Es ist 05:00 Uhr am Sonntag­morgen. Max Mustermann wird wach, dreht sich zu seiner Frau, rüttelt sie wach, zwinkert ihr zu und fragt: „Und? Bock?“ – Sie alle wissen, was er meint. Seine Frau schaut ihm natürlich sofort verträumt und liebevoll in die Augen, leckt sich über die Lippen und ruft: „Klar! Whatever you want, do it!“ So oder so ähnlich malen sich junge Männer oft die persön­liche Beziehung aus. Dass das nicht weiter von der Wirklichkeit entfernt sein könnte, lernt man mit der Zeit. Doch warum gehen dann so viele Manager und Berater 2022 immer noch davon aus, dass dasselbe Prinzip bei der Akquise von Neukunden und der Pflege von Bestands­kunden greift? Dass man nur anzurufen braucht und der Kunde sofort „willig“ ist?

Die Realität – von Anfang an

Betrachten wir den Prozess mal als Ganzes und gehen davon aus, dass Sie zunächst Ihre Kunden suchen, finden und ansprechen müssen. Oder dass der Zielkunde zwar Kunde des Hauses ist, aber bislang vom Kollegen betreut wurde – zum Beispiel vom Firmen­kun­den­be­rater. Für Sie geht es also quasi um einen Neukunden. Auf die Bestands­kun­den­pflege gehen wir später im Artikel noch ein.

Heute würden Sie beim Anbahnen eines Kontakts viel mit „digitalen Partner­börsen“ – ob Tinder oder LinkedIn – arbeiten, doch als ich vor fast 30 Jahren als junger Berater anfing, da war alles noch analog. Da gab es sofortige, direkte Rückmel­dungen, ob verbal oder nonverbal. Wie Sie schon aus meinen früheren Artikeln wissen, war das damals eine Arbeits­at­mo­sphäre, auf die ich heute mit einem Grinsen zurück­blicke, auch wenn das natürlich nicht alles immer besonders lustig war.

Analoge Akquise ist wie Tinder und Parship, nur in echt

Heute wie damals ist es wichtig, zu wissen, wen man wo und wie erreichen kann. Früher ging das über private Netzwerke – zum Beispiel die Clique in der Schule. Facebook, WhatsApp und Co. gab es da noch nicht, man traf sich einfach in der Gruppe am selben Ort und zur selben Zeit. Ähnlich ging es im Sport­verein und in der Disco zu. Es gab Gruppen, da gehörte man dazu, und zu anderen halt nicht.

Bei der Neukun­den­ak­quise ist es ganz ähnlich – wenn man dazuge­hören möchte, muss man wissen, wo sich die Zielkunden so tummeln. Was meinen Sie, wo das heute ist? Ganz analog auf dem Golf- und Poloplatz? Bei der Jagd? Oder vielleicht digital auf XING und LinkedIn? Oder bei Networking-Partys für die Business-Elite der Region? Ja, überall dort kommt man in Kontakt mit den wirklich inter­es­santen Zielkunden. Ob es jedoch analog oder digital ist, das spielt kaum noch eine Rolle. Denn eins habe ich in den letzten zehn Jahren gelernt: Ob bei der Kontakt­an­bahnung analog „von Mensch zu Mensch“ oder über digitale Platt­formen – ohne Flirten kommt man nicht weiter!

Digitale Akquise ist fast 1 zu 1 wie analoge Akquise

Stellen Sie sich mal mich damals in der Disco vor – ja, mit Haaren! Der junge Dirk erblickt sein „Ziel“ und schon geht es los: Hadern mit sich selbst (Soll ich hingehen? Was soll ich sagen?), beobachten, ranpir­schen. Dann die Erkenntnis: Mist, da stehen noch die Freun­dinnen dabei, wenn ich da ne Abfuhr bekomme, dann wird es besonders peinlich. Schumm­riges Licht, trockener Mund, Schweiß. Die Stimme im Kopf sagt: „Keine Ausreden, du musst rangehen! Trau dich!“ Also packt sich der junge Dirk am Kragen und geht hin. Er sucht Blick­kontakt … und sie versteht es falsch und dreht sich direkt weg. Ihm gehen die Gedanken durch den Kopf – was jetzt? Nicht schlimm, hat niemand mitbe­kommen. Aber soll ich jetzt dranbleiben, dennoch ansprechen? Oder doch besser weggehen, um die Situation nicht noch peinlicher zu machen? Alles wird infrage gestellt, alles persönlich genommen. Nützt aber nix, also weiter­machen! Also nochmals beobachten: Was tut sie? Wie gehen andere vor?

Vielleicht kennen Sie das noch von sich selbst in jungen Jahren. Sie kennen noch das Herum­schar­wenzeln und Umher­tanzen, oder? Natürlich gab es auch die total Schmerz­be­freiten, die sich an einem Abend an 20 junge Damen range­macht haben, eine muss ja klein beigeben. Bei mir war das freilich anders – mir ging es um eine nachhaltige, langfristige Beziehung. Genau wie dann später bei der Neukun­den­ak­quise: Wenige Adressen vorhanden, aber es sollen bitte nur die besten und größten und schönsten sein. Angerufen, abgeblitzt. Mut machen – Egotrip – Abfuhr – Frust. Doch ich kannte das ja noch aus meiner „Privat-Akquise“ zur Jugendzeit. Von da wusste ich: Nach dem Hinfallen einfach das Krönchen richten und weiter­pro­bieren. So baut sich eine positive Routine auf. Vorge­hens­weise: Do it – fail – analyse – repeat. Langsam wurde ich besser, die Ansprachen wurden flexibler, indivi­du­eller und persönlicher.

Floskeln wurden verbannt – kein „Na, öfter hier?“ oder gar „War dein Vater Dieb? Er hat dem Himmel die Sterne gestohlen und in deine Augen gelegt“. So ähnlich laufen tatsächlich auch heute noch Akquisen ab. Die Frage ist nur: Sind sie dann auch erfolg­reich? Lustig für unbetei­ligte Beobachter ist es in jedem Fall. Je älter ich wurde, desto häufiger wurde mir übrigens erzählt, dass es den Mädels damals ähnlich erging. Die waren auch unsicher und haben sich nicht immer getraut, jemanden direkt anzusprechen. Und auch sie hatten mit Selbst­zweifeln und Angst vorm Abblitzen zu kämpfen.

Diese Erfah­rungen sind also erstaunlich universell. Und dementspre­chend kann jeder und jede für die analoge wie auch digitale Zielkun­den­ak­quise einige wichtige Lektionen daraus lernen:

  • Akquise ist mit Schmerz und Ablehnung verbunden – das wird immer so sein. 
  • Auch eine Empfehlung oder Überleitung von Freunden und Kollegen öffnet nur die Tür – durch­gehen muss man selbst. 
  • Wer plump ist, fliegt aus der Auswahl raus; wer höflich hartnäckig bleibt, hat eine Chance. 
  • Übung macht den Meister. 
  • Mehr Klasse als Masse ansprechen – aber ausrei­chend Akqui­se­ver­suche durch­führen, um daraus zu lernen. 
  • Die Ansprache muss passen. 
  • Eventuell nicht immer auf die Nr. 1 unter den Kunden konzen­trieren, sonst war am Ende der ganze Aufwand umsonst – wie ich es bereits einmal am Beispiel von „A Beautiful Mind“ erklärt habe. 

Wie sieht es dann in der heutigen digitalen Welt aus?

Egal, ob Sie nun privat über Tinder und Parship oder beruflich über XING und LinkedIn Akquise betreiben – wichtig ist, sich genau zu überlegen, wen Sie suchen und ansprechen. Eine Massen­an­sprache im digitalen Bereich (ohne indivi­du­elles Anschreiben etc.) ist, als würden Sie in die Disco gehen und jedem Gast den gleichen Steck­brief in die Hand drücken, mit dem Vermerk: „Wer Interesse hat: Ich bin an der Bar.“ Und selbst wenn sich jemand darauf meldet, ist das noch lange kein einge­tü­tetes Geschäft. Genau genommen ist man sogar tenden­ziell weniger erfolg­reich, wenn man auf diese paar Anfragen direkt mit der Tür ins Haus fällt: „Danke für den Kontakt, wollen wir Geschäfte mitein­ander machen?“ Zumindest ist es unwahr­scheinlich, dass daraus eine langfristige (Business-)Beziehung wächst. Ausnahmen bestä­tigen auch hier wieder die Regel. Übrigens: Im privaten wie im geschäft­lichen Bereich versprechen Kontakt­börsen Ihnen das Blaue vom Himmel. Alles ist vermeintlich bequem und anonym. Doch letztlich ist es immer dasselbe: In der Disco zunächst den Raum voller Menschen checken. Nur halt digital.

Beachten Sie gerade bei der Akquise von Top-Unter­nehmern, dass diese Sie ja nicht ausdrücklich gebeten haben, sie anzurufen. Auch die Überleitung von den Kollegen auf Sie wurde vermutlich von den Kollegen angestoßen und nicht vom Unter­neh­mer­kunden. Gehen Sie also von deutlich mehr Ablehnung und Desin­teresse als konkretem Bedarf und Kontakt­wunsch aus. Beachten Sie aber auch, dass selbst höchst erfolg­reiche Unter­nehmer nicht immer wissen, was sie wollen oder brauchen. Und nur weil diese Top-Kunden ständig von den unter­schied­lichsten Finanz­dienst­leistern angesprochen werden, muss das nicht bedeuten, dass Sie keinen Erfolg haben werden. Vielleicht bieten Sie ja genau das, was der Zielkunde sich (bewusst oder unbewusst) wünscht. „Wer kein Los kauft, kann auch nicht im Lotto gewinnen“ – also nehmen Sie sich die Erfolgs­formel zu Herzen und dann ran ans Telefon und rein in die sozialen Medien!

Ansprache erfolg­reich – der nächste Schritt: Flirten

Sie haben es geschafft, Sie haben den ersten Kontakt aufge­nommen. Doch was sagen Sie nun eigentlich? Kommu­ni­kation ist alles, ob digital oder analog. Dazu brauchen Sie Finger­spit­zen­gefühl und Übung. So wie nur wenige Menschen in Discos gehen, um neue Freunde fürs Leben zu finden, sind beruf­liche Neukon­takte ebenfalls eher genau das – geschäftlich. Man will etwas vonein­ander. Das ist beiden Seiten klar, darf aber nicht sofort klar werden. Wer zu schnell zu hart aufs Pedal tritt, fliegt unwei­gerlich raus. Es sei denn, es geht Ihnen um „quick and dirty“. Dann sofort zur Sache kommen, hohen Ausschuss und geringe Treffer­quote einpreisen und ab geht die Post.

Seriöses Flirten kann sich ziehen wie Gummi, wird aber in der Regel mit guten, nachhal­tigen und dauer­haften Bezie­hungen belohnt. Also finden Sie gemeinsame Themen, disku­tieren Sie, wägen Sie ab und gleichen Sie ihre Inter­essen an. Das braucht seine Zeit, dieses Vorgehen ist nun mal eher Romanze als Actionfilm – und erst recht kein Porno.

Auch kann und wird es passieren, dass es nach einem oder mehreren Treffen dennoch nichts wird. Das ist ganz normal, aller­dings habe ich den Eindruck, dass es dabei heute mehr „Ghosting“ gibt als früher. Das kann aber auch selektive Wahrnehmung sein. Oder es hat mit der Kommu­ni­kation über digitale Netzwerke zu tun: Früher traf man sich direkt, rief sich an oder schrieb Briefe. Da kam es dann eher mal vor, dass die Eltern den Anruf entge­gen­nahmen und einem klar sagten, dass kein Interesse mehr besteht. Heute sind das am Telefon die Assis­tenzen. Deshalb gilt für alle Vertriebler (und natürlich alle anderen auch): Ehrt und huldigt den Ehepartnern, Eltern und Assis­tenzen, denn ohne sie kommt man keinen Meter voran.

Letztens wurde mir erklärt, dass es nach dem Tinder-Chatten schon beim ersten oder zweiten Treffen „zur Sache geht“, und dass es das so früher nicht gab. Ich würde argumen­tieren: Doch, das gab es früher auch. Nur wurde die voran­ge­hende Kommu­ni­kation nicht per digitale App, sondern über Telefonate oder Brief­wechsel (inklusive langem Postweg) durch­ge­zogen. Oder Zettel in der Schule: „Willst du mit mir gehen? Ja/Nein/Vielleicht“. Brutaler ging es eigentlich nicht, denn man bekam die Zettel ja direkt zurück. Ein Tipp für die Akquise heute: „Ja“ und „Nein“ könnten reichen.

Für den Kontakt zu Ihren Top-Unter­neh­mer­kunden bedeutet das:

  • Flirten gehört dazu – höfliche Hartnä­ckigkeit ist ein „Muss“. Also immer wieder ins Gespräch bringen. 
  • Sie haben heute deutlich mehr Optionen, Ihren Zielkunden nachzu­re­cher­chieren – auch Unter­nehmer haben Social-Media-Profile, Homepages etc. 
  • In den (digitalen) Akten, den Handakten und im Kopf der Kollegen sind unermesslich viele Infor­ma­tionen vorhanden, die man nutzen kann, um mit Unter­nehmern ins Gespräch zu kommen. 

Ich melde mich“

Diesen Satz hat jeder von uns schon mindestens einmal gehört – ob bei der privaten oder der geschäft­lichen Akquise. Ein echter „Klassiker“, möchte man sagen. Ich selbst habe den bestimmt Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Male gehört. Oder: „Wir melden uns bei Bedarf.“ Jetzt stellt sich nur die Frage: Wer von Ihnen gibt da direkt auf? Ich jeden­falls nicht, niemals! Weil ich gelernt habe, dass Menschen (damals wie heute, privat wie geschäftlich) diesen Satz eben nicht immer als pure Ablehnung nutzen. Und er bedeutet auch nicht, dass diese Menschen niemals etwas mit Ihnen zu tun haben möchten.

Unter­nehmer sind da zum Glück etwas direkter. Wenn die nichts mit Ihnen zu tun haben wollen, dann sagen sie es auch so. Also, sofern das nicht explizit geäußert wurde: Dranbleiben! Nachhaken! Nachfragen! Sich in Erinnerung bringen! Oder Sie gehen sogar etwas forscher vor, wie hier im Artikel beschrieben. Das soll natürlich nicht bedeuten, dass Sie nicht ab und zu die Tür schließen können, wenn sich abzeichnet, dass Sie (momentan) nicht an den Unter­nehmer heran­kommen. Wenn ein Unter­nehmer trotz diverser Gespräche und Kontakte (Mails etc.) nicht zurückruft und dauernd Termine verschiebt oder nicht einhält, dann bedeutet das in der Regel: „Er steht halt nicht auf dich!“ Da ist es doch gut, wenn man eine ausrei­chend gefüllte Akquise-Pipeline hat, oder? 

Vom One-Night-Stand zur nachhal­tigen, dauer­haften Beziehung

Ist das Eis erst mal gebrochen, dann sieht zunächst alles rosarot aus, es geht zur Sache, immer und überall. Und so sollten auch Kunden­be­zie­hungen am Anfang sein. Es gibt ja mit den Unter­nehmern so viel zu erkunden – seine Welt, seine Firma etc. Dazu gehört es, eine Betriebs­be­sich­tigung zu planen – wie wichtig das ist, habe ich in den letzten Jahren immer wieder hervor­ge­hoben. Auf die Frage „zu mir oder zu dir?“ antworten Finanz­dienst­leister ihren Unter­neh­mer­kunden also am besten immer: „Natürlich zu dir!“ Denn im Betrieb sehen Sie alles, was den Unter­nehmer bewegt. Umso besser, wenn es dann noch überra­schend erfolgt – zum Beispiel, wenn der Private Banking Berater im Erstge­spräch sagt: „Bevor wir über die Mittel­ver­wendung sprechen, würde ich gerne sehen, wo und wie das Geld geschaffen wird, dass Sie mir anver­trauen möchten. Darf ich mal Ihren Betrieb sehen?“ 

Zwei Dinge sind gewiss: Der Unter­nehmer findet das richtig cool. Und Sie sehen seine „Bude“, wie sie wirklich ist, unauf­ge­räumt im Chaos oder aufge­räumt und struk­tu­riert. Natürlich sollten Sie beim Unter­nehmer keine Überra­schungs­be­suche starten. Sie werden ihn ja eh kaum antreffen. Aber vom Gesprächsplan abweichen und um eine Betriebs­be­sich­tigung bitten, das geht immer.

Sobald sich jedoch Routine und Gewohnheit einschleichen, flacht das Interesse auf beiden Seiten ab. Unter­schätzen Sie nicht das Gedächtnis des Unter­nehmers. Er wird sich sehr wohl merken, warum Sie immer anrufen – nämlich dann, wenn Sie etwas verkaufen wollen/sollen. Wenn Sie in Ihrer Beziehung immer nur den Müll raustragen, wenn Sie sich davon eine „Belohnung“ erhoffen, dann merkt sich das Ihr Partner oder Ihre Partnerin auch.

Wenn Sie also bei Ihren (Ziel-)Kunden immer nur dann anrufen, wenn Sie etwas von ihnen wollen, oder sich der Kunde nur zurück­meldet, wenn er etwas will, dann ist das „Geschäft“, aber keine „Beziehung“. Das ist auch völlig in Ordnung, aber es sollte beiden Seiten klar sein. Im Privaten wird das heute, glaube ich, „Freunde mit Extras“ genannt. Und wenn beide das so möchten und emotional damit zurecht­kommen, dann klasse! Viel Spaß!

Für bestehende Kunden­be­zie­hungen bedeutet das:

  • Bleiben Sie am Ball. 
  • Gratu­lieren Sie zum Geburtstag – nicht nur bei runden Geburtstagen. 
  • Rufen Sie auch mal zwischen­durch an und fragen Sie, wie es läuft. Ich merke immer wieder, dass das heutzutage weder Berater noch Unter­nehmer gewohnt sind, einfach mal anzurufen oder angerufen zu werden. 
  • Wünschen Sie auch einfach mal einen schönen Sommer oder eine schöne Weihnachtszeit. 
  • Merken Sie sich für die Beziehung, frei nach Hape Kerkeling: „Liebe ist Arbeit, Arbeit, Arbeit!“ 
  • Kleine (aufmerksame) Geschenke erhalten die Freundschaft.
  • Zeigen Sie echtes Interesse an Ihrem Gegenüber!

Ab morgen ohne dich – trennen tut meist weh, muss aber sein!

Meiner Einschätzung nach gibt es bei Geschäfts­kun­den­be­zie­hungen vor allem zwei Signale, die das Ende der Beziehung einläuten sollten:

  • Die eine Partei möchte „nur quatschen“. Das kennen Sie sicher auch aus dem privaten Bereich, wenn einer von beiden „mehr will“ als der andere. Ein klassi­sches Missver­ständnis. Bei Unter­neh­mer­kon­takten sind das dieje­nigen, die immer Zeit haben, immer „gern mit Ihnen sprechen“ und Infor­ma­tionen sammeln, bei denen aber am Ende nichts für Sie rausspringt. Ein klassi­scher Fall von „Infor­ma­tions-Messi“. 
  • Sie haben das Gefühl, dass Sie der/die Einzige sind, der/die in der Beziehung etwas gibt. Dann ist Ihr Gegenüber der Typ, den ich gern als „Infor­ma­tions-Sauger“ oder „Energie-Vampir“ bezeichne.

In beiden Fällen gilt es, zu überlegen, ob man dann nicht lieber einen Schluss­strich zieht und sich anderen Aufgaben und (Ziel-)Kunden widmet. Denn wenn ein Unter­neh­mer­kontakt absolut keinen Ertrag bringt und auch nicht bringen will, dann macht es doch nur Sinn, die ganze Sache zu beenden.

Wie geht man damit um? Hier eine kleine Anekdote aus meinen jungen Jahren als Berater:

Auf einer Veran­staltung saß ich mal neben einem absoluten Top-Unter­nehmer. Allein das war für mich damals schon aufregend. Ich hörte inter­es­siert zu – um nicht zu sagen ich hing ihm an den Lippen. Ich bekam also mit, dass er sich mit einem anderen Gast unter­hielt, beide schienen sich schon zu kennen, aber länger nicht gesehen zu haben. Der andere Gast erzählte, dass er seit drei Jahren mit seiner Lebens­ge­fährtin zusam­men­wohnte. Der Unter­nehmer fragte: „Wollt ihr heiraten?“ und der andere Gast antwortete: „Wir sind uns nicht sicher.“ Der Unter­nehmer sagte: „Was hindert euch daran? Ihr wohnt seit drei Jahren zusammen und habt euch schon in reichlich Situa­tionen erlebt, auch in unange­nehmen. Bleibt ja nicht aus.“ Daraufhin erwiderte der Gast: „Es gibt immer wieder kleinere Situa­tionen, bei denen wir dann zweifeln.“ Der Unter­nehmer meinte daraufhin nur: „Wenn es am hochge­klappten Klodeckel hängt, dann habt ihr ganz andere Probleme.“

Heute sehe ich das genauso: Wenn jemand permanent an Ihnen, Ihrem Institut, Ihren Prozessen, Ihren Produkten, Ihren Preisen etc. rummäkelt, dann wird es Zeit, sich zu trennen. Ja, trotz der eventuell schwin­denden Erträge. Ich garan­tiere Ihnen zwei Dinge. Erstens: Mit einer gut gefüllten Pipeline an attrak­tiven Zielkunden ist diese Lücke bald wieder geschlossen. Zweitens: Sie werden sich nach der Trennung schlag­artig wohler fühlen!

Und merken Sie sich: So, wie hochge­klappte Klodeckel oder nicht rausge­tra­gener Müll nicht das Problem sind, waren/sind auch Verwah­rent­gelte, Kredit­pro­vi­sionen und Gebüh­ren­er­hö­hungen nicht das, was Ihre Geschäfts­be­ziehung nicht funktio­nieren lässt. Die Probleme liegen dann tiefer. Einzelne Mitar­beiter mögen willens sein, wegen der Abläufe oder dem strengen Chef direkt zu kündigen – doch Unter­nehmer sind eher selten dazu bereit, nur weil Sie die Gebühren erhöhen. Schließlich ist der Banken­wechsel für Unter­nehmer oft zeitin­tensiv und lästig. Wenn ein Unter­nehmer die Beziehung beendet, dann gilt es, zu recher­chieren, warum er das macht. Da liegt meist ein ernst­haf­teres Problem zugrunde und das muss man dann beheben, sonst folgen bald noch mehr Unter­nehmer. Gerade bei Regio­nal­in­sti­tuten wird sehr lange an Kunden­be­zie­hungen festge­halten. Natur­gemäß mit den Begrün­dungen: „Es gibt hier ja nicht so viele Top-Kunden“ und: „Was, wenn er dann doch mal was möchte?“ Wenn dem in Ihrem Institut oder Ihrer Abteilung so ist, empfehle ich einen Dummy-Berater-Schlüssel für die „Goldenen Kartei­leichen“. So sind sie beim Berater aus dem Portfolio, aber nicht ganz gelöscht. Sollte dann doch jemand sich melden, landet er ja wieder bei Ihnen und wird bedient. Aber in der Zwischenzeit ist Ihr Portfolio auf dieje­nigen fokus­siert, die mit Ihnen arbeiten wollen und auch abschließen wollen/können.

Generell denke ich, dass – privat und geschäftlich – eher zu lange an toxischen Bezie­hungen festge­halten wird. Meistens, weil man keine „Reserve“ hat. Loslassen schmerzt, Schluss­machen schmerzt – doch beides kann helfen, den Freiraum für neue, spannende Dinge zu schaffen. Ich erlebe es immer wieder, dass ganze Abtei­lungen unter einem Kollegen oder Kunden leiden. Keiner hat mehr Lust, ans Telefon zu gehen, wenn diese eine Telefon­nummer auf dem Display erscheint. Diesen Kollegen und Kunden rufe ich zu: Warum seid ihr eigentlich noch hier, wenn ihr es hier so doof findet?

Und Ihnen möchte ich wiederum zurufen: Der Mensch hat zwei Leben. Eines bis zu dem Tag, an dem wir merken, dass wir nur ein Leben haben. Und eines, das genau an diesem Tag beginnt. Möchten Sie wirklich die nächsten zehn Jahre (2.300 Arbeitstage x 8 Stunden = 18.400 Stunden) mit Kunden sprechen, die Sie nicht ausstehen können, oder mit Kollegen zusam­men­ar­beiten, die Sie so richtig nerven? Möchten Sie die nächsten 30 Jahre (30 x 365 x 24 = 262.800 Stunden) mit jemandem zusam­men­leben, der Ihnen heute schon laufend Vorwürfe macht oder Sie ignoriert? Langfristig ist es wirklich besser, diese Entwicklung frühzeitig zu stoppen.

Bezie­hungen schaffen, bedeutet harte Arbeit

Genau wir Ihr Leben und Ihre privaten Bezie­hungen ist auch die Unter­neh­mer­be­ratung nicht immer rosarot und kinder­leicht. Es sind oft die Routinen, die alles stabil halten. Aber ab und zu sollte man auch mal wieder die alte Leiden­schaft wieder­be­leben, oder etwa nicht? Ich rate Ihnen, bleiben Sie am Ball, wenn es um die Akquise geht, aber haben Sie keine Angst davor, sich auch wieder zu trennen, wenn es einfach nicht passt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen eine schöne Zeit und viel Spaß bei Ihren spannenden Unternehmerbeziehungen.

Ihr Dirk Wiebusch

Kontakt

Dirk Wiebusch
info@ifuf.de

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