Dass die Tandem-Beratung – also das enge Zusammenspiel von Firmenkundenberatung und Private-Banking-Beratung bzw. Vermögensmanagement – die Lösung vieler aktueller Herausforderungen im Banking für die wertvollen Unternehmerkunden ist, habe ich bereits in verschiedenen Artikeln und Podcasts hier im Versteher-Magazin aufgearbeitet. Der Grund, warum ich dieses Thema immer wieder anspreche, ist einfach: Es ist unglaublich wichtig! Gerade jetzt, wenn die deutsche Wirtschaft in eine wirklich heiße Phase kommt, sollte in den Instituten klar sein: Ohne Tandem führt kein Weg zum lang anhaltenden Erfolg beim Familienunternehmer. Und doch ist die Zusammenarbeit oft immer noch nicht so perfekt, wie sie sein könnte. In diesem Artikel möchte ich Ihnen deshalb die 10 Top-Gründe nennen, warum das so ist – und einige handfeste Handlungsempfehlungen, um Ihre Tandem-Beratung auf den nächsten Level zu heben.
Warum das Tandem aktuell so wichtig ist
Schaut man sich die Herkunft größerer Vermögen an, fällt auf, dass diese in über 75 % der Fälle durch Unternehmertätigkeiten erwirtschaftet wurden. Wurde das Thema Immobilien – die Lieblings-Anlageoption der Familienunternehmer – dann auch entsprechend unternehmerisch und im großen Stil betrieben, dann springt dieser Anteil sogar auf 90 %. Der Vermögensaufbau durch Erbschaft geschieht typischerweise erst ab der zweiten Generation – sie erbt das Unternehmen oder, wenn es verkauft wurde, das Vermögen aus dem Unternehmen. Steckt man das geerbte Geld dann nicht wiederum in die unternehmerische Tätigkeit, dann lässt es sich typischerweise auch nicht weiter ausbauen. Ausnahmen bei Prominenten und Top-Managern bestätigen die Regel.
Wenn also 75 bis 90 % der Vermögen aus unternehmerischen Tätigkeiten stammen, dann ist es nur logisch, dass man als Finanzberater vor allem mit Unternehmern den meisten Ertrag generiert. Lange Zeit wurde das Thema Private Banking für Unternehmer dementsprechend recht stiefmütterlich behandelt: Man nimmt eventuelle zusätzliche Gewinne aus dem Bereich gerne mit, aber dazu ein fest zusammenarbeitendes Tandem aus Firmenkunden- und Private-Banking-Berater zu etablieren, das erschien lange Zeit nicht so wichtig.
Doch auf die Idee, sich auf die ertragreichen Unternehmerkunden zu konzentrieren, kamen eben alle Institute etwa zur gleichen Zeit – und seitdem herrscht um diese besonders wertvolle Kundenschicht ein Preiskampf, der die Bruttomargen immer weiter schrumpfen lässt. In der aktuellen Situation 2022/2023 wird der Konkurrenzdruck zusätzlich durch den „ZICKKEL“ angeheizt, den ich bereits in Hinblick auf das aktuelle Insolvenzrisiko in Deutschland beschrieben habe:
- Zinsanstieg
- Inflation
- Corona-Pandemie
- Krieg in der Ukraine
- Klimawandel
- Energiekrise
- Lieferkettenunterbrechung
Und dazu kommen noch Digitalisierung und Fachkräftemangel. Diese Häufung von Herausforderungen erzeugt einen sehr hohen Handlungsdruck in den Finanzinstituten – die deshalb permanent auf der Suche nach neuen Erträgen sind. Und genau diese lassen sich auf der privaten Vermögensseite von Unternehmern und ihren Familien finden. Das ist auch schon längst bekannt, denn ähnlichen Herausforderungen hat sich das Unternehmerkundenbanking in den letzten Jahrzehnten immer wieder gestellt. Und in der engen Zusammenarbeit zwischen Firmenkundenbanking und Private Banking als Tandem wurden schon oft genau die Erträge entdeckt, die man zur Stabilisierung der Institute gebraucht hat.
Stellt sich nur eine Frage: Wenn ähnliche Herausforderungen in der Vergangenheit immer wieder aufgetreten sind, warum gibt es dann in vielen Instituten noch so viel Luft nach oben, wenn es um die effiziente Zusammenarbeit des Tandems Firmenkundenberater und Private-Banking-Berater geht? Selbst bei den Instituten, die in dieser Hinsicht vieles gut machen, fällt mir immer wieder auf, dass da noch mehr gehen könnte.
Genau an dieser Stelle möchte ich mit diesem Artikel in die Bresche springen. In meiner Funktion als ehemaliger Finanzberater, aktiver Unternehmer und Gründer sowie Geschäftsführer des Instituts Für UnternehmerFamilien (IFUF) habe ich aus über 30 Jahren Erfahrung und über 3.000 Coachings in Finanzunternehmen die Top-10-Gründe zusammengesucht, aus denen es im Institut vielleicht noch nicht so ganz mit dem Tandem klappt – und ein paar hilfreiche Anregungen, wie man diese Hindernisse bewältigt.
1. Vorstände und Führungskräfte stehen nicht hinter dem Tandem
Es ist ungemein wichtig, dass Vorstände und Führungskräfte erkennen, welche Rolle Tandems in der Beratung spielen. Zunächst einmal, um überhaupt den Willen zu haben, diese Beratungsform aufzubauen und kontinuierlich zu unterstützen. Denn Tandem geht nicht ohne Unterstützung von oben. Leider gibt es immer noch viele Vorstände und Führungskräfte, die sich auf neue Themen und Ideen wie das Tandem gar nicht erst einlassen. Sie kümmern sich lieber um Prozessoptimierung, Segmentierung etc. und geben sich mit den kleinen Fischen zufrieden, anstatt ihren Fischern beizubringen, fortan in den wirklich ertragreichen Seegebieten zu fischen. Oder sie denken vornehmlich bürokratisch und sehen in der Etablierung von Beratungstandems vor allem einen Kostenfaktor, der sich hinterher gar nicht auszahlen wird. Dann wird eventuell direkt geblockt.
Tatsache ist: Vorständen und Führungskräften fehlt manchmal auch der tiefer gehende Einblick ins Tagesgeschäft, um zu erkennen, welche Erträge überhaupt noch generiert werden können. Denn oft fahren sie selbst nicht mehr häufig zum Kunden und beschäftigen sich notgedrungen mit der übergreifenden Institutsstrategie, auch wenn der Vorstand eigentlich Akquisitor Nummer 1 sein sollte (ich kenne aber auch viele, die es wirklich wollen, aber es aufgrund der vielfältigen Aufgaben nicht mehr schaffen), da er die entsprechenden Zugänge, die Netzwerke und die nötige Strahlkraft hat, um die wirklich großen Fische zu fangen.
Ich rate deshalb Vorständen und Führungskräften, sich auch immer mal wieder „einzuschließen“ und gemeinsam darüber zu sprechen,
- welche Ertragsmöglichkeiten es noch so gibt,
- wie viele Deckungsbeiträge überhaupt möglich sind und
- wie viele bzw. welche davon man gerne noch mitnehmen würde.
Hier können Sie gerne auch noch externe Impulse mit einbringen – und damit meine ich wirklich externe Impulse und nicht nur solche von internen Verbänden und Akademien. Denn Letztere wiederholen oft ohnehin nur das, von dem sie glauben, dass der Vorstand es hören möchte.
2. Margendruck ist oft der einzige Grund für die Existenz des Tandems
In nicht wenigen Instituten werden Tandems lediglich dann umgesetzt, wenn die Ertragsziele in Gefahr sind und das Benchmarking zeigt, dass noch Nachholbedarf besteht. Oder man sieht, dass alle anderen Institute Tandems aufbauen, also folgt man dieser Vorgabe einfach. Mit anderen Worten: Man setzt die Tandems nicht um, weil alle Beteiligten verstehen, wie wichtig das ist, sondern aus reinem Automatismus. Dass dann zum Beispiel die Berater auch nicht gerade begeistert von der Zusammenarbeit sind, können Sie sich vorstellen.
Darum empfehle ich: Vorstände und Führungskräfte sollten sich Gedanken darum machen, was das Tandem für die jeweilige Region bedeutet. Das kann auch für die Berater ein Ansporn sein: Es geht nicht einfach nur darum, noch den letzten Cent rauszuholen, sondern es geht auch um eine vollumfängliche Beratung für die hiesigen Unternehmer, an denen das Einkommen ganzer Familien und damit der Wohlstand der gesamten Region hängt.
3. Die DNA des Instituts passt nicht zum Elitegedanken der Unternehmer
Der Ökonom Peter F. Drucker prägte einst den Sinnspruch: „culture eats strategy for breakfast“. Was das bedeutet, das sieht man, wenn man sich die Regionalinstitute des Landes betrachtet: Dort ist man immer noch stark in dem Gedanken verwurzelt, dass man für den Massenkundenbereich da ist, für die Kleinsparer. Das ist nun mal die Unternehmenskultur dieser Institute, über viele Jahrzehnte gewachsen und verfestigt. Natürlich versteht man auch in diesen Instituten, dass die Erträge der Zukunft vor allem von den Unternehmerkunden kommen werden – aus der Betreuung der Firma und dem Privatvermögen. Doch oft sind die Abläufe in den Instituten gar nicht auf diese notwendige Zielsetzung ausgelegt. Es braucht in diesen Instituten also ein stärkeres Agieren statt Reagieren. Und da ein Kulturwandel immer zuerst in den Köpfen der Mitarbeiter passiert, empfehle ich Ihnen, sich mit folgenden drei Punkten zu beschäftigen:
- Die Unternehmerkunden sind für das Institut wichtig und deshalb sind die beiden Einheiten Firmenkundenberatung und Private Banking für Unternehmer ebenfalls wichtig für das Institut. Sie sind nicht besser oder schlechter als andere – aber sie sind anders, und sie sind dauerhaft notwendig. Denn Unternehmer wird es immer geben und somit auch einen entsprechenden individuellen, maßkonfektionierten Beratungsbedarf.
- Richtig angegangen und definiert ist es möglich, diese beiden Einheiten aufzustellen und effektiv ins Institut zu integrieren.
- Um das Tandem aus beiden Einheiten effektiv in das Institut zu integrieren, muss dies vom Vorstand und von den Führungskräften vorgelebt werden. Nicht „weil man es halt machen muss“. Nicht „weil es ohne diese ‚Eliteeinheiten‘ nicht geht“, sondern weil sie in die Unternehmenskultur reinpassen können, wenn sich nicht immer gleich alle dagegenstellen.
4. Private Banking ohne klare Ausrichtung
In vielen Instituten gibt es leider immer noch keine klare Definition von Private Banking und Private Banking für Unternehmer. Oft wird dies auch nicht ausreichend voneinander abgegrenzt. Diese fehlende Abgrenzung sorgt dann oft dafür, dass Vorstände und Führungskräfte – aber insbesondere die Führungskräfte der Abteilung Private Banking – keinen Sinn darin sehen, noch eine „Extra“-Einheit für das Private Banking für Unternehmerkunden zu etablieren. Geschweige denn, mit einer solchen Einheit zusammen mit den Kollegen aus der Firmenkundenberatung Unternehmer und deren Unternehmen ganzheitlich als Tandem zu betreuen.
Eine solche Klarheit zu schaffen – für alle Beteiligten, also auch für die Unternehmerkunden selbst – ist hier der wichtigste Ansatzpunkt. Trennen Sie Private Banking und Private Banking für Unternehmerkunden klar voneinander ab, sodass intern jeder weiß, was in seinen Aufgabenbereich fällt, und extern die wichtigen Unternehmerkunden nicht den Eindruck bekommen, dass sie lediglich dasselbe Private Banking bekommen, das auch der Massenkundschaft zur Verfügung steht. Das hilft auch beim Etablieren von Beratertandems, denn man arbeitet immer dann am besten zusammen, wenn beide Seiten des Teams exakt wissen, wofür sie zuständig sind und an welcher Stelle der Kollege als Experte für seinen Arbeitsbereich einspringt. Tipp für kleinere Einheiten, bei denen es nicht so strikt getrennt werden kann: Aus Erfahrung weiß ich, dass es in fast jeder PB-Einheit Berater gibt, die eine höhere Affinität zu Unternehmern haben als andere. Dann bündeln Sie bei diesen eine größere Zahl an Unternehmern. So sind es dann nicht 100 % Unternehmer, sondern 70 % Unternehmer und 30 % „andere“. Sie werden dennoch schnell eine Besserung spüren.
5. Dem Firmenkundenbereich ist der Mehrwert des Private Bankings nicht klar
Private-Banking-Berater können für das Institut zwar signifikante Zusatz-Erträge erwirtschaften, doch das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der größere und vor allem regelmäßigere Teil des Ertrags eines Unternehmer-Clan-Verbundes im Firmenkundenbereich und in der Finanzierung von Immobilien (in der Regel vom Firmenkundenberater mit umgesetzt) entsteht. In einigen Instituten hat dies dazu geführt, dass die Firmenkundenberater gar keinen Sinn darin sehen, im Tandem mit dem Private Banking zusammenzuarbeiten. Warum auch jedes Mal den Private-Banking-Berater mitnehmen, wenn am Ende ohnehin gefühlt nur Peanuts dabei rauskommen? Da werden dann oft beide Bereiche silomäßig getrennt voneinander behandelt. Und lediglich ab und zu wird versucht, den unliebsamen Aufwand der Zusammenarbeit dadurch zu umgehen, dass sich mal jemand vor das versammelte Firmenkunden-Team stellt und einen zweistündigen Vortrag zum Thema Private Banking hält. Im ungünstigsten Fall sind diese Vorträge dann aber auch wieder so aufgebaut, als würde ein Private Banker einem anderen Private Banker erzählen, warum Private Banking eine tolle Sache ist – also nicht auf die Sichtweise des Firmenkundenteams abgestimmt.
Um sich dieser Herausforderung in den Köpfen der Mitarbeiter zu stellen, ist es zunächst notwendig, die Firmenkunden- und Private-Banking-Segmente klar zu definieren und auszurichten (siehe Punkt 4). Dass im Zuge dessen Private Banking und Private Banking für Unternehmer, wie vorab beschrieben, voneinander abgegrenzt werden sollten, versteht sich von selbst. Erst dann kann die zielgerichtete und effektive Kommunikation zwischen der Firmenkundenberatung und dem Private Banking für Unternehmer organisiert werden.
Den Private-Banking-Beratern schlage ich vor, sich mal auf den Stuhl des Firmenkundenberaters zu setzen und sich zu überlegen, wer eigentlich alles so am Firmenkundenberater zieht – denn in den meisten Instituten will ständig irgendeine Abteilung etwas vom Firmenkundenberater. Dann überlegt man sich, wie das Private Banking dahingehend positioniert werden kann – und wie der Verkaufsprozess nach außen aufgesetzt und realisiert werden kann. Berücksichtigt man all diese Erkenntnisse in der Kommunikation mit dem Firmenkundenberater, ist es gleich viel einfacher, ihm den Mehrwert des Private Bankings zu verdeutlichen. Vor allem mit Blick auf die eingangs angesprochenen sinkenden Margen im Firmenkundenbereich. Und, besonders wichtig: Dehnen Sie die Kommunikation nicht immer auf zwei Stunden aus, sondern formulieren Sie kurz und knackig – eben so, wie man es selbst gerne hat, wenn jeden Tag die unterschiedlichsten Abteilungen an einem ziehen.
6. Man geht davon aus, dass der Private-Banking-Berater automatisch und schnell Abschlüsse generiert, wenn er vom Firmenkundenberater vorgestellt wird
In vielen Instituten ist es so, dass der Firmenkundenberater den Familienunternehmer schon seit vielen Jahren betreut. Dann nimmt er mal den Private-Banking-Experten mit ins Gespräch – und am Ende sind alle überrascht, dass der Kunde nicht direkt beim Private Banking eingeschlagen hat. Es besteht also eine falsche Erwartungshaltung in Bezug auf die Geschwindigkeit der Abschlüsse im Private Banking auf Basis des Vertrauensverhältnisses zwischen Unternehmer und Firmenkundenberater.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Private-Banking-Berater eventuell in den letzten Jahren tatsächlich schnelle Abschlüsse beim Unternehmer erzielt hat – und zwar in Bezug auf das Verwahrentgelt und Investitionen zu seiner Vermeidung. Unter diesem Eindruck gehen eventuell auch die Zielkarten von schnellen Abschlüssen aus und sind (oft sogar unabsichtlich) voller unrealistischer Erwartungen, da niemand bedacht hat, dass das Verwahrentgelt eine einmalige Sondersituation war und der dadurch entstandene Investitionsdruck mittlerweile vollständig bedient wurde. Als Private-Banking-Berater ist es jetzt nötig, sich erst wieder neu und ggf. ganzheitlicher beim Unternehmer zu positionieren, um neue Potenziale und Erfolge zu schaffen.
Dazu bekommt man vom Firmenkundenberater zwar die Tür geöffnet, doch hindurchgehen muss man schon selber – und das nimmt Zeit in Anspruch. Mein Tipp an dieser Stelle ist also dementsprechend: Geduld bewahren! Führen Sie die ausreichende Menge an Gesprächen und seien Sie sich bewusst, dass es mit dem Unternehmerkunden nicht sofort klappen wird, auch wenn Sie vom Firmenkundenberater vorgestellt werden, der den Kunden eventuell schon seit vielen Jahren erfolgreich betreut.
7. (Gemeinsame) Vertriebstrainings gelten als Zeitverschwendung
Ich sehe immer wieder, dass Vertriebstrainings in den Instituten kaum Zuspruch finden – und zwar auf jeder Ebene. Berater gehen gerne davon aus, dass sie ohnehin nichts Neues hören werden – und neben ihren anderen Aufgaben auch gar keine Zeit für so was haben. Auf Führungsebene stellt sich dann immer die Frage, ob denn der vermeintlich geringe Wert dieser Trainings überhaupt die Belastung des Budgets und die Zeit der Berater rechtfertigt. Und selbst wenn sich Führungskräfte und Vorstände dazu herumreißen lassen, dann sind sie so gut wie nie selbst mit dabei – obwohl sie ja eigentlich die Top-Unternehmerkunden beraten oder zumindest persönlich kennen.
Ein Grund für den Eindruck, dass Vertriebstrainings ja ohnehin nichts bringen, ist, dass sie häufig eher wahllos, unsystematisch und nicht aufeinander aufbauend durchgeführt werden. Denn aufseiten der Personalabteilung wird oft lediglich nach den Angeboten gesucht, die am wenigsten Budget fressen und Themen abhaken, die gerade dringend sind. Zum Beispiel aufgrund neuer gesetzlicher Vorgaben oder der Einführung neuer Tools. Auf die Berater selbst wirkt das Trainingsangebot dann entsprechend, als würden einfach jedes Jahr neue Säue durchs Dorf getrieben. Sind die Trainings dann auch noch nicht auf die individuellen Berater zugeschnitten, kommt es oft vor, dass sich erfahrene Berater immer wieder dieselben Inhalte anhören müssen, die den jungen Beratern helfen können, von den erfahrenen aber als reine Zeitverschwendung wahrgenommen werden.
Oder die Trainings klingen zwar interessant, drehen sich dann aber tatsächlich nur um die Vermittlung von Fachwissen (oft viel zu viel und viel zu theoretisch, um für das Tagesgeschäft sinnvoll zu sein), oder es werden die neuesten Hypes besprochen (Kryptowährungen, Nachhaltigkeit etc.), die aber für das individuelle Institut gar nicht so relevant sind. Tatsächlich sinnvolle Trainings, zum Beispiel zur Arbeitsplatzorganisation, zum nötigen Mindset oder zur Vermittlung von dauerhaftem Know-how, wie die Anwendung der Erfolgsformel, werden dann oft links liegen gelassen. Hier hilft nur ein Umdenken bei den Organisatoren der Trainings.
8. Leistungskultur und Ablaufstruktur sind nicht klar definiert
In vielen Instituten fehlen immer noch eine klare Definition von „Erfolg“ sowie eine klare Struktur für die (Ziel-)Kundeninteraktion bei den Tandems:
- Was zählt als Erfolg (z.B. Kundentermin und Folge-Gespräch bekommen oder nur Erträge und Abschlüsse)?
- Wie wird im Weiteren vorgegangen, wenn z.B. eine Überleitung erfolgt ist?
Damit meine ich nicht, dass die Berater in den Instituten keinerlei Handreichung bekommen. Sie wissen als treue Leser: Ich stehe auf Messen, Zählen, Wiegen. Doch meistens sind das eher reine Theorie-Handbücher, in denen die Vorgaben extrem detailliert und sehr starr vorgegeben sind. Deutlich praxistauglicher ist es da, eine Ablaufstruktur und ein Drehbuch vorzugeben, die im Sinne der Erfolgsformel umgesetzt werden – also klare Strukturen, die flexibel je nach Situation und Kunde gehandhabt werden können. Das erlaubt es den Beratern auch, sich die Zeit für nötige vor- und nachgelagerte Arbeiten zu nehmen, die in den starren Ablaufstrukturen oft kaum Beachtung finden – und das, obwohl parallel Assistenzen abgebaut werden.
Gerade bei der Frage, wie Erfolg im Institut beziffert werden kann, sollte man sich frühzeitig Gedanken darüber machen, was man überhaupt erreichen möchte. Als Erfolgsfaktoren empfehle ich eine gesunde Mischung aus qualitativen und quantitativen Zielen, wie die Zahl der Abschlüsse und den Ertrag. Es müssen eine entsprechende Abbildung des Erfolgs und eine Zuordnung der Deckungsbeiträge definiert werden. Und an die Vorstände und Führungskräfte gerichtet: Schaffen Sie wieder mehr Unterstützung durch Assistenzen! Mir ist klar, dass dieser Kostenpunkt gerne abgebaut wird, aber darunter leidet die Zeit der Berater und damit die Qualität der Beratung.
9. Die Identifizierung von Potenzialkunden ist zu statisch und die Kundenportfolios sind zu heterogen
Selbstverständlich braucht es immer einen gewissen Grundbetrag, um potenzielle Unternehmerkunden für das eigene Institut zu identifizieren. Doch aktuell werden diese Kunden noch zu oft ausschließlich durch das Depot-Volumen beziehungsweise den Unternehmensumsatz definiert. Auch in Anbetracht der Heterogenität der Kundenportfolios der Firmenkundenberater kann das nur ein grober Ansatz sein, denn die Kunden eines Firmenkundenberaters unterscheiden sich zum Teil deutlich auf Basis von:
- Rating (Top-Kunde vs. mittleres Rating)
- Branchen
- Routine-Kunden vs. strategische Kunden
- Immobilienbesitz
- Schuldscheindarlehen
- Unternehmertypologie
- Konsortien
- Kommunen
- etc.
Darüber hinaus konzentrierte sich die Firmenkundenberatung in den letzten Jahren sehr stark auf Immobilienkredite. Werden diese weniger, dann besteht schnell die Gefahr, „nackt in der Brandung“ zu stehen, sobald das „Wasser“ abfließt.
Ich rate Ihnen hier, die Identifizierung von Potenzialkunden noch dynamischer zu gestalten. Also nicht nur auf Basis von Volumen und Umsatz, sondern auch nach Deckungsbeitragspotenzial und Beratungsbedarf aufseiten des Kunden – denn er muss nicht nur können, sondern auch wollen. Also ist es wichtig, dass er auch offen für Ihr Angebot ist. So ergeben sich gigantische neue Potenziale, die dann durch eine effektive Tandem-Beratung systematisch abgeschöpft werden können. Ist dies passiert, können Sie auch an die Umgestaltung der Kundenportfolios gehen – hin zu einem homogeneren Aufbau, bei dem Berater und Unternehmer besser gemäß ihrer Typologie aufeinander abgestimmt sind und nicht nur pauschal zugewiesen wurden, zum Beispiel strikt nach Postleitzahl.
10. Es gibt große Unterschiede beim Deckungsbeitrag zwischen Firmenkundenberatung und Private Banking – keine Wertschätzung des anderen
Schaut man sich die gesamte Unternehmens- und Familienstruktur eines Unternehmers an, wird sofort klar: Als Finanzinstitut generiert man die größten Deckungsbeiträge mit der Firma und den Immobilien. Wie oben bereits angedeutet, kann es deshalb dazu kommen, dass der Firmenkundenberater nur wenig Akzeptanz dafür empfindet, mit dem Private-Banking-Berater im Tandem zu arbeiten. Der Firmenkundenberater erwirtschaftet mit Firma und Immobilien regelmäßig Hunderttausende Euro, was beim Private-Banking-Berater zum Beispiel mit Wertpapieren eher die Ausnahme ist. Was oft vergessen wird, ist, dass bei vielen Kunden die Finanzierungen jetzt anfangen auszulaufen und die Margen auf Firmenkundenseite aufgrund des Wettbewerbsdrucks immer geringer werden. Mit anderen Worten: Ja, der Private-Banking-Berater erwirtschaftet in der Regel geringere Deckungsbeiträge. Doch im Firmenkundenbereich wird es auch immer enger und deshalb ist man auf Cross-Selling-Erträge aus dem Private-Banking-Bereich angewiesen.
Ich habe zum Beispiel in einem Institut erlebt, dass der Leiter Firmenkunden dem Leiter Private Banking sagte: „Das, was ihr als Abteilung erwirtschaftet, generiert bei mir ein einziger Berater mit einem einzigen Kunden.“ Das Ergebnis: Es tat sich ein unüberwindbarer Graben zwischen den beiden Abteilungen auf, die schließlich auch nicht mehr effizient zusammengearbeitet haben. Nicht nur in solchen Extremfällen, sondern in allen Tandem-Situationen rate ich also dazu, mehr Akzeptanz füreinander herzustellen, indem in den Köpfen der Mitarbeiter ein Verständnis füreinander geschaffen wird. So kann der Firmenkundenberater dem Private-Banking-Berater zu mehr Erträgen verhelfen und der Private-Banking-Berater hilft dem Firmenkundenberater, die Gesamtmargen trotz Konkurrenzdruck weiter auf dem angestrebten Niveau zu halten. Durch die Zusammenarbeit im Tandem gewinnen alle, und das sollte auch allen klargemacht werden.
Ergänzende Erfolgstipps
Sie sehen schon: Diese Top 10, die ich in über 15 Jahren Seminaren und Coachings sowie über 30 Jahren in der Beratung von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien immer wieder sehe, haben viel damit zu tun, das richtige Mindset zu haben, die richtige Unternehmenskultur zu pflegen, praxisnahe Abläufe und eine eindeutige Ausrichtung zu etablieren und so weiter. All diese Punkte könnten meiner Einschätzung nach noch deutlich stärker berücksichtigt werden, um die Tandem-Beratung zu optimieren – selbst in den Instituten, in denen das Tandem schon vor Jahren Einzug gehalten hat.
Nachfolgend möchte ich Ihnen noch einige Punkte nennen, die bereits gut in den Instituten diskutiert werden. Diese Punkte sind weniger dramatisch und werden bereits von vielen Instituten aktiv bearbeitet, sodass sie nicht zu den Top 10 zählen – doch ein Artikel zur Optimierung des Tandems sollte sie der Vollständigkeit halber zumindest erwähnt haben:
- Der Firmenkundenberater ruft den Unternehmer nur an, um den Private-Banking-Berater vorzustellen. Tipp: Hier immer noch einen entsprechenden anderen Anlass für den Anruf vorbereiten.
- Stellen Sie die Abschlussfrage („Kommen wir ins Geschäft?“) gerne früher. Aktuell wird vielen Kunden noch viel zu lange hinterhergelaufen, während man durch die direkte Frage schnell sehen würde: Dieser Kunde hat gar nicht vor, bei mir zu kaufen.
- Firmenkundenberater und Private-Banking-Berater sehen gerne den jeweils anderen in der Bringschuld – es wird erwartet, dass der andere den ersten Schritt macht und das Thema Tandem voranbringt. Tipp: Schaffen Sie in Ihrem Tandem Verantwortlichkeiten und stoßen Sie dieses Thema bereits auf Führungsebene an, sodass sich niemand in die Passivität zurückziehen kann.
- Viele Firmenkundenberater sind doch nicht so gut beim Kunden positioniert wie gedacht. Sie haben beispielsweise schon länger keine Betriebsbesichtigung mehr gemacht – und der Private-Banking-Berater war ohnehin noch nie beim Kunden. Das kann dazu führen, dass man das Gespür für den Kunden und für das, was ihm wichtig ist, verliert. Also gerne mal wieder eine Betriebsbesichtigung vorschlagen.
- Was auch manchmal vorkommt: Der Private-Banking-Berater bereitet sich detailliert vor und kennt auf einmal das Geschäftsmodell des Kunden besser als der Firmenkundenberater (der ja noch viele weitere Unternehmer betreut). Dann sollte der Private-Banking-Berater sich zurückhalten, um den Kollegen nicht zu düpieren.
- Oder im Gegensatz: Der Private-Banking-Mitarbeiter kennt das Geschäftsmodell gar nicht („hat ja mit Private Banking nichts zu tun“) und hat deshalb auch kein Gespür dafür, was den Kunden aktuell bewegt und was der Unternehmer dafür tun musste, dass Erträge für das Private Banking überhaupt möglich sind.
- Ein Klassiker: Der Private-Banking-Experte verspricht eine ganzheitliche Beratung, redet dann aber nach wenigen Minuten nur noch von Wertpapieren. Tipp: Stellen Sie sich also entweder wirklich ganzheitlich auf, oder versprechen Sie keine Ganzheitlichkeit, wenn Ihr Institut „nur“ Wertpapiere anbieten kann.
- Auch häufig beobachtet: Der Private-Banking-Berater braucht im Erstgespräch viel zu lange zur Vorstellung des Leistungsspektrums im Private Banking. Merke: Lieber nur „anteasern“, um einen Termin für ein weiterführendes Gespräch zu bekommen – das ist das einzige Ziel des Erstgesprächs.
- Der Firmenkundenberater benötigt oft (gefühlt) zu viel Zeit für die Begleitung des Private-Banking-Beraters bei Vor-Ort-Terminen. Eine Überleitung per Video-Call kann da helfen.
- Viele Institute „fegen die Treppe von oben“. Das heißt, dass sie die größten Kunden zuerst für Überleitungsgespräche mit dem Private-Banking-Berater anvisieren. Ich halte das für nicht empfehlenswert, da der Private-Banking-Berater so zunächst ohne echte Übung mit anderen Unternehmerkunden direkt bei den Top-Unternehmern aufschlägt. Ich schlage vor: Mit Augenmaß auswählen und zunächst mit den kleineren Unternehmerkunden „üben“.
- Unterschiedliche Führungsstile und eine unstimmige Chemie zwischen den Führungskräften der beiden Bereiche kann zu weiteren Spannungen zwischen den Beratern führen. Eine gemeinschaftliche und produktive Zusammenarbeit sollte bereits auf Führungsebene beginnen.
Nur ein gut eingespieltes Tandem sichert den Erfolg
Vielleicht haben Sie sich beim Lesen dieses Artikels das eine oder andere Mal gedacht: „Moment, das ist doch bei uns genauso!“ Dann können Sie das als ein Zeichen verstehen, dass in Ihrem Institut eventuell noch deutlich mehr aus der Tandem-Beratung herausgeholt werden kann, als es aktuell der Fall ist. Ich empfehle Ihnen also: Wenn Sie auch nur das leiseste Anzeichen dafür sehen, dass in Ihrem Institut einer der Punkte aus den Top 10 und den Zusatzpunkten greift, dann arbeiten Sie gemeinsam an einer Lösung, um die riesigen Ertrags- und Deckungsbeitragspotenziale aufzutun, die Ihnen bislang entgangen sind.
Möchten Sie gern tiefer und individueller abgestimmt auf Ihr Institut einsteigen, dann können Sie sich gerne bei mir zu einem unverbindlichen Gratis-Tandem-Check-up melden. Ich kann Ihnen sicher noch einige speziell auf Ihre Situation zugeschnittene Empfehlungen geben, um Ihre Zusammenarbeit im Tandem und damit auch Ihren Erfolg beim Kunden zu maximieren. Sie werden überrascht sein, was noch alles möglich ist!
Kontakt
Dirk Wiebusch
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