Schon immer war eine gut funktionierende Kooperation zwischen Firmenkundenberatung (FKB) und Marktfolge Aktiv (MFA) wichtig, doch in naher Zukunft wird sie essenziell sein, um wichtige Familienunternehmer abzuholen, neue Potenziale zu erschließen und das meiste aus dem vorhandenen Kundenportfolio herauszuholen. Das liegt vor allem an den aktuell herausfordernden Gegebenheiten auf dem Markt, die sicherlich innerhalb der nächsten 15 Monate (und voraussichtlich auch darüber hinaus) noch herausfordernder werden. Aus diesem Grund möchte ich hier zunächst die aktuelle Ist-Situation Revue passieren lassen und Ihnen dann einige praxisnahe Tipps zur effektiven Organisation der Zusammenarbeit von Marktfolge Aktiv und Firmenkundenbanking geben. Denn langfristig führt nur eine tiefer gehende Kooperation beider Bereiche bei der Arbeit mit Familienunternehmern zum Erfolg.
Die Ist-Situation: gute Gründe für eine Neugestaltung der internen Zusammenarbeit
Schon seit vielen Jahren sehen wir, dass das Geschäft für Banken, Volksbanken, Sparkassen und viele andere Institute oder Finanzdienstleister immer komplizierter wird. Gleichzeitig wirft es tendenziell immer weniger Erträge ab:
- Das Depot-A-Geschäft zeigt deutlich weniger Ertragskraft als früher.
- Das Privatkundengeschäft steht vor dem Scheideweg: Insbesondere Volksbanken und Sparkassen stehen aktuell vor der Herausforderung, es für die Zukunft auszubauen und dabei profitabel zu bleiben. Speziell im Rahmen der Digitalisierung/Standardisierung wird es dabei wichtig, die eingesparten Personalkosten nicht über die IT gleich wieder aufzunehmen.
- Im originären Firmenkundengeschäft sind in den letzten Jahren sowohl bei Neugeschäften als auch bei Prolongationen die Brutto-Margen eingebrochen.
- Fintechs drängen immer mehr in diverse Märkte und Geschäftsbereiche. Sie nehmen zwar einzeln eher selten größere Marktanteile ab, aber in der Summe der Einzelnen wird es in manchen Segmenten für die etablierten Institute ertragstechnisch jetzt schon eng.
In dieser Situation sind die Institute außerdem weiter dazu gezwungen, Verwahrentgelte zu erheben, um die rechtlich notwendige Einlagensicherung bei der EZB auszugleichen. Das erhöht nicht nur den Druck auf die jeweiligen Berater, effektive Cross-Selling-Ansätze zu finden. Der Druck schlägt sich auch in den Gewinn-und-Verlust-Rechnungen der Institute nieder. Und sobald zum 1. Januar 2021 die Insolvenzantragspflicht wieder aktiv wird, kann davon ausgegangen werden, dass zudem höhere Abschreibungen (erwartet sowie unerwartet) vorgenommen werden müssen als in den letzten Jahren.
Mit anderen Worten: Der aktuelle Druck auf Institute und Berater wird in naher Zukunft eher noch steigen als sinken. Ich empfehle deshalb, sich schon heute darauf vorzubereiten, indem ein stärkerer Fokus auf Cross-Selling (in allen Bereichen der Angebotspalette) sowie auf die Risikobetrachtung/-prävention (mindestens bis Ende 2021) gelegt wird.
Übrigens: Mit diesem Druck sind Sie nicht allein. Auch Familienunternehmer bekommen ihn zu spüren. Aktuellen Umfragen zufolge hält sich die Mehrzahl der Familienunternehmer mit neuen Investitionen in der aktuellen Marktlage zurück. Und dort, wo noch Investitionen getätigt werden, wird man deutlich selektiver. Alle laufenden Kosten stehen bei Unternehmern aktuell auf dem Prüfstand, vom Personal bis zum Material. Leider helfen die Bewältigungsstrategien aufseiten der Unternehmen Ihren Instituten nicht gerade bei der Lösung der aktuellen Herausforderungen: Gerade kapitalstarke Unternehmen versuchen verstärkt, wirklich unvermeidbare Kosten eher aus dem eigenen Cashflow zu decken, als sich für eine Finanzierung an die Finanzinstitute zu wenden. Das heizt den Konkurrenzkampf um die Top-Abschlüsse auf und sorgt in der Konsequenz für einen weiteren Einbruch der Margen.
Firmenkundenbanking und Marktfolge Aktiv begegnen den Herausforderungen
Um unter diesen Umständen bei Familienunternehmern erfolgreich zu sein, gilt es, die Bereiche Firmenkundenberatung und Marktfolge Aktiv in Zukunft noch stärker miteinander zu verweben. Insbesondere die Zusammenarbeit im Kreditbereich (Kreditgenehmigung/-bearbeitung etc.) steht vor einem neuen Zeitalter. Beiden Bereichen rate ich zum einen, sich in Zukunft noch stärker auf die aktuellen und zukünftigen Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten der Unternehmen zu konzentrieren – also auf das Generieren von Erträgen und das gleichzeitige Minimieren von Risiken.
Den Wert der Kooperation erkennen
Doch zum anderen gilt es, neben der methodischen Zusammenarbeit auch die Wertschätzung auf ein neues Level zu heben – die Wertschätzung füreinander. Bislang war es häufig noch so, dass der Firmenkundenberater der Marktfolge Aktiv Unterlagen und Aufgaben zuschiebt, die diese dann bearbeitet. Doch derartig starre Prozesse sind einem dynamischen Marktumfeld nicht mehr gewachsen. Vielmehr liegt es an beiden Abteilungen, die Fähigkeiten der jeweils anderen zu erkennen, wertzuschätzen und in eine umfassende Beratungsstrategie im Sinne der Familienunternehmen und Unternehmerfamilien sowie natürlich auch des eigenen Instituts zu integrieren. Dann können auch hochgradig effektive Beratungskonstellationen wie das Tandem, Trio, Quartett oder die Kundenkonferenz erfolgreich umgesetzt werden, um die Risikoerkennung und ‑minimierung zu optimieren und möglichst hohe Erträge zu erzielen.
Aktiv statt passiv vorgehen
Ein solches Vorgehen erlaubt es der Konstellation FKB und MFA, sich aus einem passiven Verhältnis zum Kunden in ein aktives zu katapultieren. Nicht mehr nur zu reagieren, wenn der Kunde etwas von einem möchte, sondern zu agieren. Natürlich ist uns allen klar, dass das (zumindest anfänglich) mehr Arbeit bedeutet, die auf das ohnehin schon bestehende Arbeitspensum aufgehäuft wird. Doch ein (bislang) gutes Verhältnis zu Familienunternehmer-Kunden und (bislang) gute Erträge sind heute keine Garantie dafür, dass dieser Zustand auch in Zukunft anhalten wird.
Dem rechtlichen Druck standhalten
Denken Sie in diesem Zusammenhang nur an die Bilanzen 2020, die aus aktuellen Anlässen durchaus problematisch sein werden. Selbst Top-Kunden könnten dann in naher Zukunft plötzlich als risikobehaftet gelten und vonseiten der BaFin ist dahingehend weiterhin keine Hilfe zu erwarten. Denn die BaFin erwartet von den Instituten noch immer, den Blick auf Kunden und Geschäftsmodelle stärker in die Vergangenheit als in die Zukunft zu lenken. Nach einem Jahr voller Corona-Lockdowns und ‑Notlösungen nicht unbedingt die weiseste Entscheidung. Es freut mich, dass in vielen Instituten eigenständig schon ein Umschwenken stattfindet und Geschäftsmodelle immer mehr in den Fokus gerückt werden. Was aber auch beinhaltet, dass sowohl FKB als auch MFA technisch wie fachlich aufgerüstet werden.
Gleichzeitig werden die Sicherheiten, die Ihre Kunden vorweisen können, immer unbedeutender: Gewerbehallen und teure Maschinen? Meist ohnehin veraltet! Private Immobilien? Viele stammen noch aus der Zeit vor der Digitalisierung der Infrastruktur und bieten auf dem Mietermarkt längst nicht mehr die Erträge, die sie früher mal versprachen. Raten Sie Ihren Kunden auf jeden Fall dazu, das private Immobilienportfolio zu überprüfen (idealerweise mit dem Private Banker), um einen guten Überblick darüber zu erhalten, was hier noch als Sicherheit Bestand und nachhaltigen Wert hat.
Das Gehirn einschalten
Firmenkundenberater und Marktfolge Aktiv werden sich gemeinsam die Geschäftsmodelle der Kunden anschauen müssen, um eine wirklich fundierte Risikobewertung abgeben zu können. Denn in vielen Bereichen fliegt man hier als Institut blind: Wie detailliert kennt man die Wertschöpfungskette des Kunden wirklich? Was weiß man über die digitalen Prozesse im Unternehmen? Und wenn man die Prozesse kennt, sind dann entsprechende Sicherheiten vorhanden oder ist letztlich nur das Konzept verwertbar? Sind öffentliche Fördermittel abrufbar?
Oft werden FKB und MFA hier ohne Kennzahlen zurückgelassen (auch vom Unternehmer selbst). Dann bleibt einem nichts anderes übrig, als Erfahrungswerte abzurufen. Dann gilt es beispielsweise, die Entwicklung der Digitalprozesse im Unternehmen aus Erfahrung zu antizipieren und die eigene Beratung entsprechend aufzubauen, wie ich es in meinem Artikel „Wo im Familienunternehmen digitalisieren und damit als Berater mehr Erträge erzielen?“ dargelegt habe. So kann man sich frühzeitig beim Kunden positionieren, auch ohne die spezifischen Zahlen zu kennen – und das ist ein entscheidender Vorteil beim Kampf um die wichtigsten Kunden und Top-Erträge.
Einige Praxistipps zum gemeinsamen Beratungserfolg
In vielen Instituten ist die proaktive Zusammenarbeit von FKB und MFA noch ein eher junges „Experiment“. Ich möchte Sie mit diesem Artikel nicht nur dazu anregen, dieses „Experiment“ weiter zu verfolgen. Vielmehr möchte ich Ihnen auch einige Werkzeuge zur Hand geben, die Sie benötigen, um es zum Erfolg zu führen. Denn Firmenkundenberater und Marktfolge Aktiv mögen auf den ersten Blick wie zwei völlig unterschiedliche Welten wirken. Doch diese Unterschiede sind es, die die Kombination aus beiden effektiv machen.
So ist die MFA beispielsweise eine Abteilung, die tendenziell eher introvertierte, aber sehr analytisch denkende Mitarbeiter anzieht. Im Gegensatz dazu sind Firmenkundenberater oft natürliche extrovertierte und kommunikative Typen. In der Kombination beider Vorteile liegt die Chance auf eine Zusammenarbeit, die sowohl bei der direkten Beratung als auch bei der durchdachten Umsetzung brilliert. Erkennen Sie die Stärken Ihrer Kollegen aus der jeweils anderen Abteilung und lernen Sie diesen Wert zu schätzen. Und nehmen Sie auch mal die Perspektive des jeweils anderen ein: Erkennen Sie als Firmenkundenberater, dass nicht jeder Kunde immer alles sofort bekommen muss – wichtige Geschäfte sind es wert, sie zunächst detailliert zu planen. Eilig ist nicht immer eilig. Firmenkundenberater können wiederum der Marktfolge Aktiv kommunizieren, dass nicht hinter jedem großen Geschäft ausschließlich Probleme lauern, sondern auch Chancen. Und manchmal muss man diese Chancen einfach ergreifen, da sie die möglichen Risiken überwiegen. Und hier gilt, dass die Marktfolge Aktiv nicht hinter jedem Busch Gefahr wittert. Unternehmer sind Chancensucher und Zugreifer. Zu langes Zögern und permanentes Kleinklein schreckt sie ab.
Ein derartiges Verständnis und ein Respekt füreinander wachsen natürlich nicht über Nacht. Aus diesem Grund will die Zusammenarbeit gut geplant sein. Beispielsweise durch das Integrieren von MFA-Mitarbeitern direkt ins Sales-Team (unter Berücksichtigung der Typenstruktur der MFAler und rechtlichen Vorgaben), sodass Geschäfte noch vor dem Kundengespräch abgesprochen und abgestimmt werden können. Ich schlage Instituten außerdem vor, einen festen, regelmäßigen (z.B. monatlichen) Termin zum Austausch zwischen FKB und MFA festzulegen. Dieser ist für beide Abteilungen Pflicht und erlaubt ihnen, die aktuellen Entwicklungen der Haupt-Branchen im Kreditportfolio zu diskutieren. Ein solches Meeting könnte beispielsweise so aufgebaut sein:
- FKB und MFA präsentieren abwechselnd anhand konkreter Kundenbeispiele, was sich in der jeweiligen Branche aktuell tut und welche Szenarien zu erwarten sind.
- Daran schließt sich eine Gruppendiskussion an, in der Chancendefinition, Risikoerkennung/-prävention sowie Ertragsgewinnung/-optimierung in der präsentierten Branche besprochen werden.
- In der Diskussion sollte außerdem die Frage erörtert werden, welche Sicherheiten vorhanden beziehungsweise überhaupt akzeptabel sind und ob es möglich ist, die Unternehmerkunden davon zu überzeugen, für ihre Kredite eine persönliche Haftung als Sicherheit zu hinterlegen. Wie Sie dabei vorgehen, erfahren Sie in meinem Artikel „Neulich beim Kunden: Warum Unternehmer für Kredite persönlich haften sollten“
- Für Institute, die schon einen Schritt weiter sind, empfehle ich zu diesen Treffen die Private Banker für Unternehmerfamilien einzuladen.
Kooperation jetzt optimieren, um für die Zukunft gewappnet zu sein!
Die Zukunft wird herausfordernd. So viel steht fest. Doch jede Herausforderung birgt auch Chancen: Neue Potenziale, die erschlossen werden möchten, Kunden, die es für die eigene Sache zu begeistern gilt, und Erträge, die sich immer noch ein bisschen weiter maximieren lassen.
Ich hoffe, Ihnen in diesem Artikel einen Überblick über einige praxisnahe Strategien zum Ergreifen dieser Chancen gegeben zu haben. Wer darüber hinaus Lust hat, tiefer in das Thema einzutauchen und Erfolgsstrategien auf seine individuelle Situation zugeschnitten zu trainieren, der ist darüber hinaus herzlich zu meinem Seminar „Firmenkundenberatung und Marktfolge Aktiv“ eingeladen. Auf eine gute Zusammenarbeit aller Bereiche und eine ertragreiche Zukunft!
Kontakt
Dirk Wiebusch
info@ifuf.de