Als ehema­liger Banker sowie Gründer und Geschäfts­führer des Instituts Für Unternehmer­Familien (IFUF) habe ich alle Seiten der persön­lichen Finanz­be­ratung am eigenen Leib erlebt. Ob aus Sicht des Beraters, der unter Margen­druck Abschlüsse erzielen muss, oder aufseiten der Familien­unternehmer, die die Preise möglichst klein halten möchten: Mehrere Jahrzehnte Erfahrung auf diesem Gebiet zeigen mir immer wieder eines: Preis­ver­hand­lungen waren und sind eine der größten Heraus­for­de­rungen für Berater.

Wie die Preis­ver­handlung von der Preis­ge­staltung abhängig ist

Bekann­ter­maßen gestalten sich die Preise von Finanz­pro­dukten auf Basis des Modells von Angebot und Nachfrage, wie die Preise anderer Produkte und Dienst­leis­tungen auch. Da es zurzeit ein Überan­gebot der Finanz­in­stitute gibt und gleich­zeitig kapital­starke Unter­nehmen nicht mehr so häufig auf Produkte wie beispiels­weise Kredite zurück­greifen, wurden deshalb in den vergan­genen Jahren die Brutto­margen stark einge­dampft. Da mussten praktisch alle Institute mitziehen, denn die erste Regel bei der Bepreisung lautet: Es müssen markt­gängige Preise verlangt werden. Schließlich vergleichen Familien­unternehmer immer mehrere Angebote miteinander.

Gleich­zeitig gilt aber auch: Preise sind immer subjektiv. Familien­unternehmer definieren für sich selbst, wie viel sie für eine spezi­fische Leistung ausgeben möchten. Dieses subjektive Empfinden kann nicht in Frage gestellt werden, auch nicht mit Verweis auf markt­gängige Preise.

Wohlge­merkt: Wir sprechen hier nur von der Bepreisung im Firmen­kun­den­ge­schäft. Auch in allen anderen Vertriebs­be­reichen wie Zahlungs­verkehr, Leasing, Auslands­ge­schäft und Versi­cherung gilt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Und auch im Private Banking gelten Regeln, die Sie im Artikel Wenn Premium drauf­steht, muss Premium drin sein sowie im eBook Private Banking für Unternehmer­familien im Detail nachlesen können.

Wie wird der Preis kommuniziert?

Berater haben es nicht leicht, denn es ist ihre Aufgabe, Famili­en­un­ter­nehmern einen Preis zu kommu­ni­zieren, den das Institut aufgrund der ohnehin geringen Marge kaum noch senken kann. Hier orien­tieren Sie sich am besten zunächst am allge­meinen Kunden-Kommunikationsmodell:

Diese Grafik liest sich wie folgt:

  1. Der Kunde hat mit Ihnen ein „Erlebnis“. 
  2. Durch dieses Erlebnis macht er also eine „Erfahrung“.  
  3. Seine Erfahrung prägt seine „Einstellung“ zum Erlebten. 
  4. Und diese Einstellung führt automa­tisch zu einem entspre­chenden „Verhalten“. 

Sollte der Kunde also ein ähnliches Erlebnis haben wie zuvor, dann vergleicht er automa­tisch dieses neue Erlebnis mit dem o.a. Kreislauf und passt sein Verhalten an.

Einige der am häufigsten auftre­tenden Situa­tionen möchte ich etwas näher beschreiben:

Die zuvor­kom­mende Preissenkung

Stellen wir uns vor, Ihre Preise liegen etwa 20 % über den markt­üb­lichen. Wie wir bereits festge­stellt haben, werden Familien­unternehmer dies kaum akzep­tieren, denn sie infor­mieren sich natürlich zu Konkur­renz­an­ge­boten und werden Ihnen knallhart sagen, dass sie dieselben Leistungen bei der Konkurrenz günstiger bekommen. Wenn Sie daraufhin 20 % mit dem Preis runter gehen (sofern Sie das mit Blick auf Ihre eigene Kalku­lation können), dann wird dies vom Kunden jedoch nicht als zuvor­kommend Ihrer­seits empfunden. Schließlich haben Sie sich nur den Preisen angepasst, die aus Sicht des Famili­en­un­ter­nehmers ohnehin gerecht­fertigt sind. Mit dem Preis runter­zu­gehen schafft in einer solchen Situation also kein Vertrauen – eher stört es sogar den subjek­tiven Wohlfühlfaktor.

Noch schlimmer für die weitere Zusam­men­arbeit ist aller­dings der langfristige psycho­lo­gische Effekt. Denn der Unter­nehmer hat nun gemerkt: „Wenn ich beim genannten Preis dagegen­halte, dann knickt der Berater schon ein.“ Ähnliches ergibt sich bei der Sicher­hei­ten­stellung: Verzichten Sie unter Margen­druck auf Sicher­heiten, wird der Kunde bald an allem herum­ver­handeln wollen. Denn er weiß ja: „Wenn ich nur ordentlich Druck aufbaue, brauche ich diese Sicherheit bestimmt nicht vorzu­weisen.“ Diese Einstellung kann sogar dazu führen, dass der Familien­unternehmer Sie bald auch außerhalb von Verhand­lungen als „formbar“ betrachtet: Ist in Zukunft etwas nicht zu 100 % in seinem Sinne, dann hält er dagegen – denn der Berater gibt bestimmt irgendwann nach. Sie können sich vorstellen, dass die Gespräche dadurch zäh wie Gummi werden.

Eine Sache ist für Sie dabei ebenfalls recht fies: Den oben genannten Kreislauf kann der Kunde auch woanders durch­ge­macht haben. Wenn Sie sich also nun ähnlich verhalten wie zum Beispiel Ihr Wettbe­werber oder Ihr Vorgänger, dann setzt beim Unter­nehmer automa­tisch der Abgleich­reflex ein – obwohl Sie ja „neu“ sind. Das heißt: Sie werden ohne es zu merken in eine Schublade gepackt, aus der Sie nur schwer wieder herauskommen.

Was, wenn der Berater hart bleibt – aber nicht die Führungskraft?

Für eine gute Position in den Preis­ver­hand­lungen ist es nicht nur wichtig, dass sich der Berater von bestimmten Punkten nicht abbringen lässt. Denn so mancher Familien­unternehmer, der beispiels­weise mit den genannten Preisen unzufrieden ist, denkt sich nach einer nicht erfolg­reichen Preis­ver­handlung mögli­cher­weise: „Ich kenne ja auch die Führungs­kraft oder den Vorstand, da rufe ich mal an!“ Knickt die Führungs­kraft oder der Vorstand dann ein, lernt der Familien­unternehmer daraus: „Wenn ich einfach direkt ein oder zwei Stufen in der Hierarchie höher gehe, dann bekomme ich, was ich will.“

Wie Sie sich vorstellen können, macht dies nicht nur die Gespräche mit dem Unter­nehmer kompli­zierter. Es sorgt auch dafür, dass der Familien­unternehmer den Berater bald nicht mehr ernst nimmt, da er gefühlt jederzeit umgangen werden kann, um ein besseres Ergebnis für sich zu erzielen. Deshalb rate ich auch Führungs­kräften und Vorständen, in solchen Situa­tionen nicht klein beizu­geben und den Berater als wichtigsten Ansprech­partner zu unterstützen.

Wie bringt man die Preis­ver­handlung dennoch zum Erfolg?

Sich bei der Preis­ver­handlung koope­rativ gegenüber dem Familien­unternehmer zu verhalten, bedeutet also nicht, bei Gegenwind jederzeit die eigene Position aufzu­geben. Vielmehr rate ich dazu, zunächst heraus­zu­finden, was der Unter­nehmer als tatsäch­lichen Mehrwert ansieht, und dementspre­chend den Preis zu argumen­tieren – voraus­ge­setzt, er wurde markt­üblich bestimmt.

Dabei ist es auch wichtig, erkennbar hinter den eigenen Produkten zu stehen, denn wer sich bereit zeigt, über jeden Preis zu disku­tieren, der signa­li­siert: So toll kann das Produkt dann ja auch nicht sein. Aus denselben Gründen rate ich zur Vorsicht bei Rabatten. Sie verringern beim Kunden das Gefühl von echtem Mehrwert und können den Eindruck erwecken, das Institut könne seine Produkte nicht richtig bepreisen. Oder, wie es die Marketing-Kampagne einer bekannten Baumarkt­kette mal formu­lierte: „Wer Rabatte gibt, war vorher zu teuer.“

Schwache Schafe werden gerissen

Wir sehen also: Teil der Beratungs­stra­tegie – ob es nun um den Preis geht oder um die Sicher­heiten – sollte es immer sein, in gewissen Situa­tionen nicht von der eigenen Position abzuweichen. Das hat auch einen „erzie­he­ri­schen“ Grund. Ich sage den Beratern und Führungs­kräften, die in meine Seminare und Workshops kommen, dazu immer (etwas zugespitzt): „Wenn Sie Ihren Kunden­stamm schon länger als 6 Monate haben oder mit einem Kunden bereits über 6 Monate mehrere Gespräche geführt haben, dann ist das Verhalten dieses Kunden Ihnen gegenüber ein Spiegelbild Ihres bishe­rigen Verhaltens in den Verhand­lungen.“ Haben Sie immer klein beigegeben, wird der Kunde mit hoher Wahrschein­lichkeit jeden Preis ausdis­ku­tieren wollen.

Bitte denken Sie auch daran, dass gerade in der Produk­ti­ons­in­dustrie gilt: „Im Einkauf liegt die Marge.“ Wenn der Unter­nehmer es also gewohnt ist, zu handeln und zu feilschen, wird er es bei Ihnen auch versuchen. Es gibt zahlreiche „Wölfe“, die liebend gern nach schwachen Schafen suchen. Finden sie diese, werden die Schafe (martia­lisch ausge­drückt) gerissen! Ob Sie – respektive Ihr Institut – mit solchen Kunden auf Dauer zusam­men­ar­beiten wollen, ist natürlich einzig Ihre Entscheidung. Aber denken Sie bitte immer an den oben genannten Kreislauf. Und daran, dass dieser Kunde dann auch niemals damit aufhören wird, sofern Sie den Kreislauf nicht durchbrechen.

Generell können die Effekte einer „negativen Erziehung“ jedoch sehr unter­schiedlich sein. Manche Kunden reichen beispiels­weise wichtige Unter­lagen nicht oder zu spät ein, weil sie wissen, dass sie damit durch­kommen werden. Oder sie verspäten sich bei allen wichtigen Terminen. Wer dem entge­gen­wirken möchte, hat im Prinzip nur zwei Möglichkeiten:

  1. Positive Erleb­nisse schaffen: Beispiels­weise bei recht­zeitig und korrekt ausge­füllten Unter­lagen dafür sorgen, dass alles zum frühest­mög­lichen Zeitpunkt korrekt und pünktlich durch­ge­ar­beitet ist.
  2. Sanktionen und Konse­quenzen: Zum Beispiel bei nicht recht­zeitig einge­reichten Unter­lagen klar machen, dass der Kunde dann auch nicht exakt das bekommt, was er möchte (dies muss dann selbst­ver­ständlich konse­quent durch­ge­zogen werden).

Ich persönlich bevorzuge natürlich die Lösung Nummer 1, da sie einen deutlich positi­veren Effekt auf das Verhältnis zum Kunden hat. Wer damit den Kunden nicht erreicht, kann immer noch auf Lösung 2 zurückgreifen.

Was tun, wenn der Kunde nicht kaufen will?

In manchen Situa­tionen muss man als Berater einfach erkennen, dass man beim Kunden nicht weiter­kommt. Da lässt sich dann ein Kunde, der beispiels­weise beim Steuer­be­rater oder Rechts­anwalt die aufge­ru­fenen Preise ohne zu murren bezahlt, mit keinem Argument dazu bringen, den vollen Preis für Ihr Finanz­produkt zu akzep­tieren. In solchen Fällen reicht meistens nur noch direktes Nachfragen: „Was muss ich tun, damit Sie bei mir kaufen?“ Und danach liegt es an Ihnen, zu prüfen, ob man den Forde­rungen des Kunden folgen kann oder damit nur eine Spirale neuer Forde­rungen lostreten würde.

Bei alledem sollten Sie auch bedenken, dass das Produkt, das Sie Ihrem Kunden verkaufen, seinen Anfor­de­rungen entsprechen muss. Stellen Sie sich vor, Sie schaffen es, dem Familien­unternehmer ein Finanz­produkt zu 100 % der bepreisten Kosten zu verkaufen. Ist er hinterher nicht damit zufrieden, wird ihn kein Rabatt der Welt dazu bringen, das Produkt nochmal zu kaufen. Denn er war ja damit unzufrieden.

Markt­gängige Preise, selbst­si­cheres Auftreten und gute Produkte sind der Weg zum Erfolg

Wir sehen also: Berater sind darauf angewiesen, mit markt­gän­gigen Preisen (Aufgabe des Instituts!) arbeiten und ihre Preis­ver­hand­lungen selbst­be­wusst durch­führen zu können – ohne, dass der Unter­nehmer sich beispiels­weise über einen direkten Draht zum Führungs­per­sonal eine bessere Behandlung erwirken kann. Und bei Kunden, die ein Verhalten an den Tag legen, das für die reibungslose Durch­führung proble­ma­tisch werden kann, können positives Verstärken oder das konse­quente Durch­ziehen angekün­digter Konse­quenzen echte Wunder wirken.

Scheuen Sie sich nicht, die Preis­ver­hand­lungen mit kompli­zierten Kunden mit Ihren Kollegen zu üben – gerne auch mit erfah­re­neren Kollegen, die es bereits viele Jahre mit selbst­be­wussten Kunden zu tun hatten. Preis­ver­hand­lungen gehören zu den schwie­rigsten Aufgaben in der Finanz­be­ratung. Sie sind nur etwas für Profis. Und Profis trainieren. Glauben Sie mir: Als ich damals als Berater angefangen habe, hätte ich mich auch nicht bei jedem Kunden getraut, ihm Paroli zu bieten, wenn er den Preis drücken wollte. Aber wenn mich heute, über 25 Jahre später, ein Klient des IFUF fragt, ob man nicht noch was am Preis machen könnte, antworte ich mittler­weile augen­zwin­kernd: „Klar, nach oben geht immer mehr!“

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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