karte. Für sie ist die externe Hierarchie wichtig, sprich: Mit wem haben sie es zu tun? Mit einem Berater, einem Sachbe­ar­beiter oder einem Entscheider?

CIIA, CEFA, AIM, FP, EP, FC, CEP, CFP und viele mehr – ob abgekürzt oder ausge­schrieben sind solche Titel erst mal erklä­rungs­be­dürftig, kosten den Lesenden Zeit und bieten eventuell sogar Angriffs­fläche. Natürlich sollen sie Kompetenz vermitteln und aufzeigen, was man geleistet hat; kann der Unter­nehmer sie jedoch nicht einordnen, dann verpufft ihre Wirkung.

Gehen Sie also immer mit der entschei­denden Portion Augenmaß vor und signa­li­sieren Sie Ihrem Gegenüber in jedem Fall deutlich, wer Sie sind. So weiß Ihr Kunde direkt, was er von Ihnen erwarten kann.

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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