Digitalisierung im Unternehmen ist eine Notwendigkeit in unserer immer stärker digital verankerten Wirtschaft. In meinen Seminaren und Workshops erarbeite ich seit vielen Jahren gemeinsam mit den Teilnehmern, weshalb das so ist: Erhöhte Effizienz der Arbeitsabläufe, bessere Kommunikation, Abholen potenzieller Kunden im digitalen Raum … und in Krisenzeiten kann Digitalisierung sogar die Firma als Ganzes am Laufen halten: Wehe dem, der in Zeiten von Kontaktsperren und geschlossenem Einzelhandel noch kein Homeoffice ermöglichen und seine Produkte nicht effektiv online vertreiben kann. Doch selbst Finanzdienstleister, denen die Wichtigkeit der Digitalisierung für ihre Kunden bewusst ist, scheitern manchmal noch an einer für die Umsetzung essenziellen Frage: Wo im Familienunternehmen ist die Digitalisierung überhaupt sinnvoll?
Digitalisierung ja – aber was ist der Wissensstand?
Zum Teil dank der voranschreitenden Digitalisierung verlaufen gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungsprozesse heutzutage schneller und in einer größeren Frequenz als noch vor 100 Jahren. Gleichzeitig werden die Mittel, die Unternehmen durch die Digitalisierung an die Hand gegeben werden, immer zahlreicher und komplexer. Hier warten Chancen und Risiken zugleich. Möchten Sie sich bei Ihren Kunden als effektiver Sparringspartner etablieren, gehört es also auch zu Ihren Aufgaben, sich einen Wissensschatz in Bezug auf die grundlegende Definition der Thematik sowie deren wichtiger Teilaspekte anzueignen. Das beinhaltet aktuell beispielsweise:
- Digitalisierung: Im engeren Sinne die Übertragung von Daten und Prozessen von analogen in digitale Formate (Zehntausende Akten im Archiv oder alle Daten auf einer handtellergroßen Festplatte?)
- Technologisierung: Die zunehmende Nutzung von Technologie für Arbeiten, die vorher manuell oder mit simplen Mitteln verrichtet wurden (wer erinnert sich an Supermarktkassen, an denen der Preis noch abgetippt wurde?)
- Standardisierung: Die Vereinheitlichung von Verfahren, Prozessen, Strukturen, Produkten etc., um eine gleichbleibende Leistung mit minimiertem Aufwand zu erzeugen (die meisten Online-Shops haben heute einen stark standardisierten, hochgradig effizienten Aufbau)
- Automatisierung: Umrüsten der Produktion etc., sodass weniger oder gar keine menschliche Arbeit mehr benötigt wird (heutzutage werden Autos von einer Handvoll Mechatroniker gebaut – mit Dutzenden robotischen Armen)
- Künstliche Intelligenz: Digitale Prozesse, die auf Basis genereller Maßgaben oder angeeigneten Erfahrungswissens selbstständig Handlungen ausführen können (von Social-Media-Bots bis zu selbstfahrenden Autos, die im Straßenverkehr selbstständig Entscheidungen treffen)
- Machine Learning: Das Vermitteln einer Wissensbasis an eine künstliche Intelligenz durch simulierte Erfahrungen (die Gesichtserkennung auf Ihrem Handy muss zunächst mit Porträtbildern gefüttert werden, um zu verstehen, wie sich menschliche Gesichter voneinander unterscheiden)
- Digital Disruption: Auf den Markt drängende digitale Technologien verändern Branchen, Produkte etc. und erfordern deshalb ein regelmäßiges Umdenken in den Unternehmen (denken Sie daran, wie sich die Vermarktung von Produkten allein seit dem Aufkommen von Social-Media-Influencern geändert hat)
Ob Ihr Kunde Digitalisierung bislang nur als Schlagwort kennt oder sich wirklich mit der Thematik auseinandergesetzt hat, erkennen Sie häufig schon daran, ob ihm die Bedeutung dieser fundamentalen Begriffe bekannt ist – genauso, wie Ihr Kunde an Ihrem Wissen zu diesen Themen erkennt, ob Sie als Sparringspartner zum Thema Digitalisierung geeignet sind.
Welche Maßnahmen sind sinnig?
Neben viel generellem Wissen zum Thema Digitalisierung benötigen Sie für eine individuelle Beratung auch ein Verständnis dafür, wie die Digitalisierung den Kunden und sein Geschäftsmodell im Speziellen beeinflusst – welche Aspekte sind für ihn wirklich wichtig, welche können zunächst ignoriert werden und welche lassen sich womöglich gar nicht umsetzen? Eine digitalisierte Standardisierung im Vertrieb passt beispielsweise zum Hersteller von Kleinwagen für eine breite Zielgruppe. Doch möchte der Kunde Luxusautos an eine ausgewählte Klientel verkaufen, dann erfordert dies einen viel individuelleren Vertrieb. Prüfen Sie also das Geschäftsmodell des Kunden und versuchen Sie, nur diejenigen Digitalisierungsmaßnahmen voranzutreiben, die für dieses Geschäftsmodell tatsächlich sinnvoll sind. Beachten Sie dabei auch die Auswirkungen, welche die Digitalisierung auf ein Unternehmen haben kann:
Auch bei der Digitalisierung handelt man also idealerweise mit Augenmaß: Nicht einfach blind jede Innovation mitmachen, sondern nur das, was aktuell eine Verbesserung der Abläufe bewirkt oder das Unternehmen auf zukünftige Veränderungen vorbereitet.
Gerade im Hinblick auf diese Maßgabe spricht man manchmal mit Unternehmern, die die Digitalisierung ihres Betriebs gerne vorantreiben würden, sich jedoch noch keine Gedanken darüber gemacht haben, wie diese Veränderungen in das Strategiehaus ihres Unternehmens passen.
Orientieren Sie sich also bei der Beratung auch am Strategiehaus. So prüfen Sie, ob die von Ihnen (oder dem Unternehmer) vorgeschlagenen Digitalisierungsmaßnahmen tatsächlich ins Geschäftsmodell passen. Schließlich sollten sich Digitalisierungsmaßnahmen über kurz oder lang positiv in der Bilanz niederschlagen und nicht einfach wirkungslos verpuffen.
Ein exemplarisches Beispiel für sinnvolle Digitalisierung
Um Ihnen einen ersten Eindruck davon zu geben, an welchen Stellen Digitalisierung in Unternehmen sinnvoll sein kann – und welche Maßnahmen beispielsweise ergriffen werden können –, schauen wir uns gemeinsam einen Musterprozess an, wie er in einem beliebigen Produktionsbetrieb ablaufen könnte:
All diese Einzelschritte entlang des Prozesses lassen sich durch eine durchdachte Digitalisierung optimieren, wovon wiederum der gesamte Prozess profitiert. Doch Vorsicht: Es handelt sich hier nur um ein Beispiel, das verschiedene Möglichkeiten aufzeigen soll. In der Realität wäre es für die meisten Betriebe nicht immer sinnvoll, wirklich alle Digitalisierungsmaßnahmen, die ich aufzeigen werde, gleichzeitig durchzuführen. Hier gilt wieder: Am Geschäftsmodell orientieren und mit Augenmaß digitalisieren!
Potenzielle Kunden identifizieren
Wer braucht unser Produkt überhaupt? Und wen wollen wir tatsächlich als unsere Zielkundschaft erreichen? Ein Minimum an Digitalisierung sieht hier so aus, dass Bestandskunden in einer digitalen Datenbank gepflegt und Neukunden dort (automatisiert oder von Hand) eingetragen werden. Wer darüber hinausgehen möchte, der kann beispielsweise Targeting- und Pipeline-Möglichkeiten auf digitalen Plattformen und sozialen Netzwerken im Business-Bereich (Xing, LinkedIn) nutzen, um potenzielle Kunden zu identifizieren.
Insbesondere im Zusammenspiel mit der Erhebung und Verarbeitung von Big Data liegt hier großes Potenzial. Wer jedoch so weit geht, tut gut daran, auch die rechtlichen und ethischen Aspekte von Big Data mit dem Familienunternehmen zu besprechen. Schließlich möchten nur die wenigsten das Risiko eingehen, als das nächste Cambridge Analytica bekannt zu werden.
Marketing und Markenbildung
Hier wird eine Marke gebildet, mit einem Branding und einer Corporate Identity (CI). Um im digitalen Raum perfekt funktionieren zu können, sollte beides für die Darstellung in diesem Medium optimiert sein. Auf Basis dieser CI werden dann hochwertige digitale Inhalte erstellt und gemäß dem Targeting ausgesteuert.
Die Digitalisierung bietet hier einzigartige Vorteile: Das Marketing hat einerseits eine extrem hohe (potenzielle) Reichweite und kann andererseits sehr individualisiert eingesetzt werden: Cookies und Google Analytics geben Aufschluss darüber, wo sich Nutzer vor dem Besuch der eigenen Webseite aufgehalten haben, und erlauben so ein individuelles Zuschneiden der Marketingbotschaft auf die Interessen des Users (natürlich alles im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, wie z.B. der DSGVO). Auch Unternehmer, die präzise messen möchten, ob ihr Marketing eine Wirkung zeigt, profitieren von einer Digitalisierung in diesem Bereich. Denn im Gegensatz zu Zeitungsanzeigen oder Fernseh-Werbespots lässt sich im Internet viel besser nachvollziehen, welcher User nach dem Ausspielen einer Marketingbotschaft tatsächlich einen Kauf getätigt hat.
Konkrete Ansprache
Wurden die Zielkunden identifiziert, werden sie direkt auf einen Kauf des Produkts angesprochen. Im Digitalen kann das (je nach Zielkundentyp, Produkt etc.) vieles bedeuten:
- Ausspielen von Werbebannern
- Empfehlungsbotschaften in Foren oder auf Social Media setzen
- Direktkontakt per E‑Mail (Newsletter) oder mit Messengern
Im Rahmen einer solchen digitalen Ansprache lassen sich potenzielle Kunden sehr leicht durch einen Button oder Link direkt zum auf sie zugeschnittenen Angebot lotsen, beispielsweise in den eigenen Online-Shop. Hier startet dann die Customer Journey, an deren Ende im besten Fall der Kauf des Produkts stehen sollte.
Produktauswahl und Bestellung / Abgleich mit Lager
Über digitale Shop-Systeme können Kunden direkt das gewünschte Produkt in der nötigen Anzahl auswählen und wenn nötig auch vor dem verbindlichen Abgeben der Bestellung noch modifizieren (Menge ändern, andere Produkte in die Bestellung aufnehmen etc.). In einem weiteren Schritt können dann automatisierte Prozesse direkt überprüfen, ob die Produkte in der gewünschten Anzahl im Lager vorhanden sind beziehungsweise produziert werden können.
Dem Kunden wird daraufhin wiederum automatisiert angezeigt, welche Lieferzeitpunkte möglich sind beziehungsweise welche Lieferoptionen für die Bestellung wählbar sind. Bestätigt der Kunde die Bestellung abschließend, kann der Vertrag beziehungsweise die Rechnung ebenfalls automatisch generiert und dem Kunden zugesendet werden.
Der größte Vorteil der Digitalisierung in diesem Bereich liegt also in der Zeit- und Personalkostenersparnis, denn es muss beispielsweise niemand mehr direkt im Lager nachfragen, wie die Bestände aussehen, und der Endkunde erhält ohne Zeitverzögerung eine Einschätzung des Lieferzeitraums.
Materialverwaltung und ‑bestellung
Dieser Prozess lässt sich zusammen mit dem Lagerabgleich automatisieren: Bestellt ein Kunde ein Produkt, wird die Bestellmenge mit dem Lager abgeglichen. Stellt sich dabei heraus, dass keine ausreichende Menge des Produkts auf Lager ist, wird geprüft, ob ausreichend Material vorhanden ist, um das Produkt zu fertigen. Ist auch hier nicht ausreichend Material vorhanden, wird Material nachbestellt – alles voll automatisiert.
Produktion
Sind nicht mehr ausreichend Produkte auf Lager beziehungsweise wird eine gewisse Mindestmenge an Lagerbestand unterschritten, wird automatisch das Signal gegeben, eine vorher spezifizierte Menge des Produkts herzustellen, bis der Auftrag des Kunden befriedigt oder eine Mindest-Lagermenge erreicht wird.
Verpackung und Versand
Ist die Bestellung vollständig produziert, erhält das Lager automatisch den Auftrag, die gesamte Charge zu verschicken. Wichtige Informationen wie die Adresse des Kunden werden dabei gleich digital mit weitergeleitet, um Fehler bei der Zuordnung zu vermeiden.
Weitere Digitalisierungspotenziale je nach Unternehmen und Geschäftsmodell aufzeigen
Neben unserem exemplarischen Bestellprozess in einem Produktionsunternehmen lassen sich natürlich noch weitere Möglichkeiten finden, durch Digitalisierung Kosten zu sparen und Abläufe zu optimieren:
- Eine digitalisierte Verwaltung wird zur Kontakt-Zentrale, die Kommunikationsinfrastrukturen ohne Zeitverzögerung realisiert. Darüber hinaus können mittels Cloud-Lösungen Homeoffice-Situationen erleichtert werden. Insbesondere wichtig in Krisenzeiten.
- Das Personalmanagement kann digitale Werkzeuge zum Suchen, Finden, Überzeugen und Binden neuer Talente nutzen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels lassen sich so zusätzliche Potenziale im Personalbereich auftun.
- In der Buchhaltung erleichtern automatisierte digitale Prozesse die Kernarbeit: Von digitalen Rechnungen bis zur automatisierten Datenverarbeitung per DATEV werden so Zeit und Kosten gespart, während die Kunden des Familienunternehmens von schnellen Informationen profitieren.
Ihr Fokus bei der Beratung
Das nötige Vorwissen vorausgesetzt, können Sie sich mit dem Thema Digitalisierung nicht nur durch kompetente Beratung von Mensch zu Mensch auf Augenhöhe als Sparringspartner bei Ihren Unternehmerkunden etablieren und so deren subjektiven Wohlfühlfaktor erhöhen – in einer Branche, in der aus Sicht der Kunden Produkte und Dienstleistungen sich gefühlt gleichen wie ein Ei dem anderen. Sondern auch für sich und Ihr Institut ganz neue Potenziale eröffnen:
- lukrative Versicherungsverträge in den extrem wichtigen Bereichen Cybersecurity und Datenschutz
- hohe Ertragspotenziale im Bereich der Finanzierungsmittel und Förderungswege
- Anknüpfungspunkte für den Private-Banking-Berater, wenn der Unternehmer dadurch (noch) stärker Privatvermögen bilden kann
- Potenziale für das Generationenmanagement, da Digitalisierungsprozesse generationenübergreifend und nachhaltig durchgeführt werden müssen
- Ihr Institut bekommt tief gehende Einblicke in die aktuelle Lage des Unternehmens – sehr nützlich für die Risikoprävention und ‑beurteilung
Übrigens: In Diskussionen zum Thema Digitalisierung im Rahmen meiner Seminare und Workshops kristallisiert sich jedes Mal aufs Neue heraus: Aufgrund der vielen Abteilungen, die im Zusammenhang mit den Digitalisierungsbestrebungen eingebracht werden können, sind Beratungen im Trio sowie Kundenkonferenzen besonders zur Unterstützung von Digitalisierungsmaßnahmen bei Unternehmerkunden geeignet. Und sofern alles richtig geplant und durchgeführt wird, profitieren sowohl die Unternehmen als auch Ihr Institut davon.
Mein Rat ist also: Eignen Sie sich einen Wissenskorpus zur Digitalisierung an und prüfen Sie frühzeitig, in welchen Bereichen dieser bei Ihren Unternehmerkunden tatsächlich das Geschäftsmodell positiv beeinflusst. Liefern Sie darauf aufbauend eine kompetente Beratung von Mensch zu Mensch zu dem Thema, dann platzieren Sie sich schnell als kompetenter Sparringspartner und erzeugen zusätzliche Erträge für Ihr Institut und Ihre Unternehmerkunden.
Kontakt
Dirk Wiebusch
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