Der Wechsel von 2019 auf 2020 ist kein einfacher Jahres­wechsel. Er ist nicht mal „nur“ ein Jahrzehn­te­wechsel. Das Jahr 2020 läutet einen handfesten Wechsel der Gesell­schafts­ordnung ein, vom wirtschaft­lichen und politi­schen Bereich bis in die Sozial- und Kommu­ni­ka­ti­ons­ordnung. Und doch bleibt dabei eine Konstante: Es wird auch in der „neuen Welt“ noch Menschen und Unter­nehmer geben, die diese neue Ordnung (er-)schaffen oder sich dieser anpassen (müssen). Für Sie als Finanz­dienst­leister bedeutet das: Es entsteht ein neuer Beratungs­bedarf für die geänderten Voraus­set­zungen des Jahres 2020 und die nahe Zukunft.

Familien­unternehmer und Finanz­dienst­leister stehen Seite an Seite

Ab dem Jahr 2020 gelten in einigen wirtschaft­lichen und finan­zi­ellen Bereichen neue Spiel­regeln. Vor allem auf drei Entwick­lungen können sich Unter­nehmer und Finanz­be­rater jetzt schon gefasst machen:

  • Die Regel „schnell frisst langsam“ gilt in allen Bereichen – aber man sollte „schnell“ nicht mit „hektisch“ verwechseln.
  • Normen, Werte und Produkte vermi­schen sich immer stärker und sind für den Kunden nur noch schwer auseinanderzuhalten.
  • Unter­neh­mens­größe ist keine Überle­bens­ga­rantie mehr – wiegen Sie sich nicht in falscher Sicherheit.

Diese Entwick­lungen sind bereits in den vergan­genen Jahren erkennbar gewesen, doch bislang wurden sie noch nicht von allen Insti­tuten als Zukunfts­modell identi­fi­ziert. Denken Sie an die überra­schenden Pleiten von Großkon­zernen wie Schlecker und Thomas Cook – die wenigsten konnten sich vorstellen, dass Konzerne dieser Größe praktisch von heute auf morgen insolvent werden könnten.

Oder denken Sie an die generelle gesell­schaft­liche Unsicherheit, die auf politi­scher Ebene beispiels­weise durch die Selbst­fin­dungs­ver­suche von CDU/CSU und SPD entstanden sind: Welche Partei ist jetzt eigentlich wie stark rechts oder links? Die Verwirrung des Wählers setzt sich bis in den Alltag fort: Welches der vielen gleich­ar­tigen Produkte im Super­markt wird gekauft? In welchem der unzäh­ligen Gastro­no­mie­be­triebe geht man abends essen? Oder macht man es sich statt­dessen daheim gemütlich – und muss dann heraus­finden, welcher der vielen Dutzenden Fernseh­sender und der stetig wachsenden Zahl an Streaming-Diensten aktuell ein anspre­chendes Programm bietet?

Bereits jetzt lässt sich absehen, dass die Menschen der nahen Zukunft von dem riesigen Angebot unzurei­chend ausdif­fe­ren­zierter und dadurch scheinbar gleich­ar­tiger Produkte überfordert sind – vom Griff ins Laden­regal bis zum Abschluss des Versi­che­rungs­ver­trags. Sowohl auf Unter­nehmer- wie auch auf Finanz­dienst­leister-Seite bedeutet das: Nur wer Ideen, einen Plan und die Stringenz hat, diesen durch­zu­führen, der kann den Kunden­strom zu sich lenken – und letztlich auf dem Markt überleben.

Die Unter­nehmen der Zukunft

In den kommenden Jahren werden drei Arten von Firmen­größen wichtig werden – ist die Wirtschaft ein Meer der Möglich­keiten, dann sind die Firmen von morgen die Super­tanker, Speed­boote und Putzer­fische in diesem Meer.

  • Großin­stitute und inter­na­tionale Finanz­in­stitute sind die Super­tanker, die Tausende von Containern von A nach B trans­por­tieren. Sie leisten eine enorme Arbeit, doch ihre Richtung ist fest vorge­geben und für jedes Wende- und Ausweich­ma­növer benötigen sie viel Zeit, Raum und Aufwand. Wer recht­zeitig einem Eisberg ausweichen möchte, sollte diesen bereits aus weiter Ferne kommen sehen können.
  • Anders die kleineren (regio­nalen) Institute – die Speed­boote: Sie können vielleicht nicht so viel Ladung trans­por­tieren wie die Super­tanker, sind dadurch jedoch wendiger. Sie können flexibel auf Unvor­her­ge­se­henes reagieren. Und selbst ein vollstän­diger Kurswechsel ist in einem Speedboot ohne größere Turbu­lenzen machbar.
  • Die Putzer­fische sind in unserer Analogie die jungen Start-ups. Das klingt vielleicht nicht respektvoll, beschreibt ihre Situation jedoch sehr gut: Sie gehen in die Zahnzwi­schen­räume und nehmen dort die Brocken auf, welche die großen Fische nicht schlucken möchten oder können. Damit führen sie die wichtige Funktion der Markt­be­rei­nigung aus – und können mit der Zeit selbst auf enorme Größe anwachsen. So, wie sich Uber eine Nische ausge­sucht hat und darin innerhalb weniger Jahre zu einem Weltkonzern geworden ist.

Der Goldrausch des 21. Jahrhun­derts: Kundendaten

Super­tanker, Speedboot, Putzer­fisch – trotz ihrer unter­schied­lichen Ausrichtung, Größe und Leistungs­fä­higkeit können all diese Unter­neh­mens­typen in der kommenden unsicheren Zeit nur dann beim Kunden punkten, wenn sie einen klaren Fokus, eine eindeutige Abgrenzung zur Konkurrenz sowie eine eindeutig definierte Marke vorweisen können. Der Schlüssel dazu ist die Erhebung und Nutzung von Daten. Ob Standar­di­sie­rungs­maß­nahmen im Massen­markt oder komplexe Daten­sätze im Indivi­du­al­ge­schäft: Die Art und Weise, wie die Daten erhoben und verar­beitet werden, unter­scheidet sich, doch der Fokus auf Daten bleibt gleich.

Dass der Trend klar in diese Richtung geht, lässt sich bereits heute erkennen: Zalando hat beispiels­weise über die letzten Jahre immer mehr klassi­sches Marketing-Personal abgebaut und setzt statt­dessen zunehmend auf Daten­ana­lysten. Da bleibt uns nur, dem Konzern zu wünschen, dass er die durch das neue Personal erhobenen Daten auch korrekt auswertet und diese im richtigen Kontext betrachtet – sonst nutzt auch die umfang­reichste Daten­er­hebung nichts. Und es ist zu hoffen, dass man nicht dem Irrglauben erliegt, rationale Daten und Fakten verkaufen Produkte von selbst. Denn eines sollte niemals unter­schätzt werden: Menschen – seien sie oberflächlich betrachtet noch so rational – lassen immer die Emotion beim Kauf eines Produktes walten.

Zusam­menhang innerhalb von Finanzverbünden

Die Erhebung von Kunden­daten im großen Rahmen ist jedoch sowohl in recht­licher als auch in prakti­scher Hinsicht komplex. Im Finanz­be­reich wären Insti­tuts­ver­bünde wie beispiels­weise Sparkassen oder Volks­banken ideal dazu aufge­stellt. Doch die Realität sieht aktuell anders aus: Der Zusam­menhang im Verbund bröckelt, weil jeder immer mehr für sich arbeitet und der große, überge­ordnete Teamge­danke zunehmend verloren geht.

Diese Entwicklung ist in manchen Bereichen gar nicht falsch – denn wenn sich mehrere Speed­boote zu einem Super­tanker zusam­men­fassen, werden sie zwar mächtiger, verlieren aber automa­tisch Manövrier­fä­higkeit. Ein wenig mehr Eigen­in­itiative kann also gar nicht schaden. Doch diese sollte eher Teil eines Hybrid-Modells sein: Verbünde aus mehreren Finanz­in­sti­tuten, die in bestimmten Aspekten einen gemein­samen Weg gehen (Daten­er­hebung, IT-Struk­turen) und sich gleich­zeitig (regional) ihre Flexi­bi­lität und Eigen­stän­digkeit erhalten.

Für 2020 werden sich viele Finanz­in­stitute die Frage stellen müssen: „Worauf nehmen wir eigentlich Kurs – und kommen wir dort besser als Speedboot oder als Super­tanker an?“ Und dann gilt es, die Produkte und Prozesse auf diese Strategie auszu­richten. Das kann für Sparkassen und Volks­banken eine sehr große Heraus­for­derung sein, da diese entspre­chend ihrer ursprüng­lichen DNA ein Massen­pu­blikum ansprechen und sich teilweise schwertun, die lukra­tiven Geschäfte mit Unter­nehmern abzugreifen, indem sie beispiels­weise ein Premium-Angebot „Private Banking für Unternehmer­familien“ etablieren. Doch ein solcher Schritt ist notwendig, möchte man Unter­neh­mer­kunden nachhaltig beraten und langfristig halten. Und glauben Sie mir: Beides ist auch für kleine regionale Institute machbar, wenn man mit der richtigen Strategie an die Sache geht.

Während Großbanken, also die Super­tanker, neben dem schon bekannten und begon­nenen radikalen Stellen­abbau vor allem auch ihre eigene Marke sowohl intern vor den eigenen Mitar­beitern als auch vor dem Kunden schärfen sollten. Dabei gilt es, glasklar heraus­zu­ar­beiten, wofür das eigene Institut steht.

Und genau diese Prozesse eröffnen gleich­zeitig für freie Berater­firmen in 2020 eine einmalige Chance. Denn selten zuvor war deren Konkurrenz so viel mit sich selbst beschäftigt und hat so viel von innen heraus reagiert, was dazu führen kann, dass die Sicht der Kunden zunehmend aus den Augen verloren wird. Ein möglicher Schwach­punkt, den freie Berater­firmen sich zunutze machen können.

Praxis­tipps zur Positionierung

Sie haben bestimmt eine gewisse Vorstellung davon, welche Entwick­lungen in der näheren Zukunft eine Rolle spielen werden. Doch wie kann man sich als Finanz­in­stitut schon heute auf diese Entwick­lungen vorbereiten?

Zunächst gilt es für die Institute, sich klar auf eine spezielle Klientel auszu­richten, ähnlich wie sich die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) speziell an Ärzte und Apotheker richtet. Für sehr große Institute bedeutet das wiederum, sich innerhalb der eigenen großen Marke noch klarer zu positio­nieren – und gegebe­nen­falls mit Submarken zu arbeiten, um eine indivi­duelle Ansprache bestimmter Zielgruppen zu erreichen.

Danach werden alle Produkte und Dienst­leis­tungen sowie die dahin­ter­ste­henden Prozesse und die Auswahl der Mitar­beiter darauf ausge­richtet. Denn es wird schlicht nicht mehr möglich sein, als Institut jeden Kundentyp vollständig zufrie­den­zu­stellen. Also gilt es, unter den immer weniger, dafür aber extrem größer werdenden Super­tankern und den vielen Speed­booten aufseiten der Familien­unternehmen die richtigen (risiko­armen) Kunden herauszufiltern.

Kleinere Institute dürfen in Zukunft den Mut haben, ihre regio­nalen Freiheiten stringent, mutig und indivi­duell zu nutzen. Denn feste Verbünde mit anderen Insti­tuten sorgen nur für unnötige Behäbigkeit. Fusionen sind kein Heilmittel – es sei denn, mit dem Zusam­men­schluss wird direkt konse­quent reduziert. Dies kann jedoch oft Unmut auslösen, da „Rosinen­picken“ bei Kunden und Mitar­beitern als heikel angesehen wird.

In einigen Fällen können (Zwangs-)Fusionen sogar dazu führen, dass gesunde Institute die Krank­heiten der Fusions­partner einge­setzt bekommen. Und selbst, wenn diese Verbindung sich dann mit eher schlechten Ergeb­nis­be­wer­tungen weiter über Wasser halten kann – was passiert wohl, wenn die Konjunktur stagniert oder gar in die Rezession geht?

Eine große Nähe zu Familien­unternehmen wird in den kommenden Jahren nützlich und absolut notwendig sein, um frühzeitige Risiko­kan­di­daten zu erkennen. Denn geht ein kleiner Unter­neh­mer­kunde pleite, ist das für das Institut leicht zu verkraften – doch was passiert, wenn ein Großkunde oder mehrere kleinere Kunden zugleich pleitegehen?

Zeitgleich wird das Kredit­risiko immer stärker steigen. Und das private Inves­ti­ti­ons­ka­pital der Unter­nehmer wird automa­tisch zu den Insti­tuten fließen, die es trotzdem wagen, weiterhin ihre Dienste ganzheitlich (Firma und Privat­seite) anzubieten, oder zu denen, die ganz klare Ausrich­tungen haben und diese effektiv kommu­ni­zieren, sodass es tatsächlich vom Kunden wahrge­nommen werden kann. Der Kampf um die Kunden wird brutaler werden – ein guter Grund, sich noch stärker als zuvor auf das Geschäfts­modell (gestern, heute, morgen, übermorgen) der Familien­unternehmen sowie die Unter­neh­mer­ty­po­logie zu konzen­trieren und eine handfeste Beratung von Mensch zu Mensch anzubieten. Nur so lassen sich die Kunden langfristig gegen die Konkurrenz vertei­digen. Aufgrund dieser Entwick­lungen werden Finanz­dienst­leister – insbe­sondere die Firmen­kun­den­be­rater – wichtiger denn je. Denn alle Poten­ziale im Cross-Selling hängen an der Verbindung zwischen Familien­unternehmen und Unternehmer­familien. Und der Firmen­kun­den­be­rater kann diese offen legen, wenn er sich wie beschrieben noch stärker und indivi­du­eller mit deren Geschäfts­mo­dellen, Umfeld und Typologien beschäftigt – von Mensch zu Mensch. Nur so kann er sich ideal bei Unter­neh­mer­kunden positio­nieren, als Unter­stützer und Koordi­nator auf Augenhöhe wahrge­nommen werden und auf Kollegen überleiten. Es ist selbst­er­klärend, dass das Einnehmen einer Diva- oder Opfer­rolle durch den Firmen­kun­den­be­rater hierbei mehr als hinderlich wäre.

Eine Strategie, die Sie bereits jetzt aktiv ausführen können, um Ihr Institut auf die Zukunft vorzu­be­reiten, ist, Top-Personal und Top-Kunden (mögli­cher­weise momentan unren­tabel) „einzu­kaufen“. Das kurzfristige Ergebnis wird dabei (noch) nicht gut sein, doch Top-Mitar­beiter und ‑Kunden können so frühzeitig an das Institut gebunden werden. Und das sorgt für langfristige Stabi­lität. Die (neuen) Mitar­beiter fassen Sie dann am besten direkt zu Trios zusammen, um im nächsten Schritt eine durch Kunden­kon­fe­renzen und Tandem-Gespräche optimierte Beratung anbieten zu können.
Für Berater, die sich vorrangig mit Familien­unternehmen und Unternehmer­familien beschäf­tigen, beginnt mit dem Jahr 2020 eine „goldene Zeit“. Sie werden gebraucht. Sie werden gesucht. Und wer sich tief im Innersten dafür begeistert, sich mit diesem außer­ge­wöhn­lichen Kunden­pu­blikum zu beschäf­tigen, und sich nicht ständig an Dingen aufreibt, die nicht zu ändern sind (z.B. zu viel Bürokratie), wird dieses auch nach außen zeigen können und bei Unter­nehmern erfolg­reicher denn je werden.

Mutig in das Jahr 2020 eintauchen

In 2020 – und in den darauf­fol­genden Jahren – sind Finanz­dienst­leister gefragt, die die Zeichen der Zeit erkennen. Und Institute, die den Famili­en­un­ter­nehmern eine an die verän­derten Voraus­set­zungen angepasste Beratung (Stichwort: Standar­di­sierung und Digita­li­sierung mit Augenmaß) bieten, werden durch­starten und die Chancen, die sich in den Heraus­for­de­rungen verbergen, für sich nutzen können.

Eine effektive Kommu­ni­ka­tions- und Marketing-Strategie hilft gleich­zeitig, von den erstre­bens­werten Kunden und poten­zi­ellen Mitar­beitern im rechten Licht gesehen zu werden. Schärfen Sie Ihre Marke, begeistern Sie sich für Ihre Kunden und behalten Sie die Beratung von Mensch zu Mensch im Auge. Beobachten Sie die weitere Spaltung zwischen Massen­ge­schäft und komplexer Indivi­du­al­be­ratung und stellen Sie sich den Heraus­for­de­rungen 2020:

Das kommt Ihnen alles zu viel vor? Keine Sorge, mit einer guten Strategie und durch­dachter Vorbe­reitung lassen sich auch diese Heraus­for­de­rungen meistern. Mein Redak­ti­onsteam und ich werden Ihnen auch 2020 wieder mit Einblicken in die Unter­neh­merwelt sowie mit handfesten Praxis­tipps bei der Bewäl­tigung aller Hürden zur Seite stehen (digital und natürlich auch analog, persönlich). Die ersten mehrwer­tigen Artikel stehen bereits für Sie in den Start­lö­chern. Und wie immer erfahren Newsletter-Abonnenten als Erste davon.

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Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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