Bald stehen wieder die Jahres- und Strategiegespräche mit Ihren wichtigsten Kunden bevor – den Unternehmern. Doch 2024 werden diese Gespräche anders sein als in den Jahren zuvor. Das liegt zum einen daran, dass einige der externen Aspekte, die seit 2020 die Bilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) der Unternehmen „verfälschen“ (von Corona bis Ukraine-Krieg), für die Unternehmenszahlen 2023 erstmals wieder eine untergeordnete Rolle spielen werden. Das heißt, man bekommt nun endlich wieder Informationen, die aussagekräftiger in Bezug auf die eigentliche Unternehmung sind. Und zum anderen gibt es 7 hoch-relevante Bausteine und die damit verbundenen Herausforderungen bei Ihren Unternehmerkunden, die eine bestimmte Kompetenz nun ganz besonders benötigen.
Die Gemengelage: 2024 endlich wieder mit realistischen Bilanzen und GuVs arbeiten!
Die Corona-Pandemie war mit Sicherheit eine außergewöhnliche, unvorhergesehene Situation. Wenn jemals ein Zweifel daran bestanden hätte, dass eine Pandemie mit Ausgangs- und Versammlungsbeschränkungen einen chaotischen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft haben würde, dann wurde dieser mit Corona aus der Welt geräumt. Ich habe in den Pandemie-Jahren immer wieder erklärt, dass Sie als Finanzberater sich aufgrund dieser Gemengelage nicht mehr einzig auf die vergangenheitsbezogenen Bilanzen und GuVs der Unternehmen verlassen dürften, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie gut es einer Firma geht und wie deren Zukunftsaussichten sind. Denn von 2020 bis 2022 musste an so mancher Stelle stark umdisponiert und sogar improvisiert werden. Das hat vielen Unternehmen den Hals gerettet – aber gleichzeitig dazu geführt, dass die Zahlen auf dem Papier lange Zeit kaum noch etwas mit der realen wirtschaftlichen Situation der Firmen zu tun hatten. Mit Beginn des Ukraine-Kriegs 2022 wurde die Situation dann erneut kräftig angefacht und plötzlich kamen auch noch Material-Versorgungsengpässe dazu.
Doch Ende 2023 ist der Krieg mittlerweile weitgehend eingepreist, der neu aufgeflammte Konflikt im Nahen Osten hat deutlich weniger Einfluss auf die meisten Ihrer Unternehmerkunden und der Corona-Effekt hat sich stabilisiert. Das heißt: In den Jahres- und Strategiegesprächen 2024 werden Sie endlich wieder mit „richtigen“ Bilanzen arbeiten können! Die Bilanzen für 2023 werden dann wieder die reelle Situation der Unternehmen widerspiegeln, und genauso wird es in den Jahresgesprächen 2024 endlich wieder um das eigentliche Kerngeschäft der Unternehmen gehen können.
Rezessionale Auswirkungen werden dennoch wichtig sein
Selbstverständlich bedeuten die Bilanzen 2023 nicht, dass wir es nicht auch in den kommenden Jahren mit Sondersituationen zu tun bekommen werden. Allerdings sind diese eher bekannte wirtschaftliche Effekte als völlig unvorhergesehene Konflikte und Pandemien: Die deutsche Wirtschaft schwächelt, die Kosten für Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Heizung und Miete steigen und als Resultat geben die Menschen an anderer Stelle weniger Geld aus. Wir dürfen gespannt sein, wie sich diese Gemengelage in den kommenden Wochen in Verbindung mit dem Weihnachtsgeschäft entwickelt.
Auf unternehmerischer Seite haben wir zwar keinen großen, plötzlichen Insolvenz-Tsunami, wie ursprünglich befürchtet. Doch obwohl wir insgesamt bei der Zahl der Insolvenzen sogar besser dastehen als noch vor einigen Jahren, sehen wir aktuell einen schleichenden Anstieg an Insolvenzen in Deutschland, der nicht minder gefährlich ist, nur weil er weniger Beachtung findet.
Bereiten Sie sich auf komplexe Gespräche vor
Auch wenn also die Bilanzen 2023 endlich wieder brauchbare Zahlen liefern werden, werden die Jahresgespräche 2024 mitnichten einfacher werden – sondern sogar komplexer als je zuvor. Denn neben EU-Taxonomie und MaRisk-Novelle wirft sich jetzt auch noch das Verfassungsgericht in Karlsruhe in den Ring, mit einem weitreichenden Urteil, das die Regierung jetzt schon dazu veranlasst hat, einen Teil des Jahreshaushalts einzufrieren und den geplanten Haushalt für 2024 einer Not-Überarbeitung zu unterziehen. Nicht wenige Unternehmer, die zuvor auf Fördergelder aus Töpfen wie z.B. dem nun auf der Kippe stehenden Klima- und Transformationsfonds hoffen konnten, werden nun vorerst komplett allein gelassen. Dadurch werden sich viele Ihrer Gespräche mit den Unternehmern in nächster Zeit hinziehen, denn unter den Unternehmern herrscht nun einfach völlige Unklarheit darüber, was man noch kann, darf, soll oder muss. Kann man mit den erhofften und vielleicht sogar schon einkalkulierten Geldern rechnen, oder doch nicht? Wird der Finanzminister einen Weg finden, die 60-Milliarden-Lücke zu schließen, die allein in dem besagten Fonds klafft? Wir bleiben gespannt…
Für Sie als Firmenkundenberater, aber auch als Private Banker sowie als Mitarbeiter in der Marktfolge Aktiv bedeutet diese sehr komplexe Gemengelage zzgl. der derzeitigen Multi-Herausforderungen und Stapel-Risiken, dass Sie auch einen umfänglichen Überblick über die Firmen Ihrer Unternehmerkunden brauchen.
Und Sie werden eine ganz spezielle Kompetenz benötigen, auf die ich später noch genau eingehen werde: die Vernetzungskompetenz.
Doch zunächst möchte ich Ihnen erneut die 7 Grundbausteine der Unternehmens- und Vermögensplanung ins Gedächtnis rufen, in denen sich Berater aus dem Private Banking, dem Firmenkundenbanking, Mitarbeiter der Marktfolge Aktiv und alle anderen in den Prozess integrierten Abteilungen im Institut gut auskennen sollten, um mit einer ganzheitlichen Beratung punkten zu können:
- Geschäftsmodell: Wie generiert das Geschäft des Unternehmers Gewinne – heute, morgen, übermorgen?
- Digitalisierung: Welchen Digitalisierungsgrad erfordert das Unternehmen (aufgeteilt in Produktion und Verwaltung)?
- ESG und Nachhaltigkeit: Welche Maßnahmen zur ökologischen, sozialen und ökonomischen Verträglichkeit lassen sich durchsetzen?
- Personal: Wen braucht die Firma heute, morgen und übermorgen und wo werden die Spezialisten, Führungskräfte, Fachkräfte, Arbeiter etc. benötigt?
- Nachfolge: Wer übernimmt im Ruhestand oder Todesfall des Unternehmers – vererben, abgeben, verkaufen?
- Privatvermögen: Wie baut man es auf, erhält es und investiert es, um es wachsen zu lassen?
- Asset und Family Protection: Wie kann die Firma gegen Cyberangriffe, digitale (Personen-)Erpressung etc. abgesichert werden?
Lassen Sie uns das mal am Beispiel eines Garten- und Landschaftsbau-Unternehmens durchspielen: Im Bereich des Geschäftsmodells wird sich ein solches Unternehmen neu orientieren müssen, denn das Privatkundensegment gibt aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen deutlich weniger Geld aus – und der Garten ist einer der ersten Punkte, an denen gespart wird. Da schneidet man dann lieber selbst notdürftig die Hecke zurück, setzt auf den Mähroboter oder überlässt den Garten dem Wildwuchs. Die Geschäftskunden werden also für unseren Beispiel-Unternehmer immer wichtiger. Doch sie haben selbstverständlich andere, eventuell neue und auf jeden Fall höhere Ansprüche als Privatkunden. Und bei Kunden wie der öffentlichen Hand, Kommunen und Städten muss er sich mit zahlreichen Ausschreibungen beschäftigen, um überhaupt noch einen Auftrag zu bekommen.
Der Bereich ESG und Nachhaltigkeit wird für diesen Unternehmer in Zukunft generell immer wichtiger werden, da viele Projektausschreibungen der nun so dringend benötigten Geschäftskunden sowie öffentlichen Aufträge schon heute entsprechende Nachweise zur Umweltverträglichkeit der geplanten Arbeiten erfordern. Sowohl dafür als auch für die Umsetzung der Aufträge braucht der Unternehmer wiederum Personal – und das im Angesicht des immer noch grassierenden Fachkräftemangels. Eine gute Digitalisierungsstrategie könnte dabei eventuell helfen. Zum Beispiel durch den Einsatz von generativen künstlichen Intelligenzen wie ChatGPT, mit denen sich Texte und sogar Videos zur Anwerbung von Fachpersonal aus dem Ausland vergleichsweise kosteneffektiv in die Zielsprache übersetzen lassen.
Sie sehen also wieder einmal: Alle diese Bausteine sind für Unternehmer wichtig, und das nicht nur in großen Unternehmen, sondern auch für den Gartenbaubetrieb mit 10 Mitarbeitern. Und alle 7 Bausteine beeinflussen sich gegenseitig – zum Beispiel, wenn der Unternehmer Mitarbeiter mit spezifischen Qualifikationen anwerben muss, um die nötigen Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu unterstützen. Dementsprechend müssen die Bausteine auch ganzheitlich betrachtet werden.
Die Vernetzungskompetenz
Es ist also Ihre Aufgabe, die Gespräche 2024 auf Basis all dieser Punkte vorzubereiten, zu führen und nachzubereiten. Nur so lassen sich die Herausforderungen lösen, vor denen Unternehmer stehen. Und nur so können Sie sich einzigartig bei diesen wichtigen Kunden positionieren, um Ihre Erträge langfristig zu steigern. Für all das werden Sie ab 2024 eine Profi-Kompetenz benötigen: die Vernetzungskompetenz.
Vernetzungskompetenz ist Ihre Fähigkeit, die unterschiedlichen Bausteine und deren Auswirkungen nicht nur zu verstehen und zu besprechen, sondern diese auch individuell auf die Situation des Unternehmers ausgelegt sinnvoll zu vernetzen und zu lösen. Und das geht weit über die oft noch üblichen „Wo sehen Sie sich in 3 Jahren?“-Fragen hinaus.
Ein großer Teil der Vernetzungskompetenz ist das Entwickeln von sogenannten Logikketten. Stellen Sie sich vor, Ihr Kunde bietet Sprachdienstleistungen an. Dann liegt es an Ihnen, zu erkennen, welche Auswirkungen zum Beispiel größere gesellschaftliche Entwicklungen auf das Geschäftsmodell haben können. Zum Beispiel der Siegeszug moderner KI-gestützter Übersetzungsapps. Wie zukunftsfähig ist also das Geschäftsmodell und wie kann es gegebenenfalls zukunftsfähig gestaltet werden? Die Bausteine Geschäftsmodell und Digitalisierung sind hier potenziell eng verknüpft – und diese Verknüpfung sowie die sich daraus ergebenden Ketten müssen Sie erkennen und logisch extrapolieren können.
Digitalisierung ist heutzutage ohnehin ein Thema, das mit praktisch allen anderen Aspekten eines Unternehmens eng verwoben ist. Denken Sie nur an die Cybersicherheit. Ihre Vernetzungskompetenz sollte da schon weit über generelle Beobachtungen hinausgehen und sich zum Beispiel auch darauf erstrecken, welche konkreten Zuschüsse für den Unternehmer in Frage kommen und wie sich die individuelle Digitalisierungsstrategie des Unternehmens darauf auswirkt. Bei über 4.800 Förder-Zuschussprogrammen müssen Sie das nicht allein stemmen. Hierzu haben Sie alle mit Sicherheit gute Experten in Ihrem Hause, Ihrem Verbund oder als externe Kooperationspartner, die Sie unterstützen können.
Oder ein anderes Beispiel: Wenn Sie mit Ihrem (Ziel-)Kunden das Thema Nachhaltigkeit und daraus abgeleitet Transformationsfinanzierungen besprechen möchten, werden Sie nicht darum herumkommen, sich mit dem Firmenpersonal zu beschäftigen. Warum? Naja, einer muss es ja machen. Wenn nicht alles beim Chef selbst bleiben soll, braucht er die richtigen Fachkräfte zur Umsetzung. Und wen man da braucht (Definition), wo man ihn findet (Suche), wie man ihn überzeugt, einstellt, weiterentwickelt und ans Unternehmen bindet, das sollte im strategischen Geschäftsmodell zumindest grob bedacht werden. Und schon sind wir wieder ganz schnell bei mindestens 3 von 7 Bausteinen angelangt.
Ein Wort zur Nutzung von Fragebögen
Unternehmergespräche werden in Banken üblicherweise mit diversen Fragebögen und Checklisten unterstützt. Auch ich finde diese richtig und wichtig – aber ich habe eine Reihe von Bedenken, wenn es darum geht, wie genau diese Fragebögen und Checklisten verwendet werden:
Der erste augenfällige Punkt ist, dass viele Fragebögen nicht aufeinander abgestimmt sind und sich oft einen der oben genannten 7 Bausteine herauspicken, um diesen isoliert und generisch (statt als Teil eines Logikketten-Netzwerks und individuell auf den Unternehmer zugeschnitten) zu betrachten. Eigentlich müsste man aus all den Fragebögen und Checklisten im Institut einen einzigen, gesammelten Fragebogen machen, bei dem dann alle Fragen miteinander verknüpft sind. Da das möglicherweise in 200 Seiten starken Fragebögen enden könnte, ist das allerdings in der Praxis schwer umzusetzen. Hier habe ich aber einen „Geheim“-Tipp: Gehirn einschalten + Erfahrungen = Lösung.
Mein zweiter Punkt ist hingegen eher einfach umzusetzen: Ich habe den Eindruck, dass viele Institute von einem Standardfall ausgehen, bei dem jeder Unternehmer noch über eine große Personalabteilung mit Diskriminierungsbeauftragten, Nachhaltigkeitsmanagern und ähnlichem verfügt. Doch in Wahrheit muss der Unternehmer den Fragebogen oft komplett allein ausfüllen, weil die Personalabteilung UND Buchhaltung nur aus einer Person besteht, die für sowas einfach keine Zeit mehr hat. Gleiches gilt für die „IT“ in der Firma. Es kommt eher vor, dass dort „normale“ ITler sind und keine Hochleistungsprogrammierer, die jeden Tag Angebote aus dem Silicon Valley bekommen. Denken Sie also gerne alles miteinander verknüpft durch und nutzen Sie die Vorteile, die Fragebögen und Checklisten bieten, aber vergessen Sie nie, mit welcher Unternehmensgröße Sie es zu tun haben – nutzen Sie Ihre Materialien also immer im Kontext und mit Rücksicht auf die Situation Ihres Unternehmerkunden.
Komplexität ist die nächste große Herausforderung
Die eng miteinander verwobenen Bausteine, die miteinander interagierenden Krisen und ein immer komplizierter werdendes Marktumfeld – all das sind Beispiele für die Multi-Herausforderungen und Stapel-Risiken, denen wir aktuell gegenüberstehen, und die es in dieser Komplexität noch nie gegeben hat. Von Baukrise bis Siegeszug der KI ergibt das eine enorme Gesamt-Komplexität, die gemeistert und im Sinne des Kunden vernetzt werden möchte. Keine leichte Herausforderung für Sie als Berater – aber doch eine, die Sie meistern können!
Und Sie werden merken, dass sich diese komplexen Themen mit einem Unternehmer mit 1000 Mitarbeitern genauso besprechen lassen, wie mit einem Unternehmer mit 10 Mitarbeitern. Denn die unterschiedlichen Unternehmer stehen zur Zeit vor exakt den gleichen Herausforderungen, nur mit unterschiedlichen Schwerpunkten, also unterschiedlichen, individuellen Inhalten derselben Bausteine. Mit diesen Komplexitäten umzugehen, sie zu verstehen und sie ganzheitlich vernetzt zu betrachten – das kann auch systematisch trainiert werden! Ich biete zu diesem Thema beispielsweise individuell zugeschnittene Impulstage zum Fachaustausch (auf dieser Landingpage sehen Sie auch, an wen und welche Bereiche sich dieser Austausch richtet) an, bei denen Sie in Ihrem Institut einen Blick hinter die Kulissen des Unternehmertums werfen und Ihre Vernetzungskompetenz anhand handfester realer Kundenfälle schärfen können. So machen Sie sich bereit für die Jahresgespräche 2024, in die Sie zwar endlich wieder mit aussagekräftigen Bilanzen für 2023 starten können, die Sie aber wiederum vor gänzlich neue Komplexitäten stellen werden, mit denen wir in diesem Ausmaß noch nie vorher zu tun hatten.
Als Finanzberater können Sie nicht entscheiden, wann ein Unternehmerkunde Sie bei Investitionsentscheidungen kontaktiert, und Sie sollten sich deshalb nicht vorstellen, dass Ihre Zukunft als Berater in der reinen Ausführung liegt. Vielmehr sind Sie „Consultants mit Finanzwissen und Produkten“ – Ihre Aufgabe ist das Spinnen von Netzwerken und die Arbeit als vertrauenswürdiger Sparringspartner für die Ideen Ihrer Unternehmerkunden, wie wir es schon für den Firmenkundenberater 2026 oder in diversen Artikeln zum Private Banking prophezeit haben. Optimieren Sie Ihre Vernetzungskompetenz und nutzen Sie diese, um Herausforderungen zu erkennen, in Logikketten einzubetten und zu lösen. So bieten Sie Ihren Unternehmerkunden massive Mehrwerte in den Jahres- und Strategiegesprächen 2024, realisieren eine einzigartige Beratung von Mensch zu Mensch (MzM), erzeugen den wichtigen subjektiven Wohlfühlfaktor, der heute für Erfolg oder Niederlage mit Unternehmerkunden ausschlaggebend ist, und steigern letztlich Ihre eigenen Erträge nachhaltig. Das wird sicher keine leichte Herausforderung – aber nach drei Jahren Corona, Krieg und Krisen haben Sie keinen Grund, vor dieser Herausforderung noch zurückzuschrecken, oder?
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Dirk Wiebusch
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