Das große Geschäft mit den Top-Kunden – das ist das Ziel jedes Finanzinstituts. In einem früheren Artikel habe ich bereits erklärt, weshalb diese Kunden so wichtig sind und wie man sie für das eigene Institut begeistert. Doch kleinere und mittlere Unternehmen können ebenfalls willkommene Erträge liefern. Diese sind wichtig, um ein stetiges „Grundrauschen“ in den Erträgen zu erzielen. Das Trio aus Vermögensmanager sowie Gewerbekunden- und Versicherungsberater ist die ideale Kombination, hier unerschlossene Potenziale auszuschöpfen. Die Volumina sind im direkten Vergleich zu Top-Kunden vielleicht pro Geschäft geringer – doch Abschlüsse werden merklich unkomplizierter und schneller erzielt.
Welche Kunden / Berater sind für die schnellen Abschlüsse geeignet?
Zielgruppe für derartige Geschäfte sind kleine bis mittelständische Geschäftskunden, Gewerbekunden sowie Freiberufler und Heilberufler. Der jährliche Umsatz beläuft sich in diesem Segment typischerweise auf bis zu 2 bis 3 Millionen Euro, wie es bei Ärzten, in Handwerksbetrieben oder im Garten- und Landschaftsbau typischerweise der Fall ist. Die Zielgruppe kann von Institut zu Institut unterschiedlich definiert werden, wir arbeiten jedoch in diesem Artikel mit den genannten Parametern.
Diese kleineren Unternehmen und Betriebe werden idealerweise von einem Trio aus Gewerbekundenberater, Vermögensmanager und Versicherungsberater (in vielen Instituten ein Allrounder für private und geschäftliche Versicherungen) betreut. Diese übernehmen gemeinschaftlich die Verantwortung für den Kunden und bereiten sich auch gemeinsam vor – gerne mit der Stoppuhr, um Vorbereitungen über 30 Minuten zu verhindern. Denn erfahrungsgemäß münden ohne Vorbereitungsdisziplin viele derartige Gespräche irgendwann in fruchtlose Anekdoten. In Detailfragen richtet sich das Trio am besten nach den Handlungsempfehlungen, die ich bereits in einem früheren Artikel aufgearbeitet habe.
An diesen Stellen lassen sich schnelle Abschlüsse erzielen
Nachdem Sie Ihre Zielkunden (Bestands- und Neukunden) eingegrenzt haben, ist es die Aufgabe des Beratertrios, dort entsprechende Geschäftspotenziale zu erkennen. Dabei werden fünf Themenblöcke gemeinsam durchleuchtet, in denen sich erfahrungsgemäß bei den meisten kleineren Unternehmen noch Potenziale bemerkbar machen. Das Trio sollte sich also zunächst mit jedem dieser Blöcke detailliert beschäftigen und sich daraus ergebende Potenziale ausfindig machen. Im Anschluss wird konkret festgelegt, welche Mitglieder des Trios sich um welche Potenziale kümmern. Und vor allem: bis wann.
Block 1: Geschäftsmodell und Wertschöpfungskette
Wie funktioniert der Betrieb eigentlich und wie macht er sein Geld? Bei den Top-Kunden sind diese Fragen unverzichtbar, denn die Strukturen, Produkte und Produktionsabläufe können hier sehr komplex sein und viel Einarbeitungsaufwand erfordern. Die kleinen und mittelständischen Kunden, auf die sich das Beratertrio konzentriert, verfügen hingegen meist über:
- einfacher strukturierte Geschäftsmodelle
- kürzere und schnellere Wertschöpfungsketten
- weniger Varianz in den Geschäftsmodellen von Unternehmen zu Unternehmen
Oft sind bei diesen Kunden gar nicht die Ressourcen vorhanden, komplexe, hochgradig individualisierte Geschäftsmodelle aufzubauen – „Standard-Strukturen“ sind die Norm. Analysieren Sie diesen Themenblock also, aber planen Sie hierfür nicht dieselbe Menge an Zeit und Aufwand ein, die Sie für die Analyse ihrer Top-Kunden benötigen würden.
Block 2: Das Umfeld
Auch im direkten Umfeld des Unternehmers kann bei kleineren Kunden von einfacheren Strukturen im Vergleich zu Top-Kunden ausgegangen werden: Einen Buchhalter oder eine kaufmännische Leitung in Vollzeit sucht man mitunter vergebens. Vielmehr erledigt der Unternehmer die anfallenden Arbeiten einfach am Wochenende selbst oder er reicht sie an ein Familienmitglied weiter. In vielen Fällen spielt allerdings der Steuerberater eine zentrale Rolle im System des kleinen oder mittelständischen Unternehmens und übernimmt dann beispielsweise auch die Buchhaltung oder die kaufmännische Leitung. Ist ein Steuerberater im Spiel, ist es Ihre erste Aufgabe, herauszufinden, welche Aufgaben er im Unternehmen übernimmt.
Ein besonderer Aspekt des Umfelds ist die Vermögensberatung. Denn aufgrund ihres eher überschaubaren Vermögens verfügen die kleineren Unternehmer oft über gar keine Berater in diesem Bereich – oder nur über solche, die mehrere Hundert Unternehmer im Verbund beraten. Der „persönliche“ Vermögensberater im Trio öffnet Ihnen also an dieser Stelle alle Türen.
Eine ähnliche Rolle kann auch der Versicherungsberater im Team spielen. Kleine und mittelständische Unternehmen beauftragen typischerweise keine großen Makleragenturen, sondern werden beispielsweise durch Versicherungsberater betreut, die sie privat kennen. Wer im lokalen Sportverein keinen solchen Berater findet, hat eventuell auch Kontakte zum regionalen Büro eines Massenanbieters. Das heißt, dass der Unternehmer bereits eine komfortable Verbindung zu einem Anbieter hat – sich durch eine wirkliche individuelle Beratung aber prinzipiell zum Wechsel zu Ihrem Institut überreden lassen kann.
Block 3: Unternehmertypologie
Unternehmer sind besondere Menschen – ungeachtet der Größe ihres Unternehmens. Wenn wir also in den Bereichen Geschäftsfeld / Wertschöpfungskette und Umfeld gesagt haben, dass kleinere Unternehmer einfacher zu handhaben sind als Top-Kunden, dann gilt das nicht im gleichen Maß aus dem Blickwinkel der Typologie. Denn auch bei kleineren und mittelständischen Unternehmern ist es für eine effektive Beratung nötig, sich mit dem Typus und der Psychologie des Unternehmers auseinanderzusetzen. Nur so kann ein effektives Mensch zu Mensch etabliert und der subjektive Wohlfühlfaktor sichergestellt werden.
Block 4: Vermögen und Einkommen
Unternehmer aus dem mittelständischen Umfeld arbeiten hart und haben denselben Respekt verdient, den Sie auch größeren Unternehmern entgegenbringen. Doch das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Vermögenswerte sowie das Einkommen dieser Unternehmer tendenziell niedriger sind: Ein Handwerksbetrieb ist beispielsweise kein echter Vermögenswert, da er eher schlecht verkaufbar ist, und das vergleichsweise geringe regelmäßige private Einkommen des Unternehmers macht ihn auch nicht zu einem Fall fürs Private Banking für Unternehmerfamilien (PB-UF). Allerdings ergibt sich dennoch die Chance, Erträge durch Vermögensaufbau und vor allem in der Altersvorsorge zu erzielen.
Block 5: Nachfolge
Wenn es um die Nachfolge geht, kommt erneut die Tatsache zu tragen, dass sich viele kleinere und mittelständische Betriebe typischerweise schwer verkaufen lassen. Deshalb bleiben dem Unternehmer letztlich nur drei Optionen:
- das Unternehmen an Externe abgeben
- einen Nachfolger aus der Familie einsetzen
- den Betrieb an Dritte verkaufen
Das Beratertrio bespricht mit dem Unternehmer möglichst frühzeitig (und taktvoll!), dass ein Verkauf kaum wertschöpfend sein wird. Und ohne einen designierten Nachfolger wird sich das Unternehmen kaum erhalten lassen. Beachten Sie die Tipps, die ich Ihnen bereits im Artikel zur Nachfolgeregelung gegeben habe, und legen Sie dem Unternehmer das Thema nahe. Dann können Sie mit einem vernünftigen Plan zur Altersvorsorge punkten und eventuell einen schnellen Abschluss erzielen.
Schnelle Abschlüsse lassen sich vor allem abseits der Top-Kunden finden
Die Erträge aus Abschlüssen mit kleineren Unternehmen sind selbstverständlich nicht mit den Großgeschäften der Top-Kunden zu vergleichen. Einige spezifische Vorteile machen sie dennoch zu einer sinnvollen Strategie für Ihr Institut:
- Die Erträge sind schnell erschlossen
- Die Geschäfte sind unkompliziert
- Es werden Potenziale ausgeschöpft, die sonst brachliegen würden
- Diese Kundenklientel wurde in vielen Instituten in den vergangenen Jahren stiefmütterlich behandelt: Diese Unternehmer sehnen sich nach einer guten, individuell auf sie zugeschnittenen Beratung
Erwarten Sie also keine Einzelgeschäfte mit riesigen Volumina, sondern unausgeschöpftes Potenzial, das erst in großer Stückzahl einen beachtlichen Ertrag erzielt. So lassen sich sogar bei Kunden, die eigentlich von der Konkurrenz betreut werden, noch Geschäfte entdecken.
Die größte Herausforderung für alle Finanzdienstleister besteht darin, dass diese Kundensegmente aktuell stark von der Digitalisierung und Standardisierung betroffen sind. Das bedeutet, dass Ihr Institut durch standardisierte, digitalisierte Prozesse Gefahr läuft, den persönlichen Kontakt zum Unternehmer zu verlieren. Im schlimmsten Fall werden Sie zukünftig für Cross-Selling-Maßnahmen „Kaltakquise bei Bestandskunden“ betreiben müssen. Das bedeutet, dass Sie den Kunden nicht wirklich kennenlernen und er auch keinen Bezug zu Ihnen hat – Mensch zu Mensch sieht anders aus und dementsprechend lässt sich so auch kein subjektiver Wohlfühlfaktor etablieren. Beschäftigt man sich hingegen auf menschlicher Ebene mit ihnen und widmet ihnen strukturiert und systematisch seine Zeit, dann wird dies als angenehmer Mehrwert empfunden, der Ihr Angebot positiv hervorhebt.
Und bedenken Sie: Aus den vereinzelten schnellen Abschlüssen können langfristig regelmäßige Erträge werden – solange Sie zu Beginn des Kundenkontakts bereit sind, Zeit und Arbeit in Ihre Bestandskunden und in Neukunden zu investieren. Der zusätzliche Aufwand lohnt sich auf jeden Fall, denn ein steter Strom unzähliger kleinerer Geschäfte bildet das Fundament, auf dem Ihr Institut die vereinzelten Großgeschäfte mit Top-Kunden aufbauen kann. Oft ist es so, dass Unternehmer kleinerer und mittlerer Familienunternehmen die Berater erst mal nicht wechseln wollen, weil sie real oder subjektiv gefühlt keine Zeit haben, sich um einen Wechsel oder vorher um Wettbewerbsvergleiche zu kümmern. So schwer es am Anfang also erscheint, Kunden vom Wettbewerb wegzulotsen oder Bestandskunden auszubauen: Es ist möglich und wenn es geschafft ist, werden Sie oft mit großer Loyalität des Unternehmers belohnt.
Kontakt
Dirk Wiebusch
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