Die Tandem-Beratung zwischen Firmenkunden- und Private-Banking-Berater ist ein probates Mittel, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen und Potenziale für zusätzliche Erträge mit Unternehmerkunden zu erschließen. Doch wie bei einem echten Tandem-Fahrrad gilt auch hier: Das Tandem will gepflegt und aktiv genutzt werden. Sonst rostet es ein. Und: Es sollten schon beide in die Pedale treten, sonst macht es keinen Spaß.
Schon 2022 habe ich 10 Herausforderungen der Berater-Tandems beschrieben und 2023 vor einem Rückfall in alte Muster gewarnt – und heute sehen wir, dass genau diese Situation vermehrt bei den Finanzinstituten eintritt: Berater-Tandems wurden entweder nie ausreichend eingefahren, um heute noch zu funktionieren, oder sie liefen mal gut geschmiert, wurden aber in der Folgezeit nicht ausreichend gepflegt. Heute möchte ich mit Ihnen einen Blick auf die fünf Gründe werfen, warum Ihre Tandems eingerostet sind. Oder warum aktuell nur einer strampelt – oder beide sogar in verschiedene Richtung wollen. Und genauer beleuchten, wie aktuelle Herausforderungen diese Entwicklung begünstigt haben.
Wenn das Berater-Tandem in der Garage rostet
Die Idee des Berater-Tandems – das enge Zusammenspiel zwischen Private-Banking-Berater (PBB) und Firmenkundenberater (FKB), um wertvolle Unternehmerkunden ganzheitlich zu beraten – hatte schon immer mit grundsätzlichen Herausforderungen zu kämpfen. Typisch ist zum Beispiel ein unzureichendes Zusammenspiel der Führungskräfte oder eine gesamt-strategische Ausrichtung, die nicht zur Arbeit im Tandem passt. In einigen Tandems wurde der PBB außerdem nie wirklich vollumfänglich in die Beratung integriert. Das Verwahrentgelt beispielsweise gab einen hervorragenden Ansporn, den PBB beim Unternehmerkunden einzuführen – aber bei vielen Tandems blieb es auch dabei.
Als die Zinsen wieder stiegen und das von Unternehmern so geliebte Geschäft mit Immobilien stockte, wurden Anlage-Zinsprodukte für die Unternehmer plötzlich wichtiger. Eigentlich ein guter Grund, den PBB wieder stärker zu involvieren. Doch was wir erlebt haben, ist, dass der Verkauf von Zinsprodukten dann in vielen Instituten weitestgehend vom Unternehmerkundenberater abgewickelt wurde – obwohl das eigentlich gar nicht sein Metier ist. So verschwand das Berater-Tandem langsam, aber sicher in der Garage. Diese grundsätzliche Problematik haben aktuelle Entwicklungen sogar noch verschärft:
1. Wandel im Alltagsgeschäft des Firmenkundenberaters
Firmenkundenberater erleben in letzter Zeit deutliche Veränderungen bei den Themen, die sie zu bearbeiten haben. In den letzten Jahren kümmerte man sich hier vor allem um Kredite für Immobilien, Windkraft und Photovoltaik, weil ESG ein so wichtiges Thema geworden ist. Im klassischen Firmenkundengeschäft (Mensch, Maschinen, Material und Gebäude) wurden dementsprechend weniger Abschlüsse erzielt. Auch weil Unternehmer in Zeiten des Verwahrentgeltes Investitionen in Cash gezahlt haben und aktuell sich eher mit Erweiterungsinvestitionen zurückhalten.
Dann brach der Immobilienmarkt und somit die Nachfrage nach Krediten drastisch ein. Somit waren Immobilienkredite und Unternehmenskredite auf einmal beide Mangelware. Um weiterhin ihre Kontakte mit den Unternehmern zu pflegen, fingen viele Firmenkundenberater nun damit an, auch Termingeld- und Tagesgeldanlagen direkt zu verkaufen. Also eigentlich genau das, wofür der Private-Banking-Kollege hinzugezogen werden könnte. Doch die PBB treten mittlerweile kaum noch in Erscheinung. Oft fragt der FKB lediglich noch die Konditionen beim Kollegen an und gibt sie dann selbst an den Kunden weiter.
2. Private Banking an den 7 Fokusthemen vorbeigeplant
Ich habe in letzter Zeit immer wieder betont, dass für die Unternehmerkunden mittlerweile sieben Themen klar im Fokus stehen – und damit auch von den Beratern fokussiert werden sollten:
- Geschäftsmodell
- Digitalisierung
- ESG und Nachhaltigkeit
- Personal
- Nachfolge
- Privatvermögen
- Asset und Family Protection
In den Private-Banking-Einheiten wurde jedoch vermehrt der Fokus auf liquide Anlagen gelegt. Das rächt sich jetzt, denn diese stehen aktuell für die Unternehmerkunden nicht wirklich im Fokus. Oder einfach ausgedrückt: Man hat sich auf ein Thema spezialisiert, das für die meisten Unternehmerkunden aktuell kaum eine Bedeutung hat.
3. Wissensunterschiede zwischen PBB und FKB
Die Firmenkundenberater haben sich im Vergleich zu den Private-Bankern stark auf die Fokusthemen spezialisiert – darunter vor allem aktuelle Themen wie ESG, Nachhaltigkeit und CO2-Reduktion. Häufig wurden deshalb die Firmenkundenberater mit Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen auf den Umgang mit diesen Themen trainiert – nicht jedoch die Private-Banking-Berater. Das hat dazu geführt, dass der PBB (vermeintlich) weniger gut Bescheid weiß und deshalb in Gespräche zu diesem Thema kaum noch mitgenommen wird.
4. Zeit- und Personalmangel
Zumindest subjektiv müssen die Institute aktuell mehr Arbeit mit weniger Personal bewältigen. Das mag objektiv betrachtet nicht in 100 % der Fälle korrekt sein, doch knappe Zeit und ein Gefühl der Überwältigung sind überall bemerkbar. Der Abbau von Assistenzen in den letzten Jahren hat sicher dazu beigetragen, dass zumindest in vielen Fällen tatsächlich eine höhere Auslastung auf die Berater zugekommen ist. Und im Private-Banking-Bereich hat das dazu geführt, dass der Berater immer seltener an den wichtigen Unternehmertreffen teilnimmt – zum Beispiel an den Jahres- und Strategiegesprächen. Wenn im Vorfeld schon klar wird, dass eigentlich aktuell dort nichts zu holen ist, verzichtet der eine oder andere PBB auch darauf, „einfach mal mitzufahren“ – vor allem, wenn inkl. Hin- und Rückfahrt alles locker einen halben Arbeitstag beansprucht.
Und auch Firmenkundenberater müssen die „fallabschließende Beratung im Markt“ mittlerweile oft selbst durchführen, zusätzlich zu ihren übrigen Aufgaben. Durch den (gefühlt) höheren Workload bei immer geringer werdendem Zeitpensum sind einige Berater dazu übergegangen, Themen, die nicht sofort erledigt werden müssen, zunächst auf das Wartegleis zu schieben. Darunter leidet leider oft der Vertrieb – bedenken Sie nur mal, wie viele Ressourcen in den letzten 10 Jahren in die Prozessoptimierung gesteckt und wie wenig echte und effektive „vertriebsaktive Zeit“ dadurch gewonnen wurde.
5. Mehr Standard, weniger individuelle Vorbereitung?
Ich betone immer wieder, wie wichtig es ist, nicht nur das große Ganze im Blick zu behalten, sondern auch die spezifische Situation Ihrer Kunden vor Ort. Denn die wirtschaftlichen Tendenzen können je nach Region und Branche sehr unterschiedlich sein. Aufgrund der großen Belastung durch zusätzliche Aufgaben glauben viele Berater, für eine solche individuelle Herangehensweise im Tandem kaum noch Zeit zu haben. Hier hat sich in manchen Fällen eine Art innere Ablehnung herausgebildet, die es unbedingt zu überwinden gilt.
In den aktuellen Tandem-Coachings, die ich regelmäßig mit den unterschiedlichsten Finanzdienstleistern durchführe, sehe ich übrigens immer wieder, dass Private-Banking-Berater den vermeintlichen zeitlichen Aufwand bei der Sammlung und Auswertung von großen Datensammlungen für eine individuelle und ganzheitliche Beratung scheuen. Denn gemäß ihrer Typologie fällt es vielen PBB weniger leicht, sich in umfangreiche Kreditakten einzufühlen und daraus relevante Informationen zu ziehen. Da werden 30 Minuten Einarbeitungszeit schon als Bedrohung empfunden und es kommt unweigerlich die Frage auf: „Rechnet sich der Zeitaufwand überhaupt?“
Wenn Sie sich schon einmal dieselbe Frage gestellt haben, dann bedenken Sie einfach Folgendes: Ein Kunde, der 50.000 € oder deutlich mehr Deckungsbeitrag pro Jahr beisteuert, ist es sicher wert, dass man sich intensiver mit ihm beschäftigt als mit einem Kunden, der – überspitzt formuliert – den Unterschied zwischen brutto und netto nicht kennt.
Berater-Tandems sind jetzt gefragt, um zusätzliche Erträge zu erwirtschaften
Es gibt sicher zahlreiche Gründe, warum Berater-Tandems in den letzten Monaten und Jahren langsam aber sicher weniger Aufmerksamkeit in den Instituten gefunden haben. So, wie man vielleicht auch mal den Winter über das Tandem-Fahrrad in der Garage stehen lässt, weil es draußen gerade zu kalt ist. Doch wenn dann der Frühling kommt, sind die Ketten verrostet und die Muskulatur untrainiert.
Bei der Finanzdienstleistung geht es nicht nur darum, ein paar schöne Fahrradausflüge zu zweit zu unternehmen, sondern es geht um handfeste Erträge, die Ihnen durch die Finger rutschen, weil Ihr Tandem nicht (mehr) funktioniert. Darum lege ich Ihnen nahe, das Tandem-Prinzip wieder fest ins Auge zu fassen und Berater-Tandems aus PBB und FKB wieder zu forcieren. Eine Starthilfe dafür kann zum Beispiel mein Online-Workshop „Agieren statt reagieren: Tandem-Power jetzt!“ am 8. Oktober sein, bei dem wir direkt darauf eingehen, wie man die fünf oben aufgezählten Gründe für eine nicht funktionierende Tandem-Beratung überwindet. Und als Online-Workshop brauchen Sie dazu nicht einmal anzureisen – so passt die umfangreiche Auseinandersetzung mit der Tandem-Thematik sicher auch in Ihre Zeitplanung.
Kontakt
Dirk Wiebusch
info@ifuf.de